Beinahe hätte sich Koji Miyoshi für das Tor des Monats September beworben. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit sah der Mittelfeldspieler, dass Freiburgs Torhüter Noah Atubolu zu weit vor seinem Gehäuse stand und setzte zu einem Fernschuss von der Mittellinie an. Die Präzision stimmte, das Tempo nicht ganz. Atubolu kratzte den Ball noch von der Linie. Knapp daneben ist eben auch vorbei – was beim VfL derzeit ganz generell gilt. Alle vier Pflichtspiele in dieser noch jungen Saison haben die Bochumer verloren, drei davon knapp mit einem Tor Unterschied, so auch bei der 1:2-Niederlage in Freiburg. „Miyoshi hätte der Held des Tages werden können“, bedauerte Trainer Peter Zeidler die Rettungsaktion. Der VfL ging dank des Premierentreffers von Myron Boadu dennoch mit einer glücklichen Pausenführung in die Kabine – und wurde anschließend für seine naive Abwehrleistung bestraft.
Boadus Debüttor
Erst traf Freiburgs Junior Adamu nach einem klugen Steckpass ins Bochumer Tor, dann nach einer slapstickartigen Fehlerkette unter gütiger Mithilfe von Jakov Medic und dessen Teamkollegen. Vor allem aber der Ausgleichstreffer war einer mangelnden Reife in der Spielanlage geschuldet. Die Abwehr rückte heraus, obwohl kein Mitspieler Druck auf den ballführenden Freiburger ausübte – ein großer, folgenreicher Fehler. Der Sportclub drehte das Spiel nach gut einer Stunde und gewann insgesamt hochverdient. „Bei einer oberflächlichen Betrachtung war ein Punkt sicher drin“, meinte Zeidler, sah aber auch: „Freiburg hatte doppelt so viele Schüsse wie wir.“ Beim VfL waren im Grunde nur kleine Fortschritte erkennbar. Erfreulich: Startelfdebütant Boadu erzielte nicht nur sein erstes Bundesliga-Tor, sondern damit auch den ersten Bochumer Pflichtspieltreffer in dieser Saison.
Anderes System
Der Leihspieler vom AS Monaco hatte eine Hereingabe von Ersatzkapitän Maximilian Wittek im Stile eines Torjägers verwertet. Dass Boadu bislang der einzige Spieler auf der Torschützenliste des VfL ist, legt ein zentrales Problem offen: Das Team von Peter Zeidler entwickelt zu wenig Torgefahr. Der Treffer von Boadu war gleichbedeutend mit dem ersten Bochumer Torschuss – und das nach 45 Minuten. Immerhin: Boadu erfüllte seine Aufgabe, und auch Last-Minute-Zugang Koji Miyoshi zeigte eine ansprechende Leistung. „Er ist sehr aufmerksam und lernwillig“, lobte ihn Zeidler. Der kleine Japaner nahm allerdings nicht die Rolle eines Zehners ein. Trainer Zeidler hatte sich gegen die zuletzt praktizierte Mittelfeldraute entschieden und auf ein fluides 4-3-3-System gesetzt.
Sechs Neuzugänge
Miyoshi spielte folglich links vorne, Moritz Broschinski auf der rechten Seite. Der im Anlaufen erneut sehr engagierte, aber offensiv noch gänzlich wirkungslose Dani de Wit rückte somit etwas weiter nach hinten. Während die Routiniers Anthony Losilla und Philipp Hofmann zunächst nur auf der Bank blieben, standen insgesamt sechs Neuzugänge auf dem Feld. Keiner von ihnen enttäuschte, spielprägend trat allerdings noch keiner auf, allenfalls Torhüter Patrick Drewes, der mehrfach in höchster Not parierte. Am Ende tauschte Zeidler sogar noch die komplette Offensive aus – ohne Erfolg. Die Defensive indes blieb unverändert, allerdings auch mangels Alternativen. Mit Tim Oermann saß nur ein Verteidiger auf der Ersatzbank; Bernardo und Ivan Ordets werden auch gegen Kiel noch fehlen.
Druck gegen Kiel
Die Abwehr ist trotz folgenreicher Aussetzer allerdings nicht die Hauptproblemzone, zumindest gemessen an den Zahlen. Auffällig nur: Alle fünf Gegentore fielen in der zweiten Halbzeit, als die Kräfte infolge der laufintensiven Spielweise merklich schwanden, die Flüchtigkeitsfehler zunahmen und die Räume für den Gegner größer wurden. Die Folge: Abermals läuft der VfL der Musik früh in der Saison hinterher, steht punktlos im Tabellenkeller. Das Startprogramm war anspruchsvoll, und die Ansetzungen in der zweiten September-Hälfte erhöhen den Druck. Vor dem Derby in Dortmund empfängt der VfL Aufsteiger Holstein Kiel. „Nächste Woche bietet sich eine gute Gelegenheit. Wir wollen schnell Punkte holen“, sagte Zeidler in Freiburg und vermied damit, ob bewusst oder unbewusst, die passenderen Begriffe: Sollten oder gar müssen.
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(Foto: Imago / steinsiek.ch)