In eigener Sache

Kurze Auszeit: VfL-Magazin in der Sommerpause

Liebe Leserinnen und Leser,

ereignisreiche Wochen mit einer spannenden Präsidiumswahl und vielen Meldungen vom Transfermarkt liegen hinter uns. An diesem Montag hat beim VfL Bochum die Vorbereitung auf die neue Zweitliga-Saison begonnen. Wie bereits berichtet, befindet sich Tief im Westen – Das VfL-Magazin seit Wochenbeginn in einer zweiwöchigen Sommerpause. Der nächste Text an dieser Stelle wird voraussichtlich am 7. oder 8. Juli erscheinen.

Bis dahin eine gute Zeit und ein herzliches Glück auf!

Philipp Rentsch


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(Foto: Marc Niemeyer)

Neue Mannschaft

Trainingsstart mit Kaderlücken: VfL im Etat-Dilemma

Manchmal sind es Nebensätze, die hängen bleiben. Nach dem letzten Pflichtspiel der vergangenen Saison wagte Dirk Dufner einen Blick in die Zukunft und sprach über die Herausforderungen bei der Kaderplanung. Der Bochumer Sportchef erklärte, dass er dabei „nicht chronologisch“ vorgehen könne, sprich: Nicht erst dann Spieler zu verpflichten, wenn Abgänge feststehen. „Wenn wir einen guten neuen Spieler gefunden haben, dann werden wir ihn auch verpflichten und nicht warten, bis ein anderer Spieler weg ist. Da müssen wir ein Stück weit ins Risiko gehen, wenn ein Abgang wahrscheinlich ist“, sagte Dufner. Aktuell stehen 13 Abgängen 15 Zugänge gegenüber. Es handelt sich allerdings nicht nur um Neuverpflichtungen. Eingerechnet sind auch fünf Eigengewächse, die zur neuen Saison einen Profivertrag erhalten haben, sowie fünf Leihrückkehrer.

Etat wird ungefähr halbiert

Aus mathematischer Sicht ist das Ergebnis aber identisch: 29 Spieler stehen derzeit unter Vertrag. Die rechnerische Zielgröße des künftigen Kaders ist damit bereits erreicht. Das erklärt auch die Tatsache, warum der ursprünglich angesetzte Etat bereits weitestgehend ausgeschöpft wäre. Für Zweitligaverhältnisse beschäftigt der VfL viele Gutverdiener, wenngleich die Gehälter infolge des Abstiegs gesunken sind. Müssen sie allerdings auch, denn der Lizenzspieleretat von zuletzt etwas mehr als 40 Millionen Euro wird ungefähr halbiert. Nach Auskunft von Geschäftsführer Ilja Kaenzig in der außerordentlichen Mitgliederversammlung würden die Bochumer damit dennoch mindestens im vorderen Drittel der 2. Liga landen, womöglich sogar in den Top drei. Dies untermauert den Anspruch aus sportlicher Sicht, um den Aufstieg mitspielen zu können.

Transfereinnahmen fehlen

Die genaue Etathöhe ist auch von Spielerverkäufen abhängig. Während Konkurrenten wie Nürnberg, Kaiserslautern, Hannover und Düsseldorf in diesem Sommer schon Transfereinnahmen im mittleren einstelligen Millionenbereich erzielt haben, ist es den Bochumern lediglich gelungen, Tim Oermann für eine vergleichsweise niedrige Ablöse unterhalb der 2-Millionen-Grenze abzugeben. Immerhin: Der VfL darf sich nach vier Bundesliga-Jahren über die ligaweit höchsten TV-Einnahmen freuen. Dennoch: Transfererträge würden den Spielraum deutlich erweitern, gleichzeitig aber auch neue Kaderlücken entstehen lassen. Als Verkaufskandidaten gelten Ibrahima Sissoko, dessen Verkaufswert Marktkenner auf drei bis vier Millionen Euro schätzen, und Matus Bero, der vermutlich nur eine Ablöse knapp oberhalb der Millionengrenze einspielen würde.

Mehrere Schwachstellen

Der VfL befindet sich also in einem Etat-Dilemma: Gibt er gute Spieler ab und nutzt die Einnahmen für die weitere Kadergestaltung? Oder verzichtet er darauf und hat infolgedessen Probleme, alle Schwachstellen zu beheben? Mitunter würden auch andere Abgänge als die von Sissoko und Bero helfen, etwa ein Wechsel von Leihrückkehrer Lukas Daschner, der ein höheres Zweitligagehalt bezieht und eine kleine Ablöse einbringen würde. Lücken, die mit diesem Geld gefüllt werden können, gibt es schließlich einige. Dringend benötigt werden noch offensive Flügelspieler. Auch ein zweiter Linksverteidiger fehlt. Trainer Dieter Hecking sieht zudem Bedarf in der Defensivzentrale, buhlt deshalb seit Wochen um Kevin Vogt, der sowohl in der Innenverteidigung als auch im defensiven Mittelfeld spielen könnte. Gesucht wird zudem ein torgefährlicher Angreifer.

