Zweiter Geschäftsführer

Neuer VfL-Sportchef: Wie die Wahl auf Dufner fiel

Die Suche nach aktuellem Bildmaterial für diesen Artikel gestaltete sich schwieriger als gedacht. Selbst die großen Fotoagenturen haben den neuen Sportchef des VfL Bochum längere Zeit nicht abgelichtet. Auch der VfL griff für seine Pressemitteilung auf ein fast zehn Jahre altes Foto zurück. Kein Wunder, denn die Zeit, als Dirk Dufner jedes Wochenende die Bundesliga-Bühne betrat, liegt schon etwas länger zurück. Zuletzt war er bis 2023 als Kaderplaner bei Hertha BSC beschäftigt, war dort aber nur im Hintergrund tätig. Wie groß sein Einfluss auf die vermaledeite Transferpolitik des Hauptstadtklubs war, lässt sich von außen kaum einschätzen.

Euphorie löst die Personalie Dufner im VfL-Fanlager jedenfalls nicht aus. Dabei bringt er nicht weniger Bundesliga-Erfahrung mit als Jörg Schmadtke, mit dem die VfL-Führung ebenfalls Gespräche führte, ihm allerdings abgesagt hat. Dufners Karriere im Fußball begann 1997 als Assistent der Geschäftsführung des VfB Stuttgart. Anschließend war der Jurist als Sportdirektor für 1860 München (2000 bis 2004), den SC Freiburg (2007 bis 2013) und Hannover 96 (2013 bis 2015) tätig. Zumindest in Freiburg war seine Arbeit länger von Erfolg gekrönt. Auf eine Tätigkeit als Spielerberater folgte Dufners Engagement in Berlin. Erfahrung als Geschäftsführer bringt er noch keine mit.

Einstimmiger Präsidiumsbeschluss

Obwohl die Bochumer Suche nach einem Sportchef monatelang andauerte, begannen die intensiven Gespräche mit Dufner erst vor kurzem. Zahlreiche Kandidaten, die kontaktiert wurden, um ein grundsätzliches Interesse auszuloten, sagten zuvor ab, darunter Sebastian Schindzielorz, den das Präsidium liebend gern nach Bochum zurückgeholt hätte. Vor allem die bevorstehende Neuwahl des Präsidiums hat mehrere namhafte Manager abgeschreckt, weil offen ist, wer ab Mitte Juni an der Spitze des Klubs stehen wird. Der Vertragsabschluss mit Dufner gelang indes relativ schnell – auch deshalb, weil das Präsidium spätestens Ende März einen neuen Sportchef präsentieren wollte.

So hatte es das siebenköpfige Gremium um den Vorsitzenden Uwe Tigges stets kommuniziert. Schließlich gab es schon seit Ende Oktober und der Freistellung von Marc Lettau keinen eindeutigen Sportverantwortlichen mehr. Geschäftsführer Ilja Kaenzig übernahm interimsweise, war zuletzt aber spürbar überlastet. Mit Dufner bildet er nun die Doppelspitze beim VfL, wobei Kaenzig nach Auskunft des Präsidiums der „Hauptverantwortliche“ bleibt. Kaenzig war an der Sportchef-Suche sogar maßgeblich beteiligt, die finale Entscheidung traf jedoch das Präsidium. „Einstimmig“, betonte Tigges in der offiziellen Pressemitteilung des Klubs am frühen Sonntagabend.

Auf dem Schirm hatte Dufner, auch medial, in den vergangenen Wochen übrigens keiner. Einige der genannten Kandidaten, etwa Michael Mutzel, waren nie in der engeren Auswahl, andere, wie zum Beispiel ein Peter Knäbel, wurden öffentlich bislang nie oder allenfalls am Rande erwähnt. Die von Tigges hervorgehobene Einstimmigkeit ist für Dufner immerhin eine gute Einstiegsvoraussetzung. Damit kann er sich der Unterstützung aller Präsidiumsmitglieder zunächst sicher sein. Dufner steigt am 7. April offiziell ein, bereits vier Tage vorher wird er in einer Pressekonferenz vorgestellt. Sein Vertrag in Bochum ist zunächst bis Mitte 2027 datiert.

Keine längere Einarbeitungszeit

Eine längere Einarbeitungszeit wird der 57-Jährige jedenfalls nicht bekommen. Dufner muss den Kader für die kommende Saison planen und angesichts der sportlichen Lage natürlich zweigleisig denken. Ein Kaderplaner oder Sportdirektor soll ihn in Zukunft unterstützen, damit sich Dufner auch um strategische Themen wie die Jugend oder die Frauen kümmern kann. Im Gegensatz zu Schmadtke, der den ehemaligen Nationalspieler Jan Schlaudraff als Sportdirektor mitbringen wollte, kommt Dufner ohne Vertrauten nach Bochum. Dass er um sich herum aber ein Kompetenz-Team aus aktuellen oder neuen Mitarbeitern aufbauen wird, gilt als sicher.

