Theoretisch könnte der VfL Bochum eine komplette Mannschaft nur mit Neuzugängen bilden. Dabei wäre sogar jede Position vom Torwart bis zum Angreifer abgedeckt. Elf Spieler wurden zwischen Mai und September verpflichtet – doch nur wenige von ihnen sind sportlich schon in Bochum angekommen. Viele Neuzugänge haben aus unterschiedlichen Gründen Anlaufschwierigkeiten und sind nicht auf Anhieb Leistungsträger, was sie angesichts des großen Umbruchs aber schnellstmöglich sein müssten.
Findungsphase während der Saison
Ganz überraschend kommen die Probleme sicher nicht. Zum Trainingsauftakt am 20. Juni stand mit Philipp Hofmann lediglich ein Neuzugang auf dem Platz. Im Trainingslager Mitte Juli waren es immerhin schon sechs, am Ende der Saisonvorbereitung sieben von elf. Jacek Goralski wurde zwar früh verpflichtet, fiel aber zunächst aus; Dominique Heintz, Lys Mousset und Marko Johansson kamen erst nach dem Saisonstart hinzu. Auch Jannes Horn musste sich verletzungsbedingt schnell wieder abmelden.
Ausfälle oder späte Transfers haben den sportlichen Integrationsprozess also deutlich erschwert. „Teile der Mannschaft wollen so spielen wie im vergangenen Jahr. Andere sind noch nicht so weit“, hatte Simon Zoller vor knapp zwei Wochen gesagt und damit auch interne Diskussionen verursacht. Dabei sprach er nur das für alle Offensichtliche aus: Die Saison hat längst begonnen, doch der VfL steckt noch in der Findungsphase. Zwar gab es gegen Freiburg und Bremen Fortschritte, Punkte aber noch keine.
Probleme mit Ordets und Mousset
Speziell die beiden Neuzugänge mit der größten internationalen Erfahrung sind bislang nur Randfiguren. Ivan Ordets, der eigentlich neuer Abwehrchef werden sollte, hat erhebliche Anlaufschwierigkeiten und wurde nach drei Einsätzen von Beginn an vorübergehend aus der Startelf genommen. Ein Teil des Problems: Ordets hatte seit Dezember 2021 kein Pflichtspiel mehr absolviert und die Vorbereitung in Bochum nur teilweise mitgemacht. Gerade ihm hätten mehr als zwei kurze Testspieleinsätze gutgetan.
Nicht weniger kompliziert ist die Lage bei Lys Mousset. Der Angreifer war erst Mitte August und nicht in bester körperlicher Verfassung nach Bochum gekommen. Der Franzose musste zunächst ein Spezialprogramm absolvieren, unter anderem zur Gewichtsreduzierung. Mousset gehörte gegen Bremen erstmals zum Kader, spielen durfte er noch nicht. Dabei könnte er in naher Zukunft genau der passende Stürmer für das Bochumer System sein. Mousset ist schnell und robust, bringt überdies eine gute Technik mit.
Stöger war bislang immer dabei
Aber auch eine (fast) komplette Saisonvorbereitung ist keine Garantie für einen erfolgreichen Einstieg. Gemessen an ihrer Vorerfahrung ist vor allem von Saidy Janko und Philipp Förster noch deutlich mehr zu erwarten. Sie fremdeln mit der Art, wie in Bochum Fußball gespielt und gearbeitet wird. Beide wirken in Zweikämpfen oft zu zögerlich, fast ein wenig phlegmatisch. „Er passt eigentlich richtig gut zu uns. Trotzdem muss eine gewisse Grundaggressivität da sein“, sagte Trainer Thomas Reis neulich über Philipp Förster.
So richtig überzeugen konnte bislang nur Kevin Stöger. Der Spielgestalter ist zugleich der einzige Neuzugang, der in allen Pflichtspielen zur Startelf gehörte. Gute Ansätze waren auch schon von Dominique Heintz und Jacek Goralski zu sehen, allerdings fallen die Defensivspezialisten vorerst aus. In beiden Fällen ist ein Einsatz im Derby gegen Schalke ausgeschlossen. Dafür könnte Jannes Horn sein VfL-Debüt in der Bundesliga feiern. Platz für weitere Neuzugänge gäbe es noch, etwa für Philipp Hofmann oder Jordi Osei-Tutu.
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