In der 70. Spielminute gab es von einem Fan auf der Haupttribüne einen freundlichen und zugleich deutlichen Hinweis. Als der VfL Osnabrück einen Spielertausch vornahm, rief er Thomas Reis zu: „Du kannst auch wechseln!“ Doch Bochums Trainer zögerte noch, schenkte seiner Startelf trotz einer bis dahin durchwachsenen Leistung bis zur Schlussviertelstunde sein Vertrauen. Erst dann entschied er sich für Thomas Eisfeld, Danny Blum und ermöglichte Soma Novothny sein Ligadebüt. Sie brachten durchaus noch Schwung und über Blum endlich auch Tempo in das Bochumer Angriffsspiel, doch die Zeit rannte ihnen davon – es blieb bei einer leistungsgerechten Nullnummer.
Hat der VfL am Freitagabend vor mehr als 4.000 Zuschauern womöglich leichtfertig zwei Punkte verschenkt? Warum sah Reis nur zu, wie seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit kaum noch zwingend vor das Osnabrücker Gehäuse kam – und warum reagierte er so spät mit einem Impuls von außen? „Das kann jeder beurteilen wie er möchte. Ich glaube, dass ich keine Zeit verschenkt habe“, reagierte Reis eher angefressen auf die Kritik. „Die Spieler, die auf dem Platz waren, haben alles für ein Tor getan. Wir haben aber zu viele lange Bälle geschlagen, hatten nicht das gewünschte Positionsspiel. Es lag nicht daran, dass ich nicht früher gewechselt habe.“
Warten auf den ersten Heimsieg
Die Kritik an seinen Wechseln, bei den Fans ein großes Thema, trifft Reis saisonübergreifend und damit nicht zum ersten Mal. Zuletzt gab es nach dem Auftaktspiel gegen St. Pauli Diskussionen, als der VfL in der Schlussphase ausgepowert wirkte, Reis aber kaum frische Kräfte von der Bank brachte. Das Wechselkontingent von derzeit fünf Spielern schöpft er nur selten aus, zudem vollzieht er seine Wechsel relativ spät. Ein ungünstiger Spielverlauf verstärkt kritische Stimmen. Anders gesagt: Wenn seine Mannschaft im ersten Durchgang nicht vier zum Teil hochkarätige Torchancen binnen weniger Minuten vergeben hätte, müsste Reis wohl weniger unangenehme Fragen beantworten.
Doch insgesamt kam von den Gastgebern am Freitag zu wenig, vieles blieb Stückwerk, die entscheidenden Bälle waren zu ungenau. Der Siegeswille hätte ausgeprägter sein können. Osnabrück verteidigte meist ordentlich, nach vorne ging wenig. Bei fünf Punkten aus drei Spielen ist der VfL Bochum zwar ohne Niederlage in die Saison gestartet, doch das Warten auf den ersten Heimsieg wird die nun anstehende Länderspielpause überdauern. Thomas Reis ist mit dem Saisonstart „trotzdem zufrieden. Wir sind noch ungeschlagen, hätten beide Heimspiele sogar gewinnen können.“ Einen Grund, deshalb das Negative in den Vordergrund zu stellen, sehe er nicht.
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