3:2-Sieg in Augsburg

Die Geisterspiel-Experten: Gruselig gut

Was wäre das mal wieder für eine Party gewesen… – mit einer Drei-Tore-Führung hat sich der VfL Bochum beim FC Augsburg in die Halbzeitpause verabschiedet. Das hat es in der Bundesliga zuletzt im Herbst 2007 gegeben, da war es sogar ein 4:0. Die Torschützen hießen unter anderem Marcel Maltritz und Stanislav Sestak, an diesem Samstag waren es Sebastian Polter und Gerrit Holtmann. Jubeln mussten sie vor leeren Rängen – ein bisschen gruselig war das schon.

Drei Tore in der ersten Halbzeit…

Doch Geisterspiele scheinen den Bochumern zu liegen, zumindest in der Fremde. Schon der Aufstieg war ohne Fans gelungen. Und nun, knapp ein halbes Jahr später, der zweite Auswärtssieg in der Bundesliga. „Wir waren gnadenlos“, lobte Manager Sebastian Schindzielorz sein Team nach der Partie für den Auftritt in der ersten Halbzeit. Schon früh hatte der VfL die Führung auf dem Fuß, doch Holtmann und Polter scheiterten zunächst.

​Dann aber ging es Schlag auf Schlag: Nach einer Balleroberung von Elvis Rexhbecaj schickte Holtmann Polter auf die Reise, der blieb cool und tunnelte Augsburgs Keeper Rafal Gikiewicz – fast eine Kopie seines Treffers gegen Freiburg in der Vorwoche. Konzentriert in der Defensive, konsequent in der Offensive: So erspielte sich der VfL eine im Grunde komfortable Führung. Jeweils mit einer Ecke lieferte Eduard Löwen die Vorarbeit zum zweiten und dritten Treffer. Erst war Holtmann zur Stelle, der aus dem Rückraum traf, dann Polter aus kurzer Distanz per Kopf.

…und trotzdem Spannung bis zum Schluss

Langjährige Bochumer ahnten schon zu diesem Zeitpunkt, dass es noch spannend werden könnte. Und die eher skeptischen Anhänger fühlten sich nach knapp einer Stunde bestätigt. Michael Gregoritsch erzielte nach einer Ecke den Anschlusstreffer. Hätte Jan Moravek nur eine Minute später seine Großchance zum möglichen 2:3 genutzt, wäre das Spiel womöglich noch gekippt. Doch der Augsburger Spielmacher vergab ebenso wie mehrere seiner Teamkollegen in den Minuten danach. Die Gastgeber hatten plötzlich beste Gelegenheiten. Aber nur Daniel Caligiuri traf fünf Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit noch vom Elfmeterpunkt.

„Wir gewinnen zwar, haben allerdings bis zum Ende gezittert. Das hätte nicht sein müssen“, bemängelte Gerrit Holtmann die Passivität und Unordnung in der zweiten Halbzeit. Milos Pantovic und Silvere Ganvoula vergaben die wenigen Bochumer Möglichkeiten zur Entscheidung. Doch der Blick auf das Endergebnis und die Tabelle lässt auch Holtmann strahlen: „Dass wir die Augsburger durch den Sieg sechs Punkte auf Distanz halten, ist sehr, sehr wichtig.“

Fünf Siege aus sieben Spielen

Eigentlich erlaubt die aktuelle Form des VfL sogar noch mehr Euphorie. Die Bilanz des Aufsteigers in den vergangenen zwei Monaten ist bemerkenswert, die Entwicklung beeindruckend. Fünf der letzten sieben Bundesliga-Partien hat das Team von Trainer Thomas Reis gewonnen. Nur die Bayern haben in diesem Zeitraum mehr Punkte geholt. „Wir sind etwas schwer in die Saison gekommen, aber die letzten Wochen lief es richtig gut“, freut sich Manager Schindzielorz, dessen Mannschaft bestens für das nun anstehende Revierderby gegen den BVB gerüstet ist. „Intensität und Mentalität stimmen, das Quäntchen Glück ist auch da. Das kann gerne so bleiben. Es ist bislang eine sehr gute Runde für uns.“

Fußball-Romantiker werden sich die Tabelle nach diesem 14. Spieltag womöglich sogar ausdrucken, denn der VfL steht vor RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach, und die Champions-League-Plätze sind näher als die Abstiegsränge. Eine fast schon gruselig-schöne Momentaufnahme…

(Foto: Imago / Eibner)

VfL und Corona

Geisterspiel in Augsburg, Derby mit Fans

+++ Update +++

Das Spiel zwischen dem FC Augsburg und dem VfL Bochum an diesem Wochenende wird definitiv ohne Zuschauer stattfinden. Das hat Ministerpräsident Markus Söder am Freitag verkündet.

