Allmählich nimmt die neue Bochumer Abwehr Gestalt an. Innerhalb von sieben Tagen hat der VfL mit Leandro Morgalla (20, Leihe bis 2026, von RB Salzburg), Colin Kleine-Bekel (22, bis 2028, von Holstein Kiel) und Philipp Strompf (27, bis 2028, vom SSV Ulm) gleich drei neue Verteidiger verpflichtet. Kleine-Bekel und Strompf sind für die Innenverteidigung eingeplant. Morgalla kann sowohl außen als auch innen spielen. Damit ist es Sportchef Dirk Dufner zügig gelungen, auf die zahlreichen Abgänge in der Hintermannschaft zu reagieren. Neben Tim Oermann werden auch Ivan Ordets, Bernardo und Jakov Medic nicht mehr für den VfL auflaufen. Von zuletzt fünf Innenverteidigern will lediglich Erhan Masovic in Bochum bleiben. Aus Fürth kehrt Leihspieler Noah Loosli zunächst zurück, sein Verbleib ist aber ungewiss.
Mit Zweitliga-Erfahrung
Denn im Gegensatz zu Kleine-Bekel und Strompf hat Loosli bislang auch in der 2. Liga noch nicht überzeugt. Die beiden neuen Innenverteidiger wurden vom VfL für drei Jahre unter Vertrag genommen. Kleine-Bekel lief im Fußball-Unterhaus insgesamt 25-mal für Holstein Kiel auf, Strompf 33-mal für Eintracht Braunschweig und den SSV Ulm. Das ist kein Zufall, sondern passt zur Transferstrategie in diesem Sommer. Trainer Dieter Hecking wünscht sich überwiegend deutschsprachige Profis, die wissen, was in der neuen Spielklasse erforderlich ist. Das sieht Sportchef Dirk Dufner sehr ähnlich: „Philipp Strompf ist groß, robust, schnell – bietet also das Paket, das einen Abwehrspieler auszeichnet. Zudem hat er die 2. Bundesliga bereits kennengelernt und ist beim SSV schon als Führungsspieler vorangegangen.“
Ähnlich redet Dufner über Kleine-Bekel: „Ein junges, deutsches Talent, das als Stammspieler bereits die 2. Bundesliga kennengelernt hat und seinen Teil zur Erfolgsstory der Kieler beitragen konnte.“ Der beim BVB ausgebildete Verteidiger überzeugt mit seinem Stellungsspiel, seinem Spielaufbau und seiner Zweikampfführung. Mit diesen Qualitäten hat es Kleine-Bekel bis in die deutsche U21-Nationalmannschaft geschafft. Kurz vor dem Kieler Bundesliga-Aufstieg 2024 wurde er dann aber von einem Kreuzbandriss gestoppt und war mehr als eine Saison außer Gefecht gesetzt. Folglich ist unklar, ob Kleine-Bekel sofort wieder an seine gute Form anknüpfen kann. Zum Bochumer Trainingsstart am 23. Juni soll er aber voll belastbar sein. Bereits Ende April ist er ins Kieler Mannschaftstraining zurückgekehrt.
Zwei Systeme angedacht
Strompf hingegen verfügt über reichlich Spielpraxis, war bei Absteiger Ulm in der zurückliegenden Saison gesetzt. Für ihn war es die erste als Stammkraft in der 2. Liga oder einer vergleichbaren Spielklasse. Der 27-Jährige hat eine lange Anlaufzeit gebraucht, um sich im Profifußball zurechtzufinden. Bedenken, ob ihm nun der Schritt von einem eher defensiv ausgerichteten Team zu einem Aufstiegsaspiranten mit einer offensiveren Spielweise gelingt, liegen in seiner Vita begründet. Helfen werden dem extrovertierten Verteidiger mit Kämpferherz sicher seine Robustheit und Kopfballstärke. Dass auch andere Zweitligisten, darunter Schalke und Kaiserslautern, an seinen Diensten interessiert waren, spricht ebenso für ihn. Letztlich hat sich der VfL durchgesetzt, der sogar eine kleine Ablöse zahlt.
Rechtsfuß Kleine-Bekel und Linksfuß Strompf könnten künftig sowohl ein Duo in der Innenverteidigung bilden als auch in einer Dreierkette agieren, zum Beispiel mit Morgalla, der zuletzt unter Ex-VfL-Trainer Thomas Letsch gespielt hat. Der deutsche Juniorennationalspieler kann in der Abwehr verschiedene Positionen bekleiden, außen wie zentral. Beide Varianten, eine Dreier- oder Viererkette in der Abwehr, spielen in Heckings Plänen eine Rolle. Morgalla verfügt über ein gutes Spielverständnis, scheut weder Boden- noch Luftduelle, ist schnell und widerstandsfähig; Merkmale, auf die Hecking großen Wert legt. Morgallas Spielweise ist teilweise mit der von Tim Oermann vergleichbar, Strompfs Gangart mit der von Medic. Der Tipp für die Leihe von Morgalla kam übrigens von Heckings Sohn, der bei RB Salzburg arbeitet.
Linksverteidiger gesucht
Hinten rechts verfügt der VfL somit über drei Optionen: mit Felix Passlack, dem eher offensiv ausgerichteten Eigengewächs Kasper Koscierski sowie dem defensiv stärkeren Leandro Morgalla. Links wiederum steht aktuell nur Maximilian Wittek zur Verfügung. Eine passende Alternative fehlt noch. Auch in der Abwehrzentrale ist weiterer Zuwachs zu erwarten, mindestens dann, sollte Loosli den Verein noch verlassen. Hierfür prüft der VfL verschiedene Optionen. Eine Einigung mit Kevin Vogt, derzeit bei Union Berlin unter Vertrag, ist aus finanziellen Gründen unwahrscheinlich. Realistischer ist eine Verpflichtung von Münsters Lukas Frenkert, der mehrfach beobachtet wurde, flexibel einsetzbar und außerordentlich schnell ist; ein Kriterium, das bislang nur eingeschränkt Berücksichtigung fand.
Zusätzliche Kaderplätze stünden für weitere Eigengewächse bereit. Koscierski hat bereits einen Profivertrag erhalten. Den 17-Jährigen hat Hecking kürzlich mit seinem ersten Bundesliga-Einsatz belohnt. Er ist in der kommenden Saison parallel auch für die U21 und für die U19 spielberechtigt. Gleiches gilt für Linksverteidiger Darnell Keumo, den Hecking sehr schätzt, der aber noch keinen Profivertrag unterschrieben hat. Als besonders talentiert gilt zudem Innenverteidiger Daryl Tschoumy-Nana, mit dem der VfL ebenfalls noch keine Lösung für die Zukunft gefunden hat. Zwei andere Defensiv-Talente hat der Revierklub bereits verloren. Innenverteidiger und U19-Kapitän Luc Dabrowski wechselt zur U21 des 1. FC Köln, Teamkollege Julian Etse wahrscheinlich zum SSV Ulm. Ihm hat der VfL keinen Profivertrag angeboten.
Dieser Text wurde am 4. Juni aufgrund aktueller Entwicklungen angepasst. Die Änderungen betreffen ausschließlich den letzten Absatz.
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(Foto: VfL Bochum 1848)