Ausnahmsweise fragte Uwe Rösler bei der guten Seele vom Caterer nach einem Sieger-Bier. Weil im Bochumer Presseraum aber grundsätzlich keine Produkte der heimischen Brauerei vorrätig sind, musste der Trainer des VfL mit Apfelsaft vorliebnehmen, um auf einen klassischen Arbeitssieg anzustoßen. „Es war nicht alles souverän, aber wir haben gewonnen“, fasste Rösler den Auftritt gegen Arminia Bielefeld treffend zusammen. Nur 65 Stunden lagen zwischen dem Abpfiff der Pokal-Niederlage gegen Stuttgart und dem Anpfiff des nächsten Heimspiels im Ligabetrieb. Entsprechend müde wirkten seine Bochumer streckenweise. „Wir sind keine drei Spiele in einer Woche gewohnt“, erklärte Rösler den teils fahrigen Auftritt seiner Mannschaft. „Das letzte Spiel in so einer Woche ist das schwerste.“
Hofmanns erstes Kopfballtor
Lichtblicke gab es dennoch. Der abermals agile Kjell Wätjen, der erneut auf der linken Angriffsseite begann, hatte in ersten Halbzeit dreimal den Führungstreffer auf dem Fuß. „Da hätten wir mindestens ein Tor machen müssen“, sagte Rösler ohne Umschweife. Wätjen freute sich deshalb ganz besonders über den Siegtreffer von Philipp Hofmann. „Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht schlafen können“, erzählte Wätjen mit Erleichterung. Zum Zeitpunkt des entscheidenden Treffers war der 19-Jährige bereits unter der Dusche. Der für ihn eingesetzte Moritz Kwarteng fungierte als Vorlagengeber. „Wir haben in der Halbzeit besprochen, dass wir mehr Flanken brauchen. Das hat geklappt“, berichtete Hofmann nach seinem ersten Kopfballtor in dieser Saison. Wesentlich mehr hatte das Spiel nicht zu bieten.
Die Bochumer Beine wirkten schwer, Torraumszenen blieben rar, die Fehlerquote im Spielaufbau war vergleichsweise hoch. „Ein Leckerbissen war dieses Spiel nicht“, stellte auch Wätjen fest. Abermals hielt Timo Horn den VfL mit seinen Paraden im Spiel. Auch Noah Loosli, der bereits erwähnte Wätjen und Joker Kwarteng ragten aus einer durchschnittlichen Teamleistung heraus, während einige Jungspunde – vor allem Farid Alfa-Ruprecht und Francis Onyeka – selten Bindung zum Spiel fanden. Echte Alternativen für sie gab der Kader allerdings kaum her. Koji Miyoshi fehlte mit einem Faserriss, Gerrit Holtmann musste sich einer kleinen Meniskus-OP unterziehen. Der Publikumsliebling wird in diesem Jahr kein Spiel mehr absolvieren, soll jedoch Anfang Januar wieder ins Training zurückkehren.
Sissoko reist zum Afrika-Cup
Fehlen wird beim kommenden Auswärtsspiel in Hannover auch Simon Zoller. Der VfL-Manager und Direktor Profifußball sitzt bei Spielen für gewöhnlich auf der Bank. Schiedsrichter Wolfgang Haslberger zeigte ihm in der Nachspielzeit die Rote Karte, weil er den im Aus liegenden Ball aufnahm und kurzzeitig hinter seinem Rücken versteckte, als ihn ein Bielefelder aufnehmen wollte. Weil der nachfolgende Einwurf aber an seine Bochumer ging, war der Platzverweis nicht korrekt. Dieser wäre nur bei gegnerischem Ballbesitz vom Regelwerk gedeckt, wenn der Unparteiische eine Verzögerung der Spielfortsetzung feststellt. Während Zollers Ausfall wohl zu verkraften ist, schmerzt der sich anbahnende Ausfall von Ibrahima Sissoko, den Rösler gegen Bielefeld nur als Joker einsetzte, weil er angeschlagen war, umso mehr.
Der Mittelfeldspieler wird nach der Begegnung in Hannover zur Nationalmannschaft reisen, um mit seinem Heimatland Mali am Afrika-Cup teilzunehmen. Je nach Turnierverlauf könnte Sissoko bis zum 18. Januar fehlen, also bis zu dem Tag, an dem für den VfL gegen Darmstadt die Rückrunde beginnt – und der beeindruckende Aufwärtstrend womöglich weitergeht. Von bislang 21 möglichen Punkten hat Rösler 16 geholt. Damit ging der Plan der Vereinsführung voll auf. Die Verantwortlichen haben explizit nach einem Trainer gesucht, der in der Vergangenheit einen hohen Punkteschnitt in den ersten Wochen und Monaten einer Amtszeit vorzuweisen hatte. Dank emotionaler Ansprachen mit fachlicher Substanz, personell nachvollziehbaren Entscheidungen und Liebe fürs Detail ist dies Rösler auch in Bochum gelungen.
Fünfmal ohne Gegentreffer
So hat er den Bundesliga-Absteiger in relativ kurzer Zeit vom vorletzten Platz ins Tabellen-Mittelfeld geführt. Der Abstiegskampf ist in Bochum zwar weiterhin allgegenwärtig, fühlt sich mittlerweile aber fast schon angenehm an. „Wir sind froh, uns etwas abgesetzt zu haben. Wenn man sieht, wie wir anfangs platziert waren, dann ist uns ein riesiger Schritt gelungen“, sagte Hofmann nach dem Sieg gegen Bielefeld, ohne zu vergessen, dass der Punkteabstand auf die Abstiegsränge nach wie vor kleiner ist als auf die Aufstiegsplätze. Trainer Rösler hat dazu ohnehin eine klare Meinung: „Wir befinden uns nach wie vor im Abstiegskampf. Daran wird sich nichts ändern, bevor wir 40 Punkte erreicht haben. Wer andere Träume hat, ist hier falsch.“ Auch ein Sieger-Bier würde sicher nichts an seiner Meinung ändern…
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(Foto: Imago / HMB-Media)
