Defensive

Dank Horn und Viererkette: VfL spielt häufiger zu Null

Schon an seinem ersten Arbeitstag hatte Uwe Rösler mit Nachdruck erwähnt, in welchen Bereichen sich die Bochumer Mannschaft verbessern müsse. „Fast zwei Gegentore pro Spiel – das müssen wir abstellen. Die Abwehr ist das Fundament“, erklärte Rösler. Nach gut zwei Monaten ist der erste Arbeitsnachweis beeindruckend: In fünf von neun Pflichtspielen, darunter zwei Pokalpartien gegen Bundesligisten, blieb der VfL hne Gegentor. Insgesamt verzeichnete der Bundesliga-Absteiger in sieben Liga-Duellen unter Rösler nur fünf Einschläge ins eigene Netz. Zwar spielte der VfL zuletzt vorzugsweise gegen Absteigskandidaten, das allein begründet die neu gewonne Stabilität aber nicht. Rösler ist es gelungen, eine größere Kompaktheit herzustellen. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen sind geringer geworden sind, das Pressing erfolgt situativer. Der VfL verzeichnet eher geringe Ballbesitzraten, verteidigt lieber und schaltet schnell um als selbst das Spiel zu gestalten. Auch eine Systemumstellung hat zur neuen Stabilität beigetragen. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern bevorzugt Rösler eine Viererkette, obwohl er ein bekennender Freund der Dreierkette ist. Vorgänger Dieter Hecking hatte stets behauptet, eine Viererkette würde nicht zur Mannschaft passen.

Starker Rückhalt im Bochumer Tor

Das wiederlegt der VfL gerade eindrucksvoll, wenngleich der stärkste Bochumer Defensivakteur in der Systemdebatte keine Rolle spielt, weil er zwischen den Pfosten steht. Dort ist der 32-Jährige ist ein wichtiger Rückhalt und Garant für den aktuellen Aufwärtstrend, spielt praktisch eine fehlerfreie Hinrunde. Zu Saisonbeginn bewahrte Horn seine Mannschaft vor noch höheren Niederlagen, nun sichert er mit starken Paraden die Punkte. Vor der Länderspielpause blieb Horn drei Pflichtspiele hintereinander ohne Gegentor – das schaffte der VfL zuletzt im Juni 2020. Auch in den vergangenen beiden Ligaspielen hielt der erfahrene Schlussmann den Kasten sauber. „Seitdem ich da bin, hat Timo in jedem Spiel eine herausragende Leistung gezeigt“, lobt Trainer Uwe Rösler seinen Keeper. „Damit und mit seiner Persönlichkeit hat er der Mannschaft und mir sehr geholfen. Er ist der klare Leader auf dem Platz und in der Kabine. Ich kann mir immer Feedback bei ihm holen.“ Für Horn neigt sich das Kalenderjahr somit unter ganz anderen Voraussetzungen dem Ende entgegen als es begonnen hatte. Der langjährige Bundesliga-Torwart des 1. FC Köln war im Sommer 2024 von RB Salzburg zum VfL gewechselt. In Bochum war Horn aber zunächst nur die Nummer zwei.

Horn trägt sogar die Kapitänsbinde

201 Bundesliga-Spiele absolvierte der gebürtige Kölner für seinen Ausbildungsverein, bevor er vorübergehend von der großen Fußball-Bühne verschwand. Nur fünf Pflichtspiele absolvierte Horn zwischen November 2021 und Februar 2025; zwischenzeitlich war er sogar ein halbes Jahr vereinslos. Mit etwas Glück folgte das eindrucksvolle Comeback: Als Stammkeeper Patrick Drewes ausgerechnet vor dem Derby gegen Dortmund ausfiel, rückte Horn zwischen die Bochumer Pfosten und überzeugte das damalige Trainerteam von einem Torwartwechsel. Seither ist er die unumstrittene Nummer eins beim VfL, weil er auf der Linie glänzend hält und auch in hektischen Spielphasen Ruhe ausstrahlt. „Ich wurde als Nummer zwei verpflichtet, habe mir den Platz im Tor erkämpft und bin dann nach und nach zu einem Spieler mit Führungsverantwortung gereift. Da habe ich auch persönlich eine Entwicklung durchlaufen“, blickt Horn auf die vergangenen Monate zurück. Weil Matus Bero zuletzt gefehlt oder nur auf der Bank gesessen hat, trug Horn sogar die Kapitänsbinde. In dieser Funktion lobt er die gesamte Teamleistung. „Wir verteidigen disziplinierter, stehen stabiler“, analysiert Horn und betont: „Auch als Torwart habe ich dadurch ein besseres Gefühl.“

