Bochum empfängt Darmstadt

Reis ist überzeugt: „Die Fans stehen hinter uns“

Ein Stück Bochumer Sportgeschichte kam am Freitag wieder zum Vorschein: Die alten, orangefarbenen Sitze, die bis Ende der 90er-Jahre zum Inventar des Ruhrstadions gehörten, wurden unters Volk gebracht. Zuletzt waren sie von der Stadt eingelagert und eingestaubt, doch zahlreiche Anhänger störte das nicht: Der Ansturm war so groß, dass die Fanbetreuung schon nach einer Stunde vermeldete, dass die alten Schätzchen ein neues Zuhause gefunden haben.

Ob die „neuen“, blauen Sitzschalen am Samstag zum Heimspiel gegen Darmstadt 98 ähnlich begehrt sind oder ob der eine oder andere eher das heimische Sofa bevorzugt, muss sich noch zeigen. Knapp 11.500 Eintrittskarten wurden bislang verkauft. „Die Fans stehen hinter uns“, sagte Trainer Thomas Reis in der Pressekonferenz am Freitag und bezog sich damit auf Signale in der Mitgliederversammlung unter der Woche. Damit die ohnehin schon große Geduld der Anhänger nicht überstrapaziert wird, soll nun endlich der erste Saisonsieg gelingen.

Denn klar ist: Holt der VfL tatsächlich die drei Punkte, könnten die Bochumer in der Tabelle sogar an Darmstadt vorbeiziehen. Dafür muss die Elf von Thomas Reis aber auch einen alten Bekannten bezwingen. Die Hessen werden seit einem halben Jahr von Dimitrios Grammozis trainiert. Zuvor war der Fußballlehrer jahrelang für den VfL-Nachwuchs zuständig. Zeitweise bildeten Reis und Grammozis sogar ein Trainergespann in der U23 und in der U19. Gastgeschenke sind deshalb aber nicht geplant.

So setzt Thomas Reis in der richtungsweisenden Partie vermutlich auf die gleiche Startelf wie zuletzt beim 1:1 gegen den SV Sandhausen. Tom Weilandt wird zwar in den Kader zurückkehren, aber zunächst auf der Bank Platz nehmen. Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Danilo Soares. Der Linksverteidiger brach das Abschlusstraining wegen Übelkeit ab – ob er also rechtzeitig fit wird, ist genauso offen wie die Frage, wer ihn im Bedarfsfall ersetzen würde.

(Foto: Imago)

Mitgliederversammlung beim VfL

Villis-Interview: Über den Start, Ultras und Investoren

Nach sieben Spieltagen ist der VfL Bochum immer noch sieglos und Tabellenvorletzter. An diesem Mittwoch bittet die Vereinsführung zur Mitgliederversammlung. Im Interview verrät Hans-Peter Villis, Vorsitzender des Präsidums, wie er die Lage beim Zweitligisten einschätzt.

Herr Villis, im Sommer sagten Sie in einem Fernseh-Interview, zehn Jahre in der Zweiten Liga seien genug, der VfL wolle oben angreifen. Bereuen Sie diesen Satz derzeit?
Hans-Peter Villis: Wir haben Ansprüche und Ambitionen, und die darf man vor einem Saisonstart auch offensiv formulieren. Natürlich ist die sportliche Situation jetzt eine andere. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir den Tabellenkeller schon bald wieder verlassen werden.

Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen für den schlechten Saisonstart?
Ganz offen gesagt: Das erste Spiel in Regensburg war schon sehr enttäuschend. Und seitdem ist Druck auf dem Kessel. In den Spielen danach gab es teilweise zu viele einfache Fehler. Wir haben Steigerungspotenzial, das ist Fakt. Die Lage ist unverkennbar angespannt. Wir werden alles dafür unternehmen, um sie zu entschärfen.

Fehlt der Mannschaft Qualität?
Nein, es ist eher eine Frage der Erfahrung. Wir wollten den Umbruch und jungen Spielern eine Chance geben. Wir wussten, dass dadurch mehr Fehler passieren können. Wichtig ist auch zu sagen, dass die Mannschaft absolut intakt ist. Das ist die Voraussetzung, um wieder erfolgreich zu sein.