Hinsichtlich der Spieler-Suche verfolgt er – ähnlich wie Hecking und Kaenzig – einen eher traditionellen Ansatz, eigene Beobachtungen sind ihm also wichtiger als Daten. In Freiburg, Hannover und Berlin war Dufner meist sehr international unterwegs. Dass er bei der Trainerwahl kein Mitspracherecht hatte und die Vertragsverlängerung mit Dieter Hecking für den Fall des Klassenerhalts zuerst erfolgt ist, war für Dufner offensichtlich kein Problem. Diesen Pragmatismus wird er in Bochum ohnehin gut gebrauchen können. Denn im Gegensatz zu seiner Zeit in Berlin muss Dufner beim VfL mit bescheidenen Mitteln auskommen und das Geld durch kluge Transfers selbst beschaffen.


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Brauerei-Besuch

Fiege und der VfL: Bochum-Fans trinken gegen den Trend

Der VfL Bochum ist nicht dafür bekannt, in der Bundesliga Spitzenpositionen zu belegen. In einer Statistik allerdings steht der Revierklub mit seinen Fans sehr weit oben: beim Pro-Kopf-Bierkonsum im eigenen Stadion. Das mag einerseits an den sportlichen Darbietungen liegen, die wechselnd für Frust oder Faszination sorgen, andererseits aber auch an der Beliebtheit des ausgeschenkten Bieres, das seit gut 25 Jahren durch die Zapfhähne fließt – und selbstverständlich in Bochum gebraut wird.

Wobei: Selbstverständlich ist das keineswegs. „Nur bei uns in Bochum und in Augsburg kommt das Bier in einem Bundesliga-Stadion noch von einer vor Ort ansässigen Familienbrauerei“, berichtet Carla Fiege stolz. Gemeinsam mit ihrem Cousin Hubertus Fiege bildet sie seit Anfang 2023 die Geschäftsführung der Privatbrauerei Moritz Fiege. Die beiden führen das Unternehmen bereits in sechster Generation. In gut vier Jahren wurden sie innerhalb des Betriebs darauf vorbereitet und lösten anschließend ihre Väter Jürgen und Hugo Fiege an der Spitze ab. „Wir haben uns beide frei entwickelt, studiert und vorab in anderen Unternehmen gearbeitet und bewiesen. Das war die Maßgabe unserer Väter. Sie hatten natürlich die Hoffnung, dass wir den Betrieb übernehmen, aber ohne Druck auf uns auszuüben“, berichtet Hubertus Fiege, dem nicht nur die Verantwortung für rund 60 Mitarbeitende, sondern auch die Fußball-Leidenschaft übertragen wurde.

Seit seiner Kindheit verfolgt er die Spiele des VfL, bevorzugt im Stadion; anfangs in der Ostkurve oder in Block A, mittlerweile meistens im VIP-Bereich. „Ich bin in Stadionnähe aufgewachsen, und aus den Fenstern unserer Brauerei sind die Flutlichtmasten des Stadions zu sehen. Der VfL war schon immer sehr präsent. Es gab viele prägende Momente mit diesem wunderbaren Verein. Und wenn es nun ein Teil meines Jobs ist, am Wochenende beruflich zum VfL zu gehen, dann macht mich das sehr glücklich“, berichtet Hubertus Fiege, dessen Beziehung zum Bundesligisten sich über die Jahre natürlich ein wenig verändert hat. „Als Partner des Klubs bin ich ruhiger geworden bei den Spielen. Zumindest äußerlich“, erzählt er mit einem Schmunzeln.

Auch Carla Fiege hat früh ihre Vorliebe für den Fußball an der Castroper Straße entdeckt. „Früher stand ich in der Ostkurve hinter den Trommlern“, berichtet sie begeistert. Dabei hat sie sich über einen Fangesang immer ganz besonders gefreut: „Wenn unsere Fans im Stadion die Vereinshymne singen und dann rufen ‚Mein Herz schlägt nur für dich – und für Fiege‘, dann bekam ich jedes Mal Gänsehaut. Das ist noch heute so. Daran merkt man, dass wir nicht nur bloß ein Sponsor sind.“ Die Beziehung zwischen der Brauerei und dem Fußballklub ist seit ihrem Bestehen eine ganz besondere. Sie aufzubrechen, hätte einen Schwall der Entrüstung zur Folge. In etwa so wie im Jahr 2016, als der VfL kurz davorstand, das Angebot einer Großbrauerei anzunehmen und einen lukrativeren Werbevertrag abzuschließen.  


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Doch die Fanproteste waren seinerzeit so groß, dass der damalige Finanzvorstand Wilken Engelbracht auf der Zielgeraden der Verhandlungen umschwenkte. „Auch ein Finanzverantwortlicher muss manchmal erkennen, dass im Fußball Geld nicht alles ist“, sagte er bei der Bekanntgabe der Vertragsverlängerung mit der Fiege-Brauerei. Der Vertrag wurde zwischendurch erneut verlängert und läuft aktuell noch bis mindestens 2026. „Es wird immer Brauereien geben, die mehr bieten können“, weiß Carla Fiege. „Wir sind den Fans dankbar dafür, dass sie sich für eine Fortsetzung der Zusammenarbeit eingesetzt haben. Nur durch diese besondere Beziehung und Verbundenheit ist eine so lange Partnerschaft überhaupt möglich. Für uns ist es die mit Abstand größte Marketingmaßnahme, für die wir uns jedes Mal strecken müssen.“

