Personalie

Der Königstransfer: Brasilianer Bernardo begeistert Bochum

Thomas Letsch ist Realist. Bochums Coach weiß, dass er seinen Spieler Bernardo wahrscheinlich gar nicht trainieren würde, wenn dieser in seiner Karriere nicht von Verletzungen ausgebremst worden wäre. „Er hatte immer wieder Pech. Sonst glaube ich nicht, dass er für Bochum spielen würde“, sagte der Fußballlehrer vor einigen Monaten über den Defensivspezialisten aus Brasilien, der nicht nur seinen Chef begeistert. Auch im Umfeld und bei den übrigen Verantwortlichen herrscht Einigkeit: Bernardo ist der Königstransfer in diesem Jahr. „Bernardo ist ein Zweikampfmonster“, lobt Letsch. „Es ist für seine Gegenspieler extrem unangenehm gegen ihn zu spielen. Wenn du glaubst, du bist an ihm vorbei, steht er plötzlich wieder vor dir.“ Die Statistik gibt dem Trainer Recht: Mit 263 gewonnenen Zweikämpfen belegt Bernardo ligaweit Platz eins in dieser Statistik.

Noch kein Pflichtspiel verpasst

Damit ist der 28-Jährige logischerweise unumstrittener Stammspieler in Bochum. Nach seiner Verpflichtung Anfang August rückte der erfahrene Verteidiger prompt in die Startelf und verpasste bislang nur einziges Pflichtspiel – zuletzt in Dortmund wegen einer Gelbsperre. Von allen Feldspielern ist er derjenige mit den meisten Einsatzminuten, dahinter folgen Anthony Losilla, Kevin Stöger und Erhan Masovic. Bernardo Fernandes da Silva Junior „hat von Anfang an gezeigt, dass er mit seiner internationalen Erfahrung eine große Verstärkung für uns ist“, betont Thomas Letsch. Enttäuscht habe sein Schützling nur beim Auswärtsspiel in München, „aber da waren alle schlecht.“ Diese Konstanz sei der Grund dafür, „warum Bernardo immer gespielt hat.“ Anfang Dezember im Heimspiel gegen Wolfsburg gelang ihm sogar sein erstes Tor im VfL-Trikot.

Sein Vater spielte für den FC Bayern

Seinen ersten Bundesliga-Treffer erzielte Bernardo bereits sechs Jahre zuvor im Trikot von RB Leipzig. Für den finanzstarken Emporkömmling spielte der Linksfuß zwischen 2016 und 2018 in Deutschlands Eliteklasse; bis heute der Höhepunkt in Bernardos Karriere, die in Brasiliens Millionenmetropole Sao Paolo begann. Das fußballerische Gen bekam er in die Wiege gelegt, bereits sein Vater war Profi und spielte unter anderem für den FC Bayern München, allerdings nur kurz Anfang der 90er-Jahre.


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Bernardo Junior hingegen landete im Alter von 21 Jahren bei RB Salzburg. In Österreich gewann er mehrere nationale Titel und wechselte innerhalb der RB-Welt zum damaligen Bundesliga-Aufsteiger Leipzig. Nach 40 Spielen dort zog er weiter zu Brighton & Hove Albion in die englische Premier League, wo er zwar regelmäßig spielte, aber auch häufiger verletzt war. 2021 ging es zurück nach Salzburg. Dort wie auch in Leipzig spielte Bernardo sogar in der Champions League. In Salzburg lernte er bereits Thomas Letsch kennen, der seinerzeit das Farmteam in Liefering trainierte. Dort musste sich Bernardo auch vor seinem Wechsel nach Bochum fithalten, nachdem er einer Verjüngungskur zum Opfer fiel und seinen Kaderplatz verlor. Der VfL freute sich darüber, legte dem Verteidiger Anfang August einen Zweijahresvertrag inklusive Verlängerungsoption vor und musste den Salzburgern lediglich eine Ablöse im mittleren sechsstelligen Bereich überweisen.

Defensivallrounder ohne Starallüren

Trotz fehlender Spielpraxis erkämpfte sich der Brasilianer sofort einen Platz in der Bochumer Mannschaft. Zunächst überzeugte Bernardo als linker Innenverteidiger in der Dreierkette. Mit der Systemumstellung Anfang November glänzte er aber auch als linker Außenverteidiger in der Viererkette. „Wir haben ein bisschen Zeit gebraucht, die richtige Formation zu finden“, gibt der Routinier freimütig zu. „Vor der Winterpause sind wir deutlich stabiler geworden und können zufrieden sein.“ Seinen Wechsel nach Bochum in den Abstiegskampf der Bundesliga bereut er keineswegs, im Gegenteil: „Ich fühle mich sehr wohl in Bochum. Wir haben eine sehr gute Mannschaft mit super Fans“, erzählt Bernardo, der die deutsche Sprache gut beherrscht, nicht mit Starallüren auffällt und generell ein freundlicher Zeitgenosse ist. „Ich bin glücklich, wieder in der Bundesliga zu sein. Hier kann in jedem Spiel alles passieren, vielleicht mit Ausnahme der Spitzenteams.“

Was der VfL in dieser Saison bereits schmerzlich erfahren musste. Die höchsten Niederlagen gab es in Leverkusen, München und Stuttgart. Bernardo ist trotzdem begeistert: „Die Bundesliga zählt zu den drei besten Ligen der Welt. Das Besondere ist die Stimmung in den Stadien. Die Fans sind einfach verrückt, positiv gemeint. Das gibt mir immer noch mehr Energie auf dem Platz.“ Seine Leistungen bestätigen das.

Dieser Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen. Auf 116 Seiten bietet das Magazin mehrere Interviews, viele Porträts und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen.

(Foto: Marc Niemeyer)