Bochum in Gais

Auf dem Weg zur Wunschelf: Zeidlers Ziel fürs Trainingslager

Die Sachen sind längst gepackt. Für den VfL Bochum geht es ab Sonntag für genau eine Woche ins Trainingslager nach Italien. Im kleinen Örtchen Gais bei Bruneck, das den Bundesligisten nun zum vierten Mal beherbergt, beginnt die zweite und zugleich entscheidende Hälfte der Saisonvorbereitung. Um in Südtirol beste Trainingsbedingungen vorzufinden, haben die Bochumer sogar extra einen Greenkeeper beauftragt, der den im vergangenen Jahr etwas ramponierten Rasen auf Vordermann bringen sollte. Vom Zustand des Untergrundes dürfen sich in diesem Jahr alle 24 Feldspieler, drei Torhüter sowie die Nachwuchskräfte Hugo Rölleke, Kacper Koscierski und Alessandro Crimaldi überzeugen. Das gesamte Trainerteam, zahlreiche Betreuer, Funktionäre und Klubmitarbeiter sind ebenfalls in Gais dabei. Etliche Fans begleiten den VfL-Tross, natürlich auch zu den Testspielen. In Brixen treten die Bochumer gegen den italienischen Zweitligisten Spezia Calcio an, zudem nehmen sie in Bozen an einem Turnier gegen den Champions-League-Teilnehmer FC Bologna und den Zweitligisten FC Südtirol teil.

Testspiele mit neuen Prioritäten

Für das Team von Trainer Peter Zeidler sind es wichtige Tage. Die Testspielleistungen gegen zwei Oberligisten, einen Drittligisten und einen Zweitligisten waren teilweise ordentlich, in längeren Phasen aber auch stark verbesserungswürdig. Zeidler wechselte in allen vier Partien zur Halbzeit jeweils komplett das Personal und gewährte somit fast jedem Spieler die gleiche Einsatzzeit. Damit sei nun aber Schluss, verriet Zeidler bereits nach dem Auftritt in Magdeburg. Der 61-Jährige wird nun also versuchen, eine potenzielle A-Elf für den Pflichtspielstart Mitte August zu finden. Nachdem Zeidler seine Teams gegen Ahlen, Velbert und Aachen noch unterschiedlich durchmischt hat, veränderte er sie gegen Magdeburg kaum noch. Das Team, das in Aachen begonnen hatte, absolvierte in sehr ähnlicher Besetzung die zweite Halbzeit in Magdeburg – und umgekehrt. Dass diejenigen, die in Aachen zunächst auf der Bank saßen und in Magdeburg beginnen durften, in beiden Begegnungen jeweils deutlich schwächer waren, vor allem in der Defensive, ist eine erste wichtige Erkenntnis. 

Dem stärkeren Team gehörten unter anderem die beiden Neuzugänge Ibrahima Sissoko und de Wit an. Sissoko überzeugte mit seiner körperlichen Präsenz und seiner Spielintelligenz, de Wit mit seiner Laufstärke und einem Kopfballtor gegen Aachen. Speziell der Niederländer scheint aber noch einige Tage oder Wochen zu benötigen, bevor er das gewünschte Niveau erreicht und sich vollumfänglich in die Mannschaft integriert hat. Von den fünf Neuen trat auch Torhüter Patrick Drewes positiv in Erscheinung. In Magdeburg bewahrte er den VfL mit starken Paraden vor der ersten Testspielniederlage. Dagegen sind Flügelstürmer Samuel Bamba und Mittelfeldspieler Niklas Jahn nach derzeitigem Stand noch keine Option für einen Startelfplatz in der Bundesliga, wobei Jahn mit seiner engagierten Spielweise bislang deutlich mehr überzeugt hat als Bamba, der beispielhaft für das Leistungsgefälle im Bochumer Kader steht. Einige Spieler haben ihren Stammplatz mangels Alternativen schon fast sicher, auf anderen Positionen herrscht generell noch ein Vakuum – vor allem auf den offensiven Außenbahnen.

Peter Zeidler hat in den bisherigen Vorbereitungsspielen entweder auf das leicht favorisierte 4-4-2-System mit einer Mittelfeldraute oder aber auf ein 4-3-3 gesetzt. Doch für die letztgenannte Variante fehlen speziell auf den offensiven Außenbahnen die personellen Optionen. Mit Jordi Osei-Tutu planen die Verantwortlichen definitiv nicht mehr. Leihrückkehrer Gerrit Holtmann erhält nach zwei mehr oder weniger verkorksten Jahren zwar eine neue Chance und möchte diese unbedingt nutzen, ob er aber wieder die Form erreicht, die ihn in Bochum zum Publikumsliebling hat werden lassen, werden erst die nächsten Wochen zeigen. In den Testspielen fiel er bislang nur sporadisch auf. Theoretisch wäre auch Moritz Kwarteng eine Option als Flügelstürmer, doch wann der teuerste Neueinkauf des vergangenen Sommers überhaupt wieder zur Verfügung steht, ist noch offen. Auch im Trainingslager wird er nach seinem Innenbandanriss allenfalls ein reduziertes Programm absolvieren. Ohnehin weiß noch niemand so wirklich, wie gut Kwarteng im gesunden Zustand überhaupt ist.

VfL benötigt noch Verstärkung

Es könnte also helfen, wenn der VfL tatsächlich noch einen agilen Angreifer verpflichtet, der im Idealfall in beiden Systemen seinen Platz finden würde. Darüber hinaus fahndet Sportdirektor Marc Lettau nach einer neuen Nummer eins fürs Bochumer Tor. Ein zusätzlicher Verteidiger wird aus wirtschaftlichen Gründen derzeit nicht mit besonderem Nachdruck gesucht, steht aber ebenso noch auf der erweiterten Wunschliste wie ein Kreativspieler. Rein zahlenmäßig sind die Bochumer in der Abwehr und Mittelfeld zwar schon ordentlich aufgestellt, die Qualitätsfrage muss nach zwei Spielzeiten in Folge mit mehr als 70 Gegentreffern und dem Verlust von Spielgestalter Kevin Stöger trotzdem gestellt werden. In den ersten vier Testspielen punkteten im Vergleich zur Vorsaison vor allem Maximilian Wittek sowie mit Abstrichen Noah Loosli und Lukas Daschner. Cristian Gamboa und teilweise auch Erhan Masovic sammelten dagegen kaum Argumente in eigener Sache. Weitere Tendenzen dürften sich nun in Gais ergeben. Anschließend steht nur noch die Generalprobe am 10. August in Le Havre auf dem Programm.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)