Der Wunsch vieler Anhänger, dass das Fiege-Logo eines Tages die Bochumer Trikotbrust zieren wird, bleibt deshalb ein unerfüllter Traum. „So gern wir das machen würden, aber die Größenordnungen einer solchen Kooperation sind für uns unvorstellbar“, sagt Hubertus Fiege. Immerhin ist es in der vergangenen Saison gelungen, dass die Fiege-Brauerei als Ärmelsponsor im DFB-Pokal in Erscheinung getreten ist. Die Shirts waren schnell verkauft, ein Teil der Verkaufserlöse haben die Brauerei und der Verein für den guten Zweck gespendet. Nur der sportliche Erfolg war mäßig: Der VfL schied bereits in der ersten Runde aus. Hubertus Fiege erinnert sich trotzdem gern an die Idee und die Umsetzung zurück: „Das sind besondere Momente im Geschäftsleben, die natürlich in Erinnerung bleiben. Man darf es nicht zu sehr vermengen, aber da schlägt auch das Fanherz wieder höher.“ Seit dieser Saison wirbt Fiege zudem auf dem Ärmel der erfolgreichen VfL-Frauen. „Wir wollen die tolle Entwicklung dort unterstützen und honorieren und verstehen das auch als klares Statement“, erklärt Carla Fiege, die hofft, dass sich weitere Unternehmen aus der Stadt anschließen.

An der Moritz-Fiege-Straße unweit des Hauptbahnhofs werden derweil neue Ideen für die eigene Partnerschaft geschmiedet. „Wir wollen den Fans gemeinsam mit dem VfL immer wieder etwas Neues, etwas Besonderes bieten. In dieser Saison ist zum Beispiel unsere neue, gemeinsame Fan-Kollektion erschienen“, berichtet Carla Fiege und ist sich sicher: „So etwas würde es mit anderen Unternehmen sicher nicht geben.“ Auch der alljährliche Fiege-Fanclubabend im Brauhof während des OpenAir-Kinos ist mittlerweile zur Tradition geworden. „Der Austausch mit den wechselnden Verantwortlichen beim VfL ist seit vielen Jahren sehr vertrauensvoll. Das ist nicht selbstverständlich in dieser Branche und eine schöne Konstante.“

Die Zeiten sind schließlich schon herausfordernd genug, vor allem im alltäglichen Geschäft. „Als mittelständische Familienbrauerei ist es aktuell nicht immer ganz leicht“, gibt Hubertus Fiege unumwunden zu und führt die wesentlichen Gründe dafür an: „Wir befinden uns seit Mitte der 90er-Jahre in einem rückläufigen Markt. Der Pro-Kopf-Konsum von Bier geht, anders als im Stadion, stetig zurück. Das führt zu einem Verdrängungswettbewerb.“ Die gestiegenen Energiekosten und die Folgen der Corona-Krise haben auch die Fiege-Brauerei getroffen. Das Ziel bleibt jedoch unverändert: „Wir möchten in unserer Nische mit Qualität und Regionalität überzeugen. Im Grunde ist es wie beim VfL. Ich greife gerne die Worte von Ilja Kaenzig auf. Auch wir müssen Effizienz-Meister sein.“ Mit neuen Produkten, zum Beispiel dem Sommer- und Holunderhopfen als Biermischgetränke oder alkoholfreien Varianten, möchte die Brauerei auf Trends reagieren und weitere Zielgruppen ansprechen.

Vielleicht ja sogar die Profis des VfL? Ein von Ex-Trainer Peter Zeidler aufgestelltes Bier- und Alkoholverbot hatte im Herbst für reichlich Diskussionen bei den Spielern und Fans gesorgt, wurde anschließend aber wieder gelockert. „Wir freuen uns natürlich, wenn es einen Anlass zum Feiern gibt und unser Bier zum Einsatz kommt. Am liebsten natürlich bei der nächsten Klassenerhaltsfeier im Mai“, hofft Hubertus Fiege auf einen positiven Ausgang der Saison. Nach einer anstrengenden Saison dürften nicht nur die Spieler, sondern auch die Fans wieder ziemlich durstig sein…

Der Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen und wurde durch aktuelle Informationen ergänzt. Auf 100 Seiten bietet das Magazin viele Interviews, ausführliche Portraits und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare der aktuellen Ausgabe sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend gibt es auch eine Download-Option.

(Foto: Privatbrauerei Moritz Fiege)

1:3 in Leverkusen

Achtungserfolg verpasst: VfL spielt nicht wie ein Absteiger

An sein erstes Spiel mit dem VfL Bochum gegen Bayer Leverkusen dürfte sich Trainer Dieter Hecking immer gerne zurückerinnern. Bei seinem Einstand Anfang November 2024 gelang dem damals noch sieglosen Revierklub immerhin ein 1:1 gegen den amtierenden Meister der Bundesliga. Diese Partie markiert einen Wendepunkt in der laufenden Saison. Insgesamt 20 Zähler fuhr Hecking seit seinem Amtsantritt ein. Bei der Ausbeute bleibt es vorerst, weil die Bochumer am Freitagabend in der BayArena den nächsten Achtungserfolg knapp verpassten. Trotz einer über weite Strecken ansprechenden Leistung und einem Traumtor von Felix Passlack zum zwischenzeitlichen Ausgleich verlor das Hecking-Team in Leverkusen mit 1:3. Wie ein Absteiger haben sich die Bochumer dabei nicht präsentiert.

