0:0 in Hannover

Mehr Fackeln als Fußball: Rösler genervt von den Ultras

Zum Glück war es nicht so kalt wie im Dezember 2009. Beim bislang letzten Auswärtssieg des VfL in Hannover zeigte das Thermometer zwischenzeitlich minus 19 Grad Celsius an. Wäre das auch an diesem Samstagabend der Fall gewesen, dann wären wohl so einige der mehr als 4.000 mitgereisten Bochumer im Stadion festgefroren. Das lag zum einen an den zahlreichen Spielunterbrechungen, die in Summe 17 Minuten Nachspielzeit zur Folge hatten. Und zum anderen war der Auftritt der Rösler-Elf alles andere als herzerwärmend. Mit reichlich Spielglück erkämpfte sich der Bundesliga-Absteiger einen Punkt. Erneut avancierte Torwart Timo Horn mit zahlreichen Paraden zum Matchwinner. Mehrfach bewahrte er sein Team vor einem Rückstand und damit vor der ersten Auswärtsniederlage unter Uwe Rösler.

Horn in glänzender Form

Entsprechend fiel auch das Fazit des Trainers aus: „Wir müssen uns bei Timo bedanken, dass er uns den Punkt festhält. Hannover war die klar bessere Mannschaft. Seitdem ich hier bin, haben wir mit dem Ball unser schwächstes Spiel gezeigt.“ Zwar hatte der VfL einige brauchbare Torchancen, ansonsten gelang in der Offensive nicht viel. Das Spiel der Gäste war von Ungenauigkeiten geprägt, und defensiv ebenso wacklig. Horn vereitelte mehrere Großchancen, hielt zudem einen Elfmeter. Vor allem auf der linken Abwehrseite gab es immer wieder Lücken; Normalform erreichte einzig Leandro Morgalla. Ibrahima Sissoko und Matus Bero, die in die Startelf gerückt waren, trugen nicht zur Stabilität bei. Für Sissoko war es bereits das letzte Ligaspiel in diesem Jahr. Er spielt in den kommenden Wochen beim Afrika-Cup.

Rösler wird seine Anfangsformation also erneut umbauen müssen, und es deutet sich an, dass es vor dem Heimspiel gegen den Karlsruher SC zum Jahresabschluss weitere personelle Veränderungen geben wird. „Man merkt, dass wir viele junge Spieler haben, denen gerade die Luft ausgeht. Sie haben Sachen vergessen, wirkten mental und körperlich nicht frisch.“ Für Spieler wie Francis Onyeka oder Farid Alfa-Ruprecht ist es die erste Saison im Profi-Bereich, hinzu kommen regelmäßige Länderspieleinsätze. In der Offensive gab der Kader allerdings kaum Optionen her. Gerrit Holtmann ist verletzt, Moritz Kwarteng, der eigentlich gute Startelfchancen hatte, fehlte erkrankt. Michael Obafemi findet mangels Fitness keine Beachtung mehr, bei Ibrahim Sissoko und Mathis Clairicia ist es fehlende Qualität.

Pyro-Show mit Raketen

Immerhin: Mit Philipp Hofmann, Koji Miyoshi und Mats Pannewig hat Rösler für den Jahresendspurt noch drei Alternativen in der Hinterhand. „Wir müssen uns fußballerisch deutlich verbessern“, kündigte der Fußballlehrer bereits am Samstagabend einen Schwerpunkt für die neue Trainingswoche an, ohne den Blick für das große Ganze zu verlieren: „Im Schnitt liegen wir bei über zwei Punkten pro Spiel. Das ist sehr gut. Wir wissen, wo wir herkommen.“ Schon jetzt ist klar, dass der VfL auf einem Nicht-Abstiegsplatz überwintern wird, mit einem Sieg gegen den KSC ließe sich dieser sogar überholen. Rösler hofft übrigens darauf, dieses Spiel ohne eine längere Unterbrechung beenden zu können. Die Pyro-Show der Bochumer und Hannoveraner Ultras nach gut 15 Spielminuten gefiel ihm gar nicht, Rösler wirkte genervt.

