Als blinden Aktionismus will Thomas Reis seine Planänderung nicht verstanden wissen. Der 47-Jährige hat nun aber auf das 0:7-Debakel beim FC Bayern und die beiden Niederlagen gegen Hertha und Köln reagiert. In dieser Woche gibt es zusätzliche Trainingseinheiten. Reis möchte an den offensichtlichen Defiziten arbeiten.
Sowohl in der Defensive als auch in der Offensive sind die Mängel beim Aufsteiger unübersehbar. Hinten wie vorne fehlt dem VfL die Konsequenz. Hauptansatzpunkt ist insbesondere die Verteidigung, die dringend verbessert werden muss, wollen die Bochumer wieder punkten. Reis spricht von teils „naivem Zweikampfverhalten“, Manager Sebastian Schindzielorz sieht „zu viele Chancen, die wir zulassen.“ Zu oft haben die Bochumer in den ersten fünf Partien dieser Saison nur zugeschaut statt beherzt einzugreifen. „Wir müssen eklig sein“, betont Thomas Reis immer wieder, wohlwissend, dass dies noch zu selten der Fall ist. Gegen den VfB Stuttgart am Sonntag will er vor heimischen Publikum deutliche Verbesserungen sehen.
Losilla und Rexhbecaj
Als Teil der Defensive, aber auch als Bindeglied zur Offensive, kommt dem Dreier-Mittelfeld dabei eine zentrale Bedeutung zu. Reis setzt in dieser Saison in der Regel auf einen Sechser und zwei Achter, wahlweise auch auf zwei Sechser und einen Zehner. Für diese drei Positionen gibt es mindestens vier Kandidaten: Kapitän Anthony Losilla, Routinier Robert Tesche, sowie die beiden Neuzugänge Elvis Rexhbecaj und Eduard Löwen. Gegen Mainz und Köln hat auch Milos Pantovic im zentralen Mittelfeld gespielt, aber nicht wirklich überzeugen können. Eine feste Formation hat Reis noch nicht gefunden, auch deshalb, weil Tesche nach seinem Platzverweis in Wolfsburg gesperrt und Löwen noch nicht fit war. Losilla und Rexhbecaj gehörten hingegen fünfmal zur Startformation.
Und jetzt gegen Stuttgart? Losilla ist auf der Sechs und der Acht einsetzbar, bei Bedarf sogar in der zuletzt wackeligen Innenverteidigung. Er ist Kapitän, ihn wird Reis wohl kaum auf die Bank setzen, wozu es – abgesehen vom mangelnden Tempo – auch keinen wirklichen Grund gibt. Rexhbecaj hat sich ebenso festgespielt, er kann auf der Sechs, der Acht und der Zehn agieren. Gegen die Bayern patzte er aber beim ersten Gegentreffer, als er die Freistoßmauer verließ; gegen die Hertha war er beim 0:1 und 1:3 zu passiv. Sicher ist ihm sein Platz auch nicht mehr.
Tesche und Löwen
Bleibt die Frage, wie Reis mit Tesche und Löwen plant. Tesche flog in Wolfsburg früh vom Platz, verpasste dann zwei Spiele, saß gegen Hertha nur auf der Bank und enttäuschte in München – wie alle anderen auch. Tesches Vorteil ist, dass er der einzige Spieler mit Startelfpotenzial ist, den Reis als „kontrollierenden Sechser“ bezeichnet, heißt übersetzt: Der, der am besten absichert. Er ist aber auch der, der das hohe Tempo am wenigsten mitgehen kann. Löwen punktet dagegen mit seiner grundsätzlich vorhandenen Standardstärke, die er bislang aber noch nicht auf den Platz bringen konnte. Reis mag dessen Spielweise aber und will ihn unbedingt als Leistungsträger aufbauen – vielleicht beginnt er damit schon gegen Stuttgart. Löwen kann im zentralen Mittelfeld ebenfalls alle Positionen bekleiden.
Je nach Verlauf der Trainingswoche ist aber auch eine Überraschung und ein Bundesliga-Debüt möglich. Sommerneuzugang Patrick Osterhage, der aus der Reserve des BVB nach Bochum gewechselt ist, hat bislang noch nicht spielen dürfen. Doch im Training und den Testspielen hinterlässt der Linksfuß einen guten Eindruck, ist fleißig, zeigt sein Talent. Reis will ihn behutsam ans Team heranführen, doch ist das in der Bundesliga überhaupt möglich? Einen perfekten Zeitpunkt für den ersten Einsatz dürfte es in dieser Saison wohl ohnehin nicht geben.
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