Chance zur Führung

Erneut konnten sie mit einem Spitzenteam mithalten. Der VfL begegnete dem Starensemble teils auf Augenhöhe, ließ in der ersten Halbzeit dank einer guten Organisation und konsequenter Zweikampfführung kaum Torchancen zu – und setzte mit sehenswerten, aber oft nicht vollendeten Spielzügen nach Balleroberungen eigene Nadelstiche. Längst hat das Team von Trainer Hecking die Angewohnheit aus der Hinrunde abgelegt, nach einem Rückstand fast schon zu resignieren. Zu Beginn der zweiten Hälfte bot sich sogar die große Chance, in Führung zu gehen. Matus Bero nutzte sie allerdings nicht. Danach kippte das Spiel allmählich, der VfL wurde hektisch, und Leverkusen nutzte Bochumer Zuordnungsprobleme sowie Unachtsamkeiten bei den Gegentreffern aus, dominierte und siegte verdient.

Noch sieben Spiele

„Wir haben 70 Minuten ein gutes Auswärtsspiel gezeigt. Es gibt wenige Mannschaften in unserem Bereich, die so Fußball spielen. Aber im Abstiegskampf geht es um Punkte. Die müssen wir in den nächsten Wochen holen“, analysierte Mittelfeldspieler Tom Krauß, der genauso wie Teamkollege Gerrit Holtmann die „Crunchtime“ einläutete. Sieben Spiele stehen noch an, vier davon im eigenen Stadion, zwei davon nun hintereinander: erst gegen Stuttgart, anschließend gegen Augsburg. „Ich wünsche mir, dass Stuttgart im DFB-Pokal über 120 Minuten spielen muss“, sagte Holtmann mit Blick auf das am Mittwochabend anstehende Pokal-Halbfinale des VfB. Nur zweieinhalb Tage später steigt das Duell in Bochum. „Der Druck steigt jetzt von Spiel zu Spiel“, weiß nicht nur Trainer Hecking, der aber frohen Mutes ist.

Jablonski im Fokus

Auch gegen Leverkusen habe seine Mannschaft gegen einen „guten Gegner eine gute Leistung gezeigt“, Vorgaben umgesetzt und Widerstandskraft bewiesen – auch wenn sie am Ende wieder mit leeren Hand dasteht. Das vor allem auf Schiedsrichter Sven Jablonski zu schieben, tat beim VfL niemand, auch wenn Holtmann innerlich „explodierte“ und Krauß „keine klare Linie“ sah. Diskutiert wurde vor allem über drei Szenen, die aber alle nicht ganz eindeutig sind und selbst im VfL-Lager teils unterschiedlich bewertet werden. Erstens: Ein mögliches Strafraumfoul von Victor Boniface an Felix Passlack zu Beginn des Spiels, bei dem Hecking auf den Elfmeterpunkt gezeigt hätte, Jablonski und der VAR aufgrund der nur leichten Berührung und der Theatralik von Passlack aber anderer Meinung waren.

Strittige Situationen

Zweitens: Den leichten Rempler des im Abseits stehenden Jonathan Tah gegen Philipp Hofmann vor dem 1:2, den aber selbst Hecking als handelsüblich bezeichnete. Hecking sah umgekehrt auch eine Benachteiligung der Gastgeber, als Jablonski den frei aufs Tor zulaufenden Jeremie Frimpong nach einem Schubser gegen Passlack zurückpfiff. Und drittens: Das Foul von Boniface an Matus Bero bei der Entstehung des 1:3, das Jablonski hätte erkennen und abpfeifen müssen, wenngleich sogar Bochums Krauß Zweifel äußerte, ob hier ein Fehler des Unparteiischen vorlag. Wie auch immer: „Jetzt auf dem Schiri herumzuhacken, finde ich Quatsch. Wir sollten auf uns selber schauen“, betonte Krauß. „Es ist heute bitter gelaufen. Aber wir haben noch sieben Spiele und darauf müssen wir uns jetzt konzentrieren.“


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Nachwuchs

Potenzial für die Profis: Das sind die größten VfL-Talente

Einen weiteren Beleg dafür, dass Talente jederzeit den Sprung in die Bundesliga-Mannschaft schaffen können, hat der VfL Bochum erst vor wenigen Tagen geliefert. Hugo Rölleke hat einen Profivertrag unterschrieben, der für insgesamt vier Jahre Gültigkeit besitzt. Der 2,04 Meter große Torhüter gehört seit über zehn Jahren dem vereinseigenen Talentwerk an und stieg in dieser Spielzeit zum Stammkeeper in der neu gegründeten U21 auf. Parallel dazu kam er in Testspielen bei den Profis zum Einsatz, fuhr mit ihnen ins Trainingslager und gehörte sogar schon zweimal im Spieltagskader. „Es macht uns stolz, dass wir mit Hugo Rölleke ein weiteres Top-Talent aus den eigenen Bochumer Reihen an uns binden können“, sagt VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig. „Eigene Spieler zu entwickeln und mit der Perspektive auszubilden, den Sprung in den Lizenzbereich zu schaffen, gehört zu unserer Vereinsphilosophie.“