„Wir alle kommen ins Stadion, um Fußball zu sehen. Ich weiß nicht, was sich diese Leute dabei denken“, kritisierte er die Verursacher. „Die Spieler sind das Wichtigste – und sonst niemand.“ Im Bochumer Block brannten zahlreiche Fackeln, begleitet von Raketen, die zum Teil sogar bei den eigenen Anhängern im darunter liegenden Block landeten. Der Rauch zog aufs Spielfeld. Mit Fußball hatte die Aktion jedenfalls nichts zu tun. Szenekenner vermuten, dass die Ultra-Gruppen den 13.12. nutzen wollten, um ihre Abneigung gegenüber der Polizei zur Schau zu stellen. Dort gilt die Ziffernfolge 1312 als Code für „All Cops are Bastards (=ACAB)“. Für die große Mehrheit der Stadionbesucher war indes eine andere Zahlenkombination wichtiger: 0:0 lautete das Endergebnis der Partie zwischen Hannover 96 und dem VfL Bochum.


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Defensive

Dank Horn und Viererkette: VfL spielt häufiger zu Null

Schon an seinem ersten Arbeitstag hatte Uwe Rösler mit Nachdruck erwähnt, in welchen Bereichen sich die Bochumer Mannschaft verbessern müsse. „Fast zwei Gegentore pro Spiel – das müssen wir abstellen. Die Abwehr ist das Fundament“, erklärte Rösler. Nach gut zwei Monaten ist der erste Arbeitsnachweis beeindruckend: In fünf von neun Pflichtspielen, darunter zwei Pokalpartien gegen Bundesligisten, blieb der VfL ohne Gegentor. Insgesamt verzeichnete der Bundesliga-Absteiger in sieben Liga-Duellen unter Rösler nur fünf Einschläge ins eigene Netz. Zwar spielte der VfL zuletzt vorzugsweise gegen Abstiegskandidaten, das allein begründet die neu gewonne Stabilität aber nicht. Rösler ist es gelungen, eine größere Kompaktheit herzustellen. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen sind geringer geworden, das Pressing erfolgt situativer. Der VfL verzeichnet eher geringe Ballbesitzraten, verteidigt lieber und schaltet schnell um als selbst das Spiel zu gestalten. Auch eine Systemumstellung hat zur neuen Stabilität beigetragen. Im Gegensatz zu seinen beiden Vorgängern bevorzugt Rösler eine Viererkette, obwohl er ein bekennender Freund der Dreierkette ist. Vorgänger Dieter Hecking hatte stets behauptet, eine Viererkette würde nicht zur Mannschaft passen.

Starker Rückhalt im Bochumer Tor

Das wiederlegt der VfL gerade eindrucksvoll, wenngleich der stärkste Bochumer Defensivakteur in der Systemdebatte keine Rolle spielt, weil er zwischen den Pfosten steht. Dort ist der 32-Jährige ein wichtiger Rückhalt und Garant für den aktuellen Aufwärtstrend, spielt praktisch eine fehlerfreie Hinrunde. Zu Saisonbeginn bewahrte Horn seine Mannschaft vor noch höheren Niederlagen, nun sichert er mit starken Paraden die Punkte. Vor der Länderspielpause blieb Horn drei Pflichtspiele hintereinander ohne Gegentor – das schaffte der VfL zuletzt im Juni 2020. Auch in den vergangenen beiden Ligaspielen hielt der erfahrene Schlussmann den Kasten sauber. „Seitdem ich da bin, hat Timo in jedem Spiel eine herausragende Leistung gezeigt“, lobt Trainer Uwe Rösler seinen Keeper. „Damit und mit seiner Persönlichkeit hat er der Mannschaft und mir sehr geholfen. Er ist der klare Leader auf dem Platz und in der Kabine. Ich kann mir immer Feedback bei ihm holen.“ Für Horn neigt sich das Kalenderjahr somit unter ganz anderen Voraussetzungen dem Ende entgegen als es begonnen hatte. Der langjährige Bundesliga-Torwart des 1. FC Köln war im Sommer 2024 von RB Salzburg zum VfL gewechselt. In Bochum war Horn aber zunächst nur die Nummer zwei.