Hecking erwartet mehr

Die Frage ist: Kommen diese Spieler schon bald, damit sie bis zum Saisonstart Anfang August integriert sind? Der Wunsch von Hecking war es, die neue und auch schlagkräftige Mannschaft zum Trainingsauftakt an diesem Montag bereits weitestgehend beisammen zu haben; entsprechend ernüchtert ist er aktuell. Schließlich hat Dufner ein gewisses Risiko in Aussicht gestellt. Geschäftsführer Ilja Kaenzig soll die beiden bislang aber gebremst haben, weil keineswegs sicher ist, dass der VfL noch nennenswerte Transfereinnahmen erzielt. Für Sissoko und Bero ist bislang noch kein akzeptables Angebot eingegangen. Das neu gewählte Präsidium sieht für beide Positionen gute Argumente und will deshalb als Kompromiss ein zusätzliches Budget von rund zwei Millionen Euro freigeben. Damit könnte Dufner auf dem Transfermarkt erneut aktiv werden.

Liebe Leserinnen und Leser, Tief im Westen – Das VfL-Magazin verabschiedet sich mit diesem Bericht in eine Sommerpause. In den kommenden zwei Wochen werden an dieser Stelle keine neuen Texte veröffentlicht. Anschließend geht es in gewohnter Weise weiter.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Personalien

Zoller nur Randfigur: So plant Dufner mit drei Vertrauten

Der Weg in die Katakomben ist der gleiche, nur der Raum ein anderer. Zum Trainingsstart in der kommenden Woche wird VfL-Legende Anthony Losilla seinen Platz nicht mehr in der Spieler-, sondern in die Trainerkabine finden. Der 39-Jährige ist fest als dritter Co-Trainer neben Murat Ural und Marc-Andre Kruska eingeplant. Losilla soll sich vor allem um die vielen Eigengewächse kümmern. In den vergangenen Wochen haben mit Kasper Koscierski, Cajetan Lenz, Lasse Isbruch, Lirim Jashari und Luis Pick gleich fünf Talente aus der Bochumer U19 Profiverträge unterschrieben. Hinzu kommt Hugo Rölleke aus der U21. Bei Alessandro Crimaldi aus der U19 ist schon länger klar, dass sich die bisherige Vereinbarung mit dem 18. Geburtstag in einen Profivertrag umwandelt.

Losilla ist jedoch nicht der einzige Ex-Profi, für den in der kommenden Saison ein neuer Lebensabschnitt beginnt. Auch Cristian Gamboa soll nach seinem Karriereende in die Vereinsarbeit eingebunden werden – wahrscheinlich als Talentespäher, wobei seine Rolle noch nicht näher kommuniziert ist. Zudem kehrt Simon Zoller nach Bochum zurück. Gemeinsam mit Losilla und Gamboa ist auch er 2021 mit dem VfL in die Bundesliga aufgestiegen und hat seine Karriere als Fußballer in diesem Sommer beendet. Doch welchen Job soll Zoller an der Castroper Straße genau übernehmen? Im Mai hat Trainer Dieter Hecking mehrfach öffentlich betont, das Aufgabengebiet von Zoller noch gar nicht zu kennen – und damit für reichlich Irritationen im Umfeld gesorgt.

Zoller soll lernen und begleiten

Mittlerweile ist die Rolle von Zoller aber klarer definiert. Sportchef Dirk Dufner plant den Ex-Profi als sogenannten Trainee ein, als Nachwuchskraft für den sportlich-admistrativen Bereich. Damit soll er auf ein eigenes Aufgabengebiet vorbereitet werden, indem er in den kommenden Monaten alle Mitarbeiter unterstützt und begleitet. Zoller hatte bei seinem Wechsel vom VfL zum FC St. Pauli im Sommer 2023 die Zusage erhalten, nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn nach Bochum zurückkehren zu dürfen. An diese Vereinbarung haben sich die Verantwortlichen gehalten – wenngleich der Mitarbeiterstab damit trotz des Abstiegs weiter wächst. Das ist vor allem deshalb erwähnenswert, weil weitere Neuanstellungen noch hinzukommen.

Mit Johannes Waigand hat Dufner bereits einen Direktor für das Kadermanagement verpflichtet. Waigand ist ein Vertrauter von Dufner aus Berliner Zeiten. Die beiden kennen sich bereits seit einer gemeinsamen Zeit in einer Spielerberatungsagentur. „Wenn man in derart sensiblen Bereichen agiert, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit das A und O“, erklärt Dufner. „Johannes Waigand überzeugt durch Kompetenz und Fleiß und wird mich zukünftig in allen Bereichen unterstützen, sowohl im Lizenzbereich als auch im Talentwerk, dem Frauen- und Mädchenfußball oder im Scouting.“ Der VfL-Geschäftsführer Sport betont, dass Waigand kein reiner Kaderplaner sei: „Der Begriff wäre irreführend und falsch, da das Themenspektrum viel weiter gefächert ist.“ 

Thiam neuer Nachwuchsleiter

Waigand wird indes nicht der einzige neue Zuarbeiter von Dufner sein. Ein neuer Nachwuchsleiter ist bereits gefunden, ein neuer Chefscout steht ganz oben auf der Wunschliste. Was auffällt: Auch für diese Positionen bevorzugt Dufner offenbar bekannte Gesichter, mit denen er schon bei Hertha BSC zusammengearbeitet hat. Neuer Nachwuchsleiter wird Ex-Bundesliga-Profi Pablo Thiam, der in dieser Position bereits für den VfL Wolfsburg und Hertha erfolgreich gearbeitet hat. Thiam ist der bislang dreiköpfigen Abteilungsleitung vorgeschaltet und bereits seit dieser Woche an der Castroper Straße tätig. Zuletzt haben Heiko Butscher (Sport), Dominik Horsch (Strategie & Entwicklung) und Timo Saviano (Administration) des vereinseigene Talentwerk geleitet.  