Elf U19-Talente bei den Profis

Auf Rölleke sollen schon bald weitere Spieler folgen – entweder aus der U21, die sich in ihrer Premierensaison auf dem Weg in die Regionalliga befindet, oder aus der U19, die in diesem Jahr in der DFB-Nachwuchsliga schon reihenweise Top-Mannschaften geschlagen hat und individuell stark besetzt ist. Schon während der laufenden Saison wurden zahlreiche Talente belohnt und konnten Profiluft schnuppern. Jeremias Heufken, Julian Etse, Daryl Tschoumy Nana, Benjamin Speight, Luis Pick und Darnell Keumo durften bereits bei Dieter Hecking oder seinen Vorgängern mittrainieren. Kacper Koscierski, Luc Dabrowski, Cajetan Lenz, Alessandro Crimaldi sowie Lirim Jashari konnten zusätzlich zum gemeinsamen Training sogar in mindestens einem Testspiel mitwirken. „Trainingseinheiten oder Spiele im Herrenfußball helfen ihnen in dem Alter enorm, um sich an das Niveau zu gewöhnen“, betont Hecking.

Koscierski nah an Bundesliga-Debüt

Der erfahrene Fußballlehrer kennt den schmalen Grat zwischen Talentförderung und Ergebnisdruck. „In unserer aktuellen sportlichen Situation ist es schwierig, 17- oder 18-Jährige bei den Profis einzubauen. Trotzdem ist es wichtig, unseren Talenten im Sommer einen Weg aufzuzeigen, damit sich nicht auf die Idee kommen, den Verein zu wechseln. Der VfL Bochum ist ein Sprungbrett für Talente. Und von denen haben wir einige“, weiß der Coach, der selbst regelmäßig bei den Spielen der Nachwuchsabteilung vorbeischaut, besonders bei der U19. Dort ist Hecking vor allem vom offensiven Rechtsverteidiger Kacper Koscierski begeistert. „Ich hätte keine Bedenken, wenn wir einen Engpass auf der Position hätten, ihn jetzt schon reinzuwerfen“, sagte Hecking bereits im vergangenen Monat über den deutschen Juniorennationalspieler. „Da haben wir jemanden, dem zutrauen würde, in der Bundesliga zu spielen.“

Heckings Sonderlob für Jashiri

Ähnlich positiv bewertet Hecking auch den offensiven Linksverteidiger Daryll Keumo, der ebenfalls regelmäßig im DFB-Trikot aufläuft und deshalb den Nachteil hat, in den Testspielen der Profis meist nicht mitwirken zu können. Stattdessen nominierte Hecking für die Partie gegen Preußen Münster am vergangenen Donnerstag Innenverteidiger Luc Dabrowski, Mittelfeldspieler Cajetan Lenz, Spielgestalter Lirim Jashiri sowie U21-Rechtsverteidiger Luca Bernsdorf. „Lirim ist mir in zwei Spielen der U19 und auch bei uns im Profitraining positiv aufgefallen. Er ist ein Instinktfußballer, das gefällt mir. Jetzt geht es darum, auch für Luc und Cajetan, dass sie sich auf die Intensität, die Schnelligkeit und das Zweikampfverhalten außerhalb der Jugend einstellen. Wir haben viele Talente, aber der Sprung nach oben ist groß und nicht zu unterschätzen.“ Genau daran scheitern mitunter selbst die bekanntesten und begehrtesten Nachwuchsspieler.

Verträge für die neue Saison

Hoch veranlagt ist beispielsweise auch der italienische Juniorennationalspieler und Flügelstürmer Alessandro Crimaldi, den der VfL im vergangenen Sommer aus Wolfsburg geholt hat. Seine Verpflichtung gilt klubintern als „Leuchtturmprojekt“ und besitzt bereits einen bis 2029 datierten Profivertrag. Hecking bremst allerdings die Erwartungen: „Er hat seine Momente, aber da muss noch mehr kommen. Ich höre viel Gutes über ihn, das hat er bei uns aber noch nicht so gezeigt.“ Crimaldi zählt wie Koscierski und Keumo zum aktuellen Jungjahrgang, kann also noch eine weitere Saison in der U19 spielen. Für andere, darunter Dabrowski und Lenz, geht es in den nächsten Wochen darum, einen Vertrag für die Profis oder – als Zwischenschritt – für die U21 zu ergattern. Sofern der Aufstieg aus der Oberliga gelingt, könnten sie in der Regionalliga weiter reifen und schließlich einen ähnlichen Weg gehen wie Hugo Rölleke.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Transfereinnahmen

Auftrag an neuen Manager: VfL braucht teure Spielerverkäufe

Die Gespräche gehen weiter, viel Zeit bleibt nicht mehr. Spätestens im Monat März, so hat es das Präsidium des VfL Bochum vor einigen Wochen mitgeteilt, soll der neue Sport-Geschäftsführer präsentiert werden. Der erfahrene Bundesliga-Manager Jörg Schmadtke ist – wie bereits in der vergangenen Woche berichtet – einer der Favoriten. Der 61-Jährige kann sich ein Engagement beim VfL Bochum grundsätzlich vorstellen, weshalb beide Seiten die Verhandlungen zuletzt fortgeführt haben. Doch von einer Einigung sind sie noch ein gutes Stück entfernt, weshalb die Klubführung auch andere Optionen prüft. Klar ist nur: Schmadtke oder einem seiner Mitbewerber soll ein Kaderplaner zur Seite gestellt werden. Dieses Modell ist in der Bundesliga längst üblich und gab es bis zum Sommer 2024 auch schon beim VfL.