Horn trägt sogar die Kapitänsbinde

201 Bundesliga-Spiele absolvierte der gebürtige Kölner für seinen Ausbildungsverein, bevor er vorübergehend von der großen Fußball-Bühne verschwand. Nur fünf Pflichtspiele absolvierte Horn zwischen November 2021 und Februar 2025; zwischenzeitlich war er sogar ein halbes Jahr vereinslos. Mit etwas Glück folgte das eindrucksvolle Comeback: Als Stammkeeper Patrick Drewes ausgerechnet vor dem Derby gegen Dortmund ausfiel, rückte Horn zwischen die Bochumer Pfosten und überzeugte das damalige Trainerteam von einem Torwartwechsel. Seither ist er die unumstrittene Nummer eins beim VfL, weil er auf der Linie glänzend hält und auch in hektischen Spielphasen Ruhe ausstrahlt. „Ich wurde als Nummer zwei verpflichtet, habe mir den Platz im Tor erkämpft und bin dann nach und nach zu einem Spieler mit Führungsverantwortung gereift. Da habe ich auch persönlich eine Entwicklung durchlaufen“, blickt Horn auf die vergangenen Monate zurück. Weil Matus Bero zuletzt gefehlt oder nur auf der Bank gesessen hat, trug Horn sogar die Kapitänsbinde. In dieser Funktion lobt er die gesamte Teamleistung. „Wir verteidigen disziplinierter, stehen stabiler“, analysiert Horn und betont: „Auch als Torwart habe ich dadurch ein besseres Gefühl.“

Rösler-Lob für Musterprofi Loosli

Das liegt vor allem an einer mittlerweile einspielten und stabilen Abwehrreihe. Rechts verteidigt Leandro Morgalla, links Maximilian Wittek, zentral Noah Loosli und Philipp Strompf. Morgalla gehörte bereits zu Saisonbeginn zu den ganz wenigen Leistungsträgern beim VfL. Wittek wiederum profitiert deutlich von der Systemumstellung, weil er sich auf Defensivaufgaben konzentrieren kann und nicht mehr die gesamte Außenbahn beackern muss. In der Mitte überzeugt insbesondere Noah Loosli. In der Bundesliga war der Schweizer mangels Schnelligkeit allenfalls Ersatzspieler. Eine Liga tiefer gehört der Innenverteidiger mittlerweile zum Stammpersonal. Beim 1:0-Heimsieg gegen Bielefeld war Loosli sogar einer der besten Bochumer auf dem Feld. Für Rösler ist dessen Formanstieg keine Überraschung. Kürzlich lobte er den 28-Jährigen in den höchsten Tönen: „Noah ist ein echter Profi, wie er sich auf jedes Training oder Spiel vorbereitet und auch in schwierigen Phasen dranbleibt.“ Ähnliche Worte fanden schon Dieter Hecking oder Thomas Letsch, die Loosli stets als Musterprofi bezeichneten. „Er investiert viel in seinen Beruf und jetzt bekommt er es zurückgezahlt“, betont Rösler. „Solche Spieler brauchen wir, um eine Kultur in der Mannschaft zu entwickeln.“

Vogt zurück, Masovic unzufrieden

Weil Nebenmann Strompf trotz fußballerischer Mängel und einer unkonventionellen Spielweise in Summe solide agiert, gibt es für Rösler vorerst keinen Grund, die eingespielte und erfolgreiche Abwehrreihe zu verändern. Das bedeutet auch, dass sich der wieder genesene Kevin Vogt zunächst hinten anstellen muss. Wegen einer Knie-OP hat der 34-Jährige bislang noch kein Spiel unter Rösler absolviert. Wie der Fußballlehrer den Routinier einschätzt, wird sich wahrscheinlich erst im neuen Jahr zeigen. Vogt ist fußballerisch deutlich besser als Strompf, aber ähnlich langsam wie Loosli. Hinzu kommt, dass Vogt zu Saisonbeginn fast nie überzeugt hat, obwohl ihn die ehemaligen Verantwortlichen im Sommer als Abwehrchef verpflichtet und eingeplant hatten. Auch Erhan Masovic und Colin Kleine-Bekel haben es derzeit schwer. Masovic ist mit seiner Reservistenrolle besonders unglücklich, weshalb er sich mit einem Wechsel im Winter beschäftigt. Spätestens im kommenden Sommer, wenn sein Vertrag ausläuft, dürfte er den VfL ohnehin verlassen. Kleine-Bekel ist ebenfalls ein Abgangskandidat, zumindest auf Leihbasis. Der Neuzugang aus Kiel gehörte bei Rösler noch kein einziges Mal zum Spieltagskader und kommt ausschließlich bei der U21 in der Regionalliga zum Einsatz.


