Personalie

Ohne Riemann in die Relegation: Das sind die Hintergründe

Für Andreas Luthe schließt sich in den kommenden Tagen wahrscheinlich der Kreis. Sein erstes Profi-Jahr mit Stammplatzgarantie mündete 2011 in einer Relegationsteilnahme. Trotz starker Torwart-Leistungen verpasste der VfL Bochum gegen Borussia Mönchengladbach die Rückkehr in die Bundesliga. 13 Jahre später wird Luthe vermutlich wieder das Tor des Revierklubs hüten. Gegen Fortuna Düsseldorf geht es allerdings darum, den Sturz in die Zweitklassigkeit zu verhindern. 

Auseinandersetzungen mit Teamkollegen

Dass Luthe unmittelbar vor seinem möglichen Karriereende noch zweimal zwischen die Pfosten rückt, hatte sich eigentlich nicht abgezeichnet. Doch am Pfingstmontag, zwei Tage nach der 1:4-Niederlage in Bremen und dem Sturz auf Rang 16, änderte sich die Lage gravierend. Der VfL gab bekannt, dass er die beiden Relegationsspiele ohne Stammkeeper Manuel Riemann bestreiten wird. „Grund sind unüberbrückbare unterschiedliche Auffassungen zu teaminhaltlichen Themen“, heißt es verklausuliert in einer Pressemitteilung.

Riemann ist zuletzt mehrfach mit Mitspielern aneinandergeraten, sowohl auf als auch neben dem Platz. Das gipfelte in Konflikten beim Auswärtsspiel in Bremen, als es noch während der Partie zu Auseinandersetzungen mit seinen Teamkameraden Matus Bero und Goncalo Paciencia kam, die nach dem Abpfiff in der Kabine ihre Fortsetzung fanden. Riemann war nach gesicherten Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin nicht bereit, die Grenzen zu akzeptieren, die ihm die Verantwortlichen bei einer gemeinsamen Teamsitzung am Sonntag gesetzt haben. 

VfL ließ Riemann lange gewähren

Lange ließen sie ihre etatmäßige Nummer eins gewähren, womöglich zu lange. Vor den beiden wichtigsten Spielen der Saison blieb ihnen aber offensichtlich keine andere Wahl. Sie waren nicht mehr bereit, alle Verhaltensweisen von Riemann zu akzeptieren. Schon länger war zu beobachten, wie er in den Spielen und auch im Training Mitspieler verbal teils übel attackierte, vom Trainerteam sogar Auswechslungen forderte. Dabei ist er des Öfteren deutlich übers Ziel hinausgeschossen. Mitunter mussten andere Teammitglieder schlichten. 

Zur absoluten Unzeit, wenige Tage vor dem ersten Relegationsduell, ist die Lage nun eskaliert. Die Außenwirkung ist verheerend. Nicht wenige Fans und Beobachter reagierten mit Verwunderung auf die knappe Klubmitteilung, weil Riemann stets den Eindruck vermittelte, für den sportlichen Erfolg des Klubs zu brennen. Teamintern sieht die Stimmungslage jedoch anders aus. Das Verständnis für Riemanns Ausraster sank zuletzt merklich. Im Idealfall hilft der Verzicht auf Riemann nun sogar dem gesamten Team.

Rückkehr zur neuen Saison ist fraglich

Der 35-Jährige nahm bereits am Montag nicht mehr am Mannschaftstraining teil, räumte seinen Spind in der Kabine und wird frühestens zur kommenden Saison an die Castroper Straße zurückkehren – wenn überhaupt. Sein Vertrag läuft noch bis 2025 und gilt für beide Bundesligen. Die Verantwortlichen waren nicht abgeneigt, den Vertrag noch einmal zu verlängern. Nun könnte es sogar zu einer vorzeitigen Trennung kommen, sollte sich Riemann nicht plötzlich einsichtig zeigen und seine Verhaltensweisen dauerhaft ändern. 


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Relegation war mehrfach zu verhindern

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die bevorstehende Relegation.

Wer Anthony Losilla nach dem Spiel in Bremen in die Augen sah, musste aufpassen, die journalistische Distanz nicht zu verlieren. Eigentlich hätte der Kapitän des VfL eine Umarmung gebraucht. Seit zehn Jahren hält er seine Knochen für den Revierklub hin, und in punkto Einstellung war und ist ihm nie etwas vorzuwerfen. Schon die vergangene Saison bezeichnete er als die wahrscheinlich kräftezehrendste seiner Karriere, ohne zu wissen, dass die folgende Spielzeit mindestens genauso an die Substanz geht. 