Großer Unterschied zu Mainz und Augsburg

So oder so: Auf die neuen Sportverantwortlichen wartet jede Menge Arbeit. Es geht darum, den VfL Bochum weiter in der Bundesliga zu etablieren – natürlich vorausgesetzt, dass der Klassenerhalt am Saisonende erneut gelingt. Eine Zitterpartie wie in dieser, in der vergangenen und in der vorletzten Saison soll es nach Möglichkeit nicht mehr in jeder Saison geben. Als Vorbilder dienen vor allem Mainz 05, der FC Augsburg und mit Abstrichen auch Union Berlin, die im Regelfall zwar weiterhin in der unteren Tabellenhälfe anzutreffen sind, aber nicht so akut abstiegsgefährdet sind wie der VfL aus Bochum. Alle drei Klubs spielen bereits länger in der Bundesliga, haben somit einen Anspruch auf höhere Fernsehgelder. Der entscheidende Unterschied aus wirtschaftlicher Sicht sind aber die Transfereinnahmen, erklärt VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig.

„Wir müssen diesem Thema noch deutlich mehr Beachtung beschenken. Transfereinnahmen sind notwendig, um den Lizenzspieleretat auf Sicht deutlich anheben zu können“, betont Kaenzig. Heißt im Umkehrschluss: Durch Spielerverkäufe soll die Mannschaft Jahr für Jahr gestärkt werden. Was paradox klingt, ist längst der Normalfall bei eher kleineren Bundesligisten. Und nicht nur da. „Wo stünde Bayer Leverkusen ohne den Verkauf von Kai Havertz? Dann hätten sie sich ihre Meister-Mannschaft so nicht leisten können“, weiß Kaenzig. „Selbst Heidenheim hat im vergangenen Sommer eine niedrige zweistellige Millionen-Summe allein durch Transfers eingenommen, Vereine wie Mainz und Augsburg noch viel mehr. Bei uns war es „nur“ eine mittlere einstellige Millionen-Summe – genau das macht aktuell den Unterschied aus.“

Der Bochumer Finanzchef weiß: „Wenn wir die Transfereinnahmen mal herausrechnen, sind wir wirtschaftlich schon jetzt stärker als Mainz und Augsburg. Im vierten Bundesliga-Jahr, wohlgemerkt.“ Doch die Transferbilanz verbaut dem VfL die Möglichkeit, bei Angeboten an neue Spieler schon jetzt mit den genannten Klubs mitzuhalten. Dafür genügt ein Blick auf die konkreten Zahlen. Nach Angaben des Branchenportals Transfermarkt hat Mainz 05 allein in dieser Saison und den vergangenen zwei Spielzeiten Transfereinnahmen in Höhe von insgesamt mehr als 87 Millionen Euro erzielt. Beim FC Augsburg waren es in diesem Zeitraum rund 75 Millionen Euro, bei Union Berlin immerhin 61 Millionen Euro. Der VfL Bochum hat lediglich rund 22 Millionen Euro durch Spielerverkäufe eingenommen, den überwiegenden Teil davon im Sommer 2022.

Wenige Verkaufskandidaten im jetzigen Kader

Für Kaenzig ist deshalb klar, dass es nicht nur mehr Abgänge gegen Ablöse braucht, sondern dass auch jeder einzelne Transfer mehr Geld einbringen muss als bislang: „Wenn uns Leistungsträger verlassen, wie das im vergangenen Sommer beispielsweise bei Patrick Osterhage der Fall war, dann sind fünf Millionen Euro in Zukunft nicht mehr ausreichend. Auch ablösefreie Verluste von Stammspielern sind problematisch. Wir brauchen deshalb ein Vertragsmanagement. Talentierte Spieler müssen beispielsweise mit einem langfristigen Vertrag ausgestattet sein, bevor sie bei uns durchstarten.“ Gemeint ist damit unter anderem U21-Nationalspieler Tim Oermann, dessen Vertrag im Sommer 2026 endet. Verlängert er nicht vorzeitig, besteht in diesem Jahr die letzte Chance, das Eigengewächs gewinnbringend zu verkaufen.

Anderenfalls kann es zu einer Situation kommen wie im vergangenen Sommer, als mehrere Leistungsträger wie Kevin Stöger oder Takuma Asano den VfL ablösefrei verließen und zugleich eine große sportliche Lücke hinterlassen haben. Ebenso geht es darum, nicht den richtigen Moment für einen Verkauf zu verpassen. Für Moritz Broschinski ging Ende August 2024 ein Millionen-Angebot von Union Berlin ein, die Bochumer lehnten es ab. Angesichts seiner Leistungen in dieser Saison dürfte Broschinskis Marktwert seither eher gefallen als gestiegen sein. Das ist ohnehin ein Problem beim VfL und die Folge von zu vielen Fehleinschätzungen. Lukrative Verkaufskandidaten gibt es derzeit kaum. Allenfalls Ibrahima Sissoko verspricht noch eine attraktive Rendite, mit Abstrichen und im Falle einer Vertragsverlängerung womöglich auch Bernardo.

