Jahresabschluss

Vorwürfe gegen Drewes: Kein Urteil vor Sechs-Punkte-Spiel

Die Hoffnung, dass der VfL Bochum noch vor dem nahenden Weihnachtsfest insgesamt fünf Punkte verbuchen kann, hat sich zerschlagen. Über den Einspruch gegen die Spielwertung vom vergangenen Wochenende entscheidet das DFB-Sportgericht erst am 9. Januar. Aus eigener Kraft wäre am Sonntag gegen den 1. FC Heidenheim dennoch der erste Saisonsieg möglich, womit der Revierklub den Rückstand auf den direkten Konkurrenten reduzieren könnte. Bei dann vier Punkten Unterschied wäre in der zweiten Saisonhälfte noch alles möglich und der Glaube an den Klassenerhalt deutlich größer als noch vor wenigen Wochen. Das gilt für Spieler und Fans gleichermaßen. „Wir dürfen die Partie gegen Heidenheim nicht mit Bedeutung aufladen. Aber die Spieler sagen ja sogar selbst, dass wir dieses Duell gewinnen müssen“, berichtete Trainer Dieter Hecking bereits nach dem Spiel bei Union Berlin, das ein unrühmliches Ende nahm. 

Kaenzig reagiert verwundert

VfL-Torwart Patrick Drewes wurde in der Nachspielzeit von einem Feuerzeug am Kopf getroffen und sah sich nicht mehr in der Lage weiterzuspielen. Die Begegnung endete nach einer längeren Unterbrechung mit einem Nicht-Angriffspakt. Der in Unterzahl spielende VfL profitierte zwar einerseits davon, weil das Unentschieden damit sicher war, den Bochumer wurde zugleich aber eine Siegchance genommen. Deshalb und auf Grundlage des Regelwerks legten die Verantwortlichen zu Wochenbeginn Einspruch gegen die Spielbewertung ein. Zwei weitere Punkte am sogenannten grünen Tisch würden dem VfL im Abstiegskampf natürlich helfen. Wobei Geschäftsführer Ilja Kaenzig irritiert auf Vorwürfe aus Berlin reagiert, der VfL wolle die Situation schlicht ausnutzen. „Wir haben den Konflikt nicht gesucht. Wir wären mit dem einen Punkt, den wir uns mit zehn Mann hart erkämpft haben, zufrieden gewesen“, sagte er der WAZ.

Kaenzig stellte klar: „Nicht wir haben das Feuerzeug geworfen, sondern jemand aus dem Fanblock von Union Berlin. Patrick Drewes wurde getroffen. Punkt.“ Der 51-Jährige kennt die Problematik, war der VfL im März 2022 doch selbst betroffen, als aus dem Heimbereich im Ruhrstadion ein Becher auf den Schiedsrichter-Assistenten flog, das Spiel abgebrochen und gegen die Bochumer gewertet wurde. „Das kann überall, auch bei uns, immer wieder passieren. Solch ein Verhalten muss dann bestraft werden“, bekräftigte Kaenzig. Fans der Köpenicker fluten derweil die Kommentarspalten in den sozialen Netzwerken und lenken von der eigentlichen Tat ab. Zur Wochenmitte gab es unter einem älteren Instagram-Beitrag von Patrick Drewes mehrere hundert hämische und zum Teil auch beleidigende Kommentare. Selbst unter einem Facebook-Beitrag zum Weihnachtssingen im Ruhrstadion – womit der VfL gar nichts zu tun hatte – ging es fast nur um Drewes und dessen Reaktion. Dem 31-Jährigen wird Schauspielerei unterstellt.

Keine Entschuldigung aus Berlin

Der VfL hat seinem Schlussmann bereits rechtliche Unterstützung zugesichert. Schon im Stadion wurde Drewes von den Zuschauern angefeindet und beleidigt. Die Berliner Verantwortlichen haben noch keine Entschuldigung ausgesprochen und werden dies nach eigener Aussage auch nicht tun. Im Gegensatz zum VfL, der seinerzeit nach dem Becherwurf die Schuld sofort auf sich nahm, sehen sich die Berliner für die Tat nicht verantwortlich. Das passt ins Gesamtbild. Schon während der Spielunterbrechung dauerte es auffallend lange, ehe der sonst so eloquente, einfühlsame und einflussreiche Stadionsprecher das Wort ergriff. Auch die Kommunikation nach der Partie war eher zurückhaltend und zum Teil von Relativierungen geprägt. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin aus dem Umfeld der Berliner gab es vor allem Verwunderung darüber, dass sich Drewes, der laut VfL über Übelkeit und Kopfschmerzen klagte, sogar in eine Klinik bringen ließ, obwohl die Bochumer einen eigenen Arzt dabei hatten.

Nachdem dort keine Verletzung festgestellt werden konnte, soll sich Drewes recht schnell auf den weiten Heimweg begeben haben. Zu Wochenbeginn pausierte die Nummer eins des VfL, trainierte nur im Kraftraum und nicht auf dem Platz. „Es war extrem, was in den sozialen Medien auf ihn eingeprasselt ist, wer sich alles geäußert hat und wie sich geäußert wurde. Ich glaube, das unterschätzen viele, was sich bei ihm mental abgespielt hat nach dem Feuerzeugwurf“, sagte Trainer Dieter Hecking in einer Medienrunde. Erst am Donnerstag kehrte Drewes auf den Trainingsplatz zurück und wird auch am Wochenende das Bochumer Tor hüten. Fehlen wird indes Koji Miyoshi, der nach seinem Platzverweis gegen Union für zwei Partien gesperrt wurde. Der zuletzt angeschlagene Gerrit Holtmann steht indes zur Verfügung. 


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(Foto: Marc Niemeyer)