Viel Arbeit für Reis

VfL-Mittelfeld: Suche nach Tempo und Torgefahr

Verwundert haben sich einige Beobachter am Sonntag die Augen gerieben. Die erste Aufstellung von Trainer Thomas Reis hielt auf zwei Positionen Überraschungen bereit. Milos Pantovic und Thomas Eisfeld rutschten in die Startformation und besetzten die offensive Außenbahn – zwei Spieler, die die Erwartungen in dieser Saison bislang kaum erfüllt haben. Und auch beim 2:2 gegen Dresden konnten sie im Angriffsspiel nicht überzeugen. Für Thomas Reis bleibt viel Arbeit.

Das sind die größten Herausforderungen, die er im Mittelfeld angehen muss:

Kompaktheit oder Tempo – geht auch beides? Bochums neuer Trainer hatte sich durch die Hereinnahme von Pantovic und Eisfeld mehr Kompaktheit erhofft. Nach vorne brachte das Duo jedoch kaum etwas zustande. Erst als Reis offensiver wechselte, kam Schwung und Tiefgang in das Angriffsspiel. Danny Blum und Simon Zoller sorgten für mehr Bewegung. Ihr vermeintlicher Nachteil: Sie interpretieren ihre Aufgaben meist offensiver, sind eher Außenstürmer als Mittelfeldspieler. Reis muss jetzt der Balanceakt gelingen. Für die Dreierreihe im 4-2-3-1-System hat er theoretisch neun Optionen, aber viele Profis mit ähnlichen Stärken und Schwächen.

Kaum Torgefahr – wer entlastet den Sturm? Im Vorjahr war Tom Weilandt der einzige Mittelfeldspieler mit ausreichend Torgefahr. Die Quote der anderen ist stark ausbaufähig. Ein Beispiel: Pantovic, Maier und Eisfeld, die Besetzung gegen Dresden, erzielten zusammen nur neun Tore für Bochum – und das bei 130 Einsätzen. An dieser Stelle kann Neuzugang Danny Blum punkten. Nach sechs Spieltagen war er schon dreimal erfolgreich und an sechs von zehn Treffern direkt beteiligt. Jetzt muss auch das Kollektiv mehr Konsequenz an den Tag legen, um Silvere Ganvoula in der Spitze zu entlasten.

Konsequentes Pressing – ziehen die Spieler mit? Thomas Reis fordert ein konsequenteres Anlaufen. Das wollte im Sommer auch schon Robin Dutt vermitteln. Doch dieser Versuch scheiterte. Die große Frage, die bleibt: Lag es am Trainer oder an den Spielern? Reis bringt klare Vorstellungen mit und betont immer wieder die notwendige Positionstreue und Kompaktheit. Aber nicht nur das wird eine Herausforderung. Gerade im Umschaltspiel hat diese Mannschaft oft Probleme, weil es nur selten gelingt, mit Tempo und Präzision zu spielen. Nur so wäre das Pressing am Ende auch effektiv.

Maier und Eisfeld – machen sie den nächsten Schritt? Zusammen mit Chung Yong Lee und Görkem Saglam beschäftigt der VfL gleich vier Spieler, die am besten im zentralen Mittelfeld aufgehoben sind. Doch wer von ihnen entwickelt sich zur unverzichtbaren Stammkraft? Bislang noch keiner. Maier machte gegen Dresden zwar sein bestes Saisonspiel, doch in Summe gelingt es ihm noch zu wenig, vor allem in Zweikämpfen. Noch enttäuschender waren bislang die Auftritte von Thomas Eisfeld. Ihm fehlt die Handlungsschnelligkeit, teilweise ist er unsichtbar und unsicher. Reis ist an dieser Stelle als Entwickler gefragt.