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Unsere neue, mittlerweile achte Podcast-Folge ist da! Claudio Gentile und Philipp Rentsch sprechen über den anhaltenden sportlichen Aufwärtstrend sowie über verschiedene Fan-Themen, darunter Pyrotechnik und den Top-Zuschlag auf Eintrittskarten.

(Foto: Imago / Team 2)

Diskussion

VfL-Podcast: Aufwärtstrend, Pyro und Top-Zuschlag

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(Foto: Marc Niemeyer)

1:0 gegen Bielefeld

Röslers starke Bilanz: Angenehmer Abstiegskampf

Ausnahmsweise fragte Uwe Rösler bei der guten Seele des Caterers nach einem Sieger-Bier. Weil im Bochumer Presseraum aber grundsätzlich keine Produkte der heimischen Brauerei vorrätig sind, musste der Trainer des VfL mit Apfelsaft vorliebnehmen, um auf einen klassischen Arbeitssieg anzustoßen. „Es war nicht alles souverän, aber wir haben gewonnen“, fasste Rösler den Auftritt gegen Arminia Bielefeld treffend zusammen. Nur 65 Stunden lagen zwischen dem Abpfiff der Pokal-Niederlage gegen Stuttgart und dem Anpfiff des nächsten Heimspiels im Ligabetrieb. Entsprechend müde wirkten seine Bochumer streckenweise. „Wir sind keine drei Spiele in einer Woche gewohnt“, erklärte Rösler den teils fahrigen Auftritt seiner Mannschaft. „Das letzte Spiel in so einer Woche ist das schwerste.“

Hofmanns erstes Kopfballtor

Lichtblicke gab es dennoch. Der abermals agile Kjell Wätjen, der erneut auf der linken Angriffsseite begann, hatte in ersten Halbzeit dreimal den Führungstreffer auf dem Fuß. „Da hätten wir mindestens ein Tor machen müssen“, sagte Rösler ohne Umschweife. Wätjen freute sich deshalb ganz besonders über den Siegtreffer von Philipp Hofmann. „Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht schlafen können“, erzählte Wätjen mit Erleichterung. Zum Zeitpunkt des entscheidenden Treffers war der 19-Jährige bereits unter der Dusche. Der für ihn eingesetzte Moritz Kwarteng fungierte als Vorlagengeber. „Wir haben in der Halbzeit besprochen, dass wir mehr Flanken brauchen. Das hat geklappt“, berichtete Hofmann nach seinem ersten Kopfballtor in dieser Saison. Wesentlich mehr hatte das Spiel nicht zu bieten.

Die Bochumer Beine wirkten schwer, Torraumszenen blieben rar, die Fehlerquote im Spielaufbau war vergleichsweise hoch. „Ein Leckerbissen war dieses Spiel nicht“, stellte auch Wätjen fest. Abermals hielt Timo Horn den VfL mit seinen Paraden im Spiel. Auch Noah Loosli, der bereits erwähnte Wätjen und Joker Kwarteng ragten aus einer durchschnittlichen Teamleistung heraus, während einige Jungspunde – vor allem Farid Alfa-Ruprecht und Francis Onyeka – selten Bindung zum Spiel fanden. Echte Alternativen für sie gab der Kader allerdings kaum her. Koji Miyoshi fehlte mit einem Faserriss, Gerrit Holtmann musste sich einer kleinen Meniskus-OP unterziehen. Der Publikumsliebling wird in diesem Jahr kein Spiel mehr absolvieren, soll jedoch Anfang Januar wieder ins Training zurückkehren.