Trainer Robin Dutt musste den Verein schon nach vier Spieltagen verlassen. Was hat am Ende zum Bruch geführt?
Wir alle, ob Geschäftsführung oder Präsidium, waren von seinen Aussagen in der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Wiesbaden vollkommen überrascht. Es gab keinerlei Anzeichen dafür, sondern einen regelmäßigen Austausch, sogar in der Woche vor dieser Partie. Wir hatten jederzeit die Geduld und die Überzeugung, dass Robin Dutt der richtige Mann für uns ist. Wir haben ihn nicht infrage gestellt.

Trotzdem kam es dann zur Freistellung. Warum?
Die Gründe haben wir bereits kommuniziert: Zum einen ist es schwierig für die Mannschaft, wenn der Trainer öffentlich Selbstzweifel äußert. Zum anderen stand er für ein Gespräch mit dem gesamten Präsidium nicht mehr zur Verfügung. Wir haben samstags, direkt nach dem Spiel gegen Wiesbaden, und des Weiteren sonntags in verschiedenen Runden zusammengesessen und miteinander gesprochen, auch mit dem Trainer. Am Sonntagabend habe ich Robin Dutt dann angerufen und gesagt, dass wir ihn am Montagmorgen noch einmal zu einem Gespräch mit dem kompletten Gremium erwarten. Dieses Gespräch hat er abgelehnt.

Als Nachfolger haben Sie Thomas Reis präsentiert. Manager Sebastian Schindzielorz sagte, dass er der einzige Trainer war, mit dem Gespräche geführt wurden.
Es ist ein vielschichtiges Profil erstellt worden, unabhängig von den Kandidaten. Das Gerücht, wir hätten uns ausschließlich mit Thomas Reis beschäftigt, ist falsch. Richtig ist: Thomas Reis hat unsere Anforderungen Punkt für Punkt erfüllt. Neben den sportlichen Kriterien waren auch die Social Skills entscheidend. Er ist ein Teamplayer, kann mit jüngeren und älteren Spielern umgehen. Außerdem ist er jemand, der respektiert wird. Wir kennen ihn ja schon länger, aber er ist in Wolfsburg noch einmal sehr gereift.

Jetzt steht die Mitgliederversammlung bevor. Die Ultras üben in einem Schreiben massive Kritik, vor allem an Ihrer Arbeit. Rechnen Sie am Mittwoch also mit vielen Diskussionen?
Den Duktus einiger Fangruppierungen kennen wir bereits. Ich habe mich im vergangenen Jahr für die Fehler der Vergangenheit entschuldigt. Es bringt den VfL nicht weiter, die alten Geschichten wieder neu aufzurollen.

An welcher Stelle sehen Sie denn berechtigte Kritik?
Die Versammlung im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass es nicht nur Mitglieder gibt, die agitieren wollen. Es waren sehr gute Wortbeiträge dabei. Und wenn es sportlich nicht rund läuft, sind Nachfragen zu erwarten. Aber ich möchte auch betonen, dass wir gerade wirtschaftlich auf eine Erfolgsbilanz zurückblicken. Wir haben den Verein in den vergangenen Jahren konsolidiert und arbeiten schon seit einiger Zeit an einem Wachstumsplan. Es gibt keinen Stillstand in unserem Verein.

Aber wieso schlägt sich das noch nicht in den sportlichen Ergebnissen nieder?
Als langfristiges Ziel haben wir ausgerufen, uns sportlich und wirtschaftlich unter den besten 25 Klubs in ganz Deutschland zu etablieren. Wir müssen uns dabei gegen Klubs durchsetzen, denen finanziell selbst in unserer Liga das Doppelte oder Dreifache zur Verfügung steht. Da wären wir übrigens wieder bei der Einstiegsfrage. Als wir vor zwei Jahren öffentlich vom Aufstieg gesprochen haben, ist uns das um die Ohren geflogen. Unser langfristiges Ziel ist manchen Fans wiederum zu weich. Aber wir bleiben dabei: Das ist für uns die richtige Marschroute.

