Kader im Wandel

VfL im Umbruch: Viele Aufstiegshelden sind schon weg

Wer es nach mehr als einem Jahrzehnt geschafft hat, den VfL zurück in die Bundesliga zu führen, bleibt in Bochum unvergessen. Spieler wie Manuel Riemann, Anthony Losilla oder Robert Tesche genießen Heldenstatus in der Stadt. Simon Zoller und Robert Zulj begeisterten die Fans als „ZZ Top“, der junge Abwehrverbund mit Maxim Leitsch und Armel Bella Kotchap sogar die Scouts anderer Klubs. Ein echtes Team, eine verschworene Einheit hat den VfL im Mai 2021 zurück in die Bundesliga gebracht.

Nur ein Quintett ist noch da

Doch das Gesicht der Mannschaft hat sich mittlerweile deutlich verändert. Die Spieler aus der Aufstiegsmannschaft sind klar in der Minderheit. Nur fünf Profis aus dem Kader der Saison 2020/21 stehen auch heute noch beim VfL Bochum unter Vertrag: Kapitän Anthony Losilla, Torhüter Manuel Riemann, Defensivspezialist Erhan Masovic sowie die beiden Außenverteidiger Cristian Gamboa und Danilo Soares. Viele andere, auch Leistungsträger aus der Aufstiegself, haben sich dagegen längst verabschiedet.

Zulj ist bereits unmittelbar nach den Feierlichkeiten in die Emirate weitergezogen; Tesche, Pantovic, Blum, Bella Kotchap und Leitsch verließen den Klub nach dem Klassenerhalt im ersten Jahr, Trainer Reis und Manager Schindzielorz ebenso. Die meisten von ihnen waren oder fühlten sich zu Höherem berufen, bei anderen ließ die Leistungsfähigkeit nach. In diesem Sommer folgten Simon Zoller, Gerrit Holtmann und Vasilios Lampropoulos – ein Beleg dafür, dass im Fußball die Gegenwart zählt, nicht die Vergangenheit.

Emotionaler Abschied von Zoller

Speziell Simon Zoller hat den Klub geprägt, nicht nur auf dem Platz, auch daneben als einer der Wortführer in der Kabine und als Identifikationsfigur bei Fans und Sponsoren. Kaum eine Werbekampagne des Klubs kam ohne ihn aus, zum Abschied gab es ein emotionales Video. „Ich habe mit Zolli zusammengespielt und weiß um den Wert, den er für Mannschaft und Verein hatte. Er war ein wesentlicher Faktor in unserer Aufstiegssaison,“ kommentierte Sportchef Patrick Fabian den Wechsel zum FC St. Pauli.

Doch der Ex-Profi darf in seinem Job nicht die Emotionen siegen lassen. Zoller war, ebenso wie Holtmann, zuletzt nur noch (ein teurer) Reservist, beide drängten auf einen Transfer. „Es gibt immer Spieler, die Phasen prägen und den Erfolg maßgeblich mitgestalten“, ergänzte Fabian zu Wochenbeginn in der YouTube-Reihe Anne Castroper – der VfL-Talk. „Spieler wechseln dann aber auch, weil sie sich verbessern wollen oder weil es irgendwann an die Substanz und an die Leistungsfähigkeit geht, allein aus Altersgründen.“

Spieleretat mehr als verdreifacht

Fabian und Sportdirektor Marc Lettau möchten den Kader verjüngen – und natürlich verbessern. Der Spieleretat lag im Aufstiegsjahr bei rund 12 Millionen Euro, nun sind es rund 40 Millionen Euro. Das bietet die Chance, bei Neuverpflichtungen in ein höheres Regalfach zu greifen, auch zum Nachteil der verbliebenen Aufstiegshelden. Gamboa hat seinen Startelfplatz an Felix Passlack verloren, Soares an Maximilian Wittek. Beide waren jahrelang Stammspieler, aktuell bleibt ihnen nur ein Platz auf der Ersatzbank.

Unklar also, ob ihre Zukunft weiter in Bochum liegt. Die Verträge von Gamboa und Soares laufen im kommenden Sommer aus. Gamboa wird im Oktober 34 Jahre alt, Soares feiert wenige Tage später seinen 32. Geburtstag. Auch Losilla ist nur noch bis Mitte 2024 an den VfL Bochum gebunden, wobei der Kapitän weiter Stammspieler bleibt und noch kein passender Nachfolger in Sicht ist. Auch Manuel Riemann dürfte seinen Platz im Tor so schnell nicht verlieren, sein Vertrag läuft ohnehin noch bis 2025.

Neue Fanlieblinge und Wortführer

Dennoch: Der Umbruch wird weitergehen, alte Identifikationsfiguren verschwinden, neue entwickeln sich. Dazu passt, dass die Verantwortlichen in diesem Sommer großen Wert darauf gelegt haben, dass die Neuzugänge bereit sind, eine emotionale Verbindung zum VfL aufzubauen. Nicht nur für die Außenwirkung ist das von Bedeutung, für das Klima innerhalb der Kabine sind charakterliche Eigenschaften ebenso wichtig. Denn auch da verändert sich einiges, wenn die Aufstiegshelden als Wortführer allmählich verschwinden.  