Der VfL hat den Klassenerhalt vorerst verpasst. Zwei zusätzliche Spiele gegen Fortuna Düsseldorf stehen an. Wer in 180 Minuten mehr Tore schießt, spielt künftig in der Bundesliga, notfalls geht es in die Verlängerung oder gar ins Elfmeterschießen. Nervenkitzel pur. Das Tragische: All das war mehrfach zu verhindern. 

Ja, der VfL steht nun da, wo man ihn vor der Saison angesichts der wirtschaftlichen Möglichkeiten erwarten durfte: auf Platz 16. Das vergessen einige Fans bisweilen. Die Mannschaft hat in den vergangenen zwei Jahren überperformt – in dieser Saison nicht. Emotional ist die Relegationsteilnahme trotzdem kein Gewinn, sondern ein herber Rückschlag, nachdem der VfL vor dem letzten Spieltag noch auf dem 14. Tabellenplatz rangierte.

Vor allem nach den beiden Siegen gegen Hoffenheim und Berlin wähnten sich die Bochumer auf einem guten Weg. Doch weder gegen Leverkusen noch in Bremen gelang es, den letzten fehlenden Punkt einzufahren. Im Grunde hätte der VfL den Klassenerhalt sogar schon viel früher klarmachen können. Insbesondere die vielen späten Gegentreffer schmerzen nun umso mehr. Neun Punkte hat der VfL in den Zusatzminuten hergeschenkt. Und natürlich schubste Union Berlin den VfL am Samstag erst nach Ablauf der 90 Minuten in die Relegation.

Doch weder die Konkurrenz noch die Dortmunder B-Elf oder die Schiedsrichter sind für die Lage des VfL verantwortlich. Wer das schwächste Auswärtsteam der Liga stellt und insgesamt 74 Gegentore kassiert hat – und damit noch mehr als in der vergangenen Saison – muss sich an die eigene Nase fassen. Ändert sich gegen Düsseldorf nichts daran, wird Anthony Losilla am kommenden Montag noch viel mehr als eine tröstende Umarmung benötigen.


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1:4 in Bremen

„Wir haben versagt“: Bochumer Klatsche statt Klassenerhalt

Früh am Samstagmorgen klingelte bei vielen Fans des VfL Bochum der Wecker. In Scharen machten sie sich auf den Weg nach Bremen zum womöglich letzten Spiel der Saison. Hunderte steuerten mit einem Sonderzug gen Norden, andere fuhren sogar ohne Eintrittskarte fürs Stadion an die Weser. Hellwach waren sie, um ihre Mannschaft zum Klassenerhalt zu schreien und anschließend gemeinsam zu feiern. 

Hochverdiente Niederlage

Diese Einstellung hätten sich die reisefreudigen Anhänger sicher auch vom kickenden Personal gewünscht. Stattdessen lieferte der VfL einen Auftritt ab, der ihn folgerichtig in die Relegation beförderte. Nach der verdienten 1:4-Klatsche an der Weser geht die Saison in die Verlängerung mit zwei nervenaufreibenden Spielen gegen Fortuna Düsseldorf. Der VfL lässt seine Fans weiter leiden, der Abstieg ist immer noch möglich. 

„Für diesen Auftritt gibt es keine Erklärung, das hatte nichts mit unserem VfL-Fußball zu tun“, sagte Sportdirektor Marc Lettau nach der Partie im Weserstadion. Spielgestalter Kevin Stöger sprach von einem „inakzeptablen Auftritt“, bei dem „jeder die Verantwortung weitergeschoben hat“ und der VfL in seine „Einzelteile“ zerfallen ist. Kapitän Anthony Losilla wurde noch deutlicher: „Wir haben einfach versagt.“ Aber warum?

Spannung in Berlin

Die Abstände zwischen den Ketten waren zu groß, das Pressing und mannorientierte Verteidigen funktionierte nicht. „Wir kamen oft zu spät“, stellte auch Trainer Heiko Butscher fest, ohne während des Spiels Lösungen zu finden. Werder nutzte die freien Räume und Unzulänglichkeiten bei Standards, ging früh in Führung und verschonte den VfL vor der Pause von weiteren Einschlägen. Die folgten erst am Ende, als die Bochumer auseinanderfielen. 

