Die Familie von Robert Zulj ist fußballverrückt. Sein jüngerer Bruder spielt zurzeit beim RSC Anderlecht. Wie praktisch, dachten sich die beiden, und nutzten die Corona-Pause im März und April gemeinsam. Sie fuhren in ihre Heimat nach Österreich, quasi ins Home-Office. Dort trainierten Robert und Peter Zulj zusammen, Tag für Tag. Während die Saison in Belgien komplett abgebrochen wurde, rollt der Ball in Deutschland wieder – auch beim VfL Bochum, und seit fünf Spielen mit Robert Zulj in der Startelf.
Von Corona-Pause profitiert
Der 28-Jährige hat die Zwangspause optimal genutzt. „Mir persönlich kam sie gelegen. Ich habe sehr viel trainiert, für meine Fitness und für den Zustand meines Knies“, erklärt Robert Zulj sein Erfolgsgeheimnis und gibt unumwunden zu: „Ich war vorher nicht bei 100 Prozent. Aber jetzt fühlt sich auch das Knie wieder gut an.“ Zulj kam im Januar von der TSG Hoffenheim nach Bochum, erhielt beim VfL einen Vertrag für die kommenden dreieinhalb Jahre. Doch seine Anlaufschwierigkeiten hätten größer kaum sein können.
Er war nicht fit, wirkte nicht austrainiert, ihm fehlte Spielpraxis und im Training das volle Engagement. Vor allem: Seine Körpersprache fiel negativ auf. Trainer Thomas Reis verpackte seine Kritik meistens geschickt und elegant, doch sie war nicht zu überhören. Für Robert Zulj blieb deshalb nur ein Platz auf der Ersatzbank, Einsatzzeiten blieben rar. Dabei waren seine Qualitäten am Ball schon zum Zeitpunkt der Verpflichtung unbestritten vorhanden. Und mit Verspätung zeigt er sie jetzt auch.
Zulj schlägt kluge Pässe und gefährliche Standards, ist robust in Zweikämpfen und traut sich auch, aus der zweiten Reihe zu schießen. Er ist ein echter Zehner, ein Spielgestalter, macht fehlendes Tempo durch Cleverness und Übersicht wieder wett. Die Bilanz nach fünf Spielen ohne Zuschauer lässt sich sehen: Zulj spielte jedes Mal von Beginn, meistens über 90 Minuten. In allen drei Heimspielen legte er je einen Treffer vor, gegen St. Pauli traf er sogar selbst. Sicher und souverän vom Elfmeterpunkt.
In Bochum angekommen
Spätestens mit diesem Tor ist Zulj endgültig in Bochum angekommen. Er fühlt sich wohl in dieser Mannschaft. „Dass das Team funktioniert, ist in einer Phase ohne Zuschauer am allerwichtigsten“, ließ er sich jüngst im Stadionmagazin zitieren und erwähnte dabei auch seinen Bruder: „Er war für mich sehr wichtig, denn in so einer Phase kann es schwer sein, sich allein zu quälen. Wir haben uns gut ergänzt und richtig Gas gegeben.“ Geredet wird viel im Fußball, doch bei Robert Zulj sieht man es auch.
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