Der Ball lag erst wenige Sekunden im Tornetz, da brüllte Manuel Riemann bereits los. Wild gestikulierte er in Richtung Trainerbank. Ohne eine nähere Beschreibung der Szene wäre zunächst nicht klar, welches Spiel überhaupt gemeint ist. Immer wieder regt sich der Torhüter des VfL Bochum unmittelbar nach einem Gegentreffer über das Zustandekommen und die Arbeit seiner Vorderleute lautstark auf und nimmt gelegentlich auch Kontakt zum Trainerteam auf. Das häuft sich mittlerweile. So geschehen im Heimspiel gegen Hoffenheim und beim Auswärtsspiel vergangenen Sonntag in Berlin. Unmittelbar nach dem 1:3 in der Alten Försterei kam es zu einer besonderen Situation: Riemann wollte unbedingt mit Co-Trainer Marc-Andre Kruska sprechen. Also lief der Assistent von Fußballlehrer Heiko Butscher los und sprintete bis hinter das Tor von Riemann. Kurz danach riefen Butscher und Kruska zwei Ersatzspieler zur Trainerbank und bereiteten einen Doppelwechsel vor. Reiner Zufall? Was genau der Keeper loswerden wollte, ist nicht überliefert. Sportdirektor Marc Lettau könnte es mitbekommen haben, umschiffte eine Nachfrage nach dem Sieg aber geschickt.
Riemanns großer Einfluss
Dabei ist längst offensichtlich, dass Riemann mehr ist als nur ein Torhüter. Er ist der mitspielende Co-Trainer des VfL Bochum. Schon unter Ex-Coach Thomas Reis nahm wie Riemann kein anderer Spieler Einfluss auf die Herangehensweise der Mannschaft, sowohl auf als auch neben dem Platz. Unter Thomas Letsch ging Riemann noch weiter und forderte auf dem Platz – und für alle Zuschauer sichtbar – Spielerwechsel oder taktische Anpassungen. Vor laufenden Kameras war Letsch meist bemüht darum, die Situation abzumoderieren. Intern aber sah er seine Autorität untergraben, weshalb die Beziehung zwischen den beiden am Ende weit von einer Musterehe entfernt war. Heiko Butscher hingegen scheint sich über die Unterstützung zu freuen. „Wir haben Trainer auf der Tribüne und wir haben mit Manuel Riemann einen Torwart auf dem Platz, der ein Spiel sehr gut lesen kann. Das nutzen wir. Wie wir dann entscheiden, das ist uns überlassen“, sagte Butscher der WAZ. In der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen Leverkusen antwortete der Interimstrainer auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin fast wortgleich.
Veränderte Konstellation im Tor
Weil sich Riemann im Vergleich zur vergangenen Saison zudem sportlich wieder stabilisiert hat und mit seiner Spieleröffnung ohnehin Maßstäbe setzt, wollen die Verantwortlichen die Zusammenarbeit mit dem extrovertierten Torwart weiter fortsetzen. Riemanns Vertrag endet 2025, eine Vertragsverlängerung ist nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin jedoch sehr wahrscheinlich. Damit wäre auf der Torhüterposition für Kontinuität gesorgt. Riemann, der im September 36 Jahre alt wird, würde wohl weiter als Nummer eins in die neue Saison gehen, ligaunabhängig. Hinter ihm soll Niclas Thiede als Nachfolger aufgebaut werden. Der 25-Jährige wurde im vergangenen Sommer auf Empfehlung von Torwarttrainer Peter Greiber nach Bochum zurückgeholt; Thiede spielte bereits in der Jugend für den VfL. Andreas Luthe und Michael Esser, zwei Bochumer Urgesteine und zuverlässige Vertreter, werden in diesem Sommer sehr wahrscheinlich ihre aktive Karriere beenden. Vom Wuppertaler SV wird Paul Grave zunächst zurückkehren, über die neue U21 soll zudem Eigengewächs Hugo Rölleke an den Profifußball herangeführt werden.
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(Foto: Marc Niemeyer)