Fehlstart

Reizthema Dreierkette: VfL-Probleme wiederholen sich

Bei den Fans des VfL sorgen bestimmte Begriffe schnell für einen erhöhten Blutdruck. Zum Beispiel: die Dreierkette. Die nämlich hat sich in Bochum über Jahre zum großen Reizthema im Klubumfeld entwickelt. Aber wieso eigentlich? Thomas Reis hatte einst mit einem simplen 4-2-3-1-System, schnellen Flügelspielern und einer sehr mannorientierten Verteidigung beachtliche Erfolge gefeiert. Diese Spielweise haben nicht nur die Fans, sondern auch viele Spieler gemocht. Nachfolger Thomas Letsch wiederum scheiterte daran, beim VfL eine Dreierkette zu implementieren, obwohl der Kader entsprechend umgebaut wurde. Dieter Hecking kam darauf im Abstiegsjahr wieder zurück – ebenfalls ohne nachhaltigen Erfolg. Wobei die Gründe für den Sturz in die Zweitklassigkeit natürlich vielschichtig sind. Denn: Die Dreierkette war und ist nur ein Teil der taktischen und personellen Ausrichtung. So soll die Grundordnung in dieser Saison ähnlich bleiben, der Spielstil aber ein anderer werden, ausgelegt auf mehr Ballbesitz.

Bochum schon wieder nicht startklar

Das Problem: Der Auftritt in Darmstadt hat gezeigt, dass die Spielweise noch nicht ausgereift ist. Gezielt hat Darmstadt die Bochumer Schwächen am vergangenen Samstag ausgenutzt, etwa die großen Abstände zwischen Abwehr und Mittelfeld sowie Schwächen auf den Außenpositionen. Was übrigens kein gutes Zwischenzeugnis für das Bochumer Trainerteam ist. Darmstadts Chefcoach Florian Kohfeldt verriet nach der Partie, dass er die genannten Defizite schon bei der Bochumer Generalprobe gegen Bayer Leverkusen identifiziert habe. Haben Hecking und seine vielen Assistenten diese etwa übersehen? Oder fehlte schlicht der passende Lösungsansatz? Generell muss die Frage erlaubt sein, wie es in Bochum seit einigen Jahren ausnahmlos passieren kann, dass die Mannschaft mit dem, was der Trainer verlangt, offensichtlich nicht zurechtkommt und mit eklatanten Defiziten in die neue Saison startet? In diesem Sommer zieht nicht einmal das Argument, dass der Kader erst spät zusammengestellt wurde.

Passen Kader und Spielidee zusammen?

Denn fast alle Neuzugänge waren schon zum Trainingsauftakt dabei, spätestens aber im Trainingslager. Bei der Ursachenforschung fällt auf, dass die unterschiedlichen Trainer in nur wenigen Wochen oft sehr viel, wahrscheinlich zu viel verändern wollten. Bei Letsch war es der Wechsel zu einer Dreierkette, bei Zeidler die Mittelfeldraute samt intensivem Pressing, und bei Hecking ist es nun die Umstellung von einer defensiven hin zu einer offensiven Ausrichtung. Dass er dafür womöglich gar nicht die passenden Spieler hat, kommt erschwerend hinzu. Denn im Kern besteht der jetzige Kader, zumindest im vorderen Teil, vor allem aus Spielern, die bereits in der vergangenen Saison dabei waren – und schon da große Mühe hatten, Durchschlagskraft zu entwickeln. Das gilt auch für andere Problemzonen der vergangenen Saison. Erneut waren die Bochumer am ersten Spieltag das Team mit dem niedrigsten Laufwert der gesamten Liga. Und erneut waren Standardsituationen eine Schwachstelle.

Keine Abkehr von der Dreierkette

Zwei Gegentreffer in Darmstadt fielen nach Eckbällen, weil die Zuordnung nicht stimmte. Auf der anderen Seite wiederum haben die ruhenden Bälle der Bochumer nur für wenig Gefahr gesorgt. Die Reaktion der Fans: Resignation, Galgenhumor. Damit die aufkeimende Unruhe nicht zu groß wird, ist auch Hecking gefordert. Ein Heimsieg gegen Elversberg am Sonntag ist praktisch Pflicht. Eine Abkehr von der angedachten Spielidee und Systematik ist dabei jedoch nicht zu erwarten. Die von vielen Fans favorisierte Herangehensweise aus der Reis-Ära ist mangels Außenbahnspezialisten ohnehin kaum möglich. Recht eindimensional haben sich die Verantwortlichen bei ihrer Kaderplanung auf ein 3-5-2-System festgelegt. Nur mit etwas Fantasie und wenn alle Offensivspieler fit sind, ist auch eine andere Grundordnung denkbar. Zum Start in die neue Saison hat Hecking derweil auf eine Mischform zwischen Dreier- und Viererkette gesetzt. Wobei das Startpersonal klar auf ein 3-5-2 ausgelegt war.


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(Foto: Marc Niemeyer)