Seit Donnerstag ist außerdem klar: Das Derby gegen den BVB wird nicht als Geisterspiel ausgetragen. Für NRW ist aktuell zu erwarten, dass bis zu einem Drittel der Kapazität genutzt werden darf. Ob dazu auch Stehplätze gehören, geht aus dem Bund-Länder-Beschluss noch nicht hervor. Allerdings sind überall, also auch am Platz, medizinische Masken zu tragen. Die 2G-Regel bleibt bestehen. Die konkrete Umsetzung für den Standort Bochum wird derzeit noch geklärt. Sicher ist, dass die Anzahl verkaufter Dauerkarten das demnächst zur Verfügung stehende Platzangebot übersteigt. Insofern werden die Dauerkarten auf unbestimmte Zeit ruhen.

Ursprünglicher Text vom 30. November:

Das erste Geisterspiel in dieser Saison droht dem VfL Bochum bereits am kommenden Wochenende. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte am Dienstag an, dass alle Fußballspiele in seinem Bundesland wieder ohne Zuschauer stattfinden sollen. Sofern diese Regelung zeitnah in Kraft tritt, wäre der VfL Bochum direkt davon betroffen. Denn an diesem Samstag gastiert der Aufsteiger beim FC Augsburg, also auf bayerischem Landesgebiet. Auch Fans aus Bochum wären somit ausgeschlossen.

Und möglicherweise wird dies keine Ausnahme bleiben. Auch in Nordrhein-Westfalen werden neue Corona-Regeln vorbereitet. Ministerpräsident Hendrik Wüst kündigte bereits Verschärfungen an, speziell für Großveranstaltungen. Am Mittwoch sprach er von einer „deutlichen Reduzierung der Kapazität“, jedoch nicht von Geisterspielen. Die neue Verordnung wird für Freitag erwartet. Der VfL Bochum sei auf alle denkbaren Szenarien vorbereitet, versicherte Geschäftsführer Ilja Kaenzig im Gespräch mit ‚Tief im Westen – Das VfL-Magazin‘.

Mit Überschuss geplant

Gleichwohl würden neue Einschränkungen den Klub hart treffen und die Einnahmen zum Teil deutlich mindern. Die auf der Mitgliederversammlung im Oktober präsentierten Planzahlen beruhen auf der Annahme, dass die Zuschauerzahl von zuletzt 20.000 annähernd stabil bleibt. Immerhin: Der VfL hat bei den Ausgaben zurückhaltend kalkuliert und würde nach jetzigem Stand einen Überschuss von rund 4,5 Millionen Euro erwirtschaften. Doch der könnte nun wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen. Genaue Zahlen möchte Kaenzig derzeit noch nicht nennen.

Schließlich fehlen konkrete Beschlüsse. Im besten Fall dürfen die Klubs in NRW ein Drittel der Stadionkapazität nutzen, schreibt der ‚Kölner Stadt-Anzeiger‘ mit Verweis auf Regierungskreise. Bis zum vergangenen Wochenende durfte der VfL seine Heimspiele noch vor rund 20.000 Zuschauern austragen. Gegen Freiburg galt zum ersten Mal die 2G-Regel. Die neuen Vorgaben wurden beim VfL gut umgesetzt, die Einlasskontrollen waren sehr gewissenhaft. Doch 2G allein reicht nach Einschätzung vieler Politiker und Experten nicht mehr aus, um die Corona-Lage in den Griff zu bekommen.

Gefahr in Innenräumen

Vor allem außerhalb des Fußballs herrscht kaum noch Verständnis für Menschenmengen ohne Abstand und Masken, während sich die Lage auf den Intensivstationen immer weiter zuspitzt. Dabei wird allerdings weniger das Geschehen in den Stadien als vielmehr das Treiben vor und nach den Spielen kritisiert. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach verwies in einem WDR-Interview unter anderem auf überfüllte Bahnen und Feierlichkeiten mit viel Nähe zueinander. Beides war am vergangenen Wochenende auch in Bochum zu beobachten.