„Wir brauchen erfahrene Korsettstangen, aber eben auch genügend Spieler mit einem Wiederverkaufswert und dahinter ambitionierte Nachwuchskräfte“, gibt Kaenzig den groben Plan für die künftige Kaderplanung vor und betont: „Eine Garantie, dass der VfL Bochum in der Bundesliga bleibt, gibt es nie. Das zeigen ja auch mehrere Absteiger der vergangenen Jahre, die ein deutlich größeres Budget hatten als wir. Wir können allenfalls die Wahrscheinlichkeit des Ligaverbleibs erhöhen. Das wäre der Fall, wenn wir die Marke von 100 Millionen Euro Umsatz im Jahr knacken, sodass wir den Lizenzspieleretat auf 50 Millionen Euro anheben können. Und dann einen guten Job machen. Das gelingt uns aber nur, wenn wir jedes Jahr Transfereinnahmen erzielen.“ Die intern ausgegebene Zielmarke liegt bei durchschnittlich 11 Millionen Euro pro Saison.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

Kolumne: Der VfL verdient Solidarität, nicht Frankfurt

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Dreimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Ereignisse auf den Rängen beim Spiel gegen Frankfurt.

Mit einer neuen Vorsängeranlage wollten die Ultras im Heimspiel des VfL Bochum gegen Eintracht Frankfurt für eine noch bessere Stimmung sorgen. „Selten haben wir Fans eine so große Rolle im Ruhrstadion gespielt wie aktuell“, schrieb die entsprechende Gruppe im Vorfeld der Partie auf ihrer Website und bat um ein konstruktives Feedback.

Zahlreiche Zuschriften an Tief im Westen – Das VfL-Magazin zeigen: Es herrscht Unverständnis. Monatelang hatten die Ultras um die Anlage gekämpft, nur um beim ersten Einsatz den organisierten Support einzustellen. Ganz offensichtlich haben sich die Bochumer mit den Ultras der Eintracht solidarisiert, nachdem sie ihre Zaunfahnen abnehmen mussten, weil diese Fluchtwege versperrten. Die Frankfurter verließen daraufhin den Block, und mit Ausnahme der Bochumer Ultras waren wohl alle Zuschauer ganz froh darüber.

Wie Szenekenner berichten, gab es allerdings auch innerhalb der beiden großen Bochumer Ultra-Gruppen unterschiedliche Meinungen, welches Verhalten nun richtig ist. Das Ergebnis aber war, dass die uneinsichtigen Frankfurter die Bochumer Kurve zumindest für diesen Tag gespalten haben. Dabei wäre es gerade in diesem Moment wichtiger gewesen, dass alle Bochumer Loyalität zum eigenen Klub zu demonstrieren. Wer im Vorfeld der Partie die Wichtigkeit der Unterstützung derart betont, sollte die Mannschaft nicht plötzlich im Stich lassen. Die Frage muss erlaubt sein: Was ist den Ultras im Zweifel wichtiger: Gesetzmäßigkeiten der Szene – oder, wie es sein sollte, der VfL? Das ist auch eine wichtige Frage für den Klub, der Ultra-Gruppen Privilegien einräumt und damit automatisch andere Fans benachteiligt.

Zumal die Folge einer solchen Aktion ist, dass sich die Ultras immer weiter isolieren, weil kaum noch ein Fan ihre Vorgehensweise nachvollziehen kann. Der Widerspruch zwischen ihrem Credo, dass der Verein über allem stehe, und ihren Handlungen ist unübersehbar. Das wiederum schadet dem gesamten Klub. Denn glaubwürdige Ultras sind nicht nur potenzielle Stimmungsmacher, sondern als kritisches Korrektiv wichtiger als viele ihrer Widersacher denken.


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(Foto: Marc Niemeyer)

1:3 gegen Frankfurt

Torfluch und Fluchttore: Bekannte Probleme in Bochum

Besucher des Ruhrstadions sollten besser keine Anschlusstermine haben. 50 Minuten länger als geplant mussten die 26.000 Zuschauer am Sonntagnachmittag in der Kälte ausharren, ehe Schiedsrichter Felix Zwayer die Partie zwischen dem VfL Bochum und Eintracht Frankfurt endlich anpfeifen durfte. Der Veranstalter und die Sicherheitsbehörden hatten ihm dies zuvor verwehrt, weil im Gästeblock mehrere Zaunfahnen über Fluchttoren hingen und damit Rettungswege versperrten. Das Thema ist nicht neu. Bereits im September 2023 und im Januar 2024 gab es ein fast identisches Problem. Wie damals die Anhänger aus Mönchengladbach und Stuttgart zeigten sich auch die mitgereisten Fans aus Frankfurt zunächst nicht einsichtig und waren erst nach langen Diskussionen mit ihren Fanbeauftragten und verschiedenen Verantwortlichen der Eintracht bereit, ihre Fahnen zu entfernen.