An einem Unentschieden, das zum Ligaverbleib gereicht hätte, schnupperte das Team von Butscher im Grunde nie, Hoffnung auf den direkten Klassenerhalt gab es einzig durch das Zwischenergebnis aus Berlin. Während Mitkonkurrent Mainz 05 das Spiel in Wolfsburg zügig nach einem Rückstand drehte und sich damit weit vom Relegationsplatz entfernte, mussten die Unioner lange bis zum ersten Treffer warten.

Relegation gegen Düsseldorf

Doch die Freiburger gaben nicht auf. Fünf Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit fiel der Ausgleich. Der VfL wäre mit diesem Ergebnis gerettet gewesen – und Torschütze Ritsu Doan hätte ein Denkmal an der Castroper Straße sicher gehabt. Doch ausgerechnet der Ex-Bochumer Janik Haberer erzielte noch den Siegtreffer. Jubel in Köpenick, Frust und Enttäuschung beim VfL. „Die Schultern hängen jetzt tief“, weiß Butscher.

Viel Zeit zum Aufrichten und Analysieren bleibt nicht. Schon am Donnerstagabend geht es im Ruhrstadion weiter mit dem ersten Bochumer Relegationsspiel seit 2011. Die Fortuna wiederum reist mit Selbstvertrauen an, hat seit Wochen nicht verloren und in dieser Saison beeindruckend viele Rückstände aufgeholt. Geht der VfL die Aufgabe ähnlich schläfrig und halbherzig an wie in Bremen, droht ein böses Erwachen – eine Liga tiefer.  


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(Foto: Imago / Sven Simon)

Klassenerhalt oder Relegation?

Bochum in der Warteschleife: Folgen des zähen Endspurts

Die Entscheidung naht, der letzte Bundesliga-Spieltag steht unmittelbar bevor. Fans, die dem VfL Bochum die Treue halten, kennen die Szenarien für das anstehende Wochenende. Mit einem Sieg oder Unentschieden in Bremen wäre der Klassenerhalt aus eigener Kraft geschafft, im Falle einer Niederlage muss Mainz in Wolfsburg verlieren oder Union Berlin darf maximal einen Punkt gegen Freiburg holen. Geht alles gut, dann steigt am Samstagabend in Bremen und parallel in Bochum die dritte Klassenerhalts-Party seit der Bundesliga-Rückkehr 2021. Läuft alles schief, muss der VfL am Donnerstag (23.5.) sowie am darauffolgenden Montag (27.5.) in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf antreten. Der Gegner steht bereits fest, ebenso die Reihenfolge der Partien. Zunächst hätte der VfL das Heimrecht, im Rückspiel wie gewohnt der Zweitligist. Die Saison würde in die Verlängerung gehen, Nervenkitzel inklusive.

Frühe Planungssicherheit verpasst

Doch dazu soll es gar nicht erst kommen. Rund 4.500 Fans begleiten den VfL an die Weser, um die Sommerpause einzuläuten. Etliche Anhänger sind beim Ticketverkauf leer ausgegangen. Theoretisch hätten wohl mindestens doppelt so viele Karten verkauft werden können, erst recht mit dem Wissen, dass die Entscheidung über den Saisonausgang erneut am letzten Spieltag fällt. So war es auch vor knapp zwölf Monaten. Vor zwei Jahren sorgte der VfL dagegen schon am 32. Spieltag für Planungssicherheit. Das wäre auch in dieser Spielzeit möglich gewesen, hätten die Bochumer nicht immer wieder Punkte in den Schlussminuten verspielt, ganz besonders im eigenen Stadion und vor allem in der Rückrunde. Der Dortmunder Lustlos-Auftritt in Mainz und das 0:5 des VfL gegen Leverkusen sind höchstens Randnotizen, wenn es darum geht, der unnötigen Spannung auf den Grund zu gehen.