Weilandt und Lee – kommen sie wieder in Form? In der Hinrunde der vergangenen Saison waren Tom Weilandt und Chung Yong Lee noch Garanten für Bochumer Erfolge. Doch nach dem Jahreswechsel ging es schleichend bergab: Lee kam durch Länderspielreisen aus dem Tritt, Weilandt ließ nach seiner Vertragsverlängerung etwas nach. Auch in der Vorbereitung lief es nicht rund. Nun fehlen beide verletzt, sollen aber in Kürze zurückkehren. Sie könnten das Mittelfeld klar verstärken: Lee als ballsicherer Zehner, Weilandt als torgefährlicher Flügelspieler.

(Foto: Imago / Team 2)

2:2 gegen Dresden

VfL Bochum: Viel Herz und noch viele Mängel

Zwei Hoffnungen hat Vereinslegende Ata Lameck vor dem Spiel formuliert – zum 70. Geburtstag am Sonntag wünschte er sich Gesundheit und einen Heimsieg gegen Dynamo Dresden. Letzteres ist der Mannschaft nicht gelungen. In der Schlussphase rettete der VfL wenigstens noch einen Punkt. Und der Gesundheit war dieser Spielverlauf auch nicht unbedingt zuträglich.

Ohnehin dürften die Apotheken in Stadionnähe in dieser Saison erhöhten Zulauf verzeichnen. Beruhigungstabletten sind quasi Pflicht, um zunächst den obligatorischen Rückstand zu ertragen – und anschließend nicht durchzudrehen, wenn die Mannschaft trotz aller Mängel ihr großes Herz zeigt und zumindest noch ein Unentschieden erkämpft. So war es schon gegen Bielefeld und Wiesbaden – und nun auch gegen Dynamo Dresden beim Trainerdebüt von Thomas Reis. Dank Joker Danny Blum und Kapitän Anthony Losilla gelang immerhin ein 2:2. Angesichts der Bemühungen war die Punkteteilung auch völlig verdient.

Nur wenig Tempo und kaum Präzision

Die Bochumer Ansprüche werden damit aber nicht erfüllt. Mit nur drei Punkten steht der Revierklub weiter auf dem vorletzten Tabellenplatz. „Wir sollten nicht jede Woche über unsere tolle Moral sprechen, sondern einfach mal anfangen zu gewinnen“, sagte Spielmacher Sebastian Maier nach der Partie. Im Mittelfeld war er noch der stärkste aus dem offensiven Trio. Thomas Reis veränderte die Aufstellung nur auf zwei Positionen, entschied sich für Milos Pantovic und Thomas Eisfeld auf der offensiven Außenbahn. Die gewonnene Kompaktheit ging zulasten des Angriffsspiels, es mangelte an Präzision und vor allem an Tempo.

Erst mit der späten – vielleicht zu späten – Hereinnahme echter Flügelspieler entwickelte der VfL mehr Gefahr. „Aber ein Punkt ist zu wenig in unserer Situation“, weiß auch Torschütze Losilla. „Wir kassieren zu viele Gegentore, die uns dann in Schwierigkeiten bringen. Ich will, dass wir keine Aufholjagd mehr starten müssen.“ Nach dem Seitenwechsel schlief der VfL in der Defensive gleich zweimal, Dresden schlug daraus direkt Kapital. Die Zahlen deuten längst auf ein echtes Problem hin, das Reis schnell in den Griff bekommen muss. Im Schnitt kassiert der VfL mehr als zwei Gegentreffer pro Partie. Zehn eigene Tore sind zwar eine gute Ausbeute, doch nur ein einziges Mal war der VfL vor der Halbzeitpause erfolgreich.

Kaum Punkte und nur wenig Zeit

Um diese Schwächen abzulegen, setzt Losilla vor allem auf den neuen Trainer. „Wir haben erst eine Woche mit ihm gearbeitet. Und ich finde, wir haben schon einiges besser gemacht. Genau da müssen wir weitermachen.“ Der Franzose, der zu den wenigen verlässlichen Größen beim VfL gehört, meint damit zum Beispiel das Pressingverhalten. Ansätze davon waren vor allem in der ersten Halbzeit zu erkennen. Doch es mangelte an der Konsequenz, an Ideen und Geschwindigkeit, den Ballgewinn auch effektiv zu nutzen. Trainer Thomas Reis kündigte an, auch das optimieren zu wollen. Fortschritte sollen am besten schon am nächsten Samstag zu erkennen sein. Dann tritt der VfL beim SV Sandhausen an und braucht mehr denn je ein Erfolgserlebnis.