Der Aerosolforscher Gerhard Scheuch nahm in einem ’n-tv‘-Interview zudem die VIP-Räume ins Visier. Der gefährlichste Ort im Stadion sei die Loge, warnte er, denn in Innenräumen sei eine Ansteckung deutlich wahrscheinlicher als draußen. Der Wissenschaftler dürfte sich mit seiner Aussage jedenfalls keine Freunde bei den Klubverantwortlichen gemacht haben. Denn der sogenannte Hospitality-Bereich ist für die Vereine besonders lukrativ. Der VfL hat in dieser Saison mehr als 1.200 VIP-Dauerkarten verkauft.

Das Derby steht an

Abzuwarten bleibt insbesondere, ob es bundesweit einheitliche Regeln geben wird oder nicht. Einige Klubs befürchten bereits eine Wettbewerbsverzerrung, nicht nur wirtschaftlich, auch sportlich. Der VfL hält sich mit derlei Äußerungen gewohnt zurück, obwohl er zuletzt massiv von seinen stimmungsvollen Anhängern profitiert hat. Nicht ohne Grund hat die Mannschaft von Trainer Thomas Reis 13 von 16 Punkten im eigenen Stadion geholt. Wobei: Aufgestiegen ist der VfL ja schließlich auch ohne Zuschauer.

Doch ausgerechnet das erste Revierderby nach mehr als elf Jahren vor (ziemlich) leeren Rängen erleben zu müssen, täte allen weh, Spielern wie Fans. Zumal der VfL bei einer Teilzulassung von Zuschauern eine möglichst faire Lösung finden müsste, wie die begehrten Karten für das Spiel gegen Borussia Dortmund am 11. Dezember vergeben werden. Mehr als 15.000 Dauerkarten wurden vor der Saison verkauft. So viele Zuschauer werden in nächster Zeit ganz sicher nicht mehr ins Stadion dürfen.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Auf ungewohnter Position

Links geblinkt, rechts überholt: Stafylidis gibt Gas

Danilo Soares und Konstantinos Stafylidis eint ihre Vergangenheit. Die beiden Profis des VfL Bochum spielten vor ihrem Wechsel ins Ruhrgebiet für die TSG Hoffenheim. Wobei spielen nicht ganz richtig ist. Soares kam wegen einer Zehenverletzung überhaupt nicht zum Einsatz. Und Stafylidis lief wegen einer Schulter- und später einer Wadenbeinproblematik nur siebenmal für die Kraichgauer auf. Beide gingen schließlich zum VfL, Soares bereits 2017, Stafylidis in diesem Sommer – und fanden ihr Glück.

In erster Linie, weil sie wieder gesund und einsatzfähig sind, aber auch, weil ihnen Trainer Thomas Reis das Vertrauen schenkt. Das ist insofern ungewöhnlich, weil Soares und Stafylidis eigentlich beide Linksverteidiger und somit interne Konkurrenten sind. Doch seit einigen Wochen stehen sie gemeinsam auf dem Platz: Soares auf der gewohnten Position hinten links, Stafylidis auf der ungewohnten Position hinten rechts. Beide geben Gas, überzeugten zuletzt und haben einen großen Anteil daran, dass der VfL nur noch wenige Gegentreffer kassiert.

Konsequent und routiniert

Vor allem Stafylidis überrascht so manchen Fan. Defensiv lässt der 28-Jährige fast nichts anbrennen, überzeugt insbesondere mit seiner Resolutheit in vielen Zweikämpfen. „Er hat die Position sehr gut angenommen. Derzeit ist er topfit“, freut sich Reis über die Verstärkung. „Besonders seine Aggressivität und seine Ruhe am Ball gefallen mir. Damit hilft er uns enorm.“ Stafylidis ist somit erste Wahl, obwohl mit Cristian Gamboa und Herbert Bockhorn die beiden etatmäßigen Rechtsverteidiger zur Verfügung stehen. Einziges Manko: In der Vorwärtsbewegung kann Stafylidis seine Qualitäten auf der ‚falschen‘ Seite nur teilweise ausspielen.

Keine Kaufoption, aber…

Dennoch: Die Flexibilität des griechischen Nationalspielers sei auch ein Argument für die Verpflichtung gewesen, erklärt Manager Sebastian Schindzielorz. Mit der TSG Hoffenheim hat sich VfL zunächst auf eine Leihe für eine Saison verständigt. Eigentlich, sagt Schindzielorz, sei Stafylidis ein Spieler, den sich der VfL als Aufsteiger gar nicht leisten könne. Schließlich hat er auch schon in Augsburg und Leverkusen gespielt, davor in der Premier League. Doch die lange Verletzungsgeschichte hat einen Transfer möglich gemacht.