Größerer Kaderumbau steht bevor

Das Problem: Nicht nur die Nerven der Fans werden überstrapaziert, auch die der Mitarbeitenden beim VfL. Zukunftsentscheidungen verzögern sich, die Bochumer hängen in der Warteschleife. Denn die Aufgabenliste für die Sommerpause ist ziemlich lang. Zahlreiche Spieler stehen vor dem Absprung, adäquate Neuzugänge müssen folglich her. Selbst im Falle des Klassenerhalts werden Leistungsträger abwandern. Patrick Osterhage nutzt bekanntlich eine Ausstiegsklausel und wechselt für rund fünf Millionen Euro zum SC Freiburg. Kevin Stöger liegen mehrere Angebote vor, nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin könnte nun Borussia Mönchengladbach statt Union Berlin den Zuschlag erhalten. Überdies befinden sich auch Keven Schlotterbeck, Takuma Asano und Bernardo im Fokus anderer Klubs. Für jeden dieser Abgänge würde der VfL einen Nachfolger mit Stammplatzpotenzial benötigen.

Trainerfrage noch nicht beantwortet

Gespräche mit Kandidaten werden längst geführt. Zusagen gibt es aber frühestens, wenn ein viertes Bundesliga-Jahr in Folge sicher ist. Jeder Zeitverlust kann Folgen haben. Der griechische Nationalspieler Georgios Masouras zum Beispiel, den die Bochumer bereits im Winter gern als Außenstürmer verpflichtet hätten und der immer noch auf dem Zettel steht, wird von weiteren Klubs umworben. Auch die Trainerfrage muss zeitnah beantwortet werden, im Grunde sogar zuerst, weil potenzielle Neuzugänge oft wissen wollen, wie der Linienchef mit ihnen plant. Dass Interimstrainer Heiko Butscher dauerhaft befördert wird, ist eher unwahrscheinlich. Er ist als Übungsleiter für die reaktivierte U21 vorgesehen. Zudem gibt es klubintern allerhand Projekte und Ideen, die zwar nicht komplett von der Ligazugehörigkeit abhängen, im Detail aber teilweise schon. Mit einer Teilnahme an der Relegation würden sich viele Entscheidungen weiter verzögern.


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(Foto: marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Bochum braucht eine Kurve, die zusammenhält

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Stimmung im Stadion.

Fußballfans handeln manchmal widersprüchlich. Sie gönnen dem BVB 364 Tage im Jahr nicht das Schwarze unter den Fingernägeln, aber plötzlich soll genau dieser Klub ein Spiel gewinnen, weil es dem eigenen Verein helfen würde. Oder sie machen beim Bochumer Fanmarsch mit und posten später Fotos von der Choreografie im Stadion, fordern dann aber während des Spiels, genau die Gruppe rauszuwerfen, die all das überhaupt in die Wege geleitet hat. Zur Unzeit, nämlich in der Woche vor dem Saisonfinale, gibt es in Bochum also mal wieder Unstimmigkeiten in der eigenen Fankurve. Auslöser dafür: Der permanente Einsatz von Pyrotechnik während des Heimspiels gegen Bayer Leverkusen.

Es wäre verschenkte Lebenszeit, jetzt darüber zu philosophieren, wie man Ultras dazu bringen könnte, generell auf (verbotene) Pyrotechnik zu verzichten. Das wird nicht funktionieren. Wer das möchte, dem bleibt tatsächlich nur die Ultima Ratio: Kein Stadionzutritt mehr für Ultras. Das zieht nicht einmal der Verein ernsthaft in Erwägung, obwohl er in dieser Saison allein für Pyrotechnik Strafen in sechsstelliger Höhe zahlen muss. Wie so oft im Leben helfen eine differenzierte Betrachtung und eine zielgenauere Kritik. Man kann einzelne Aktionen kritisieren, ohne gleich eine engagierte Gruppe in ihrer Gesamtheit zu beschimpfen.

Natürlich sollten sich auch die Ultras hinterfragen und ihren Blickwinkel weiten. Als selbsternannte Chefs der Kurve haben sie eine besondere Verantwortung für die Atmosphäre im Stadion. Sie hätten am Sonntag gegen Leverkusen merken müssen, dass der permanente Einsatz von Pyrotechnik der Stimmung eher geschadet als geholfen hat. In diesen Situationen, ganz besonders im Saisonfinale, ist Fingerspitzengefühl und Flexibilität gefragt. Von außen entsteht leider oftmals der Eindruck, die Interessen der Gruppe stünden über den Interessen des Klubs.