(Foto: Sportfoto Gerd Krause)

Lameck feiert Geburtstag

Ata wird 70: Größte VfL-Legende hat zwei Wünsche

Hoffnungen auf ein Comeback soll sich niemand mehr machen. Da ist Ata Lameck konsequent. „Ich spiele nur erste Liga“, sagt die Bochumer Klublegende. 518 Spiele hat er für seinen VfL im Oberhaus bestritten – keiner war häufiger im Einsatz. Und selbst dann, wenn der VfL doch noch einmal in die Bundesliga zurückkehren sollte, wird dieser Rekord wohl für alle Ewigkeit bestehen bleiben.

Auch wenn sich der Jubilar ein wenig zieren wird: Vor dem Heimspiel gegen Dynamo Dresden wird Michael „Ata“ Lameck im Mittelpunkt stehen – denn der feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag! „Die Zahl interessiert mich gar nicht. Ich habe genau zwei Wünsche: dass ich gesund bleibe, und dass der VfL am Sonntag gegen Dresden damit anfängt, Punkte zu holen, um aus dem Keller zu kommen“, sagte er jüngst in einem Interview mit der WAZ.

Möge genau das in Erfüllung gehen. Auch „Tief im Westen – Das VfL-Magazin“ gratuliert ganz herzlich!

(Foto: Pressefoto Eibner)

Erster Arbeitstag

Neuer Trainer: Reis sieht Potenziale statt Probleme

Bochums neuer Trainer scheint zu den Frühaufstehern zu gehören. Schon um 9.30 Uhr – in der Fußballbranche eine eher ungewöhnliche Zeit – stellte sich Thomas Reis am Montagmorgen der Öffentlichkeit vor. Wobei es ja eher ein Wiedersehen war. Die allermeisten Gesichter kennt der neue Übungsleiter schon, und die allermeisten Protagonisten kennen ihn. 13 Jahre lang wirkte er als Spieler, Assistent oder Nachwuchscoach an der Castroper Straße, jetzt ist er wieder zurück: zum ersten Mal als Cheftrainer einer Profimannschaft.

„Agieren statt reagieren“

Und Thomas Reis ist auf den Job bei seinem Herzensklub offensichtlich gut vorbereitet. Schon vor dem ersten Arbeitstag hat er die bisherigen Saisonspiele eingehend analysiert. „Ich möchte nicht von Problemen, sondern von Potenzialen sprechen“, erklärte Reis in seiner ersten Pressekonferenz, die er souverän meisterte. Der Fußballlehrer will aber auch nicht zu den Schönrednern gehören. Mit nur zwei Punkten nach fünf Spielen steht der VfL auf dem vorletzten Tabellenplatz. Das weiß auch Reis: „Wir befinden uns in einer schwierigen Situation.“ Als „Feuerwehrmann“ sei er jedoch nicht geholt worden. Geht es nach den Verantwortlichen, dann soll der Ex-Profi für eine langfristige Entwicklung und für kurzfristige Erfolge stehen.

Einen Plan für diesen „Traumjob“ – und bei Reis ist das sicher keine Floskel – hat er sich schon zurecht gelegt. „Agieren statt reagieren“ lautet das Motto. Bedeutet: „Offensiv zu denken, ohne die Restverteidigung zu vergessen. Kompaktheit herzustellen, ohne passiv zu sein.“ Vielen VfL-Fans dürfte dieser Grundgedanke bekannt vorkommen. Geprägt hat ihn vor einigen Jahren Gertjan Verbeek, Reis war damals Co-Trainer. Inhaltlich war Reis von dessen Philosophie immer angetan, doch menschlich wurde er mit dem Niederländer nie wirklich warm. Auch das war ein Grund für seinen Weggang und drei Lehrjahre als U19-Coach in Wolfsburg.