Bielefeld und Fürth waren ebenfalls interessiert, doch die Bochumer haben sich am Ende durchgesetzt – weil sie früher am Spieler dran waren und weil es nicht das erste Leihgeschäft mit Hoffenheim ist. Die guten Verbindungen ins Kraichgau schließen auch eine feste Verpflichtung von Stafylidis im kommenden Sommer nicht aus. Eine Kaufoption gibt es nicht, sie sei wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen, verrät Schindzielorz. Aber wer weiß, in welcher Situation sich beide Klubs und der Spieler in einem halben Jahr befinden…

(Foto: Firo Sportphoto)

2:1-Sieg gegen Freiburg

Festung Ruhrstadion: Party dank Schlitzohr Pantovic

Von Torannäherungen ist im Fußball oft die Rede. Dieser Begriff wird für Mannschaften verwendet, die nach vorne nicht zwingend werden, es aber immerhin in den Strafraum schaffen. Also in etwa so, wie der VfL Bochum gegen den SC Freiburg in der ersten Halbzeit. Doch die spielt im Nachgang keine große Rolle mehr. Denn alles und jeder redet nach diesem Spiel darüber, wie Milos Pantovic dem Tor auf seine Art und Weise näher gekommen ist. Gegen Hoffenheim vor drei Wochen traf er aus 66 Metern, gegen Freiburg waren es genau 45. Mit ihm wird das Besondere zur Gewohnheit, Sepktakel zur Normalität. So macht sich der Mittelfeldspieler bei der Wahl zum Tor des Monats selber Konkurrenz.

Vierter Heimerfolg in Serie

Doch an diesem Samstag war seine Entschlossenheit noch viel wichtiger fürs Team. Denn sein Schuss in der 82. Minute bescherte dem VfL den 2:1-Heimsieg. „Als der Ball meinen Fuß verlassen hat, habe ich gespürt, dass der reingehen wird. Ich bin wahnsinnig froh, dass ich wieder so ein Tor schießen konnte“, sagte Pantovic später. Er nutzte einen Fehler von Freiburgs Lienhart, der in der eigenen Hälfte ausgerutscht war. Bochums Zauberfuß zögerte keine Sekunde, sah, dass Keeper Flekken zu weit vor seinem Tor stand und probierte es sofort. „Solche Situationen kann man eigentlich nicht trainieren. Aber Milos erfasst Spielsituationen sehr schnell“, freute sich Thomas Reis für seinen Edeljoker.

Mit Mann und Maus verteidigte der VfL in der Schlussphase sein Tor, bis zum Abpfiff blieb es spannend, weil Freiburg mit der allerletzten Aktion noch den Pfosten traf. Doch das Ruhrstadion bleibt eine Festung. Knapp 20.000 Bochumer feierten den vierten Heimerfolg in Folge, inklusive Pokal. „Wenn ich diese geile Stimmung hier alle zwei Wochen sehe, das ist einfach überragend. Das gibt uns viel Power und viel Energie“, war nicht nur Kapitän Anthony Losilla restlos begeistert, auch wenn der Sieg am Ende sicher etwas glücklich war. Denn die Freiburger waren die bessere Mannschaft und hatten schon in der ersten Halbzeit ein Chancenübergewicht.

Streich möchte wiederkommen

Kurz nach der Pause belohnte Lienhart die Gäste und traf nach einem indirekten Freistoß per Kopf zum 0:1. Doch der VfL steckte den Rückstand problemlos weg. Drei Minuten brauchten die Hausherren, um den Ausgleich zu erzielen. Losilla eroberte den Ball, Holtmann bediente Polter und der zuletzt oft unglücklich agierende Mittelstürmer erzielte das 1:1. Die Freiburger blieben jedoch gefährlicher, Höler und Günter hatten die erneute Führung auf dem Fuß, Riemann parierte mehrfach glänzend. Ein „sensationeller Keeper“, lobte Christian Streich, der aus allen Wolken fiel, als Pantovic die Partie drehte und sich endgültig in die Herzen der Bochumer Fans schoss.