Stichwort Vereinsentwicklung: Welche Neuigkeiten werden die Mitglieder über potenzielle Investoren erfahren?
Wir befinden uns in konkreten Verhandlungen mit potenziellen Geldgebern, darunter ein möglicher Ankerinvestor. Ich bitte an dieser Stelle aber um Verständnis, dass wir Details erst kommunizieren werden, wenn wir Nägel mit Köpfen gemacht haben.

Ist denn noch in diesem Jahr mit einem Ergebnis zu rechnen?
Das kann sein, aber ich kann es nicht versprechen. Ich bitte die Mitglieder an dieser Stelle noch um etwas Geduld. Sie haben uns ganz klar den Auftrag gegeben, dass wir sorgfältig prüfen sollen. Interessenten gibt es, auch aus dem Ausland. Aber es gibt strenge Regeln, und das schränkt die Auswahl natürlich etwas ein. Unser Motto lautet: Sorgfalt vor Schnelligkeit.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Neue Saison

VfL-Basketballer wollen Fußballfans begeistern

Freunde des Bochumer Ballsports kommen am Wochenende ganz auf ihre Kosten. Erst empfangen die Fußballer den SV Darmstadt 98 zum Heimspiel im Vonovia Ruhrstadion. Sechs Stunden geht es in der benachbarten Rundsporthalle weiter: Die Zweitliga-Basketballer, besser bekannt als die „VfL SparkassenStars“, absolvieren ihr erstes Heimspiel der neuen Saison. Ab 19 Uhr ist der SC Rist Wedel zu Gast in Bochum. Worauf sich auch eingefleischte Fußballfans freuen können, erzählt Hans-Peter Diehr, Verantwortlicher bei den Blau-Weißen, im kurzen Interview.

Herr Diehr, Sie machen keinen Hehl daraus, auch regelmäßig bei den Fußballern des VfL vorbeizuschauen. Was gefällt Ihnen denn am Basketball in Bochum noch besser?

Vor allem die einzigartige Atmosphäre. Jeder Zuschauer ist hautnah dabei, Basketball ist ein rasanter Sport. Außerdem haben wir die Rundsporthalle noch einmal richtig aufgehübscht. Wir haben zum ersten Mal einen Parkettboden verlegt. Das ist ein ganz anderes Ambiente. Ebenso wie das Ruhrstadion ist es ein echtes Schmuckkästchen geworden – für mittlerweile 1.500 Zuschauer.

Die VfL SparkassenStars spielen seit 2013 in der zweitklassigen Pro B, die Mannschaft schnupperte schon am Aufstieg. Nur in der vergangenen Saison lief es nicht rund. Was hat sich im Sommer verändert?

Das stimmt, wir haben erst am letzten Spieltag verhindern können, dass wir in die Abstiegsrunde müssen. Deshalb haben wir einen neuen Trainer verpflichtet. Felix Banobre kommt aus dem Land des neuen Weltmeisters und wird sicher schnellen spanischen Basketball bieten. Passend dazu setzen wir auf viele junge, perspektivreiche Spieler, teilweise aus der Region.

Und was ist das konkrete Ziel in dieser Saison?

Wir wollen die Zuschauer begeistern, das ist klar. Am besten wollen wir auch neue Fans dazugewinnen. Konkret peilen wir natürlich die Playoffs an, also einen Platz unter den ersten Acht. Das muss in einer Liga mit zwölf Mannschaften aber immer unser Ziel sein. In den K.O.-Spielen werden die Karten dann neu gemischt. Ich setze darauf, dass wir im Laufe der Saison immer stärker werden.

Tickets für die Heimspiele der Basketballer gibt es auch online, und zwar HIER.

(Foto: VfL SparkassenStars)

Versammlung am Mittwoch

JHV-Kommentar: Sachliche Kritik statt Eskalation

Vermutlich ist es für alle Beteiligten ganz gut, dass zwischen dem bitteren 1:1 beim SV Sandhausen und der Mitgliederversammlung ein paar Tage zur Beruhigung liegen. Bis zur vorletzten Minute wähnte sich der VfL am Samstag auf der Siegerstraße, viele Fans hätten die Leistung im Falle eines Sieges vermutlich gelobt. Mit dem späten Ausgleich kippte die Stimmung aber wieder.