Parallel soll die Scouting-Abteilung umgebaut werden. Nicht nur Trainer Dieter Hecking hatte Veränderungen angemahnt, auch das alte und neue Präsidium. Dufner hat die Notwendigkeit ebenfalls erkannt. Ziemlich klar ist mittlerweile, dass Chefscout Carsten Schüpmann-Haase keine Zukunft in Bochum haben wird. Für ihn soll Babacar Wane kommen, der aktuell in gleicher Funktion beim FC Augsburg tätig ist und zuvor schon für Hertha, Eintracht Frankfurt und mit Dufner beim SC Freiburg als Chefscout gearbeitet hat. Noch ist allerdings unklar, ob Wane wirklich zum VfL wechseln wird. Der 60-Jährige ist erst seit 2024 in Augsburg tätig. Dort wird gerade eine neue sportliche Leitung installiert, der womöglich auch Ex-VfL-Sportdirektor Marc Lettau angehören wird.

Geschäftsstelle zieht um

Offen ist, ob die neuen Verantwortlichen in Augsburg mit Wane planen oder nicht. Ungewiss ist auch, ob das neue VfL-Präsidium Dufners Pläne uneingeschränkt durchwinkt. Dass er drei Vertraute installieren möchte, ist einerseits nachvollziehbar, zumal es sich um erfahrene und branchenweit anerkannte Kräfte handelt, die bislang vor allem für Erstligisten gearbeitet haben. Andererseits besteht die Gefahr, dass mindestens drei Abteilungsleiter entscheidend mit der Personalie Dufner verknüpft sind. Zudem kosten sie – wenn auch als potenzielle Wachstumstreiber – womöglich zusätzliches Geld. Immerhin: Ex-Trainer Peter Zeidler, der noch bis 2026 auf der Bochumer Gehaltliste steht, hat beim FC Lausanne-Sport in der Schweiz eine neue Anstellung gefunden.

Zudem laufen die Verträge von Ex-Sportchef Patrick Fabian, der künftig die Nachwuchsabteilung von Fortuna Düsseldorf leitet, und von Markus Feldhoff aus. Für Feldhoff sollte nach seiner Zeit als Interimstrainer Ende 2024 eigentlich eine neue Aufgabe gefunden werden. Weil der neue Sportchef erst im April seine Arbeit aufnahm, blieb Feldhoff ohne neue Beschäftigung. Sein Angebot, im Scouting mitzuhelfen, wurde dankend abgelehnt. An fehlenden Büros kann es jedenfalls nicht gelegen haben. Schon seit geraumer Zeit hat der VfL Räumlichkeiten unweit des Stadions angemietet. Künftig wird fast die gesamte Geschäftsstelle an der Karl-Lange-Straße beheimatet sein. Im Stadioncenter verbleiben nur wenige Abteilungen – unter anderem die sportliche Führungsriege.


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(Foto: Imago / Revierfoto)

Kaderplanung

Zukunft noch ungeklärt: Zehn VfL-Spieler auf der Kippe

Die Urlaubsbilder der VfL-Profis in den sozialen Netzwerken werden allmählich weniger. Logisch, denn am kommenden Montag läutet Trainer Dieter Hecking die neue Saison ein. Am Montag und Dienstag stehen die üblichen Untersuchungen und Leistungstests an, ehe ab Mittwoch auch der Ball rollt. In der Folge bleiben fünfeinhalb Wochen bis zum Saisonstart. Angesichts zahlreicher Personalwechsel ist die Zeit ziemlich knapp bemessen. Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr lag zwischen dem Trainingsauftakt und den ersten Pflichtspiel noch eine Woche mehr. Eingespielt wirkte die neu formierte Mannschaft trotzdem nicht.

Allerdings wollte Ex-Trainer Peter Zeidler seinerzeit eine äußerst anspruchsvolle Spielweise etablieren. Hecking wiederum setzt in der Methodik und Systematik auf Bewährtes, wenngleich er schon vor Wochen betont hat, dass sich die Anforderungen in der neuen Liga ändern werden. Der erfahrene Fußballlehrer erwartet mehr Ballbesitzphasen, will das Spiel- und Lauftempo erhöhen und darf die körperliche Robustheit nicht vergessen. In zahlreichen Übungseinheiten, einem achttägigen Trainingslager sowie in fünf bis sechs Testspielen will Hecking seine Mannschaft auf den Saisonstart am ersten August-Wochenende vorbereiten.

Aktuell 29 Profispieler unter Vertrag

Schon jetzt ist absehbar, dass sich der Kader bis zum ersten Pflichtspiel noch deutlich verändern wird, womöglich auch noch darüber hinaus. Bis zum Transferschluss am 1. September ist eine zweistellige Zahl an weiteren Transferbewegungen mit Zu- und Abgängen wahrscheinlich. Dennoch: Mühe, Testspiele mit ausreichend Personal zu bestreiten, wird der VfL keine haben. Nach heutigem Stand sind insgesamt 29 Spieler im Besitz eines Profivertrags für die neue Saison, darunter sieben Nachwuchskräfte. Damit wäre die Zielgröße des neuen Kaders – nämlich 22 etablierte Kräfte – bereits erreicht und der Etat weitestgehend ausgeschöpft.