Sissoko reist zum Afrika-Cup

Fehlen wird beim kommenden Auswärtsspiel in Hannover auch Simon Zoller. Der VfL-Manager und Direktor Profifußball sitzt bei Spielen für gewöhnlich auf der Bank. Schiedsrichter Wolfgang Haslberger zeigte ihm in der Nachspielzeit die Rote Karte, weil er den im Aus liegenden Ball aufnahm und kurzzeitig hinter seinem Rücken versteckte, als ihn ein Bielefelder aufnehmen wollte. Weil der nachfolgende Einwurf aber an seine Bochumer ging, war der Platzverweis nicht korrekt. Dieser wäre nur bei gegnerischem Ballbesitz vom Regelwerk gedeckt, wenn der Unparteiische eine Verzögerung der Spielfortsetzung feststellt. Während Zollers Ausfall wohl zu verkraften ist, schmerzt der sich anbahnende Ausfall von Ibrahima Sissoko, den Rösler gegen Bielefeld nur als Joker einsetzte, weil er angeschlagen war, umso mehr.

Der Mittelfeldspieler wird nach der Begegnung in Hannover zur Nationalmannschaft reisen, um mit seinem Heimatland Mali am Afrika-Cup teilzunehmen. Je nach Turnierverlauf könnte Sissoko bis zum 18. Januar fehlen, also bis zu dem Tag, an dem für den VfL gegen Darmstadt die Rückrunde beginnt – und der beeindruckende Aufwärtstrend womöglich weitergeht. Von bislang 21 möglichen Punkten hat Rösler 16 geholt. Damit ging der Plan der Vereinsführung voll auf. Die Verantwortlichen haben explizit nach einem Trainer gesucht, der in der Vergangenheit einen hohen Punkteschnitt in den ersten Wochen und Monaten einer Amtszeit vorzuweisen hatte. Dank emotionaler Ansprachen mit fachlicher Substanz, personell nachvollziehbaren Entscheidungen und Liebe fürs Detail ist dies Rösler auch in Bochum gelungen.

Fünfmal ohne Gegentreffer

So hat er den Bundesliga-Absteiger in relativ kurzer Zeit vom vorletzten Platz ins Tabellen-Mittelfeld geführt. Der Abstiegskampf ist in Bochum zwar weiterhin allgegenwärtig, fühlt sich mittlerweile aber fast schon angenehm an. „Wir sind froh, uns etwas abgesetzt zu haben. Wenn man sieht, wie wir anfangs platziert waren, dann ist uns ein riesiger Schritt gelungen“, sagte Hofmann nach dem Sieg gegen Bielefeld, ohne zu vergessen, dass der Punkteabstand auf die Abstiegsränge nach wie vor kleiner ist als auf die Aufstiegsplätze. Trainer Rösler hat dazu ohnehin eine klare Meinung: „Wir befinden uns nach wie vor im Abstiegskampf. Daran wird sich nichts ändern, bevor wir 40 Punkte erreicht haben. Wer andere Träume hat, ist hier falsch.“ Auch ein Sieger-Bier würde sicher nichts an seiner Meinung ändern…


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(Foto: Imago / HMB-Media)

0:2 gegen Stuttgart

VfL diskutiert über VAR: Angeschlagen ausgeschieden

Bei der Bewertung des Schiedsrichters sind Fußballfans oft gnadenlos und nicht immer fair. Nachdem Florian Badstübner im Pokal-Achtelfinale am Ende der ersten Halbzeit Philipp Strompf des Feldes verwies, wüteten die Anhänger des VfL gegen den Unparteiischen. Dieser hatte seine vorherige Entscheidung nach einem Eingriff des VAR korrigiert und Rot statt Gelb gezückt. Für beides gab es plausible Argumente. Zunächst ging es um die Frage, ob überhaupt ein Foulspiel vorlag, weil Strompf sowohl den Ball als auch den Gegner erwischt hat. Seine Grätsche war in Summe jedoch regelwidrig. Überdies war diskutabel, ob der Bochumer Innenverteidiger eine klare Torchance verhindert hat, was letztlich zum Platzverweis führte. Der Laufweg von Stuttgarts Deniz Undav zum Tor wäre frei, aber noch ziemlich weit gewesen. Rechtfertigt das einen Eingriff des VAR? Eine klare Fehlentscheidung lag nicht vor.