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(Foto: Marc Niemeyer)

RUB-Kanzlerin im Präsidium

Christina Reinhardt und der VfL: „Ohne dickes Fell geht es nicht“

Den Schal, den Dr. Christina Reinhardt bei den Spielen des VfL Bochum trägt, hat sie nicht zufällig ausgewählt. Auf der einen Seite prangt das Logo ihres Lieblingsvereins, auf der anderen das Wappen der Ruhr-Universität. Für sie ist das eine Selbstverständlichkeit. Seit 2015 ist Reinhardt Kanzlerin der Bochumer Uni, seit Ende 2022 gehört sie außerdem dem Präsidium des VfL an. Das eine ist ihr Job, das andere ein Ehrenamt, verbunden mit großer Verantwortung. „Die Anfrage, ob ich kandidieren und mitmachen möchte, kam aus heiterem Himmel. Ich wäre nie selbst auf die Idee gekommen. Aber mein erster Gedanke war sofort: Das ist eine große Ehre. Ich kann den Klub mitgestalten, von dem ich Fan bin“, erzählt sie bei einem Termin in ihrem Büro der Hochschulverwaltung. Wobei es gar nicht mehr ihr eigenes Büro ist. „Das habe ich quasi abgeschafft. Wir arbeiten mobiler und flexibler. Auch andere aus der Verwaltung können das Büro buchen.“

Pionierarbeit im Männerfußball

Diese kleine Geschichte ist vielleicht auch ein guter Beleg dafür, warum die promovierte Geographin seit der Mitgliederversammlung im vergangenen Jahr zum Aufsichtsgremium des VfL Bochum gehört. Ihre heutigen Präsidiumskollegen und die Findungskommission waren sich einig: Sie brauchen frischen Wind, einen neuen Einfluss von außen – und: eine Frau. „Wenn ich als Quotenfrau bezeichnet werde, ist das kein Schimpfwort für mich. Natürlich ist es noch Pionierarbeit. Frauen im Profifußball der Männer sind eher eine Seltenheit. Aber das war an den Hochschulen vor einiger Zeit nicht wesentlich anders“, weiß Christina Reinhardt. Nur 15 Frauen sitzen in den Führungsgremien der 36 Erst- und Zweitligisten. „Ich finde es gut und wichtig, dass sich immer mehr Vereine auf den Weg begeben, diverser zu werden. Und ich bin gerne ein Teil davon.“ Akzeptanzprobleme stellt sie keine fest: „Ich habe nicht das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde, weil ich eine Frau bin. Ich finde, dass es schon nach kurzer Zeit keine Rolle mehr gespielt hat. Aber klar ist auch: Ohne Selbstbewusstsein und dickes Fell geht es in der Branche nicht.“

Beides bringt sie jedoch mit, ohnehin ist ihre berufliche Vita mehr als beachtlich. Als Kanzlerin hat Christina Reinhardt bereits Erfahrung im Management einer großen Organisation gesammelt. Mit fast 42.000 Studierenden und 6.300 Angestellten ist ihr Arbeitgeber sogar um ein Vielfaches größer als der Klub von der Castroper Straße. 630 Fußballfelder könnte die RUB auf ihrem 4,5 Quadratkilometer großen Campus errichten. „Natürlich habe ich kurz überlegen müssen: Kann ich dem VfL wirklich helfen? Aber schnell war mir klar: Es gibt große Schnittmengen. Auch an der RUB beschäftige ich mich viel mit den Finanzen, Personalfragen und der Infrastruktur“, berichtet Reinhardt. Seit acht Jahren ist sie Kanzlerin der Universität, zuvor war sie sechs Jahre lang in gleicher Funktion an der Hochschule Bochum tätig. In ihrer Funktion leitet sie die Verwaltung, ist Mitglied des Rektorats und dort unter anderem für den Haushalt verantwortlich. „Als mir unsere Hochschulratsvorsitzende die Genehmigung erteilt hat, habe ich der Kandidatur beim VfL zugestimmt“, blickt Reinhardt zurück. 

Seit November 2022 dabei

Gemeinsam mit den langjährigen Gremiumsmitgliedern Hans-Peter Villis, Uwe Tigges, Dr. Andreas Eickhoff und Franz-Josef Tenhagen ist sie daraufhin im November 2022 zur Wahl angetreten. Beim VfL Bochum müssen sich Fünfer-Teams bilden, das sieht die Satzung so vor. Erstmals in der Vereinsgeschichte gab es allerdings Gegenkandidaten. Ein Team um den Vereinsarzt Prof. Dr. Karl-Heinz Bauer stellte sich als Wahlalternative auf – und bekam immerhin ein Drittel der Stimmen. Für Christina Reinhardt war das aber kein Problem: „Ich fand es überhaupt nicht schlimm, im Gegenteil: Einer gewählten Leitung tut Konkurrenz im demokratischen Sinne doch meistens gut. Bei der Wahl zur Kanzlerschaft einer Hochschule ist es nicht anders.“