Klar ist: Mit Leandro Morgalla, Colin Kleine-Bekel, Philipp Strompf, Francis Onyeka und Mathis Clairicia hat der VfL Bochum fünf neue Spieler unter Vertrag genommen. Timo Horn, Felix Passlack, Maximilian Wittek, Erhan Masovic, Mats Pannewig, Koji Miyoshi und Philipp Hofmann aus dem Vorjahreskader sollen bleiben und sind als Stützen der neuen Mannschaft eingeplant. Abzüglich der sieben Eigengewächse gibt es zehn weitere Spieler, deren Zukunft noch nicht abschließend geklärt ist. Allein der Kreis der Leihrückkehrer umfasst fünf Profis. Zum Trainingsstart werden sie zunächst in Bochum zurückerwartet – mit eingeschränkter Perspektive.

Fünf Leihrückkehrer und ihre Chancen

Immerhin: Drei von ihnen waren in den vergangenen Monaten sogar in der 2. Liga aktiv: Niclas Thiede in Ulm, Noah Loosli in Fürth und Moritz Kwarteng in Düsseldorf. Trotzdem: Torwart Thiede, dessen Leistungen beim Absteiger sehr schwankend waren, ist höchstens als Nummer zwei eingeplant. Loosli wird von Trainer Hecking zwar für seine engagierte und professionelle Herangehensweise geschätzt, ist aber allenfalls nur als Innenverteidiger Nummer vier vorgesehen. In Fürth war er zwischen Januar und Mai zwar Stammspieler, konnte aber nur anfangs überzeugen. Kwarteng hat in Düsseldorf ebenfalls stark begonnen, sich dann aber verletzt und fiel länger aus.

Genauso wie Kwarteng hat auch Lukas Daschner vor seinem Wechsel nach Bochum im Sommer 2023 schon nachgewiesen, dass er in der 2. Liga eine Verstärkung sein kann. Beim FC St. Pauli zählte Daschner einst zu den Unterschiedsspielern, ebenso wie Kwarteng beim 1. FC Magdeburg. Ein Verbleib von Daschner beim VfL ist dennoch unwahrscheinlich. Er strebt einen Wechsel an, entweder zum FC St. Gallen in die Schweiz, für den er zuletzt auf Leihbasis gespielt hat, oder zu einem anderen Klub. Agon Elezi soll indes ein weiteres Mal verliehen werden. Der zentrale Mittelfeldspieler trug zuletzt das Trikot des kroatischen Erstligisten HNK Gorica.

Keine Angebote für Sissoko und Bero

Die Liste der Abgangskandidaten wird komplettiert von Samuel Bamba, Moritz Broschinski, Patrick Drewes, Matus Bero und Ibrahima Sissoko. Bamba und Broschinski waren zu schwach für die Bundesliga und dürfen sich in der Saisonvorbereitung neu beweisen. Drewes sieht derzeit kein Vorbeikommen an Stammkeeper Horn und schaut sich nach Alternativen um; sein Ex-Verein, der Karlsruher SC, zeigt bereits Interesse. Bei Bero und Sissoko hofft der VfL weiterhin auf Transfereinnahmen. Aktuell liegen noch keine nennenswerten Angebote vor. Sissoko wird deshalb zum Trainingsstart in Bochum erwartet. Bero genießt nach einer Länderspielreise noch Sonderurlaub.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Präsidiumswahl

Luthe gewinnt die Wahl: Lieber schwammig als schmutzig

Die ganz große Überraschung war es nicht mehr, als Carina Gödecke, die ehemalige Landtagspräsidentin und souveräne Leiterin der Bochumer Mitgliederversammlung, am Samstagnachmittag das Wahlergebnis verkündete. Schon der Applaus in den Stunden zuvor deutete darauf hin, dass das Team um Andreas Luthe und Hans-Peter Villis offensichtlich mehr Anhänger überzeugt hat. Mit 1.234 zu 671 Stimmen fiel das Wahlergebnis recht deutlich aus. Damit ist klar: Villis geht als Gewinner aus dem vereinsinternen Zwist hervor. Das von der Findungskommission zusammengestellte Team mit Uwe Tigges unterlag. Villis führte den Verein bis Anfang 2025, ehe ihn Tigges und weitere Präsidiumsmitglieder als Vorsitzenden abgewählt haben. In geteilten und neu besetzten Teams standen sie sich nun gegenüber.

In der fast vierstündigen Versammlung wehrten Villis und seine neuen Mitstreiter zahlreiche Angriffe clever ab, wirkten freundlicher und souveräner, und verkörperten dank Luthe mehr Aufbruchstimmung. Auch wenn ihre Pläne noch recht vage blieben, gefiel es den meisten der nur knapp 2.000 anwesenden Mitglieder offensichtlich besser, eher schwammig zu bleiben als schmutzig zu werden. Schon in ihren vorbereiteten Reden sprachen Tigges, Karl-Heinz Bauer und Co. vorzugsweise über die Vergangenheit und erklärten, warum sie eine Wiederwahl von Villis verhindern wollen. Sie warfen ihm unter anderem Alleingänge vor, redeten von einer „One-Man-Show“. Weil sich Villis erwartbar wehrte, standen zu vielen Streitfragen zwei konträre Aussagen gegenüber. Wer wirklich Recht hatte, konnten die Mitglieder nicht ermitteln.

