Vereinsspitze

Präsidiumswahl 2025: Neue Teams aus zwei Lagern

Es kam aus heiterem Himmel: Noch vor der obligatorischen Aussprache kündigte Uwe Tigges in der Mitgliederversammlung des VfL Bochum vor gut einer Woche vorgezogene Neuwahlen an. Bereits im Sommer 2025 statt turnusmäßig im Herbst 2026 dürfen die mehr als 31.000 Mitglieder in einer außerordentlichen Versammlung ein neues Aufsichtsgremium wählen. Die Neuwahl soll möglichst schnell nach dem Ende der laufenden Saison stattfinden, also Ende Mai oder im Juni. Tigges und seine Mitstreiter haben damit unter anderem auf den größer werdenden Druck und die Kritik an der Arbeit des Präsidiums reagiert. Im Vorfeld der Sitzung hatte es einen nicht satzungskonformen Antrag von Vereinsmitglied Carsten Loer gegeben, der darauf abzielte, das aktuelle Präsidium abzuwählen.

Tenhagen hält zu Villis

Für die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung seitens der Mitglieder bedarf es seit kurzem eigentlich einer Zustimmung von mindestens 10 Prozent aller Wahlberechtigten. Dieses Quorum ist nun hinfällig, weil das Präsidium selbst Neuwahlen ausgerufen hat. Ein weiterer Grund für diese Entscheidung liegt auf der Hand: Innerhalb des Gremiums sind in den vergangenen Monaten zwei Lager entstanden. Uwe Tigges, Martin Volpers, Christina Reinhardt und Andreas Eickhoff haben sich nach umfassenden Recherchen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin deutlich von Hans-Peter Villis, dem bisherigen Vorsitzenden, distanziert. Jupp Tenhagen gilt als einziger Verbündeter von Villis. Das Präsidium wird von Volker Goldmann komplettiert, der Vorsitzender des Wirtschaftstrates ist.

Ausweichende Antworten

Bereits im Oktober soll das genannte Quartett eine Abwahl von Villis geplant haben, wozu es allerdings nicht kam, weil sich der seit 2012 amtierende Vorsitzende aus „gesundheitlichen Gründen“ vorübergehend zurückgezogen hat. Diese sollen aber nur ein Vorwand sein, um die zunächst inhaltlichen und mittlerweile auch zwischenmenschlichen Differenzen innerhalb des Präsidiums zu überdecken. Mehrfach und auch öffentlich haben Tigges, Volpers und Co. dieser Darstellung bislang widersprochen. Nachfragen von Mitgliedern wurden ausnahmslos umschifft und nicht konkret beantwortet. Tigges sagte lediglich: „Unsere Handlungsfähigkeit ist nicht eingeschränkt.“ Reibungspunkte seien „normal“ und fast alle Entscheidungen in der jüngeren Vergangenheit einstimmig getroffen worden.

Kritik an Führungsstil

Villis, der auf einen Besuch der Mitgliederversammlung am Donnerstag verzichtete, soll sich nach Ansicht seiner internen Kritiker mehrfach nicht an Absprachen gehalten und nach außen nicht die nötige Geschlossenheit demonstriert haben. Ein Streit entzündete sich unter anderem an der Entscheidung für Trainer Peter Zeidler. Villis hatte sich im zurückliegenden Sommer für eine Verpflichtung von Andre Breitenreiter ausgesprochen und nach dem Fehlstart früh gegen Zeidler positioniert, nicht nur intern. Mehrere Präsidiumsmitglieder haben sich zudem für eine klare Aufgabenverteilung innerhalb des Gremiums ausgesprochen, die Villis angeblich torpediert haben soll. Der 66-Jährige verzichtete bislang auf eine öffentliche Reaktion, zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt.

Villis-Rückkehr denkbar

Weil aufgrund belastbarer Quellen fraglich ist, ob Villis wirklich so krank ist, wie es von Vereinsseite bislang dargestellt wurde, ist mit seiner baldigen Rückkehr zu rechnen. Da Villis im Präsidium keine Mehrheit mehr hat, ist eine Abwahl jederzeit möglich. Dann wäre er kein Vorsitzender mehr, jedoch nach wie vor Mitglied des Präsidiums. In diesem Fall würden seine Kritiker jedoch ihrer bisherigen Darstellung widersprechen und erstmals öffentlich bestätigen, dass es erhebliche Differenzen gibt. Gleiches gilt für eine getrennte Kandidatur im Sommer 2025. Optimale Voraussetzungen für bevorstehende Weichenstellungen sind das freilich nicht. Weil erst in knapp sechs Monaten gewählt werden soll, ist das Präsidium noch unter anderem an der Verpflichtung eines neuen Sportchefs beteiligt.

Wahl mit neuen Teams

So oder so ist klar: Das jetzige Präsidium wird spätestens zur Neuwahl auseinanderbrechen. Mindestens ein Mitglied möchte nicht mehr antreten, zudem muss der Fanvertreter neu gewählt werden. Zumindest Uwe Tigges und Christina Reinhardt dürften erneut ins Rennen gehen, benötigen aber neue Mitstreiter. In der Satzung des VfL ist eine Blockwahl vorgesehen. Einem Team müssen fünf Personen angehören. Auch mit einer erneuten Kandidatur von Hans-Peter Villis ist zu rechnen, der sich ebenfalls ein neues Team zusammenstellen müsste. Dank der Vorlaufzeit ist davon auszugehen, dass sich noch weitere Gruppen bilden werden. Im Jahr 2022 war der langjährige Mannschaftsarzt Karl-Heinz Bauer gegen das jetzige Präsidium angetreten, unterlag mit seinem Team allerdings.

Ehrenamt mit viel Arbeit

Bauer hatte unter anderem die Führungskultur kritisiert und mehr personelle Kontinuität angemahnt. Wesentliche Besserung ist seither nicht eingetreten, im Gegenteil. Bauer bekam seinerzeit rund ein Drittel der Stimmen. Seine Kandidatur war in erster Linie nicht an ihm, sondern an der Besetzung des Teams gescheitert, das zumindest in einem Fall keinen VfL-Bezug vorweisen konnte. Für die Bildung von Wahlblöcken ist grundsätzlich die Findungskommission zuständig, wobei sich sowohl Einzelkandidaten als auch ganze Gruppen bewerben können. Die Arbeit im Präsidium ist und bleibt ein Ehrenamt, das nach Auskunft aktueller und ehemaliger Gremiumsmitglieder einen hohen Zeitaufwand erfordert. Auch deshalb kommen viele potenzielle Kandidaten aufgrund ihrer beruflichen Situation kaum infrage.


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(Foto: Marc Niemeyer)