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Das Team Bauer kritisierte beim VfL insbesondere die Führungskultur, sprach von fehlender Wertschätzung der Präsidiumsmitglieder gegenüber der Geschäftsführung und bemängelte die interne wie externe Kommunikation. Diese Kritik, versichert Reinhardt, sei in den ersten Sitzungen, die sie als frisch gewähltes Mitglied der Vereinsführung miterlebt hat, intensiv aufgearbeitet worden. „Vielleicht habe ich als Verstärkung von außen auch Denkanstöße geben können – hoffe ich zumindest.“ Ohnehin versucht sie die Rolle, die ihr zugedacht war, nun mit Leben zu füllen. „Ich beteilige mich, stelle Fragen und diskutiere mit. Vielleicht bin ich manchmal eine Irritation, aber hoffentlich immer eine produktive“, erzählt sie mit einem Schmunzeln.

Steile Lernkurve in fremder Branche

Im Gegensatz zu ihren Kollegen, die das Innenleben der Fußballwelt bereits vor ihrer (Wieder-)Wahl kannten, musste sich Christina Reinhardt in den zurückliegenden Monaten erst einarbeiten: „Ich gehe seit über 30 Jahren zum VfL, bin seit 2016 Mitglied, aber trotzdem war es zunächst eine fremde Branche. Die Prozesse und Strukturen kannte ich noch nicht, auch nicht die unausgesprochenen Regeln. Aber vor allem IIja Kaenzig hat mir sehr dabei geholfen, alles zu verstehen. Die Lernkurve war anfangs steil, und nach mehr als einem halben Jahr fühle ich mich voll integriert – fachlich, aber auch als Bestandteil der Gruppe.“

Gleichwohl ist sie bemüht darum, die Fanperspektive nicht völlig aufzugeben. Vor ihrem Engagement beim VfL verfolgte Christina Reinhardt die Heimspiele von der Osttribüne in Block Q, jetzt sitzt sie im VIP-Bereich. „Die Emotionen als Fan möchte ich mir schon erhalten“, betont sie, und hat auch deshalb kein einziges Pflichtspiel in der Rückrunde der vergangenen Saison verpasst. Selbst auswärts war sie immer dabei. „Den Weg, den der VfL gerade geht, begleiten zu dürfen, empfinde ich als ein großes Privileg. Aber die Rückrunde war das Nervenaufreibendste, was ich mit dem Klub bislang erlebt habe.“

Als Studentin VfL-Fan geworden

Dabei wurde ihr die Leidenschaft für den VfL Bochum zumindest nicht die Wiege gelebt. Christina Reinhardt kam in der Nähe von Stuttgart zur Welt, bevor sie 1989 als Studentin nach Bochum kam. „Ich war dann auch hin und wieder hin wieder im Ruhrstadion“, erinnert sie sich zurück. „Mitte der 90er-Jahre war dann der VfB Stuttgart in Bochum zu Gast. Ich war mit Freunden im Gästeblock, habe aber für den VfL gejubelt. Da habe ich gemerkt: Jetzt bin ich Bochumerin.“ Gejubelt wird natürlich immer noch, aber die Emotionen müssen bei wichtigen Entscheidungen innerhalb der Klubführung zurückstehen. Als Präsidiumsmitglied sei es schließlich ihre Aufgaben, die Geschäftsführung mit Ilja Kaenzig und Patrick Fabian bestmöglich zu unterstützen. „Feedback und Rückendeckung geben, Anregungen liefern und Aufsicht führen“ – so definiert Christina Reinhardt das Anforderungsprofil.

Zeitlich sind ihre Möglichkeiten natürlich begrenzt, als Kanzlerin der Uni ist der Terminkalender ohnehin schon gut gefüllt. „Das ist bisweilen etwas schwierig. Ich kann deshalb nicht alle Termine beim VfL wahrnehmen. Die wichtigsten aber schon.“ Wobei sie manchmal sogar beide Aufgaben miteinander verbinden kann. „Wenn es eine gemeinsame DNA beider Organisationen gibt, dann ist es die Talententwicklung. Ich führe also gerne Menschen von der Uni und vom VfL zusammen, wenn ich glaube, dass es beiden Seiten helfen kann.“ Kooperationen zwischen der Ruhr-Uni und dem VfL gibt es bereits einige. Die Profifußballer führen etwa in jedem Sommer ihre Leistungsdiagnostik am sportwissenschaftlichen Institut der RUB durch. Auch gab es schon Forschungskooperationen in unterschiedlichen Bereichen. Die Uni und der VfL sind also längst miteinander verbunden. Der Schal, den Christina Reinhardt bei den Spielen trägt, ist das perfekte Symbol dafür. 

Dieses Interview ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen. Auf 132 Seiten bietet das Magazin ausführliche Interviews, viele Porträts und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare liegen in vielen Geschäften im gesamten Bochumer Stadtgebiet kostenlos aus. Es ist außerdem direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) erhältlich.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Paciencia, Kwarteng & Co.