Luthe winkt Vorsitz des Vereins

Wirklich Neues kam nach einem kurzen, aber intensiven Wahlkampf ohnehin nicht zur Sprache. Spannend war lediglich zu beobachten, wie sich die Kandidaten präsentierten. Eine erfrischende und substanzreiche Rede hielt Mirja Dorny aus dem Verlierer-Team, die aber ausgepfiffen wurde, weil sie offen damit umging, dass sie in der Vergangenheit privat mal ein BVB-Trikot trug. Bauer, der eigentlich als Vorstandsvorsitzender eingeplant war, gelang es zum Abschluss der Teamvorstellung jedoch nicht, die Wähler auf seine Seite zu ziehen. Der langjährige Mannschaftsarzt wirkte bei der späteren Fragerunde eingeschnappt und verbittert, weil ihm die Mitglieder bei seinen Ausführungen über die Vergangenheit nicht wie erhofft gefolgt sind. Das Gewinner-Team wiederum punktete vor allem mit Luthe als Zugpferd.

Sie fingen die Mitglieder auch emotional ein. Mehrheitlich schenkten sie schließlich ihm, Villis sowie Bettina Stratmann, Christian Stenneken und Till Grönemeyer ihr Vertrauen, die ab sofort das Präsidium des Fußballvereins bilden. Hinzukommen Volker Goldmann, der Vorsitzende des Wirtschaftsrats, Fabian Budde, der neue und gefeierte Fanvertreter, und Jupp Tenhagen, der satzungsgemäß kooptiert werden soll. Wer den Vorsitz übernehmen wird, ist noch offen, vieles deutet aber auf eine Arbeitsteilung hin, verriet Luthe. Demnach wird er sich für die Vereinsspitze anbieten, während Villis den Aufsichtsrat der ausgegliederten Kapitalgesellschaft anführen soll. Erstmals soll dieses Gremium nicht personengleich zum Präsidium besetzt werden. Sicher ist nur, dass Fanvertreter Budde dazugehören wird.

Kritiker aus Politik und Belegschaft

Zum Unterstützerkreis des gewählten Teams zählen auch Vertreter der lokalen und überregionalen Wirtschaft. Hubertus Fiege von der ortsansässigen Brauerei gilt nach Angaben des Teams als Kandidat für den Aufsichtsrat, genauso wie Benedikt Steffen, Geschäftsführer von Opta Data, einem deutschlandweit agierenden Digital-Konzern im Gesundheitswesen. Es wären viele neue Gesichter in der VfL-Welt nach zuletzt nur punktuellen Veränderungen an der Spitze. Zu den Ideengebern gehört auch ein gut vernetzter Agenturinhaber, der VfL-Mitglied ist, der aber aufgrund von FIFA-Regularien keinen Posten übernehmen soll und darf. Über ihn hat die Gegenseite in der Versammlung mehrfach gesprochen. Zu den Befürwortern des Mitgliedervotums zählt zudem die Spitze von Hauptsponsor Vonovia.

Kritiker gibt es gleichwohl auch. Auf sie werden Luthe, Villis und Co. in den kommenden Tagen und Wochen besonders zugehen müssen, um die Spaltung des Vereins zu überwinden. Zahlreiche Vertreter der Lokalpolitik haben sich hinter vorgehaltener Hand gegen eine Wiederwahl von Villis ausgesprochen. Auch in der VfL-Belegschaft genießt der langjährige Vorsitzende keinen guten Ruf. Dass Luthe für die anstehende Woche eine Art Mitarbeiterversammlung angekündigt hat, könnte und soll die Wogen etwas glätten: „Wir haben eine interne ‚Roadmap 2029‘ entwickelt. Darin stehen konkrete Maßnahmen, die wir umsetzen wollen“, erklärt Luthe. „Dafür werden wir uns Anfang der Woche auf der Geschäftsstelle vorstellen und uns gemeinsam darauf einschwören, in welche Richtung wir gehen möchten.“

Austausch mit Kaenzig und Dufner

Die Strategie des neuen Präsidiums muss natürlich auch kompatibel mit den Vorstellungen der Geschäftsführung sein. „Wir werden uns so schnell wie möglich mit Ilja Kaenzig und Dirk Dufner zusammensetzen, um einen gemeinsamen Wissensstand zu haben und auf dessen Basis wir entscheiden, wie wir in die Zukunft gehen werden“, betont Luthe. Vorgänger Uwe Tigges sprach von konkreten Zielvereinbarungen mit Dufner hinsichtlich des Vertragsmanagements und des Scoutings. Unklar ist, ob das neue Präsidium diese übernehmen wird. Zwar sagte Luthe mehrfach, dem Führungstrio inklusive Trainer Dieter Hecking voll zu vertrauen, gleichzeitig bestand zwischen den beiden Gruppen der größte Unterschied darin, dass sich das nun gewählte Team intensiver mit der Geschäftsführung austauschen möchte.

