2:7 in Frankfurt

VfL-Debakel: Historisch schlecht und hochgradig peinlich

Kopfschüttelnd schlich Cristian Gamboa nach etwas mehr einer halben Stunde zurück zur Ersatzbank. Der Publikumsliebling konnte nicht glauben, was er beim Aufwärmen sah. Nur wenige Meter von ihm entfernt wurden seine Teamkollegen schwindelig gespielt. Auch beim Auswärtsspiel in Frankfurt gab es für den VfL Bochum keine Aussicht auf Besserung. Es wurde sogar noch wesentlich schlimmer: Nach nur 32 Minuten lag der Revierklub bereits hoffnungslos mit 0:4 in Rückstand. Gegenwehr? Praktisch nicht vorhanden. Ein Tor fiel leichter als das andere; mal durch individuelle Fehler, mal durch kollektives Versagen. Die Frankfurter Fans reagierten hämisch und schickten den VfL mit ihren Gesängen bereits in Liga zwei. Womit sie nach jetzigem Stand nicht falsch liegen. Denn von Bundesligatauglichkeit und dem erneuten Klassenerhalt sind die Bochumer so weit entfernt wie noch nie.

Bilanz des Grauens

Allein die Zahlen sind erschreckend. Nach neun Partien ist der VfL Bochum weiter sieglos, hat nur einen Punkt auf dem Konto, erst neun Tore erzielt und bereits 29 kassiert. So schlecht war die Bilanz des Revierklubs zu diesem Zeitpunkt in keiner Saison zuvor. Mehr noch: In mehr als 60 Bundesliga-Jahren gab es am neunten Spieltag keine schlechtere Mannschaft – nicht einmal Tasmania Berlin als Inbegriff der Erfolglosigkeit. Zudem: So schnell und so hoch wie in Frankfurt lag der VfL vorher noch nie zurück. Auf der Suche nach Mutmachern werden die leidgeprüften Anhänger wirklich nirgends fündig. „Wir haben die Schnauze voll“, sangen einige der 4.000 mitgereisten Fans bereits in der ersten Halbzeit. Der eingewechselte Gerrit Holtmann ging sogar schon in der Halbzeitpause zur Gästekurve, um die aufgebrachten Anhänger zu beruhigen. Holtmann stellte sich auch nach dem Abpfiff als einer von nur wenigen Spielern.

Aufgebrachte Fans

„Ich finde, dass Bochum wunderbare Fans hat, die es nicht verdient haben, dass wir 2:7 auf den Sack kriegen“, sagte Holtmann später. Die Ultras verließen den Block bereits vor dem Abpfiff, generell ist die Stimmung nun gekippt, was in Bochum wahrlich selten vorkommt. Spätestens jetzt bedarf es einer masochistischen Veranlagung, diesem VfL noch zu jedem Spiel zu folgen. Eine Einzelkritik wäre nach dieser hochgradig peinlichen Vorstellung eher unangebracht, es lagen ohnehin nur Nuancen zwischen schlechten und sehr schlechten Leistungen. Gestellt werden muss außerdem die Frage, warum Interimstrainer Markus Feldhoff Fehler der Vergangenheit wiederholt. Dass bestimmte Spieler trotz durchweg enttäuschender Leistungen immer wieder Einsatzchancen erhalten, zum Teil sogar auf unpassenden Positionen, und andere fast nie, ist von außen betrachtet irritierend – ohne natürlich die Gewissheit zu haben, dass es dann besser liefe.

Feldhoff selbstkritisch

Im Gegensatz zu Vorgänger Peter Zeidler hat Feldhoff immerhin kein Problem mit Selbstkritik. In der Pressekonferenz nach dem Spiel gestand der Fußballlehrer eigene Fehler ein: „Ich möchte mich bei jedem Fan entschuldigen. Wir waren in diesem Spiel meilenweit davon entfernt, konkurrenzfähig zu sein. Meine Maßnahmen haben nicht gefruchtet.“ Ein Beispiel von vielen: Feldhoff nahm mit Tim Oermann und Jakov Medic zwei Innenverteidiger aus dem Team. Gegen das schnellste Sturmduo der Liga ließ er stattdessen Ivan Ordets und Erhan Masovic verteidigen – ein hoffnungsloses Unterfangen. „Uns fehlt hinten das Tempo, das sieht jeder“, bestätigte Angreifer Philipp Hofmann, ohne Namen zu nennen. Auch in anderen Mannschaftsteilen fehlt die Geschwindigkeit. Zudem sind die Bochumer weit entfernt von der Leidenschaft und Geschlossenheit, die den VfL in den ersten Jahren nach dem Aufstieg ausgezeichnet haben.

Sieben Gegentreffer

Dass die Bochumer ihren Rückstand zwischenzeitlich verkürzten und es kurz nach der Pause nur noch 2:4 stand, geriet schnell wieder zur Randnotiz. Denn die Eintracht räumte mit dem fünften, sechsten und siebten Treffer kurz danach alle Restzweifel beiseite, der VfL zerfiel in seine Einzelteile – und niemand weiß, ob der Tiefpunkt endlich erreicht ist. Ein Blick auf den Spielplan beruhigt eher nicht: Kommende Woche reist Bayer Leverkusen ins Ruhrstadion. Der Rückstand auf den Relegationsplatz ist nach dem Sieg von St. Pauli im Parallelspiel bereits auf sieben Zähler angewachsen. Ob Feldhoff gegen den amtierenden Meister erneut als Chef an der Seitenlinie stehen wird, ist offen. Die Trainersuche läuft. Das Problem: Für diesen VfL einen geeigneten Übungsleiter zu finden, der die gefühlt hoffnungslose Situation annimmt und doch noch die Trendwende einleiten kann, wird nach dem Debakel in Frankfurt kein leichtes Unterfangen.


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(Foto: Imago / steinsiek.ch)