Neues VfL-Personal: „Hoffentlich gibt es viel Unzufriedenheit“

Der VfL Bochum hat seine Fans am vergangenen Freitag ganz schön zappeln lassen. Erst nach Mitternacht bestätigte der Bundesligist die Meldung, dass die Verantwortlichen am letzten Tag der Sommer-Transferperiode doch noch einen neuen Mittelstürmer gefunden haben. Sein Name: Goncalo Paciencia. Der Portugiese ist in der Bundesliga kein Unbekannter. Paciencia ging zwischen 2018 und 2022 für Eintracht Frankfurt auf Torejagd, in der Saison 2020/21 wurde er an den FC Schalke 04 verliehen. In 67-Bundesliga-Partien gelangen dem 29-Jährigen 14 Tore. Mit den Hessen gewann Paciencia 2022 außerdem die Europa League.

Pacienca ist ein Zielspieler

​Im vergangenen Sommer zog es den 1,84-Meter-Mann dann weiter nach Spanien. Vom Erstligisten Celta Vigo wurde Paciencia nun für ein Jahr nach Bochum ausgeliehen, dem Vernehmen nach ohne Kaufoption. „Wir wollten uns im Angriff unbedingt noch einmal verstärken. Mit Goncalo Paciencia haben wir die ideale Lösung gefunden“, sagt VfL-Sportdirektor Marc Lettau, dessen erste Transferperiode in dieser Funktion nun hinter ihm liegt. Patrick Fabian, Geschäftsführer Sport der Bochumer, ergänzt: „Goncalo kennt die Bundesliga sehr gut, er weiß, worauf es in dieser Liga ankommt und wird keine lange Eingewöhnungszeit brauchen.“

Paciencia, über den charakterlich nur Gutes zu hören ist, ist auf dem Platz ein kopfballstarker Zielspieler, ähnlich wie Philipp Hofmann. Allerdings ist der Leihstürmer etwas kleiner und weniger robust, dafür beweglicher und technisch stärker. Zuletzt setzten ihn noch Wadenprobleme außer Gefecht, doch Paciencia ist auf dem Weg der Besserung. „Er wird am kommenden Montag voll ins Mannschaftstraining einsteigen“, erklärte Trainer Thomas Letsch nach dem Testspiel gegen VV St. Truiden am Donnerstag. Paciencia schaute beim 1:1 also nur zu. Dafür feierte ein anderer Neuzugang sein Debüt im VfL-Dress: Moritz-Broni Kwarteng.

Kwarteng und Förster wieder fit

Der vom 1. FC Magdeburg verpflichtete Offensivallrounder ist immerhin Bochums teuerster Sommereinkauf. Kwarteng verpasste allerdings die gesamte Saisonvorbereitung und die ersten Pflichtspiele wegen einer Schambeinproblematik. Erst kürzlich ist er ins Mannschaftstraining eingestiegen. Gegen den belgischen Erstligisten kam Kwarteng erstmals über 30 Minuten zum Einsatz. Philipp Förster, der ebenfalls große Teile der Vorbereitung sowie den Saisonstart versäumt hat, spielte gegen St. Truiden sogar über 90 Minuten. Damit stehen Trainer Thomas Letsch in der Offensive wieder weitaus mehr Optionen zur Verfügung als zuletzt.

Auf praktisch jeder Position herrscht ein gesunder Konkurrenzkampf, ganz besonders im zentralen Mittelfeld. Aber nicht nur dort gibt deutlich mehr Spieler als Kaderplätze. „Ich wüsste nicht, wann wir das beim VfL Bochum in dieser Form so hatten“, sagte Letsch schon jüngst nach dem Auswärtsspiel in Augsburg. Der Fußballlehrer steht vor schwierigen Entscheidungen, die er aber nicht fürchtet: „Hoffentlich gibt es viel Unzufriedenheit. Denn das würde bedeuten, dass die Spieler, die gerade nicht spielen dürfen, mit ihrer Rolle nicht einverstanden sind. Sie müssen ihre Unzufriedenheit dann nur in die richtige Richtung lenken und sich wieder anbieten.“

Neuzugänge drängen ins Team

Die Transferbilanz in diesem Sommer stützt die These des Fußballlehrers. Kein Leistungsträger aus der vergangenen Saison hat den VfL Bochum verlassen, lediglich erweitertes Stammpersonal wie Dominique Heintz oder Konstantinos Stafylidis sowie Publikumslieblinge wie Simon Zoller und Gerrit Holtmann. Im Gegenzug haben Lettau und Fabian neun externe Neuzugänge für den Revierklub begeistern können. Vier von ihnen standen zuletzt schon in der Startelf, drei weitere saßen auf der Bank. Im kommenden Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt könnten mit Moritz-Broni Kwarteng und Goncalo Paciencia noch zwei weitere dazukommen.