Die Frage wird sein: Sehen Kaenzig und Dufner das eher als Bereicherung oder als Hindernis? Vor allem passt der von Luthe immer wieder erwähnte Einsatz von neuen Technologien nur sehr eingeschränkt zur eher traditionellen Arbeitsweise des genannten Trios. „Wir müssen im Idealfall moderne Daten mit dem Expertenauge verbinden“, kündigte Luthe an, der bei diesen Themen auch seine Gremiumskollegen mitnehmen muss. Stratmann, Stenneken, Grönemeyer und Budde kennen den Fußball bislang nur aus der Fanperspektive. Wobei die im Gremium künftig ebenfalls eine Rolle spielen soll. Grönemeyer kündigte die Wiedereinführung von Mitgliederforen an. „Bei uns geht es um die beste Idee und nicht darum, von wem sie kommt“, betonte Luthe. Auch das unterlegene Team sei aufgerufen, sich einzubringen.


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(Foto: Imago / Revierfoto)

Debatte

VfL-Kolumne: Neues Präsidium muss Lager zusammenführen

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Zwei- bis dreimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die anstehende Präsidiumswahl.

Der eigentliche Sinn einer Vereinsmitgliedschaft ist in den vergangenen Jahren leider ein wenig in den Hintergrund geraten. Der Mitgliedsausweis hat sich in erster Linie zu einem Vorverkaufsberechtigungsschein für Eintrittskarten entwickelt. Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass jedes Mitglied dem höchsten Vereinsorgan angehört: der Mitgliederversammlung.

An diesem Samstag kommt sie wieder zusammen, um in einer außerordentlichen Sitzung ein neues Präsidium zu wählen. Dieses Gremium lenkt die Geschicke des Vereins, setzt dabei aber nur die Leitplanken und hat zwei Kernaufgaben: Die Geschäftsführung zu bestellen und zu kontrollieren. Sicher: Das Präsidium kann konkrete Vorgaben machen und spezielle Themen bei der Bewertung der Geschäftsführung besonders im Blick haben. Das Team um Andreas Luthe und Hans-Peter Villis möchte in Zukunft stärker mitdiskutieren, das Team um Karl-Heinz Bauer und Uwe Tigges eher weniger. Das ist der wohl größte Unterschied zwischen den Parteien.

Was sie verbindet: Sie bringen die Bereitschaft mit, sich in einem Ehrenamt zu engagieren. Dieser Hinweis ist wichtig, denn er verdeutlicht, dass nur wenige Personen die zeitlichen und finanziellen Möglichkeiten haben, überhaupt zu kandidieren. Erschwert wird die optimale Besetzung des Präsidiums dadurch, dass die Vereinssatzung eine En-bloc-Wahl vorsieht. Im Vorfeld einer Wahl müssen sich also Teams mit fünf Personen finden, um anschließend gemeinsam auf den Stimmzettel zu gelangen. Das soll eine gute Zusammenarbeit begünstigen, kann aber auch dazu führen, dass ein Team nur aufgrund eines starken Leitfigur gewählt oder wegen eines unbeliebten Mitglieds nicht gewählt wird.

Theoretisch könnten die Mitglieder diese Regelung am Wahltag aufheben. Zu empfehlen ist dies aktuell aber nicht. Einige Kandidaten haben bereits signalisiert, nur mit ihrem Team zu kandidieren oder gar nicht. Was einmal mehr den Eindruck bestätigt, dass der Verein – zumindest bei den Großkopferten und ihren Unterstützern – in zwei Lager gespalten ist. Das beste Präsidium wird das sein, das auch seine Gegner mitnimmt, Grenzen überwindet und alle wieder zusammenführt. Im Sinne des VfL.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Präsidium

Vor der VfL-Wahl: Unterschiede, Vorwürfe und Beobachtungen

Alle Argumente sind ausgetauscht, die Personen und Positionen bekannt. Nach unzähligen Interviews und Podcasts mit Vertretern beider Teams rückt der Wahltag näher. An diesem Samstag stimmen die Mitglieder des VfL Bochum über die künftige Besetzung des Präsidiums ab. Auf offener Bühne kommt es dann zum großen Aufeinandertreffen, zum Wettstreit der Ideen und Führungsstile – was wörtlich zu nehmen ist. Denn erstmals wird eine Mitgliederversammlung des VfL zu einer Freiluftveranstaltung. Die Mitglieder nehmen auf den Zuschauerrängen Platz, die Kandidaten auf einer Bühne am Fuße der Haupttribüne. Es ist die zweite Kampfabstimmung in der Geschichte des Klubs, und eine wegweisende zugleich. Selbst intimste Kenner des Klubs halten sich dieser Tage mit einer Wahlprognose zurück. Niemand weiß, wer das Rennen machen wird. Beide Lager haben Unterstützer wie Gegner, zudem dürften einige Mitglieder noch unentschlossen sein und sich erst kurzfristig entscheiden.

Luthe als Kopf der Kampagne

Es gibt also allenfalls Tendenzen, die sich aus den Wochen des Wahlkampfes ergeben. Dass beide Seiten zuvor monatelang versucht haben, Andreas Luthe von einer Mitarbeit in ihrem Team zu überzeugen, unterstreicht, wie sehr der gut vernetzte und eloquente Publikumsliebling von vielen geschätzt wird und den Wahlausgang womöglich entscheidend beeinflussen könnte. Mit Luthe verbinden viele Fans Vereinstreue und positive Emotionen, die Eindrücke der gemeinsam gewonnenen Relegationsspiele anno 2024 sind noch frisch. Seither arbeitet Luthe als selbstständiger Wirtschaftspsychologe und bietet Mitarbeiter-Coachings an, er lebt in Augsburg, wobei er derzeit häufiger im Ruhrgebiet anzutreffen ist als in Bayern. Für Hans-Peter Villis war Luthes Entscheidung in jedem Fall ein großes Geschenk. Nur mit ihm hat der 66-Jährige, der von seinen langjährigen Mitstreitern Anfang des Jahres als Vorsitzender abgewählt wurde und seither schwer gekränkt wirkt, realistische Chancen auf ein Comeback.