Im Gegensatz zu seinem früheren Chef beschreibt sich Reis als „offen und kommunikativ.“ Mit einem „klaren Plan“ wolle er vorangehen, dem Team Sicherheit verleihen und „ein gutes Klima schaffen.“ Ebenfalls wichtig: „Wir müssen eine Hierarchie erarbeiten.“ 30 Einzelspieler zählt der Profikader des VfL, Geschlossenheit war zuletzt nicht immer zu erkennen. Torhüter Manuel Riemann deutete etwa einen Konflikt zwischen jungen und erfahrenen Spielern an. Reis weiß um die Schwierigkeiten und will sich dagegenstemmen. Die erste Maßnahme: Stefano Celozzi, der zuletzt ausgemusterte Ex-Kapitän, soll sportlich eine neue Chance erhalten.

„Pessimisten zu Optimisten“

Dass Reis Spannungen wie diese zum ersten Mal als Chef einer Profimannschaft lösen muss, sieht er nicht als Problem an. Auch wenn der VfL zuletzt weniger gute Erfahrungen mit Neueinsteigern gemacht hat. Doch anders als Ismail Atalan war Reis früher selber Profi. Und anders als Jens Rasiejewski verkörpert er mehr Leidenschaft und Konsequenz. Letzte Zweifel will Reis schließlich mit guten Resultaten aus der Welt schaffen. Sein Credo: „Ich will aus Pessimisten wieder Optimisten machen.“

Bochum empfängt Dresden

Personal & Taktik: So will Reis die Wende einleiten

Die Anzahl der Kiebitze hat sich in dieser Woche mehr als verdoppelt. Neugierig blicken sie auf den Trainingsplatz und wollen sehen, wie der neue Übungsleiter arbeitet. Thomas Reis beobachtet viel, unterbricht aber auch gerne, wenn er Abläufe erklären oder korrigieren möchte. Auf eines kann er sich dabei verlassen: Alle Spieler ziehen voll mit. „So soll es auch sein“, sagt der 45-Jährige nach dem Training. Dass die Intensität etwas höher ist als in den Wochen zuvor, verwundert die regelmäßigen Zuschauer keineswegs. „Das ist immer so, wenn ein neuer Trainer kommt“, sagte einer der Kiebitze. „Mal schauen, wie viele Wochen das anhält.“

Defensiv mit Druck

Möglichst lange, hofft Thomas Reis. Die Mentalität, die er früher selbst an den Tag gelegt hat, sollen jetzt auch seine Spieler verinnerlichen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Wobei Reis eine gute Einstellung der Mannschaft schon in den Wochen zuvor gesehen hat, als er den VfL nur aus der Ferne verfolgt hat. Mehrfach sei das Team nach einem Rückstand noch zurückgekommen, gegen Bielefeld, Baunatal und Wiesbaden. Bislang auffällig: Die erste Halbzeit wurde fast ausnahmslos verschlafen. Das soll sich nun ändern. Schon die ersten Zweikämpfe im Spiel seien entscheidend, sagt Reis, so kämen Mut und Sicherheit und die Zuschauer werden mitgerissen.

Für welches Spielsystem sich der neue Chefcoach entscheidet, ist noch offen. Die Viererkette mit Cristian Gamboa, Saulo Decarli, Simon Lorenz und Danilo Soares scheint aber fast schon gesetzt zu sein. Davor wird Kapitän Anthony Losilla spielen. Ohnehin will Reis nicht alles umwerfen. Eher sind es Regeln und Prinzipien, die er anpassen wird. Reis spricht von einer „gewissen Kompaktheit und mehr Positionstreue“, was aber nicht zu Passivität führen soll – sogar ganz im Gegenteil. Aktives Verteidigen und viele Balleroberungen verlangt der Ex-Profi. Darauf lag zu Wochenbeginn auch der Trainingsschwerpunkt. Ideen für die Offensive will Reis am Freitag und Samstag näher besprechen. In komprimierter Form das Wichtigste zu vermitteln, das sei die Kunst in seiner ersten Trainingswoche.