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(Foto: Imago / Team 2)

Nachgefragt

Endlich dabei: EA Sports baut Ruhrstadion nach

Neue Saison, neue Rubrik: Fast täglich erreichen Tief im Westen – Das VfL-Magazin Nachrichten und Hinweise von Lesern zu ganz unterschiedlichen Themen rund um den Verein. An dieser Stelle wird es ab sofort regelmäßig eine Auswahl besonders interessanter Fragen geben, natürlich inklusive Antwort. Ausnahme: Um die Aufstellung oder Transfers soll es hier nicht gehen. Diese Themen werden an anderer Stelle behandelt.


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8. September: Frage von Twitter-User HenSch1848: Wird das Bochumer Ruhrstadion in der neuen Fußball-Simulation von EA enthalten sein?

Ja, das Ruhrstadion wird erstmals dabei sein. Das gab EA Sports an diesem Freitag offiziell bekannt. Die Macher haben das Stadion möglichst originalgetreu nachgebildet und in ihr Spiel FC 24 integriert. Früher waren die Spiele von EA Sports als FIFA-Serie bekannt, nach dem Verlust der Namensrechte tragen sie nun erstmals einen neuen Namen. Die Spiele sind auch die Grundlage für die eSportler des VfL Bochum in der Virtual Bundesliga. Die neue Fußball-Simulation erscheint Ende September und ist für verschiedene Konsolen erhältlich. Darin enthalten sind mehr 700 Teams aus 30 Ligen und rund 100 Stadien.

https://twitter.com/easportsfcde/status/1700132019114553820?s=20

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25. August: Der VfL Bochum hat einen neuen Ärmelsponsor gefunden. Das Bochumer Unternehmen Think About IT wirbt ab sofort auf dem Trikot des Bundesligisten. Das Logo des neuen Partners war bereits am Samstag im Derby gegen den BVB auf der Spielkleidung zu sehen. „In einem sehr schwierigen Marktumfeld, in dem mehrere Bundesligisten gleichzeitig auf der Suche nach Trikotpartnern waren oder noch sind, freut es uns sehr, dass wir ein Top-Unternehmen aus Bochum für uns gewinnen konnten“, sagt Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum. Der IT-Dienstleister mit Sitz am Gesundheitscampus verfügt deutschlandweit über fünf weitere Standorte. Firmeninhaber Peter Rados hat sogar eine VfL-Vergangenheit. Er hat bis zur A-Jugend für den Klub gespielt und war vor einiger Zeit noch für die Bochumer Traditionsmannschaft aktiv.

Dies ist ein Update zur Frage vom 18. August (siehe unten).

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24. August: Frage von Dietmar K. aus Bochum via Mail: Stimmt es, dass der VfL Bochum mit seiner Geschäftsstelle umzieht?

Die allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben im Stadioncenter. Richtig ist, dass Teile der Belegschaft ab dem 1. September umziehen werden. Der VfL hat Räumlichkeiten im Telekom-Haus an der Karl-Lange-Straße angemietet, also nur wenige Gehminuten vom Stadioncenter entfernt. Grund dafür ist die seit Jahren steigende Anzahl an Beschäftigten. Aktuell arbeiten mehr als 200 Personen in Voll- oder Teilzeit für den VfL Bochum. Das vor ziemlich genau 20 Jahren eröffnete und später erweiterterte Stadioncenter ist nun zu klein geworden, die Büros überbelegt. Die Vereinsführung hat den Beschäftigten nun angeboten, zur Karl-Lange-Straße umzuziehen, allerdings auf freiwilliger Basis, bestätigt Geschäftsführer Ilja Kaenzig auf Nachfrage. Die zentralen Anlaufstellen für Fans, etwa der Fanshop oder das Service-Center, verbleiben im Stadioncenter. Möglichkeiten, dieses Gebäude zu erweitern, gebe es keine mehr. Der VfL muss also auf ein anderes Bürogebäude ausweichen. 

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18. August: Frage vom Fanclub Bavaria Bochum aus München via Facebook sowie von Moritz via Twitter: Wird der VfL Bochum mit einem neuen Ärmelsponsor in die neue Saison gehen?

Nein, auf dem linken Trikotärmel wird am ersten Spieltag gegen den VfB Stuttgart noch kein neues Sponsorenlogo zu sehen sein. Die Bochumer Krankenkasse Viactiv musste sich aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen nach insgesamt sechs Jahren aus dem Ärmelsponsoring zurückziehen. Bislang ist es nicht gelungen, einen passenden Nachfolger zu präsentieren. Der VfL Bochum befindet sich derzeit aber in sehr aussichtsreichen Gesprächen mit Interessenten.

Die Marktlage sei insgesamt schwierig, sagte Geschäftsführer Ilja Kaenzig auf Nachfrage. Bei insgesamt 13 Bundesligisten ist in diesem Sommer der Vertrag mit dem Ärmelsponsor ausgelaufen. Viele Unternehmen sind zurückhaltender geworden oder wollen sich nicht langfristig binden. Interessant: Der VfL hat mehrere Angebote ausgeschlagen, weil die Unternehmen nicht zu den Werten des Vereins gepasst hätten. Es gab unter anderem die Option, mit einem asiatischen Wettanbieter zusammenzuarbeiten. Hier hatte die Klubführung aber moralische Bedenken. Auch andere Wettanbieter aus dem Ausland drängen derzeit auf den Markt und suchen Werbepartner in der Bundesliga.

