Auch in Bochum wurden an diesem Sonntag die Uhren umgestellt. Markus Feldhoff, der Interimstrainer des VfL, legte persönlich Hand an. Der 50-Jährige hat die Trainingswoche für viele Gespräche genutzt und nach eigener Aussage „einiges zurückgedreht“, um die Spieler mitzunehmen. „Da gab es verschiedene Wünsche. Natürlich können wir nicht jedem gerecht werden. Aber die Spieler haben genaue Vorstellungen, wie es in der Vergangenheit geklappt hat“, sagte Feldhoff schon im Vorfeld seiner Premierenpartie, die er ausgerechnet gegen die großen Bayern bestreiten musste. Für Feldhoff gehe es darum, „einen gemeinsamen Weg zu finden.“ Das war auch das große Ziel seines Vorgängers; mit dem Unterschied, dass Zeidler ihn vorgegeben hat und ihm fast niemand mehr gefolgt ist.
Taktik verändert
Logisch also, dass Feldhoff von Zeidlers Ideen großen Abstand nahm und die Taktik veränderte. Er entschied sich für eine sehr tiefe 3-3-2-2-Formation mit nominell acht Defensivkräften, die aber nicht nur Beton anrühren sollten, sondern mutig attackierten. Die erste große Chance der Partie verzeichnete sodann Bochums Moritz Broschinski, dessen Abschluss aber im letzten Moment noch von der Linie gekratzt wurde. Nachdem der VfL eine Viertelstunde lang keine Torchance zuließ, nutzten die Bayern sofort ihre erste Gelegenheit: Michael Olise verwandelte einen Freistoß sehenswert zur Führung. „Wenn du gegen den FC Bayern aus dem Spiel heraus wenig zulässt, ist es ärgerlich, durch zwei Standards mit 0:2 hinten zu liegen“, bemängelte Feldhoff die Unachtsamkeiten.
Tapfer gewehrt
Tapfere und disziplinierte Bochumer hielten eine Halbzeit lang gut mit, dann aber gab es trotz neuem Schwung die gewohnte Schlappe. Drei fein herausgespielte und elegant erzielte Treffer der Bayern bescherten dem VfL am Ende ein deutliches 0:5. „Niemand hat in diesem Spiel drei Punkte von uns erwartet“, weiß VfL-Kapitän Anthony Losilla die Erwartungshaltung im Umfeld einzuschätzen. Nicht wenige Anhänger verließen das Stadion schon weit vor dem Schlusspfiff, die übrigen spendeten ihrer Mannschaft aber Applaus. Sie honorierten den Einsatz und wissen, dass der VfL seine dringend benötigten Punkte an anderen Tagen holen muss. Mit dem Trainerwechsel ist dieses Unterfangen nicht automatisch leichter geworden, aber wahrscheinlicher als in den Wochen zuvor.
Tiefer verteidigt
Schließlich haben die Spieler mit dafür gesorgt, dass Peter Zeidler gehen musste. Losilla und Vertreter des Mannschaftsrats stellten in einer Krisensitzung mit der Klubführung die Probleme in der Zusammenarbeit mit Zeidler als so gravierend dar, dass anschließend die Trennung erfolgte. „Das Vertrauen der Spieler in den Trainer war irreparabel beschädigt“, erklärte Geschäftsführer Ilja Kaenzig. Interimstrainer Feldhoff ist eine Art Anti-Zeidler, konnte nach Schilderungen aus dem Mitarbeiterstab mit der Spielphilsophie und den Trainingsideen seines Vorgängers wenig anfangen. „Wir spielen klar mannorientierter mit einem anderen Pressingverhalten. Auch das tiefe Verteidigen gehört dazu. Da haben wir zuletzt teilweise viele Räume zugelassen“, sagt Feldhoff.
Training intensiver
Moritz Broschinski lobte nach dem Bayern-Spiel ausdrücklich die Herangehensweise des Übungsleiters, der „Spaß“ sei „zurück“ und das Training wieder „intensiver“. Kapitän Anthony Losilla pflichtete ihm bei. All das müssen sie natürlich schnellstmöglich in Punkte umwandeln, so schwer die Aufgaben auch sind. Am kommenden Samstag gastiert der VfL in Frankfurt. Unmöglich, gegen die Eintracht zu punkten, ist es keineswegs; in fünf von sechs Partien nach dem Aufstieg schafften die Bochumer mindestens ein Unentschieden. Das wäre ein erster Achtungserfolg, der für den sieglosen Revierklub dringend nötig wäre, moralisch wie tabellerisch. Denn Feldhoff kann zwar die Uhr zurückdrehen, aber verlorene Zeit nicht zurückholen. Der verunglückte Saisonstart bleibt als Hypothek.
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(Foto: Marc Niemeyer)