Wie auch immer: Am Sonntag gegen Leverkusen hat sich die Kurve zwischen An- und Abpfiff nicht mit Ruhm bekleckert. Am Samstag in Bremen demonstrieren die mitreisenden Anhänger dann aber hoffentlich wieder den notwendigen Zusammenhalt. Ultras wie Nicht-Ultras, alle gemeinsam.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Kaderplanung

Bleiben Schlotterbeck, Bernardo & Co.? So stehen die Chancen

Mit personellen Veränderungen in der Abwehr kennt sich der VfL mittlerweile aus. Es ist noch gar nicht so lang her, da mussten die Bochumer ihre Innenverteidigung fast komplett neu aufstellen. Armel Bella Kotchap und Maxim Leitsch waren dem Revierklub entwachsen, sie spülten eine satte Ablöse in der Vereinskasse. Knapp zwei Jahre ist das nun her.

In diesem Sommer könnte es möglicherweise den nächsten Umbruch geben. Mit Ivan Ordets, Keven Schlotterbeck und Erhan Masovic hat Trainer Heiko Butscher mittlerweile ein eingespieltes Trio beisammen, aus dem er im Regelfall zwei Spieler für die Besetzung der zentralen Abwehrpositionen auswählt. Auch Tim Oermann und Bernardo können innen verteidigen, werden aktuell aber bevorzugt außen eingesetzt. Noah Loosli komplettiert das Sextett. Doch das wird sehr wahrscheinlich nicht so bleiben. Schon jetzt ranken sich einige Gerüchte um mögliche Abgänge im Sommer. Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Ivan Ordets: Der 31-Jährige war nach seiner Verpflichtung im Sommer 2021 lange Zeit gesetzt. In dieser Saison hat er acht Ligaspiele verletzungsbedingt verpasst, fünfmal saß er nur auf der Bank – ansonsten gehörte der Ukrainer zur Bochumer Startelf. Seine Leistungen waren zeitweise etwas schwankend, wodurch Ordets zwischenzeitlich seinen Platz im Team verlor. Bei den Siegen gegen Hoffenheim und in Berlin spielte er wieder durch. Der VfL plant mit ihm auch über den Sommer hinaus. Sein auslaufender Vertrag verlängert sich im Falle des Klassenerhalt automatisch um zwei weitere Jahre, also bis 2026.

Keven Schlotterbeck: Der Leihspieler vom SC Freiburg hat sich in dieser Saison zu einem Führungsspieler entwickelt. Seit dem 0:0 in Leipzig gehört der Linksfuß zum unumstrittenen Stammpersonal. Mit fünf Toren gehört der 26-Jährige sogar in der Offensive zu den wertvollsten Spieler, rangiert teamintern auf Platz drei. Ligaweit ist er sogar der torgefährlichste Innenverteidiger . Das Problem: Der Kaufpreis sinkt dadurch nicht, er steigt. Eine Kaufoption gibt es nicht, die Ablöse müsste frei verhandelt werden. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin lag sie im vergangenen Sommer zeitweise unter zwei Millionen Euro. Dank guter Leistungen im VfL-Trikot könnten nun auch andere Klubs mitbieten und die Summe nach oben treiben. Der finanzstärkere FC Augsburg war bereits vor einem Jahr an Schlotterbeck interessiert. Zum SC Freiburg möchte Schlotterbeck eigentlich nicht zurückkehren, wobei nicht bekannt ist, wie der neue Trainer Julian Schuster über ihn denkt. Klar ist nur: Grundsätzlich kann sich Schlotterbeck einen Verbleib in Bochum sehr gut vorstellen. Das hat er in mehreren Interviews bekräftigt. „Der VfL ist mir ans Herz gewachsen“, sagte er nach dem 4:3-Sieg in Berlin.

Erhan Masovic: Der serbische Nationalspieler, der auf eine EM-Teilnahme hofft, ist der dienstälteste Innenverteidiger beim VfL. Seit Oktober 2020 kickt er an der Castroper Straße. Gemessen an der Einsatzzeit in dieser Saison, belegt der Defensivallrounder aktuell Rang fünf im Bochumer Kader. Sein Vertrag endet erst 2026, eine Ausstiegsklausel gibt es nicht, jedoch immer wieder aufkeimende Wechselgerüchte. Speziell in Russland gibt es Interessenten für den 25-Jährigen. Der Spieler lehnt einen Transfer dorthin nicht generell ab, die Bochumer Klubführung aufgrund der politischen Lage allerdings schon. Dennoch: Masovic ist in diesem Sommer ein Verkaufskandidat, der dem VfL Geld für Investitionen in den Kader bescheren könnte. Für einen Wechsel spricht auch, dass Masovic eine international renommierte Berateragentur beauftragt hat, die sich um seine Belange kümmern soll.

