Niederlage in Kaiserslautern

Im Westen nichts Neues: VfL verdrängt die Realität

Im Sinne einer effizienten Arbeitsweise wäre es vermutlich sinnvoll gewesen, diesen Text einfach von einer KI schreiben zu lassen – basierend auf dem, was zuletzt schon Thema war. „Am besten nehmt ihr die Worte aus der vergangenen oder vorletzten Woche, drückt auf kopieren und einfügen“, riet Maximilian Wittek den Journalisten nach der 2:3-Niederlage beim 1. FC Kaiserslautern. Seine Ideen auf dem Spielfeld mögen nicht immer die besten sein, neben dem Platz ist das anders. Denn wirklich Neues gibt es nicht zu berichten. In der Pfalz kassierte der VfL Bochum die sechste Niederlage in Folge, bleibt damit auf einem Abstiegsplatz und muss aufpassen, dass der Abstand aufs rettende Ufer nicht noch größer wird. Alarmierend, dass beim VfL fast niemand offen vom Abstiegskampf spricht.

Stattdessen klammern sich Spieler und Verantwortliche an Kleinigkeiten und reden paradoxerweise immer wieder von „guten“ Leistungen. Nur zur Erinnerung: So war es auch in der vergangenen Saison – das Ergebnis ist bekannt. Nach dem Spiel auf dem Betzenberg war es beispielsweise die Offensivleistung, die lobend Erwähnung fand, ebenso wie die erste Halbzeit. „Es wurde immer von uns gefordert, dass wir Tore schießen. Jetzt haben wir es geschafft, und es hat trotzdem nicht gereicht“, sagte Interimstrainer David Siebers nach seinem dritten und zugleich letzten Spiel als Linienchef. Positiv hob er hervor, dass sein Team zu keinem Zeitpunkt auseinandergebrochen ist. Immerhin. Aber das überhaupt zu erwähnen, zeigt einmal mehr, wie tief die Ansprüche des VfL Bochum bereits gesunken sind.

Auch wenn Siebers‘ Analyse natürlich nicht falsch war: „Es fehlt nicht viel, wir haben nur mit einem Tor Unterschied verloren.“ Das war bei allen sechs Niederlagen in Folge der Fall. Verdient waren sie – mit Ausnahme gegen Düsseldorf – allerdings immer. Dass Siebers die Mannschaft am Montag ohne weiteren Punktgewinn an Nachfolger Uwe Rösler übergibt, kann somit zweierlei bedeuten: Entweder war Siebers ebenso wie Hecking nicht in der Lage, das Bestmögliche aus diesem Kader herauszuholen. Oder der VfL verfügt einfach nicht über mehr Qualität, was das Unterfangen für den dritten Übungsleiter nicht leichter macht und die Frage aufwirft, was Rösler eigentlich bewirken soll. Für beide Thesen gibt es Argumente. Klar ist nur: Die Leistungsträger lassen sich momentan an einer Hand abzählen.

Gerrit Holtmann gehörte auf dem Betzenberg abermals zu den wenigen Lichtblicken im VfL-Trikot, nicht nur wegen seines Treffers zum 1:1. Auch Leandro Morgalla, Cajetan Lenz, Kacper Koscierski sowie Timo Horn sind momentan unumstrittene Stammspieler. Der Schlussmann, dem der Verein nach Spielende ein Interview untersagte, obwohl die Aufnahmegeräte schon liefen, verhinderte mit seinen Paraden eine noch höhere Niederlage. Was gleichzeitig viel über die VfL-Defensive aussagt. Die musste ohne den viel gescholtenen Abwehrchef Kevin Vogt auskommen, wurde dadurch aber eher schlechter als besser. Denn weder Noah Loosli noch Erhan Masovic gaben ein Bewerbungsschreiben für eine weitere Startelfelfnominierung ab. Das gilt ebenso für Führungsspieler wie Wittek oder Philipp Hofmann.

Allerdings waren die Möglichkeiten für Siebers erneut begrenzt. Alternativen, die nachweislich besser sind, fehlten vor allem im Angriff und in der Abwehr. Einzig im Mittelfeld hätte der Kader theoretisch weitere Optionen hergegeben, die der Trainer aber nicht so recht nutzen wollte. Vor allem Francis Onyeka fand unter Siebers generell kaum Beachtung, während Mathis Clairicia zum wiederholten Mal zeigen durfte, dass seine Fähigkeiten äußerst limitiert sind. Auch die Einwechslungen verpufften abermals. Auf dem Betzenberg nahm Siebers ausgerechnet die besten Spieler vom Feld und verpasste taktische Korrekturen, um die Konter der Gastgeber zu unterbinden. Siebers ließ seine Mannschaft ins offene Messer rennen; für eine derart offensive Ausrichtung sind vor allem die Innenverteidiger viel zu langsam.

Kein Wunder also, dass VfL nach acht Spielen bereits bei 36 Verwarnungen steht. Lenz wird das Spiel gegen Hertha BSC nach der nun anstehenden Länderspielpause sogar gelbgesperrt verpassen. Der Ligahöchstwert bei den Karten unterstreicht die Tempodefizite sowie die Mängel beim Stellungs- und Passspiel zusätzlich zum Zweikampfverhalten einmal mehr. Bleibt die Liste an Defiziten unverändert lang und ändert sich beim VfL nichts Entscheidendes, dann spricht vieles dafür, dass sich der freie Fall der Bochumer ungebremst fortgesetzt und im kommenden Jahr mit einem Abstieg in die Drittklassigkeit endet. Übrigens: Die KI hat – basierend auf den Werten der vergangenen 25 Jahren – eine Abstiegswahrscheinlichkeit von fast 95 Prozent errechnet. Als Info für alle, die die Realität noch verdrängen.


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