Ohne Emotionen

Die Vereinsführung muss sich am Mittwoch also auf eine eher unangenehme Versammlung im Bochumer RuhrCongress einrichten – die Wortmeldungen der Mitglieder könnten für einen langen Abend sorgen. Und es steht zu befürchten, dass viele davon ziemlich emotional sein werden. Doch eine solche Veranstaltung dafür zu nutzen, um sich einfach nur den Frust von der Seele zu brüllen, ist bei aller berechtigten Kritik nicht der richtige Weg.

Was die Debatte am Mittwoch braucht, sind vor allem sachlich-fundierte Beiträge der Mitglieder. Themen gibt es genug. Denn die tabellarische Entwicklung im Jahr 2019 ist besorgniserregend. Die Transferpolitik und der sogenannte Umbruch werfen viele Fragen auf – nach der Strategie und den Strukturen im sportlichen Bereich. Der VfL Bochum muss in dieser Saison ernsthaft aufpassen, nicht den gleichen Weg zu gehen wie Eintracht Braunschweig oder der FC Ingolstadt.

Mit Sachverstand

Um es mal ganz grundsätzlich zu sagen: Für die Entwicklung des VfL wäre es auch gut, wenn sich die Diskussionen nicht nur einmal im Jahr auf die Mitgliederversammlung konzentrieren würden. Es fehlt eine kritische Fanszene, die dem gesamten Verein permanent auf die Finger schaut. Die sich nicht nur an den letzten Ergebnissen orientiert, die Grenzen von Gruppierungen überwindet und sich anständig zu artikulieren weiß. Das ist das, was dieser Verein dringend und dauerhaft braucht.

(Foto: Imago / foto2press)

1:1 gegen Sandhausen

Verschenkter VfL-Sieg: Wer dieses Spiel nicht gewinnt…

Ein unschuldiges Trikot war an diesem Samstag ein Bild mit Symbolkraft. Manuel Riemann, Torhüter des VfL Bochum, wollte seinen Emotionen freien Lauf lassen. Der Schlussmann war nach dem 1:1 in Sandhausen so wütend, dass er am Ende sein Trikot zerriss – so sehr hatte er sich über den Ausgleich und den verpassten Sieg in der Schlussphase geärgert. Auch wenn der Keeper immer wieder unsicher wirkte, beim Einschlag in der vorletzten Minute war er machtlos. Hoffnungen, dass der Videoassistent vielleicht noch eine knappe Abseitsstellung erkennen würde, zerschlugen sich schnell.

Viele Chancen, ein Tor

Ohne Not hat der VfL damit ein Spiel hergeschenkt, das er mindestens eine Halbzeit lang kontrolliert und dominiert hat. Danny Blum und Simon Zoller, die Thomas Eisfeld und Sebastian Maier ersetzten, brachten ungewohnten Schwung ins Bochumer Angriffsspiel. Allein im ersten Durchgang gab es fünf Großchancen – aber noch keinen Jubel. Der folgte erst zu Beginn der zweiten Hälfte. Nach einem Eckstoß von Milos Pantovic war Silvere Ganvoula zur Stelle, mit etwas Dusel fand der Ball den Weg ins Tor. Die längst überfällige Führung, die erste in dieser Saison, gab den Bochumern aber kaum Rückenwind. Nach knapp einer Stunde ließ der VfL plötzlich nach.