Offensiv mit Tempo

Reis muss vor allem an das nächste Spiel denken. Am Sonntag empfängt der VfL Dynamo Dresden und braucht nicht nur Punkte, sondern auch den Stimmungsumschwung. Die Sachsen, trainiert vom Ex-Bochumer Cristian Fiel, setzen auf eine Dreier-Abwehrkette. Kluges Anlaufen könnte deshalb eine echte Chance sein, vor allem im Umschaltspiel gilt es freie Räume zu nutzen. Auch deshalb dürfte Reis bemüht sein, speziell die Außenbahn gut zu besetzen. Danny Blum und Milos Pantovic stehen bereit, ebenso Jordi Osei-Tutu oder der genesene Simon Zoller. Noch nicht wieder dabei ist Tom Weilandt, der mit Chung Yong Lee nur individuell trainiert. Ulrich Bapoh ist außerdem gesperrt.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Schwierige Aufgabe für Reis

VfL-Kommentar: Zaubern kann keiner

Sollte Thomas Reis in den sozialen Netzwerken aktiv sein, dann sei ihm dieser Tage dazu geraten, besser nicht in die Kommentarspalten zu schauen. Denn die Mehrheit reagiert mit großer Ablehnung auf seine Verpflichtung als Chefcoach der VfL-Profis.

Vermutlich sind diese Reaktionen auch weniger der Personalie Thomas Reis, sondern viel mehr der schwierigen Gesamtlage geschuldet: dem verpatzten Saisonstart, der verkorksten Transferpolitik und dem drohenden Abstiegskampf in dieser Saison. Reis bekommt also das ab, was an Sebastian Schindzielorz oder das Präsidium gerichtet ist. Obendrein entsteht der Eindruck, als habe sich die Vereinsführung die Trainerwahl ziemlich leicht gemacht. Nicht zum ersten Mal wird eine Lösung bevorzugt, die irgendwie naheliegend und einfach ist.

Reis muss einen Draht zur Mannschaft entwickeln

Diese Kritik darf aber auch nicht die positiven Aspekte außer Acht lassen. Denn Thomas Reis hat sich entwickelt, erst in Bochum, zuletzt in Wolfsburg – und hat stets gute Arbeit geleistet. Er ist ein Teamplayer, der ehrgeizig ist und für diesen Klub brennt, er beherrscht Zuckerbrot und Peitsche – ein wichtiger Punkt, wenn man die Strömungen innerhalb der Kabine verfolgt. Seine fehlende Erfahrung kann, muss aber kein Nachteil sein. Entscheidend ist, dass sich Reis schnell Respekt verschafft, das Fachliche steht erst an zweiter Stelle.

Grundsätzliche Probleme wird nämlich auch er nicht so schnell lösen können. Reis muss mit einer Mannschaft arbeiten, die ohne durchdachten Plan zusammengestellt wurde. Deshalb hilft es auch nicht, den neuen Cheftrainer unter Druck zu setzen und nach der nächsten Niederlage völlig durchzudrehen. Zaubern kann keiner, egal, wen der VfL jetzt verpflichtet hätte.

(Foto: Fabian Budde)

Bochum gegen Bayern

Pokaltickets fast weg: Wenig Ärger, viel Vorfreude

Viel war vom großen Ansturm gar nicht mehr zu sehen, nicht einmal eine kleine Warteschlange. Am späten Mittwochnachmittag standen nur noch wenige VfL-Fans am Schalter an, um Eintrittskarten für das Pokal-Heimspiel gegen Bayern München zu erwerben. Und am Ende gingen auch sie zufrieden nach Hause: Zumindest Stehplatzkarten, etwa 1.000 um genau zu sein, waren gegen 17 Uhr noch zu haben – nur für Vereinsmitglieder oder Dauerkarteninhaber, maximal zwei pro Person.