Rösler-Lob für Musterprofi Loosli

Das liegt vor allem an einer mittlerweile einspielten und stabilen Abwehrreihe. Rechts verteidigt Leandro Morgalla, links Maximilian Wittek, zentral Noah Loosli und Philipp Strompf. Morgalla gehörte bereits zu Saisonbeginn zu den ganz wenigen Leistungsträgern beim VfL. Wittek wiederum profitiert deutlich von der Systemumstellung, weil er sich auf Defensivaufgaben konzentrieren kann und nicht mehr die gesamte Außenbahn beackern muss. In der Mitte überzeugt insbesondere Noah Loosli. In der Bundesliga war der Schweizer mangels Schnelligkeit allenfalls Ersatzspieler. Eine Liga tiefer gehört der Innenverteidiger mittlerweile zum Stammpersonal. Beim 1:0-Heimsieg gegen Bielefeld war Loosli sogar einer der besten Bochumer auf dem Feld. Für Rösler ist dessen Formanstieg keine Überraschung. Kürzlich lobte er den 28-Jährigen in den höchsten Tönen: „Noah ist ein echter Profi, wie er sich auf jedes Training oder Spiel vorbereitet und auch in schwierigen Phasen dranbleibt.“ Ähnliche Worte fanden schon Dieter Hecking oder Thomas Letsch, die Loosli stets als Musterprofi bezeichneten. „Er investiert viel in seinen Beruf und jetzt bekommt er es zurückgezahlt“, betont Rösler. „Solche Spieler brauchen wir, um eine Kultur in der Mannschaft zu entwickeln.“

Vogt zurück, Masovic unzufrieden

Weil Nebenmann Strompf trotz fußballerischer Mängel und einer unkonventionellen Spielweise in Summe solide agiert, gibt es für Rösler vorerst keinen Grund, die eingespielte und erfolgreiche Abwehrreihe zu verändern. Das bedeutet auch, dass sich der wieder genesene Kevin Vogt zunächst hinten anstellen muss. Wegen einer Knie-OP hat der 34-Jährige bislang noch kein Spiel unter Rösler absolviert. Wie der Fußballlehrer den Routinier einschätzt, wird sich wahrscheinlich erst im neuen Jahr zeigen. Vogt ist fußballerisch deutlich besser als Strompf, aber ähnlich langsam wie Loosli. Hinzu kommt, dass Vogt zu Saisonbeginn fast nie überzeugt hat, obwohl ihn die ehemaligen Verantwortlichen im Sommer als Abwehrchef verpflichtet und eingeplant hatten. Auch Erhan Masovic und Colin Kleine-Bekel haben es derzeit schwer. Masovic ist mit seiner Reservistenrolle besonders unglücklich, weshalb er sich mit einem Wechsel im Winter beschäftigt. Spätestens im kommenden Sommer, wenn sein Vertrag ausläuft, dürfte er den VfL ohnehin verlassen. Kleine-Bekel ist ebenfalls ein Abgangskandidat, zumindest auf Leihbasis. Der Neuzugang aus Kiel gehörte bei Rösler noch kein einziges Mal zum Spieltagskader und kommt ausschließlich bei der U21 in der Regionalliga zum Einsatz.


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(Foto: Imago / Team 2)