Frankfurter Entschuldigung

„Alle Fans und Vereine kennen die Regeln hier in Bochum. Sie wurden uns im Vorfeld kommuniziert und sind nicht verhandelbar“, sagte Eintracht-Geschäftsführer Philipp Reschke nach der Partie und entschuldigte sich ausdrücklich für das Verhalten der Frankfurter Fanszene. Diese war – wie alle Vereine, die in Bochum zu Gast sind – im Vorfeld über die baulichen Besonderheiten im Ruhrstadion informiert worden. Erst als ein Abbruch der Veranstaltung kurz bevorstand, entfernten die Frankfurter Ultras alle Fahnen, auch die ordnungsgemäß angebrachten, setzten auf der Tribüne Gegenstände in Brand und traten noch vor dem Anpfiff die Heimreise an. „Ich habe Verständnis dafür, dass die Fans ihre Banner präsentieren wollen. Aber es wurde klar kommuniziert, dass es um die Sicherheit im Stadion geht. Ich hätte mir eine frühere Einsicht gewünscht“, sagte VfL-Trainer Dieter Hecking später. 

Gemeinsam mit seinen Spielern hielt er lange sich in den Katakomben auf, ehe die Partie nach einer erneuten Aufwärmphase und mit erheblicher Verzögerung endlich begann. Immerhin: Geschadet hat dem VfL die lange Pause zunächst nicht. Die Bochumer erwischten den besseren Start und verzeichneten die gefährlicheren Torchancen. Doch es war die Eintracht, die ihre Möglichkeiten besser nutzte. Ein Doppelschlag binnen fünf Minuten brachte den Favoriten in Führung. „Wir haben zwei Geschenke verteilt. Beide Gegentore waren zu verteidigen“, bemängelte Hecking, der noch in der ersten Halbzeit verletzungsbedingt wechseln musste. Tom Krauß verließ das Spielfeld mit muskulären Problemen. Im Vergleich zum viel umjubelten 3:2-Sieg in München hatte Hecking nur den gesperrten Bernardo durch Rückkehrer Ivan Ordets ersetzt. Wobei der Abwehrchef keinen guten Tag erwischte.

Konkurrenz hat gewonnen

Mit dem hohen Tempo der Gäste hatten er und seine Teamkollegen immer wieder Probleme, und sie durften sich vor allem bei Torwart Timo Horn bedanken, dass der VfL im Spiel blieb. Die Bochumer erzielten zwar den Anschlusstreffer durch den eingewechselten Gerrit Holtmann, scheiterten danach aber entweder am starken Frankfurter Keeper Kaua Santos oder am eigenen Unvermögen, ehe die Frankfurter in der Nachspielzeit den Treffer zum 1:3-Endstand erzielten. Insbesondere Moritz Broschinski verpasste den Ausgleich, als er den Ball aus kürzester Entfernung am Tor vorbeischoss. „Den haben wir alle schon drin gesehen“, ärgerte sich Hecking und bilanzierte: „Es wäre ein gerechtes Unentschieden gewesen. Wir haben wieder leidenschaftlich gefightet. Leider hat uns vor dem Tor die Zielstrebigkeit gefehlt. Manchmal hätten wir konsequenter den Abschluss suchen müssen.“

Neu ist der Bochumer Torfluch nicht. Immer wieder verlor der VfL zuletzt Heimspiele gegen nominell stärkere Mannschaften, die nicht unbedingt stärker, aber in den entscheidenden Momenten torgefährlicher waren. „Wir drehen uns da im Kreis“, weiß auch Torschütze Holtmann. „Wir haben gegen Frankfurt nicht gesehen, dass da der Drittletzte gegen ein Team aus Europa spielt. Aber dann müssen wir die Chancen, die wir haben, auch nutzen. Das sind die Nuancen, die in diesen Spielen fehlen.“ Zwölf Tage haben die Bochumer nun Zeit, weiter daran zu arbeiten, ehe das nächste Spiel auswärts beim noch amtierenden Meister in Leverkusen ansteht. Weil St. Pauli und Heidenheim an diesem Wochenende siegreich waren und Union Berlin gegen die Bayern gepunktet hat, ist der Vorsprung aufs rettende Ufer auf fünf Punkte angewachsen und auch der Relegationsplatz wieder gefährdet. 

Aufarbeitung der Ereignisse

Das nächste Heimspiel absolviert der VfL derweil erst am 5. April gegen den VfB Stuttgart. Bochums Geschäftsführer Ilja Kaenzig kündigte eine Aufarbeitung der Fahnen-Problematik an, sieht die Lösung aber vor allem in der „Kooperationsbereitschaft“ der Fanszenen, weil sich die Regeln und die bauliche Situation nicht ändern werden. Schon jetzt bietet der Gästeblock im Ligavergleich vergleichsweise viele Möglichkeiten, Zaunfahnen legal anzubringen. „Was hat das mit Fankultur zu tun, wenn ein Spiel so massiv verzögert wird?“, fragt sich Kaenzig, der eine rabiatere Vorgehensweise des Ordnungsdienstes jedoch ablehnt. „Die Fahnen sind das Heiligtum der Gruppen. Wenn da jemand rangeht, droht eine Eskalation.“ Was zu der Schlussfolgerung führt, dass sich ein solcher Vorfall stets wiederholen kann. Stadionbesuchern sei deshalb empfohlen, immer etwas mehr Zeit einzuplanen.


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(Foto: Imago / Beautiful Sports)