Vor allem das Trikot sei ein sensibles Produkt, betont Tim Jost, der neue Direktor für Marketing und Vertrieb beim VfL. Der Verein müsse für seine Werte einstehen und könne nicht für ein Unternehmen werben, das sich weder an deutsches Recht hält noch einen Bezug zum VfL Bochum herstellen möchte. Der VfL habe deshalb auf einen Deal verzichtet. Dank höherer Einnahmen in anderen Bereichen der Vermarktung reißt der fehlende Ärmelsponsor derzeit keine Lücke in die Finanzplanung der Bochumer.

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Wer ebenfalls eine Frage hat, die auch für andere Leser interessant sein könnte, meldet sich am besten per Mail an rentsch@vfl-magazin.de. Auch Einsendungen via Twitter oder Facebook sind möglich.

Abwehr komplettiert

Überraschende Wende: Wie die Schlotterbeck-Rückkehr gelang

Es ist ziemlich genau drei Monate her, als Keven Schlotterbeck mit seinem Tor in der Nachspielzeit gegen Hertha BSC für Ekstase im Bochumer Fanblock sorgte. Knapp eine Woche später verabschiedete sich der Innenverteidiger mit dem Klassenerhalt vom VfL Bochum. Anschließend kehrte der 26-Jährige als Leihgabe vom SC Freiburg zurück in den Breisgau. Es war ein emotionaler Abschied nach einer kurzen, aber intensiven gemeinsamen Zeit.

Doch eine Hintertür ließ Marc Lettau seinerzeit schon offen. „Keven verfügt über sportliche Fähigkeiten, die uns als Verein sehr guttun würden“, erklärte der VfL-Sportdirektor auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin, schränkte aber ein: „Für eine Weiterbeschäftigung müssten sowohl Spieler als auch der SC Freiburg mitspielen. Sollten wir entsprechende Signale des Spielers erhalten, setzen wir uns mit dieser Thematik gerne auseinander.“

Leihe war lange Zeit kein Thema

Die Signale sind schon vor Wochen in Bochum angekommen. Der Spieler konnte sich eine Rückkehr sehr gut vorstellen. Auch nach der Verpflichtung von Bernardo waren die Verantwortlichen auf der Suche nach einem weiteren, einem fünften Innenverteidiger. Doch die Ablöseforderung des SC Freiburg für Keven Schlotterbeck war stets zu hoch, eine Annäherung nicht in Sicht. Die Vorstellungen der beiden Klubs lagen wochenlang weit auseinander.

Mehr noch: Vor knapp zehn Tagen machte Geschäftsführer Patrick Fabian im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin deutlich, dass eine erneute Verpflichtung von Schlotterbeck eher unwahrscheinlich sei. Dann aber gab es – ähnlich wie im Fall Maximilian Wittek – eine überraschende Entwicklung. Es ergab sich die Möglichkeit einer Leihe, die von Freiburger Seite zuvor stets abgelehnt wurde. Die Geduld der Bochumer zahlte sich aus.

Freiburg plante ohne Schlotterbeck

Profitiert hat der VfL natürlich von der Tatsache, dass die Freiburger nicht mehr mit Schlotterbeck geplant haben. „Keven ist ein guter Typ, der in der Vorbereitung voll mitgezogen hat. Da sich seine Perspektive auf regelmäßige Spielzeit bei uns nicht verändert hat, wollten wir ihm diese Möglichkeit eröffnen“, erklärt Vorstandsmitglied Jochen Saier. „Es freut mich sehr, dass es geklappt hat und ich nun wieder in Bochum bin“, betont der Rückkehrer.

Sportlich pendelte der Innenverteidiger in seinem ersten Halbjahr beim VfL zwischen der Startelf und Reservebank. Nun könnte er in der neuen Formation mit drei Innenverteidigern noch mehr Spielzeit erhalten. „Die Zeit beim VfL hat mir unvergessliche Momente beschert. Ich habe hier meine beiden ersten Bundesligatore erzielt, mit Mannschaft und Fans den Klassenerhalt gefeiert. Das möchte ich im Mai nächsten Jahres wieder erleben“, sagt Schlotterbeck.

Oermann soll verliehen werden

Die Personalplanungen im Abwehrzentrum sind mit diesem Transfer im Normalfall abgeschlossen. Noah Loosli und Bernardo sind neu dazugekommen, Ivan Ordets konnte gehalten und Keven Schlotterbeck mit etwas Verspätung zurückgeholt werden. Lediglich auf der Abgangsseite könnte sich noch etwas tun. Tim Oermann soll erneut verliehen werden, Erhan Masovic dagegen bleiben. Ein Transfer nach Russland stand aus Vereinssicht ohnehin nicht zur Debatte.