Erste Halbzeit auf Augenhöhe

Was in der Diskussion indes viel zu kurz kam, war die Tatsache, dass sich Strompf mit einer für ihn nicht unüblichen technischen Unzulänglichkeit unnötig in die Bredouille gebracht hatte. Mit einer sauberen Ballverarbeitung wäre nichts passiert. Bleiben Fehler dieser Art in der 2. Liga meist ungestraft, enden sie gegen ein Top-Team der Bundesliga und den amtierenden Pokalsieger in der Regel böse und mündeten am Mittwochabend in einer 0:2-Niederlage. Strompf erwischte ohnehin einen rabenschwarzen Tag. Bereits in der Anfangsphase der Partie verlängerte er einen Einwurf unglücklich ins eigene Tor. Dabei waren die Bochumer keineswegs die unterlegene Mannschaft. Der VfL verzeichnete in der ersten Halbzeit mehr Torschüsse als die Gäste, schlug daraus aber kein Kapital, weil die Abschlüsse oft zu unpräzise waren. „Wir waren zwischendurch auf Augenhöhe“, stellte Linksverteidiger Maximilian Wittek fest.

Spätestens mit dem 0:2 kurz nach Wiederanpfiff war das Spiel aber fast entschieden. „Wir wollten das 0:1 so lange wie möglich halten und am Ende mit zwei großen Zielspielern den Ausgleich erzwingen“, erklärte Trainer Uwe Rösler, der nach der Pause zunächst ohne Angreifer spielen ließ. „Dieser Plan wurde durch das zeitige 0:2 zerstört.“ Dennoch: Er lobte sein Team für „das Defensivverhalten, die Disziplin und die Mentalität“ und dafür, dass es sich „unbeeindruckt“ zeigte vom unglücklichen Spielverlauf mit einem frühen Eigentor, dem Platzverweis und dem Nackenschlag direkt nach der Pause. „Am Ende haben wir Schadensbegrenzung betrieben“, sagte Rösler, der die erfolgreiche Startelf aus dem Duell gegen Fürth auf drei Positionen verändert, sie deutlich verjüngt und zehn von elf Spielern das Vertrauen geschenkt hat, die Ende Oktober in Augsburg für den überraschenden Einzug ins Achtelfinale gesorgt hatten.

Einzige Änderung: Ibrahima Sissoko, der gegen den Ball als fünfte Kraft in die Abwehrreihe rückte, ersetzte den angeschlagenen Gerrit Holtmann, der wegen Knieproblemen fehlte und auf den Rösler womöglich länger verzichten muss. Da es keinen logischen Ersatz für ihn gibt, weil auch Koji Miyoshi kurzfristig ausfiel, rückte Kjell Wätjen auf die linke offensive Außenbahn – und gehörte dort zu den besten Bochumern. Vermutlich wird Rösler eine sehr ähnliche Mannschaft ins Rennen schicken, wenn der VfL bereits am Samstagmittag Arminia Bielefeld empfängt und den nach wie vor dünnen Vorsprung auf die Abstiegsränge vergrößern möchte. Miyoshi wird mit einem kleinen Faserriss weiter fehlen, auch Ibrahima Sissoko ist angeschlagen. Philipp Hofmann wird dagegen ins Team zurückkehren. Zudem ist Kapitän Matus Bero wieder einsatzbereit. Die Sperre für Strompf wird sehr wahrscheinlich nur für den Pokal gelten.

Pyro und Stimmungsboykott

Verändern wird sich indes die Stimmung im Stadion. Einiges deutet darauf hin, dass die Proteste der Ultras und anderer Fangruppen gegen die ursprünglichen Pläne der Landes-Innenminister im Hinblick auf neue Sicherheitsmaßnahmen in den Stadien enden. Die angedachten Maßnahmen sind größtenteils vom Tisch. Trotzdem: Auch gegen Stuttgart gab es die ersten 12 Minuten einen Stimmungsboykott. Während sich Rösler eine andere Vorgehensweise gewünscht hätte, zeigte Wittek Verständnis: „Ich bin nicht richtig drin in der Thematik, aber die Fans werden ihre Gründe dafür habe. Wir wussten davon und deshalb war es kein Problem. Aber klar: Als die Anfeuerung wieder da war, ging ein Ruck durchs Team.“ Verzögert hat sich dann allerdings der Anpfiff zur zweiten Halbzeit, weil beide Fanlager in großem Stil Pyrotechnik zündeten. Die ist in Teilen der Anhängerschaft ähnlich umstritten wie der VAR…


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Lieber im Stadion als am Bahnhof

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Zweimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Innenministerkonferenz.

