Christoph Biermann fand neulich treffende Worte. Der bekannte Journalist hat für 11 Freunde über seinen Heimat- und Lieblingsverein berichtet. Er skizzierte die positive Entwicklung der Mannschaft und erwähnte natürlich auch Robert Zulj. Um den Top-Scorer des VfL zu charakterisieren, schaute er kurz zurück. Über ihn sei schon bei Union Berlin gespottet worden, man würde nicht wissen, ob Zulj oder Maradona in die Kabine käme. „An manchen Tagen löste er das Selbstbild ein, an anderen wirkte er wie ein staatlich anerkannter Stehgeiger“, schrieb Biermann.
Mit anderen Worten: Dass Zulj (nur) bei einem Zweitligisten unter Vertrag steht, liegt auch daran, dass er in der Vergangenheit zu oft unter seinen Möglichkeiten gespielt hat. Und so war es an diesem Donnerstag durchaus naheliegend, ihn in der Pressekonferenz des VfL direkt darauf anzusprechen. Die Steilvorlage dafür hatte Martin Meichelbeck, früher Verteidiger beim VfL, in einem Reviersport-Interview geliefert. Meichelbeck kennt Zulj noch aus Fürth. Er lobte den Spielmacher zwar in höchsten Tönen, für seine Ballsicherheit, für seine Effektivität. Doch er konnte sich eine Randbemerkung nicht verkneifen. Seine Kritik: Zulj wirke manchmal etwas lethargisch.
Traumhafte Pässe
Zulj antwortete darauf nur ausweichend. Er schätze Meichelbeck sehr, jeder habe seine Meinung. Auch Thomas Reis hielt sich zurück. Bochums Trainer hatte den 29-Jährigen vor dem Hinspiel gegen seinen Ex-Verein aus Fürth aus dem Kader gestrichen, offiziell aus sportlichen Gründen. Dass es nicht an den grundsätzlichen Fähigkeiten des Spielmachers lag, war damals schon offensichtlich. Die aufreizende Lässigkeit von Zulj gefiel dem Trainer aber überhaupt nicht. Immerhin zeigte die Maßnahme Wirkung: Größere Leistungsschwankungen gab es seither nicht mehr. Und selbst wenn Zulj mal kurz in den Energiesparmodus schaltet, also ein gemächliches Tempo anschlägt, ist er trotzdem gefährlich.
Denn der zentrale Mittelfeldspieler gehört mit seiner starken Technik zu den besten Fußballern der Liga, spielt traumhafte Pässe und ist torgefährlich dazu. 21 Scorer-Punkte nach 21 Spielen sind ein Spitzenwert. Deshalb kann Thomas Reis auch nicht mehr auf ihn verzichten. Nach der verdienten Hinspielniederlage gegen Fürth stand Zulj ausnahmslos in der Startelf. „Wir haben in den Tagen danach deutlich angesprochen, was wir ändern müssen“, erinnert sich der Spielgestalter. „Nach dieser Niederlage haben wir den Schlüssel zum Erfolg gefunden. Wir spielen mit mehr Intensität, laufen höher und aggressiver an. Wir haben uns sehr entwickelt.“
Bochum als Umweg
Sollte der VfL Bochum am Ende der Saison tatsächlich in die Bundesliga aufsteigen, könnte Zulj beweisen, dass er mit seinen Fähigkeiten auch eine Spielklasse höher ein Leistungsträger sein kann. Fünf Erstligaeinsätze hat er bereits vorzuweisen, zu mehr hat es noch nicht gereicht. „Als ich in Hoffenheim war, habe ich mehr Spielzeit erwartet. Die gab es aber aus unterschiedlichen Gründen nicht und ich musste einen Schritt zurückgehen“, blickt Zulj zurück. Im Januar 2020 hat sich der Österreicher mit kroatischen Wurzeln dann für einen Wechsel zum VfL entschieden, „mit dem Traum, irgendwann in die Bundesliga zurückzukehren.“
Und dieser Traum könnte schon bald in Erfüllung gehen, sofern die Bochumer ihren Erfolgsweg nicht mehr verlassen. Elf Spiele sind noch zu absolvieren, am Samstag geht es als Tabellenführer zum Rückspiel nach Fürth. Die Spielvereinigung ist ebenfalls gut in Form und hat nur zwei Punkte weniger auf dem Konto. „Ich würde lügen, wenn ich sage, dass wir nicht auf die Tabelle schauen“, gibt Robert Zulj offen zu und ist sich seiner tragenden Rolle bewusst: „Ich liebe solche Spiele und weiß, dass ich im Fokus stehe.“ Das Selbstbewusstsein eines Bundesligaspielers hat er bereits.
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