Online oder analog?

Genau diese Einschränkungen und weitere Maßnahmen haben dazu geführt, dass die Verantwortlichen schon jetzt ein positives Fazit ziehen können. „Vom Ablauf her hat alles reibungslos funktioniert“, sagt Knut Keymer, Cheforganisator beim VfL. Den Verkauf hat der Klub vorwiegend über den eigenen Online-Shop bewältigt. So sollte verhindert werden, dass Fans stundenlang anstehen müssen. Trotzdem traf der erste Fan nach eigener Auskunft schon gegen 2.30 Uhr ein, fünfeinhalb Stunden später öffnete der Fanshop. Ein kleines Kontingent wurde extra für den analogen Verkauf zurückgehalten.

Während diese Sitzplatzkarten erst am Nachmittag vergriffen waren, ging es im Online-Shop deutlich schneller. Schon nach wenigen Minuten waren fast alle Tickets ausverkauft. Nur Stehplatzkarten sind immer noch verfügbar – was auch dem Trend entspricht, den der Verein schon länger verzeichnet: Bei stark nachgefragten Spielen werden zuerst die Sitzplätze gebucht. Rund 15.500 gibt es davon im Bochumer Ruhrstadion, weitere 12.000 Besucher dürfen stehen. Aus Sicherheitsgründen lässt der VfL zum Pokalspiel aber nur 26.600 Zuschauer in sein Schmuckkästchen.

Mitglied oder Dauerkarte?

Theoretisch könnte der VfL weit mehr als das Doppelte an Tickets verkaufen, so viele Kartenwünsche haben den Klub zuletzt erreicht. Um die treuen Fans zu belohnen, gehen Tickets aber ausschließlich an Vereinsmitglieder oder Dauerkarteninhaber. Ein freier Verkauf ist gar nicht erst geplant. Gästefans haben über den FC Bayern die Möglichkeit, das Spiel live zu verfolgen. Knapp 3.400 Tickets schickt der VfL gen Süden – doch auch dort übersteigt die Nachfrage das Angebot. Presse- und Sponsorenkarten sowie ein weiterer VIP-Bereich in der Rundsporthalle verkleinern das Kontingent zusätzlich.

„Bei einer Nachfrage, die die Stadionkapazität bei weitem übersteigt, ist es kaum möglich, alle zufrieden zu stellen“, weiß auch Knut Keymer. Sein Team hat deshalb nach einer möglichst fairen Lösung gesucht. Dazu gab es allerhand Hinweise, damit jeder Käufer wusste, was zu tun war. Das hat sich offensichtlich gelohnt: In den sozialen Netzwerken loben die allermeisten Fans die Vorgehensweise des Klubs. Es gibt wenig Ärger, dafür viel Vorfreude auf das Spiel am 29. Oktober.

Jahresurlaub oder Pokalspiel?

Zuspruch gibt es dieser Tage auch für die Ankündigung, konsequent gegen Tickethändler auf dem Schwarzmarkt vorzugehen. Hierfür hat der Zweitligist sogar eigens eine Anwaltskanzlei aus Dortmund beauftragt, die darauf spezialisiert ist, gegen den Weiterverkauf von Tickets zu überhöhten Preisen vorzugehen. Dies ist in den Geschäftsbedingungen des Vereins ausdrücklich untersagt. Der VfL behält sich zudem vor, die Mitgliedschaft zu kündigen oder das Vorkaufsrecht zu entziehen.

Offensichtlich hat das eine abschreckende Wirkung. Auf „Ebay“ zum Beispiel waren am Mittwochabend fast keine Kleinanzeigen oder Auktionsangebote zu finden. Auf „Viagogo“ dagegen werden Haupttribünenkarten für rund 1.300 (!) Euro angeboten. Es soll Menschen geben, die für weniger Geld ihren Jahresurlaub bestreiten.

(Foto: Fabian Budde)