Vereinsgeschichte

175 Jahre: VfL Bochum will im September Jubiläum feiern

Fanartikel mit der Jahreszahl 1848 zählen zur begehrten Ware, sie schmücken sogar Autokennzeichen. Dass es sich dabei in Wirklichkeit gar nicht um das tatsächliche Gründungsjahr des VfL Bochum handelt, muss die Fans aber nicht beunruhigen. Historiker Henry Wahlig, der seit mehr als zwei Jahrzehnten in unterschiedlichen Funktionen freiberuflich oder ehrenamtlich für den Verein tätig ist, erklärt: „Entstanden ist der Turnverein, der erste Vorgängerverein des heutigen VfL, in Wirklichkeit erst 1849. Später haben sich die Turner dann aber auf das historisch bedeutsame Jahr berufen, auch um ihre Verbindung mit den demokratischen Werten der Revolutionsbewegung von 1848 zu demonstrieren.“

Ausstellung im Stadtarchiv geplant

Mit Stolz könne der VfL in diesem Jahr deshalb auch seinen 175. Geburtstag begehen. Wahlig hat hinter den Kulissen ein Projekt angeschoben, um das sich der Verein nun kümmert und in mehreren Veranstaltungen münden soll. Geplant sind unter anderem eine Ausstellung im Bochumer Zentrum für Stadtgeschichte sowie ein Festwochenende im September. „Der VfL ist der älteste bis heute bestehende Verein Bochums und einer der ältesten Klubs im deutschen Profifußball. Das muss würdig begangen und angemessen gefeiert werden“, sagt Wahlig, der hauptberuflich im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund arbeitet und sich somit bestens in der Fußballlandschaft auskennt.

Ein vom Verein beauftragter Kurator soll nun gemeinsam mit Wahlig besondere Exponate sowie außergewöhnliche Geschichten für die Ausstellung im Stadtarchiv zusammentragen. „Im Idealfall gelingt es uns, auch Geschichten zu erzählen, die so noch nicht bekannt sind.“ Wahlig denkt dabei zum Beispiel an die Europapokalauftritte des VfL im sogenannten UI-Cup, von denen im Gegensatz zu den legendären UEFA-Cup-Duellen bislang kaum etwas überliefert ist.

Kaenzig ist Traditionspflege wichtig

In diesem Zusammenhang könnte auch die Ehemaligendatei helfen, die der VfL Bochum unter Leitung des Fanbeauftragten Dirk Michalowski und Mitarbeiter Stefan Folke in den zurückliegenden Jahren akribisch aufgebaut hat. Mehr als 600 Kontaktdaten zu ehemaligen Spielern hat der VfL mittlerweile erfasst – dabei ist es ganz egal, wann und wie lange sie für den Klub aktiv waren. „Das allerschwierigste war und ist es, Kontakte zu jenen herzustellen, die schon viele Jahre nicht mehr aktiv und dementsprechend vom VfL-Radar verschwunden sind“, erklärt der Fanbeauftragte und betont: „Jeder, der hier mal gespielt oder gearbeitet hat, ist ein Stück VfL-Geschichte.“

Angeschoben hat dieses Projekt Geschäftsführer Ilja Kaenzig. „Mit ihm hat das Thema Vereinshistorie und Traditionspflege erstmals eine ganz neue Bedeutung innerhalb des Vereins bekommen“, lobt Wahlig die Arbeit des Schweizers. Aus seiner Sicht sei genau das jahre- und teils jahrzehntelang versäumt worden. „Von Vereinsseite aus wurde praktisch nie gesammelt, wertvolle Dokumente sind unwiederbringlich verloren gegangen.“

Kontakt zu vielen Ehemaligen

Den Kern der geplanten Ausstellung im Stadtarchiv werden voraussichtlich Sammlerstücke aus dem Fundus von VfL-Fan Bernd Kreienbaum bilden, hinzu kommen unter anderem Schätze aus dem Nachlass von Ottokar Wüst. Das Stadtarchiv selbst verfügt nur über wenige Dokumente. „Aber immerhin lagert dort das älteste Stück Vereinsgeschichte, das es gibt: Die Fahne des Turnvereins aus dem Jahr 1849“, erzählt Wahlig. „Ein unglaubliches Exponat. Sie war noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen und muss eigens dafür restauriert werden.“ Eine Faninitiative will Spendengelder sammeln, um dieses ganz besondere Stück VfL-Geschichte zu neuem Leben zu erwecken.

Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass auch bei dem einen oder anderen Spieler noch Sehenswertes einlagert. Der VfL Bochum möchte die Ehemaligendatei ohnehin nicht nur dafür nutzen, um alljährlich einen Geburtstag- und Weihnachtsgruß an alle zu verschicken. Das macht das Team um Dirk Michalowski zwar auch, vielmehr sollen die Ehemaligen aber auch als Botschafter des Klubs in Erscheinung treten und aktiv in das Vereinsleben eingebunden werden. Ein Kern von rund 30 früheren Spielern – darunter Dariusz Wosz, Thomas Ernst oder Peter Közle – soll den VfL zu verschiedenen Anlässen vertreten. „Einige Fanclubs fragen zum Beispiel direkt bei uns an, ob wir einen oder zwei Ehemalige zu ihrer Jubiläums- oder Weihnachtsfeier schicken können. Das machen wir dann gerne.“ Im Gegenzug erhalten die Ex-Profis freien Eintritt zu den Bundesligaspielen.

Dieser Text ist zuerst in der Winterausgabe des Magazins „100% VfL Bochum“ erschienen. Auf 100 Seiten bietet der Bochumer 3Satz-Verlag unter anderem Interviews mit Thomas Letsch, Patrick Fabian und Ilja Kaenzig. Ihr könnt das Heft an dieser Stelle digital durchblättern und lesen (funktioniert nur in der Desktopversion). Gedruckte Exemplare liegen in vielen Geschäften im gesamten Stadtgebiet kostenlos aus.