Er hatte in der Schlussphase sogar noch ein weiteres Tor auf dem Fuß, doch das aus knapp 15 Metern – also viel zu nah. Aber Schlitzohr Pantovic, der erst in der 65. Minute eingewechselt wurde, hatte ja schon geliefert. 16 Punkte hat der VfL Bochum nun auf dem Konto, genauso viele wie Schalke am Ende der letzten Saison. „Wenn sie so weiterspielen, packen sie den Klassenerhalt. Das wäre für Bochum doch großartig“, freute sich Gästetrainer Streich sogar ein bisschen mit. Ganz offensichtlich gefallen ihm die Dienstreisen ins Ruhrstadion: „Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, hier zu spielen. Der VfL Bochum ist ein toller Verein.“ Lassen wir das so stehen, mehr gibt es nun wirklich nicht zu sagen.

(Foto: Firo Sportphoto)

Corona-Lage

Ende der Dauerkarten? VfL rechnet mit Verschärfungen

Jens Fricke hatte in der Pressekonferenz vor dem Heimspiel des VfL Bochum gegen den SC Freiburg fast einen größeren Redeanteil als Trainer Thomas Reis. Minutenlang informierte der Vereinssprecher über die aktuellen, teils neuen Einlassbedingungen. Knapp 20.000 geimpfte oder genesene Fans werden am Samstag im Ruhrstadion sein. „Ob diese Zahl in Zukunft zu halten ist, bleibt die große Frage“, führte Fricke aus. Eigentlich mag er keine Spekulationen, doch die Botschaft war klar: Seelisch sollten sich die Fans des VfL Bochum auf weitere Verschärfungen für künftige Heimspiele einstellen – schlimmstenfalls und wahrscheinlich dann zum Derby gegen Borussia Dortmund.

Noch erlaubt es die Corona-Schutzverordnung des Landes NRW, alle Sitzplätze und einen großen Teil der Stehplätze zu nutzen – und der VfL macht davon Gebrauch. Aber ist das wirklich klug, wenn weiter tausende Fans ins Stadion pilgern, während die Kliniken allmählich ans Limit kommen und im Dezember gar der Kollaps droht? Intensivmediziner sind sich einig: Die vierte Corona-Welle wird alles, was wir seit Ausbruch der Pandemie erlebt haben, in den Schatten stellen, auch in Nordrhein-Westfalen. Die Landesregierung reicht die Verantwortung derzeit an die Vereine weiter, die wiederum überlassen es ihren Anhängern, ob sie ins Stadion gehen oder nicht.

NRW sehr liberal

Andere Bundesländer reagieren schon drastischer auf die sich zuspitzende Pandemie-Lage. In Sachsen dürfen gar keine Zuschauer mehr ins Stadion, in Bayern darf nur noch jeder vierte, in Niedersachsen jeder zweite (Sitz-)Platz genutzt werden. „Das kann uns auch blühen“, sagte Fricke. Auf Grundlage der aktuellen Corona-Schutzverordnung ist bei einer erhöhten Hospitalisierungsrate auch eine Einführung von 2G-plus denkbar. Das hieße, jeder Stadionbesucher müsste zusätzlich einen aktuellen, negativen Corona-Test vorlegen. Die Frage ist nur, ob dafür überhaupt ausreichend Testkapazitäten am Spieltag zur Verfügung stünden.  

Auch deshalb hat der VfL für Freitag eine Mail an alle Dauerkarteninhaber angekündigt mit Informationen zum weiteren Prozedere. Die im Oktober verschickten Jahrestickets wurden immer noch nicht in Rechnung gestellt, was viele Anhänger verwundert. „Wahrscheinlich“ wird der Klub die Dauerkarten nach dem Heimspiel gegen Freiburg sperren und zu einem Einzelkarten-System zurückkehren, hieß es am Donnerstag auf Anfrage. In diesem Fall würden Dauerkarteninhaber zwar ein Vorkaufsrecht besitzen, müssten sich aber für jedes Spiel aufs Neue um ein Ticket bemühen – also so wie zu Saisonbeginn.

Zweitmarkt offen

Damit müssten viele Fans ihren gebliebten Stammplatz zwar hergeben, für einige Anhänger hätte das aber auch Vorteile. Zum einen für die ungeimpften Dauerkarteninhaber, die ab sofort nicht mehr ins Stadion dürfen. Zum anderen wären auch alle Vorsichtigen beruhigt, denen ein Stadionbesuch momentan zu heikel ist. Auch sie müssten dann nicht mehr mit einer Abbuchung rechnen. Wobei es für dieses Problem schon jetzt eine Alternative gibt. Der VfL hat den Ticket-Zweitmarkt geöffnet. Wer sein Ticket online freigibt, bekommt sein Geld zurück, sofern sich jemand diesen Platz sichert. Gegen Hoffenheim haben zuletzt 500 Fans dieses Angebot genutzt.