Denn eine Wiederwahl allein von Villis können sich viele Fans nicht vorstellen. Villis hat in mehr als zehn Jahren an der Vereinsspitze einiges erreicht und den Klub zu Beginn sogar finanziell über Wasser gehalten, aber auch viel Porzellan zerschlagen. Mehrere Führungskräfte haben den VfL auch seinetwegen verlassen. Vor einigen Monaten haben ihm sogar langjährige Weggefährten wie Uwe Tigges und Martin Volpers das Vertrauen entzogen. Dass ausgerechnet Villis für einen Neuanfang stehen will, klingt in den Ohren mancher Fans paradox, liegt aber in der Zusammensetzung des Teams begründet. Villis geht mit vier Neulingen ins Rennen: mit Till Grönemeyer, Bettina Stratmann, Christian Stenneken und Luthe, dem Kopf der Kampagne, über den ein Großteil der Kommunikation lief. Luthe hat seine Reichweite in den digitalen Medien genutzt, um mit den Fans zu kommunizieren, sich sogar proaktiv in Diskussionen eingemischt, wenngleich er die Kommentarfunktion manchmal einfach ausgestellt hat.

Neue und altbekannte Gesichter

Villis agierte in den Wochen des Wahlkampfes eher im Hintergrund, obwohl einiges darauf hindeutet, dass er den Vorsitz zunächst wieder übernehmen wird. Der Energiemanager hat seinen Teamkollegen aber versprochen, im Falle eines Wahlsieges höchstens noch zwei Jahre an der Vereinsspitze zu stehen und den Staffelstab anschließend an Luthe oder an ein anderes Teammitglied zu übergeben. Wer dafür sonst noch infrage käme, ist offen. Till Grönemeyer, Neffe von Herbert, Multi-Unternehmer und Investor in verschiedenen Branchen, ist bislang noch gar nicht im VfL-Kosmos in Erscheinung getreten. Der Bochumer Rechtsanwalt Christian Stenneken, Partner einer großen Kanzlei und Experte für Infrastrukturthemen, ist zumindest in der VIP-Lounge ein bekanntes Gesicht. Komplettiert wird das Team von Bettina Stratmann, früher selbstständig in der Mode- und Logistik-Branche. VfL-Legende Jupp Tenhagen aus dem bisherigen Präsidium soll nach der Wahl kooptiert werden.

Ihnen steht am Samstag ein Team um den amtierenden Vorsitzenden Uwe Tigges gegenüber, das maßgeblich von der Findungskommission zusammengestellt wurde. Bereits im Dezember 2024 hatte das jetzige Präsidium beschlossen, dass es im Juni 2025 vorgezogene Neuwahlen geben wird. Trotz der langen Vorlaufzeit wirkt das Team mit heißer Nadel gestrickt, das erste Treffen in kompletter Besetzung gab es Mitte Mai. Der ehemalige Bundesliga-Torwart und VfL-Manager Thomas Ernst wurde erst zwei Wochen vorher gefragt, ob er sich ein Engagement im Präsidium vorstellen könne. Das lag auch daran, dass die fünfköpfige Findungskommission ebenfalls bei Luthe angefragt hatte, dieser aber das andere Lager vorzog. Was Ernst und Luthe eint: Sie haben selber mal für den VfL gespielt. Zwischen 2008 und 2011 war Ernst sogar hauptamtliches Vorstandsmitglied. Generell standen alle fünf Teammitglieder schon einmal in einer direkten Beziehung zum Klub, kennen also das Geschäft.  

Beliebter Arzt und ein BVB-Trikot

Ein Zugpferd der Kategorie Luthe fehlt ihnen allerdings. Immerhin haben sie mit dem langjährigen Mannschaftsarzt Karl-Heinz Bauer jemanden im Team, der vereinsintern einen außerordentlich guten Ruf besitzt. Auch deshalb soll Bauer im Falle eines Wahlerfolgs den Vereinsvorsitz übernehmen, während Tigges die ausgegliederte Kapitalgesellschaft anführen würde. Bauer hätte womöglich schon Ende 2022 gegen Villis gewonnen, wenn er ein überzeugenderes Team aufgeboten hätte. Das Problem: Seine jetzige Mannschaft geht – genauso wie die andere Gruppe – mit Altlasten in die Wahl. Tigges und der langjährige Fanvertreter Martin Volpers haben sich insbesondere bei der Suche nach einem neuen Sportchef nicht mit Ruhm bekleckert und verkaufen die monatelange Vakanz bis heute als bewusste Entscheidung. Auch bei der Abwahl von Villis haben sie sich eher ungeschickt angestellt, indem sie den Mitgliedern lange eine nicht mehr vorhandene Geschlossenheit vorgegaukelt haben.