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(Foto: VfL Bochum 1848)

Vereinslegende

Interview mit van Duijnhoven: „Habe den VfL immer im Blick“

Die Fans in Bochum mögen und feiern ihn immer noch. Rein van Duijnhoven trug von 1999 bis 2006 das Trikot des VfL Bochum, zog mit dem Klub sogar in den UEFA-Cup ein. Seine starken Leistungen auf und seine offene Art neben dem Platz machten den Torhüter damals zum Publikumsliebling. Anlass genug, um mit der VfL-Legende ins Gespräch zu kommen.

Herr van Duijnhoven, wie oft erhalten Sie noch Anrufe aus Bochum?

Es ist selten geworden. Hin und wieder schreibe ich noch mit Dariusz Wosz und neulich auch mit Thomas Reis, auch wenn er jetzt Trainer von Schalke ist. Im Verein kenne ich kaum noch jemanden. Zeugwart Andreas Pahl ist noch da, auch Vereinsarzt Dr. Bauer. Es ist schon viel Zeit vergangen seit meinem Abschied.  

Wann waren Sie denn zuletzt in Bochum?

Das ist schon länger her, vier oder fünf Jahre. Auf jeden Fall vor der Corona-Pandemie. An das Spiel kann ich mich gar nicht mehr genau erinnern, aber ich vermute, wir haben gewonnen (lacht).

Wird also mal wieder Zeit für einen Besuch im Ruhrstadion.

Ja, auf jeden Fall. Ich wohne in Helmond, knapp 120 Kilometer von Bochum entfernt. Aber es ist schwierig geworden. Ich arbeite mittlerweile für Roda Kerkrade, da bin ich Torwarttrainer. Wir spielen in der zweiten Liga und meistens samstags. Die Spiele finden also oft parallel statt. Gegen Leverkusen am Ende der letzten Saison habe ich überlegt, nach Bochum zu fahren, aber ich hätte höchstens die zweite Halbzeit gesehen. Aber die Party war gut, habe ich gehört.

Sie verfolgen den VfL also noch regelmäßig?

Die Spiele sehe ich kaum, weil ich mit Roda Kerkrade unterwegs bin und froh bin, wenn ich nach sechs Tagen Fußball in der Woche auch mal einen freien Tag habe. Aber die Ergebnisse und Nachrichten vom VfL habe ich immer im Blick. Ich weiß, was los ist, wer verletzt ist oder wer verpflichtet wurde.

Haben Sie die Torhüter besonders im Blick, Manuel Riemann etwa? Er ist ja ein spezieller Typ. Die einen mögen ihn, die anderen nicht…

So sind wir Torhüter eben, alle ein bisschen verrückt (lacht). Aber so soll es doch auch sein. In jeder Mannschaft braucht es Gewinnertypen, und Manuel Riemann ist einer davon. Ich mag ihn. Und Emotionen gehören zum Fußball dazu.

Hätten Sie gedacht, dass es der VfL nach elf Jahren in der 2. Liga noch einmal zurück in die Bundesliga schafft?

Ich habe es immer gehofft, aber die 2. Liga ist hart. Die Konkurrenz wird immer stärker, viele Mannschaften wollen aufsteigen. Deshalb war der erneute Klassenerhalt auch so wichtig. Aufzusteigen ist immer schwieriger als drinzubleiben.

Thomas Letsch hat in ihrem Heimatland gearbeitet, bevor er nach Bochum gekommen ist. Was haben Sie gedacht, als er verpflichtet wurde?

Ich habe einen guten Draht zu Thomas Reis, das habe ich ja schon erwähnt. Aber es zählt, was dem Verein hilft. Letsch hat bei Vitesse gute Arbeit geleistet. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich glaube, das passt sehr gut. Auch mit Patrick Fabian als Manager. Ich finde es wichtig, ehemalige Spieler im Verein zu behalten. Bei Sebastian Schindzielorz, mit dem ich noch zusammengespielt habe, war das ja genauso. In der Bundesliga arbeiten ohnehin viele, die ich noch vom VfL kenne.

Wen meinen Sie?

Rouven Schröder ist Sportdirektor in Leipzig, Dino Toppmöller Trainer in Frankfurt, und Sebastian Schindzielorz arbeitet jetzt in Wolfsburg. Sie sind auch nach ihrer Karriere erfolgreich. Das ist schön zu sehen.

Sie waren nach ihrem Karriereende ein Bochum zunächst Torwarttrainer bei Helmond Sport, nun bei Roda Kerkrade. Ist ein Aufstieg in die Eredivisie realistisch?

Der Verein war sehr lange in der ersten Liga und wir wollen auch wieder hoch. Vieles ist mit Bochum zu vergleichen. Es ist ein Arbeiterverein, bei dem die Fans sehen wollen, dass die Spieler kämpfen. Das Publikum ist kritisch, aber treu. In Kerkrade gab es früher Bergbau, wie in Bochum. Wir spielen direkt hinter der deutschen Grenze, nur 20 Minuten von Aachen entfernt – falls mal jemand vorbeikommen möchte.

Den Traum, noch einmal für den VfL Bochum zu arbeiten, haben Sie aufgegeben?