„Insgesamt haben wir dann nicht mehr gut verteidigt“, gab Trainer Thomas Reis nach der Partie offen zu. Eigentlich harmlose Gastgeber kamen zurück ins Spiel, ein strukturierter Angriff genügte, um den VfL zu schocken. Beinahe wäre dem SV Sandhausen sogar noch der Siegtreffer gelungen. „Da haben wir grob fahrlässig verteidigt und nicht mehr für Entlastung gesorgt“, sagte Reis, der ansonsten auch lobende Worte fand. „Wir haben eine tolle erste Halbzeit gespielt, in der wir uns ein Chancenplus erarbeitet, aber leider nicht getroffen haben.“ Auch deshalb sei es „schwierig, dieses Spiel richtig einzuordnen.“

Sieben Spiele, kein Sieg

Doch spielerische Fortschritte und gute Ansätze allein bringen den VfL kaum weiter. Wenn selbst bei der bislang besten Saisonleistung und bei Formschwäche des Gegners kein Sieg gelingt, wann dann? Nach sieben Spieltagen wartet Bochum immer noch auf das erste Erfolgserlebnis, auf die erste Begegnung ohne Gegentreffer und auf die erste Partie mit Konstanz über 90 Minuten. Vier Punkte sind eine erschreckende Bilanz, der Revierklub bleibt Vorletzter der Zweitliga-Tabelle. Wenn die Vereinsführung am kommenden Mittwoch zur Mitgliederversammlung bittet, dann wird sie wohl oder übel den Abstiegskampf ausrufen müssen.

(Foto: Imago / foto2press)

Jung und Alt zusammenführen

Reis muss beim VfL auch Teamkonflikte lösen

Seine Amtszeit begann schnell mit einer Klarstellung. Die Mannschaft sei absolut intakt, sagte Thomas Reis in seiner zweiten Pressekonferenz als neuer Trainer des VfL Bochum – und betonte dies nach wenigen Tagen erneut. Das, was hier und da – auch auf diesem Portal – zu lesen war, sei so nicht richtig, erklärte der 45-Jährige. Schon mehrfach hätten seine Spieler Moral bewiesen. Gegen Bielefeld, Baunatal und Wiesbaden ließ sich die Mannschaft nicht von Rückständen schocken. Lob für den Teamgeist gab es auch nach dem 2:2 gegen Dynamo Dresden.

Reis als Integrator

Trotzdem ist Thomas Reis dieser Tage nicht nur als Taktiker, sondern auch als Mensch und Integrator gefragt. Der Ex-Profi muss Teile der Mannschaft besser zusammenführen und für mehr Disziplin sorgen. Genau das hat Robin Dutt zuletzt nicht mehr in den Griff bekommen. Aus der Teambildung hat sich der beurlaubte Chefcoach weitestgehend herausgehalten. Torhüter Manuel Riemann kritisierte sogar, dass der Fußballlehrer auf dem Trainingsplatz Nachlässigkeiten geduldet habe. Genau das soll es unter der Führung von Thomas Reis nicht mehr geben. Social Skills wie Kommunikationsstärke und Durchsetzungsvermögen waren bei der Trainersuche deshalb wichtige Kriterien.

Eine erste Maßnahme hat der neue Mann bereits ergriffen: In einem Gespräch mit der WAZ kündigte er an, einen Mannschaftsrat gründen zu wollen. Den hatte es zuletzt nicht mehr gegeben. Jeder Spieler soll sich dort gut vertreten fühlen. Genau das könnte bedeuten, dass nicht nur die bekannten Wortführer Verantwortung übernehmen sollen. Denn selbst Insider leugnen nicht, dass es innerhalb der Kabine eine Art Cliquenbildung gibt, eine gewisse Distanz zwischen jüngeren und älteren Spielern. Eine ganze Generation liegt allein zwischen dem 17-jährigen Armel Bella Kotchap und dem 33-Jährigen Anthony Losilla.

Torhüter Manuel Riemann machte damit verbundene Konflikte Ende August sogar öffentlich. Der Schlussmann kritisierte zum Beispiel die Überheblichkeit einiger Teamkollegen. „Wir haben ein paar Spieler dabei, die nehmen einiges zu locker. Und wenn dann ein erfahrener Kollege was sagt, wird der noch angemeckert. Da könnte ich kotzen“, sagte der Keeper in einem Interview nach dem Spiel gegen Wiesbaden, für das er intern abgestraft wurde. Gemeint waren vor allem jüngere Mitspieler. Riemann ließ dabei eine Gleichgültigkeit oder gar Respektlosigkeit gegenüber den erfahrenen Kräften durchblicken, wenn diese zur Ordnung rufen.