Ibrahima Sissoko traf am vergangenen Samstag zum passenden Zeitpunkt. Als der Bochumer beim Auswärtsspiel in Fürth das 2:0 erzielte, endete genau in diesem Augenblick der geplante Stimmungsboykott. 12 Minuten schwiegen die Fanszenen beider Klubs. Die bundesweite Aktion sollte auf die Innenministerkonferenz der Länder in dieser Woche aufmerksam machen. Dort wird im Sinne der Stadionsicherheit unter anderem über personalisierte Eintrittskarten, KI-gestützte Gesichtsscanner und eine zentrale Stadionverbotskommission diskutiert.

Der VfL Bochum ist entschieden dagegen. Vor dem Spiel in Fürth kam es deshalb zu einem bemerkenswerten Schulterschluss. Geschäftsführer Ilja Kaenzig, sein Amtskollege der Spielvereinigung sowie Vertreter beider Fanszenen, darunter der Vorsänger der Bochumer Ultras, sprachen sich auf dem Spielfeld gegen die geplanten Maßnahmen aus. „Schluss mit Populismus: Der Fußball ist sicher – Ja zur Fankultur“ stand auf einem gemeinsamen Banner, das die Beteiligten präsentierten. Fakt ist: Die Straftaten im Zusammenhang mit Fußballspielen der drei Profifligen waren im vergangenen Jahr rückläufig. Zur Einordnung: Es gab 2024 allein am Münchener Hauptbahnhof mehr eingeleitete Strafverfahren als bundesweit vor und in allen Fußballstadien.

Natürlich ist jede Straftat eine zu viel, die Prioritätensetzung der Innenminister mutet dennoch merkwürdig an – zumal sie alle Fußballfans unter einen Generalverdacht stellen würde. Wofür braucht es zum Beispiel einen Gesichtsscanner im Familienblock? Oder wieso sollte eine zentrale Stadionverbotskommission mit erweiterterten Rechten sinnvoller sein als die existierenden Stellen vor Ort? All das braucht es nicht, denn die allermeisten Fußballfans geraten ohnehin nicht in den Konflikt mit dem Gesetzgeber. Paradoxerweise betrifft es vor allem diejenigen, die gerade am lautesten gegen die Maßnahmen protestieren. In diesem Zusammenhang muss die Frage gestattet sein, wieso es nicht immer so laufen kann wie vor gut zwei Wochen. Da protestierten Fußballfans verschiedener Klubs – sogar verfeindete Szenen – in Leipzig friedlich nebeneinander. Wäre das immer so, hätte die Politik erst recht keinen Grund für überzogene Maßnahmen.


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(Foto: Marc Niemeyer)

3:0 in Fürth

Dank Sissoko und Standards: Bester Blitzstart seit 1989

Eindrucksvoller hätte sich Ibrahima Sissoko nicht zurückmelden können. Mehr als drei Monate musste er auf sein Comeback in der Bochumer Startelf warten. In der ersten Pokalrunde verletzte sich der Nationalspieler Malis bei einem Foul gegen ihn folgenschwer. Sissoko erlitt eine Schultereckgelenksprengung, die operiert werden musste. Der defensive Mittelfeldakteur wurde in der Folge schmerzlich vermisst – bis zum ersten Adventswochenende. Bereits nach 13 Spielminuten hatte der 28-Jährige beim Auswärtsspiel in Fürth einen Doppelpack geschnürt. Zweimal traf er nach Standardsituationen, die von Maximilian Wittek getreten wurden. Philipp Hofmann legte nur wenige Augenblicke später das 3:0 nach. Es war ein Blitzstart mit historischem Wert: So früh und so hoch führte der VfL zuletzt am 9. Dezember 1989.