Ich wollte nach meinem Karriereende ein Bochum bleiben, aber es hat leider nicht geklappt. Es gab schon einen Torwarttrainer und Gertjan Verbeek, mit dem ich telefoniert habe, wollte mich auch nicht nach Bochum holen. Das ist okay, es sollte nicht sein. Ich habe jetzt damit abgeschlossen. Zumal ich auch nicht jünger werde. Ich werde am 5. September 56 Jahre alt, irgendwann wird es auch als Torwarttrainer schwierig, obwohl ich jetzt noch fit bin.

Dann kommen Sie eben als Zuschauer zurück nach Bochum.

Es fühlt sich immer gut an, zurück nach Bochum zu fahren, mit den Fans zu quatschen und ein Bierchen zu trinken. Vielleicht klappt es demnächst mal wieder.

Dieses Interview ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen. Auf 132 Seiten bietet das Magazin ausführliche Interviews, viele Porträts und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare liegen in vielen Geschäften im gesamten Bochumer Stadtgebiet kostenlos aus. Es ist außerdem direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) erhältlich.


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(Foto: Roda Kerkrade)

Kommentar

Erinnerungen ans Leipzig-Spiel: Letsch überfordert sein Team

Fußball ist verrückt und irgendwie auch anstrengend. Ende Mai lagen sich VfL-Fans, Trainer und Spieler in den Armen. Weniger als drei Monate später wird nach zwei Pflichtspielen schon so sehr geschimpft, als sei das Unterfangen, erneut den Klassenerhalt zu schaffen, zum Scheitern verurteilt. Als hätte der Trainer nie einen Plan gehabt und die Spieler kollektiv das Kicken verlernt. In der Sache ist das viel zu hart, das wissen hoffentlich alle. Berechtigt ist Kritik nach einem desolaten und leidenschaftslosen Saisonstart natürlich trotzdem.

Umstrittene Umstellung

Doch warum wirkt die Mannschaft so gehemmt? Liegt es an der neuen Grundordnung? Die Frage treibt Fußball-Bochum um, wenn man in die sozialen Netzwerke schaut oder persönlich mit VfL-Anhängern spricht. Der Tenor: Die Dreierkette liegt der Mannschaft nicht. Aber ist das wirklich so? Eine Grundordnung generell zu verteufeln, auf die die halbe Liga setzt, führt in der Analyse zu kurz. In Stuttgart fiel das erste und dritte Gegentor nach einem Einwurf, das zweite nach einer Ecke. Der VfL verteidigte zu passiv. Mit dem System hatte das wenig zu tun.

Fakt ist dennoch: Immer dann, wenn Thomas Letsch bereits zu Spielbeginn die Dreierkette auspackt (und damit nicht nur die Defensivstruktur ändert), hat der VfL sang- und klanglos verloren. Jetzt in Stuttgart, im Februar in Bremen, bei seinem Amtsantritt in Leipzig. Hinzu kommt das Pokal-Aus in Bielefeld. Diese Auffälligkeit lässt sich nicht leugnen, die Frage ist nur: Besteht eine Kausalität? Im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder hält sich die Mannschaft nicht an den Plan des Trainers, oder der Plan ist nicht geeignet für sie.

Letsch will zu viel auf einmal

Die erschreckende Passivität ist womöglich die Folge einer Verunsicherung und fehlender Automatismen. Letsch missachtet seine eigenen Grundprinzipien: Die stärksten Spieler auf den stärksten Positionen einzusetzen und das zur Mannschaft passende System auszuwählen. Er macht einen ähnlichen Fehler wie zu Beginn seiner Amtszeit. Er will zu viel auf einmal verändern und nimmt dabei zu wenig Rücksicht auf die Stärken und Schwächen der Spieler, die mit der komplexen taktischen Marschroute und dem fluiden System überfordert scheinen.

Deshalb erinnerte der Auftritt in Stuttgart insbesondere an den in Leipzig vor knapp zehn Monaten. Etliche Spieler wirkten desorientiert und wurden ihrer Stärken beraubt, vor allem Leistungsträger der vergangenen Saison. Aber auch die Neuzugänge überzeugten nicht. Dass Letsch nach einem Jahr mit 72 Gegentoren neue Ansätze sucht, ist verständlich wie notwendig. Vielleicht war die Einfachheit und Vorhersehbarkeit aber auch Bochums große Stärke. Nicht nur die Gegner konnten sich darauf einstellen, auch die eigenen Spieler.

Gespräche mit der Mannschaft

Letsch muss der Sache ergebnisoffen auf den Grund gehen. Der Ansatz, den er nach dem Schlusspfiff in Stuttgart präsentiert hat, ist der richtige: Er wolle gemeinsam mit der Mannschaft nach Lösungen suchen. Bislang hat der 54-Jährige nach Rückschlägen immer bewiesen, dass er die richtigen Antworten findet und nicht stur ist. Wenn die Auftakt-Blamage in Stuttgart ein ähnliches Erweckungserlebnis war wie seinerzeit die Niederlage in Leipzig, würde sich auch das aufgebrachte Umfeld wieder beruhigen. Noch ist es früh genug.


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