Bernardo: Der Brasilianer ist der Königstransfer der Saison. Wer ihm jede Woche im VfL-Trikot zusehen darf, ist sicher verwundert, warum ihn RB Salzburg liebend gern abgegeben hat. Der Linksfuß ist als Leistungsträger gesetzt im Team von Trainer Heiko Butscher und zählt ligaweit zu den besten Zweikämpfern. Da ist es nur logisch, dass auch andere Vereine ein Auge auf den 28-Jährigen geworfen haben. Der Vertrag zwischen dem VfL und Bernardo endet eigentlich schon 2025. Im Falle des Klassenerhalts würde er sich aber automatisch um ein weiteres Jahr verlängern. Das würde die Verhandlungsposition massiv verbessern. Der VfL müsste den Spieler nicht zwingend verkaufen und würde ihn wahrscheinlich nur bei einem besonders attraktiven Angebot ziehen lassen.

Tim Oermann: Sowohl vor der laufenden Saison als auch vor der Winterpause gab es konkrete Pläne, das Eigengewächs des VfL in die 2. oder 3. Liga zu verleihen. Das Ziel: mehr Spielpraxis. Ex-Trainer Thomas Letsch lenkte jedoch an, weil er Oermann als Rechtsverteidiger testen wollte. Die Idee ging auf. Doch im März und April musste der 20-Jährige, der gebürtig aus Bochum stammt, immer wieder pausieren. Muskuläre Probleme verhinderten mehrfach einen Einsatz. Nun ist er wieder fit. Oermanns Vertrag läuft noch bis 2026, er wird wohl an der Castroper Straße bleiben, obwohl der SC Freiburg bereits ein Auge auf ihn geworfen haben soll. Offen ist vor allem, auf welcher Position die Bochumer Verantwortlichen vorrangig mit ihm planen: Entweder hinten rechts oder wieder zentral, auf seiner ursprünglichen Position.

Noah Loosli: Der Schweizer ist neu in der Bundesliga und nimmt bislang nur die Jokerrolle ein. Zweimal gehörte der 27-Jährige zur Startelf, überzeugte gegen Stuttgart, enttäuschte gegen Leipzig. Dass Loosli in naher Zukunft zum Stammspieler in der Bundesliga aufsteigt, ist angesichts unübersehbarer Schwächen im Spiel mit dem Ball eher unwahrscheinlich. Als Musterprofi mit großem Einsatz und tadelloser Einstellung dürfte er aber auch in der kommenden Saison zum Bochumer Kader gehören, sofern er sich mit seiner Reservistenrolle zufrieden gibt. Loosli Vertrag läuft bis 2026.


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(Foto: Imago / Sven Simon)

0:5 gegen Leverkusen

Pleite statt Party: Der letzte Punkt wird der schwierigste

Nicht nur Fußballer sind abergläubisch, viele ihrer Anhänger ganz genauso. Im Mai vor einem Jahr gelang dem VfL Bochum der Klassenerhalt zu Hause gegen Leverkusen. Die Spielplanmacher ermöglichten an diesem Sonntag eine Wiederholung, und die Fans taten dafür alles, dass sich die Erfolgsgeschichte wiederholt. Mehrere tausend von ihnen marschierten vor dem Spiel also wieder zu Fuß vom Rathaus zum Ruhrstadion in der Hoffnung auf einen unvergesslichen Fußballabend. Alles war angerichtet für die große Party. Nur ein Punkt fehlt(e) dem VfL noch, um sich ein weiteres Jahr in der Bundesliga zu sichern. Die Konkurrenz hatte am Samstag die Vorlage geliefert. Zwar gewann Mainz 05 mühelos gegen wenig motivierte Dortmunder und verhinderte damit Bochumer Feierlichkeiten auf der Couch, doch Union Berlin patzte beim 1. FC Köln und steht weiter drei Punkte hinter dem VfL. Angesichts dieser Ausgangslage beunruhigte viele Bochumer nicht einmal die Tatsache, dass ausgerechnet der neue Deutsche Meister als möglicher Partycrasher ins Ruhrstadion kam. Schließlich war es doch der VfL, der Leverkusen vor ziemlich genau einem Jahr die bis heute letzte Pflichtspielniederlage bescherte. 