Fabian als Teammanager

Zu denen, auf die die Jungspunde hören sollen, gehört auch Patrick Fabian. Das Bochumer Urgestein spielt sportlich nur noch eine untergeordnete Rolle. Dafür wächst sein Aufgabenbereich neben dem Platz. Der 31-Jährige entwickelt sich in neuer Doppelfunktion zu einer Art Teammanager. Er hilft Neuzugängen bei ganz alltäglichen Angelegenheiten, speziell denjenigen, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind. Auch an dieser Stelle könnte der VfL ansetzen, um die teaminterne Kommunikation zu stärken. Sprachkurse waren zuletzt nicht verpflichtend. Dolmetscher wie früher, etwa bei einer ganzen Reihe japanischer Spieler, gibt es auch nicht mehr.

(Foto: Imago / Team 2)

Zu Gast in Sandhausen

Warum VfL-Fans ein gutes Gedächtnis brauchen

Ein gutes Gedächtnis benötigen die Fans des VfL Bochum, wenn sie sich an den bislang letzten Auswärtssieg in der Liga erinnern wollen. Drei Punkte in der Fremde gab es zuletzt in Köln unmittelbar vor dem Weihnachtsfest. Mussten die eigenen Fans das eigene Bundesland verlassen, liegt eine Heimfahrt als Sieger sogar noch länger zurück, genau genommen 18 Monate.

Im März 2018 drehte der VfL einen 0:2-Rückstand beim SV Sandhausen in einen 3:2-Auswärtssieg. Und genau dorthin kehren die Bochumer Fußballprofis an diesem Samstag wieder zurück. Wobei etliche Spieler von damals jetzt gar nicht dabei sind. Auch die Fanschar ist kleiner geworden: Gerade einmal 300 Karten wurden im Vorfeld abgesetzt. Seinerzeit bejubelten über 1.000 Bochumer den Hattrick von Lukas Hinterseer.

Erst das Spiel in Sandhausen…

Diesen Job muss nun Silvere Ganvoula übernehmen, vor allem unterstützt von der offensiven Dreierreihe direkt hinter ihm. Weil Sebastian Maier mit einer Erkältung ausfällt, Tom Weilandt noch nicht wieder voll mittrainiert und Chung Yong Lee behutsam aufgebaut wird, ist Trainer Thomas Reis zu einer Umstellung gezwungen. Wie genau er das Mittefeld besetzen wird, ist allerdings noch offen.

Zentral dürfte Thomas Eisfeld die besten Karten haben, aber auch Milos Pantovic könnte dort spielen. Rechts wäre dann Platz für Simon Zoller oder Jordi Osei-Tutu, links wird wohl Danny Blum beginnen. Der Sommerneuzugang ist mit drei Toren und drei Vorlagen aktuell der Top-Scorer des VfL und könnte für mehr Tiefe im Bochumer Angriffsspiel sorgen. Entsprechend lag der Trainingsschwerpunkt in dieser Woche auch auf dem Offensivverhalten.

…dann die Jahreshauptversammlung

So soll am Samstag endlich die Wende gelingen. Auch Sebastian Schindzielorz weiß um die Stimmungslage im Umfeld: „Natürlich sind die Leute nicht zufrieden. Wir alle sehnen den ersten Saisonsieg herbei.“ Der Geschäftsführer hat dabei auch die anstehende Jahreshauptversammlung im Blick. Am nächsten Mittwoch kommen die Vereinsmitglieder im RuhrCongress zusammen.

Bliebe der VfL nach dem Wochenende weiter auf einem Abstiegsplatz, müsste sich Schindzielorz wohl einigen kritischen Fragen stellen. Gelingt hingegen ein Sieg, neigen einige Fans vielleicht dazu, über grundsätzliche Probleme hinwegzusehen. Das ahnt auch der Manager: „Es wäre sicher angenehmer, mit einem Erfolgserlebnis in die Versammlung zu gehen…“

(Foto: Fabian Budde)