Ernst wiederum, den Weggefährten als äußerst loyal bezeichnen, verbinden viele Bochumer noch mit dem Bundesliga-Abstieg 2010. Komplettiert wird das Team von Mirja Dorny. Sie hat früher selbst beim VfL Fußball gespielt, lebt mittlerweile in Hessen und ist Geschäftsführerin einer Baugenossenschaft. Ihr Makel: In Fankreisen verbreiten sich Fotos von ihr in BVB-Kleidung. Dass diese Fotos schon gut zehn Jahre alt sind und sie schon länger VfL-Mitglied sein muss, um kandidieren zu dürfen, fällt oft unter den Tisch, passt aber ins Bild. In vielen Diskussionen, im Netz wie außerhalb, geht es vor allem um Köpfe und Sympathien. Was vielleicht auch daran liegt, dass inhaltliche Unterschiede zwischen den Teams nur bei genauerem Hinsehen sichtbar werden. Den beiden Geschäftsführern Ilja Kaenzig und Dirk Dufner sowie Trainer Dieter Hecking sprechen beide Teams ihr volles Vertrauen aus, wobei Luthes Faible für neue Technologien nur bedingt zu den Vorstellungen des Trios passt.

Gerüchte über Zukunft von Kaenzig

Der größte Unterschied liegt aber im Rollenverständnis. Luthe und Villis wollen Ideen mitentwickeln, Gedanken teilen und intensiver diskutieren, während sich Tigges und Bauer nach Möglichkeit zurückhalten wollen. Sie sind zufrieden mit der Vereinsentwicklung und sehen nur punktuell Verbesserungsbedarf. Luthe wiederum hat angekündigt, jeden Stein einmal umzudrehen, ohne daraus automatisch größere Veränderungen ableiten zu wollen. Gleichwohl: Luthes Äußerungen haben in der VfL-Belegschaft für Unsicherheit gesorgt; ohnehin beäugen viele Mitarbeiter eine mögliche Villis-Rückkehr mit Skepsis. Wie die beiden Geschäftsführer über die bevorstehende Wahl denken und ob sie insgeheim ein Team präferieren, ist nicht überliefert, trotz vieler Spekulationen. So verbreiten unter anderem Vertreter der Bochumer Lokalpolitik das Gerücht, dass Ilja Kaenzig bei einer Wiederwahl von Villis die Flucht ergreifen würde. Kaenzig stellte auf Anfrage klar, dass diese Aussage nicht von ihm komme.

Tatsache ist, dass Kaenzig seinen Vertrag unter der Regentschaft von Villis bis 2029 verlängert hat, wenngleich der Impuls nicht von Villis, sondern von seinen Gremiumskollegen ausging. Schon da taten sich erste Gräben auf. Während der Wahlkampf nun oberflächlich fair verlaufen ist, ging es hinter den Kulissen teils anders zu. Mehrere Tigges-Unterstützer behaupten, Villis sei der Aufgabe gesundheitlich nicht mehr gewachsen – eine fast ehrverletzende Aussage, für die es keinen Beleg gibt. Zudem wird Villis vorgeworfen, er habe im vergangenen Sommer ohne Rücksprache mit einem eigenen Trainerkandidaten verhandelt. Auch soll Villis der Vertragsverlängerung mit Dieter Hecking erst zugestimmt haben, als er sah, dass ihn die Fans nach dem Heimspiel gegen Mainz gefeiert haben. Villis stellt dies anders dar. Ein zeitlicher Verzug von rund 20 Stunden sei nur dadurch zustande gekommen, dass er den VfL zum Auswärtsspiel nach Heidenheim begleitet hat – und andere nicht.

Empfehlung der Findungskommission

Eine zweifelhafte Rolle spielt auch die Findungskommission. Sie hat bereits vor Ablauf der Vorschlagsfrist eine Wahlempfehlung für das Team mit Tigges und Bauer ausgesprochen; auch deshalb, weil das fünfköpfige Gremium lange dachte, Villis würde kein Team zusammenbekommen. Auch dieses Thema könnte am Samstag noch einmal auf den Tisch kommen. Vor der Wahl ist eine Aussprache geplant. Denkbar ist, dass Unterstützer beider Gruppen gezielt unangenehme Fragen an die andere Partei richten. Viele Fanclubs, darunter die Ultras, haben bislang keine Wahlempfehlung ausgesprochen. Auch die meisten Sponsoren verhalten sich neutral. Vonovia-Vorstand Arnd Fittkau war am Dienstag beim Fanabend mit Luthe und Villis zugegen, bedankte sich für die Einladung und zeigte sich angetan. Die Gegenseite wiederum zog am Mittwoch Peter Neururer als Unterstützer aus dem Ärmel. Ein auf der Instagram-Seite des Teams veröffentlichtes Video wurde aber nach kurzer Zeit wieder gelöscht.

Hinweis: An dieser Stelle wurde mit Veröffentlichung des Artikels eine Wahlumfrage freigeschaltet. Am Freitagabend gab es ein auffälliges Abstimmungsverhalten, das sehr stark vom vorherigen Stimmungsbild abweicht. In einem kurzen Zeitraum wurden fast ausschließlich und extrem viele Stimmen für ein bestimmtes Team registriert. Es besteht der begründete Verdacht, dass die Umfrage, die lediglich zur groben Einschätzing des aktuellen Stimmungsbildes dienen sollte, zur Manipulation missbraucht wurde. Deshalb wurde die Umfrage in der Nacht von Freitag auf Samstag deaktiviert.


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