Früher Platzverweis

Doch schon eine Viertelstunde nach dem Anpfiff schwand die Hoffnung. Die Bochumer begannen stark, waren zunächst die bessere Mannschaft. Doch dann sah Felix Passlack nach einer Notbremse die Rote Karte, und Leverkusen ging noch vor der Pause mit 2:0 in Führung. Schon da glaubte beim VfL offensichtlich niemand mehr an ein Fußballwunder. Linksverteidiger Bernardo, einer der besten Bochumer in dieser Saison, wurde vorsorglich ausgewechselt, weil er im Falle einer Gelben Karten für das Spiel in Bremen gesperrt gewesen wäre. Gegen ein Team der höchsten Güteklasse „muss alles perfekt laufen“, sagte Mittelfeldspieler Patrick Osterhage später im Interview, und das sei nicht der Fall gewesen. In Unterzahl 75 Minuten das Unentschieden zu verteidigen, war praktisch unmöglich, obwohl die Leverkusener auf zahlreiche Leistungsträger verzichteten. Der Platzverweis entwickelte sich zur Schlüsselszene, mit 0:5 ging der VfL schließlich unter. Gegenwehr war am Ende nur noch eingeschränkt vorhanden, auch die Fans gaben auf und verschwanden schon vor dem Abpfiff in Scharen. Die, die blieben, heizten die Mannschaft bei ihrer Ehrenrunde auf das Saisonfinale in Bremen ein.

Nur ein Punkt fehlt noch

Eine Woche länger müssen Fans, Spieler und Verantwortliche nun bangen, ob der Klassenerhalt gelingt oder doch noch eine Teilnahme an der ungeliebten Relegation droht. Der Druck steigt, und wahrscheinlich ist nichts im Fußball so kompliziert wie den letzten noch fehlenden Punkt einzufahren. „Die Ausgangssituation ist immer noch okay“, meint Osterhage vor seinem womöglich letzten Spiel im VfL-Trikot, „wir haben alles in der eigenen Hand.“ Gegen Bremen nur ein Remis zu sichern, werde aber sicher nicht die Marschroute sein. „Das wäre der falsche Ansatz“, sagte der künftige Freiburger. Zwar möchten sich die Bochumer ungern auf andere verlassen, sein neuer Arbeitgeber kann dem VfL beim Erreichen des großen Ziels aber helfen. Sollten die Breisgauer, für die es immerhin noch um die Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb geht, am kommenden Samstag auswärts bei Union Berlin punkten, wäre Bochum in jedem Fall gerettet. „Ich werde mit ein paar Nachrichten versuchen, dass das klappt“, kündigte der aus Freiburg ausgeliehene Keven Schlotterbeck an, wohlwissend, dass sein Einfluss begrenzt ist. Sein in Dortmund spielender Bruder hatte „110 Prozent Einsatz“ gegen Mainz versprochen – das Ende ist bekannt.

Drei Chancen für Bochum

Auch der VfL Wolfsburg könnte den Bochumern im Zweifel noch helfen. Sollte Berlin gegen Freiburg gewinnen und Bochum in Bremen verlieren, würde für den Ligaverbleib des VfL auch ein Sieg des namensgleichen Klubs aus Wolfsburg gegen Mainz reichen. Drei Chancen auf drei Fußballplätzen hat der VfL also am letzten Bundesliga-Spieltag, und plant bis dahin „nichts Außergewöhnliches“ mehr, verriet Sportdirektor Marc Lettau. Die Mannschaft sei intakt und werde sich von der deutlichen Niederlage gegen den seit 50 Pflichtspielen ungeschlagenen Meister nicht aus der Bahn werfen lassen. Ob sich die Fans noch einmal etwas Besonderes ausdenken, ist zur Stunde nicht überliefert. Die Ultras hatten bereits vor dem Spiel in Berlin zum Besuch des Abschlusstrainings aufgerufen und vor der Partie gegen Leverkusen einen Fanmarsch organisiert, parallel noch eine aufwendige Choreografie gestaltet. Einzig der permanente Einsatz von Pyrotechnik während des gesamten Spiels kam bei zahlreichen Zuschauern nicht so gut an. „Ultras raus“ riefen sie zwischendurch, die Atmosphäre im Stadion litt merklich unter den Differenzen. Wobei der Spielverlauf natürlich der größte Stimmungskiller war.


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(Foto: Marc Niemeyer)