Zwei Standardtore

Damals, vor 36 Jahren, war es ein Bundesligaspiel beim Hamburger SV, nun ein Kellerduell eine Klasse tiefer – und in beiden Fällen ein wichtiger Sieg. Mit den drei Punkten gegen den Tabellennachbarn aus Fürth robbt sich der VfL zum ersten Mal in dieser Saison an das Mittelfeld der Liga heran und hat plötzlich sogar ein ausgeglichenes Torverhältnis. Denn die frühe Führung war gleichbedeutend mit dem Endstand. Das Spiel plätscherte in der Folge dahin, mit angezogener Handbremse verwalteten die Bochumer ihren Vorsprung und schonten ihre Kräfte für die bevorstehende Pokalwoche, in die das Team von Trainer Uwe Rösler mit genügend Selbstvertrauen gehen kann. „Gegen Dresden sind wir hingefallen, gegen Fürth wieder aufgestanden. Der Start ins Spiel hat uns unheimlich geholfen“, analysierte der Fußballlehrer.

Rösler freute sich vor allem über die verbesserten Standards. Schon zuletzt traf seine Mannschaft nach einem ruhenden Ball; zum ersten Mal unter seiner Leitung nun auch doppelt in einem Spiel. „Der Schlüssel dafür ist die Genauigkeit der Hereingaben“, erklärte Rösler und lobte Vorlagengeber Wittek: „Er hat einen großen Anteil daran, dass wir uns bei Ecken und Freistößen verbessert haben.“ So kann der VfL endlich auch seine Größenvorteile ausspielen. Sieben Feldspieler aus der Bochumer Startelf, von Rösler im Vergleich zur Heimniederlage gegen Dresden auf vier Positionen verändert, sind größer als 1,85 Meter, darunter auch Ibrahima Sissoko. Wobei der Doppeltorschütze verletzungsbedingt beim Standardtraining bislang kaum dabei war. „Da ist also noch Luft nach oben“, sagte Hofmann mit einem Augenzwinkern.

Bochums viel gescholtener Mittelstürmer trug sich ebenfalls in die Torschützenliste ein und erklärte, dass die neue Standardstärke mitnichten ein Zufall ist. „Wir waren dabei in der Vergangenheit nicht so erfolgreich, also musste sich etwas tun. Wir trainieren diese Situationen mehr und haben manchmal auch längere Sitzungen, in denen wir uns anschauen, wie es laufen sollte.“ Teamkollege Wittek ging sogar ins Detail: „Wir besetzen den ersten Pfosten, blocken den Torwart und wissen, welche Räume wir belaufen müssen. Jeder kennt seine Rolle.“ Die Mischung zwischen Videostudium und Übungseinheiten auf dem Platz sei wichtig, um alle Abläufe zu verinnerlichen. Diesen Job übernimmt in erster Linie Alessandro Riedle, den sich Rösler als Co-Trainer ausgesucht hatte, obwohl die beiden vor der Zeit in Bochum noch nicht zusammengearbeitet haben.

Pokalspiel gegen Stuttgart

Die Ideen von Rösler und Riedle sind bereits an diesem Mittwoch wieder gefragt, wenn der VfL im Pokal-Achtelfinale den Titelverteidiger aus Stuttgart empfängt. Ob Rösler wieder rotiert, ähnlich wie beim Überraschungserfolg in Augsburg, ließ er am Samstagnachmittag offen. Sissoko etwa sei noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, wurde deshalb in Fürth ausgewechselt. Auch Gerrit Holtmann verließ das Spielfeld vorzeitig, humpelte sogar vom Platz, gab kurz vor der Heimfahrt nach Bochum aber Entwarnung. Kjell Wätjen fehlte indes erkrankt. So oder so: Der VfL hat gegen den VfB nichts zu verlieren. „Wir freuen uns, gehen ohne Druck ins Spiel und wissen, dass im Pokal immer eine Überraschung möglich ist“, gibt Hofmann die Devise vor und weiß: „Wichtig waren die drei Punkte in Fürth. Der Pokal ist Zusatz.“


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