Debatte

VfL-Kolumne: Dröhnendes Schweigen und kein neuer Stil

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Zweimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die diesjährige Mitgliederversammlung.

Stolz verkündete Ilja Kaenzig am Dienstagabend die aktuelle Mitgliederzahl. 32.755 Fans sind offiziell Teil des VfL Bochum. Allerdings waren nur 909 von ihnen im RuhrCongress anwesend – eine enttäuschende Quote. Denn die Mitgliedschaft ist mehr als nur ein Vorverkaufsberechtigungsschein. Sie ermöglicht aktive Mitbestimmung beim eigenen Herzensklub. Ein Musterbeispiel für lebendige Vereinsdemokratie war die diesjährige Mitgliederversammlung jedenfalls nicht.

Dafür gibt es drei wesentliche Gründe. Erstens: Die Terminierung an einem Dienstagabend ohne aktive Online-Beteiligung ist keineswegs optimal. Punkt zwei: das dröhnende Schweigen. So viele Themen lagen auf dem Tisch, wurden online und im Stadion diskutiert. Unbekannte haben am Tag vor der Versammlung sogar fahndungsähnliche Plakate in der Innenstadt angebracht, um die Neubesetzung des Wirtschaftsrates um Vonovia-Vorstand Arnd Fittkau und den Spielerberater Tobias Sander zu kritisieren. Bis auf eine zaghafte Nachfrage war dies in der Versammlung aber überhaupt kein Thema – obwohl noch in dieser Woche die Wahl des neuen Vorsitzenden erfolgen soll, der automatisch einen Platz im Präsidium erhält. Die Versammlung wäre der beste Ort für Fragen oder Kritik gewesen. Stattdessen: Stille. Keiner wagte sich aus der Anonymität hervor.

Und drittens: Während Ilja Kaenzig einen gewohnt umfangreichen Geschäftsbericht präsentierte, blieb das neue Präsidium in Person von Andreas Luthe beim ersten großen Auftritt nach der Wahl im Sommer ziemlich unkonkret. Dabei gäbe es einiges zu erklären, zum Beispiel: Was genau ist eigentlich Inhalt der „Roadmap 2029“, von der Luthe im Juni sprach? Selbst klubintern kennt sie fast niemand. Ein neuer Kommunikationsstil mit mehr Transparenz ist bislang nicht zu erkennen. Die Mitgliederversammlung wäre der richtige Ort gewesen, um die eigenen Ideen näher vorzustellen.

Vorbilder für Vereinsdemokratie waren in dieser Versammlung somit nur Carina Gödecke und Mike Seidensticker. Die beiden VfL-Mitglieder haben sich mit Anträgen und Anfragen so eingebracht, wie es sein sollte: kritisch und konstruktiv, argumentativ und vor allem: nicht anonym.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)