Manuel Riemann muss schreien, damit er glücklich ist. Nach dem gewonnenen Elfmeterschießen gab es kein Halten mehr. Alle Bochumer rannten auf Patrick Drewes los. Um den Ersatzkeeper bildete sich eine Jubeltraube, denn er hatte für das kürzeste Elfmeterschießen der Vereinsgeschichte gesorgt. Pantovic, Masovic und Ganvoula trafen für Bochum, die Mainzer dagegen kein einziges Mal. Zweimal ging der Ball ans Aluminium, und zum krönenden Abschluss hatte Drewes seine Finger im Spiel. Und Manuel Riemann? Er drehte sich um und jubelte auf seine Art.
Riemann sieht die Rote Karte
Der Adressat seiner Brüllattacke war vermutlich Schiedsrichter Martin Petersen. Denn der hatte den Torhüter in der fünften Minute der Verlängerung mit Rot vom Platz gestellt. Riemann war bei einem Mainzer Angriff aus seinem Tor und sogar aus dem Strafraum gestürmt, traf dabei den Mainzer Ji am Fuß und wurde des Feldes verwiesen – eine harte Entscheidung, weil Ji noch nicht in aussichtsreicher Position war. Petersen gab auch ansonsten keine glückliche Figur ab. Ihm fehlte eine klare Linie und er übersah zwei kritische Handaktionen im Mainzer Strafraum.
Der VfL kämpfte anschließend in Unterzahl weiter, und das auf eine Art und Weise, die höchste Anerkennung verdient. Mehrere Spieler waren von Krämpfen geplagt, Wechsel nicht mehr möglich. Doch alle machten weiter, sie retteten sich ins Elfmeterschießen. Dort wurde die Dramatik der Partie zum Glück nicht mehr übertroffen. Denn die 120 Minuten zuvor reichten schon, um die Bochumer Volksseele so kurz vor dem Weihnachtsfest noch einmal emotional zu packen, am Ende aber für ein frohes Fest zu sorgen. Dabei hatte das Spiel denkbar ungünstig begonnen.
Holtmann und Tesche treffen
Die Bochumer Erfolgself der vergangenen Wochen kassierte schon nach sieben Minuten den ersten Gegentreffer. Mainz lauerte im eigenen Stadion auf Konter und nutzte immer wieder Lücken im Bochumer Abwehrverbund aus, speziell auf der linken Seite. Auch Tempodefizite im Mittelfeld waren phasenweise nicht zu übersehen. Am Ball waren die Gäste aber mindestens ebenbürtig. Nur die Torchancen blieben lange Zeit aus. Und nach dem 0:2 durch den Ex-Bochumer Danny Latza in der 54. Minute schien die Partie fast schon entschieden.
Doch es ist eine positive Charaktereigenschaft der Bochumer Mannschaft, niemals aufzugeben. Aus dieser Truppe ist mittlerweile ein Team geworden. Der Anschlusstreffer durch Gerrit Holtmann brachte zusätzlichen Auftrieb. Der VfL zeigte, dass er mit einem Bundesligisten mithalten kann. Vielleicht nicht in allen Belangen, aber so, dass tatsächlich noch der Ausgleich fiel. Und das in der allerletzten Minute: Eine Hereingabe von Robert Zulj war so präzise, dass Robert Tesche nur noch den Kopf hinhalten musste und damit die Verlängerung erzwang.
Am 2. Januar geht es weiter
Die Mainzer waren nun mental am Ende, doch mit dem Platzverweis gegen Riemann hätte die Partie wieder kippen können – so weit kam es aber nicht. Die Bochumer nahmen die Abwehrschlacht an, wobei Mainz kaum noch etwas einfiel. So kämpfte sich der VfL ins erste Elfmeterschießen seit mehr als neun Jahren, das er schließlich souverän und ohne Nervenkitzel gewann. „Ein großes Kompliment an die Mannschaft, wie sie gefightet hat. Wir können einfach nur stolz sein und fahren überglücklich nach Bochum zurück“, sagt Trainer Thomas Reis.
Der Fußballlehrer kann sich sicher sein, dass dieser Erfolg neue Motivation freisetzt für den zweiten, weitaus längeren Saisonabschnitt. Mindestens 22 Pflichtspiele stehen noch auf dem Programm. In dieser Besetzung und in dieser Form könnte in dieser Saison tatsächlich einiges möglich sein – nicht nur im Achtelfinale, das Anfang Februar gespielt wird, sondern auch in der Liga, die schon am 2. Januar weitergeht. Bis dahin dürften auch alle Krämpfe überwunden und der Ärger bei Manuel Riemann verflogen sein…
(Foto: Imago / Jan Huebner)