(Foto: Foto / Team 2)

Wechselgerücht

Schindzielorz nach Italien? Kleines Störfeuer

Als der Verfasser dieser Zeilen am Dienstagnachmittag mit Sebastian Schindzielorz telefoniert hat, war es nur ein Randthema. Bereits am Montagabend kam das Gerücht auf, der VfL Bochum könnte seinen Geschäftsführer Sport verlieren. Die Quelle: Ein italienisches Online-Medium, das zur größten Sportzeitung des Landes gehört. Demnach soll Schindzielorz beim Serie-A-Klub CFC Genua auf der Wunschliste stehen. Nun denn: Wunschlisten gibt es in der Vorweihnachtszeit ja so einige. Schindzielorz wirkte am Dienstag jedenfalls relativ entspannt.

Seit Mittwochmorgen hat das Thema jedoch eine größere Dimension erreicht. Die ‚Bild‘-Zeitung hat die Meldung aufgegriffen, weitere Medien zitieren daraus. Jetzt ist das Thema auch bei den Fans des VfL Bochum angekommen. Aber wie heiß ist die Geschichte überhaupt? Anzeichen, dass Schindzielorz den Bundesliga-Aufsteiger tatsächlich verlassen wird, gibt es derzeit keine. Zwar verzichtete der 42-Jährige am Mittwochmorgen auf ein klares Dementi, sagte allerdings auch: „Ruhe ist entscheidend, um unsere Ziele zu erreichen.“ Also nur ein kleines Störfeuer?

Vertrag bis Ende 2022

Ein Wechsel ausgerechnet nach Italien zu einem Abstiegskandidaten ergibt aus mehreren Gründen wenig Sinn, in erster Linie aus sportlicher Sicht: Schindzielorz hat den VfL in die Bundesliga geführt, hat den Klassenerhalt und weitere Ziele im Blick. Sein Anteil an den bisherigen Erfolgen ist groß, die Stimmung in Bochum so gut wie lange nicht mehr, der Klub entwickelt sich. Außerdem fühlt sich Schindzielorz dem VfL und der Region eng verbunden, seine Familie lebt hier. Das schließt einen Wechsel nicht aus, macht ihn aber äußerst unwahrscheinlich.

Einziges Argument: US-Investoren haben den CFC Genua jüngst übernommen. Geld für Transfers, aber auch für das eigene Gehalt, ist also reichlich vorhanden. Doch zusammen mit der sportlichen Gemengelage birgt das auch ein hohes Risiko. Gleichwohl ist das vermeintliche oder tatsächliche Interesse anderer Klubs für Schindzielorz‘ weitere Karriere eher förderlich als ein Problem. Es stärkt seine Verhandlungsposition. Sein Arbeitspapier in Bochum endet im Dezember 2022. Gespräche über eine Verlängerung dürften bald anstehen.

(Foto: Imago / Revierfoto)

0:1-Niederlage in Leverkusen

Fan-Party und Schiri-Ärger: „Dunkelgelb gibt es nicht“

Passanten, die am Samstagabend den Grüngürtel an der BayArena streiften, konnten einen falschen Eindruck gewinnen. Die Fans der Heimmannschaft verließen das Stadion ziemlich schnell. Die Gäste dagegen feierten nach Schlusspfiff noch weiter, was auch außerhalb des Stadion gut zu hören war. Dass Bayer Leverkusen das Bundesliga-Duell gegen VfL Bochum mit 1:0 gewonnen hat, war für Unbeteiligte zunächst nicht ersichtlich.

Schon in den 90 Minuten zuvor wirkten die knapp 4.000 Bochumer fast wie Ruhestörer in der schmucken, ansonsten aber wenig stimmungsvollen Arena. Vor allem in der zweiten Halbzeit feierten sie ihr Team fast pausenlos und sorgten so für eine Heimspiel-Atmosphäre knapp 70 Kilometer von Bochum entfernt. Vielleicht eine clevere Idee, denn die Bilanz in der Fremde bleibt ausbaufähig. 10 seiner 13 Punkte holte der VfL daheim.

Frühes Gegentor

Daran änderte sich auch an diesem Wochenende nichts – obwohl die Bochumer nicht nur auf den Rängen ihr bestes Auswärtsspiel in dieser Saison machten. Schon nach in der zweiten Minute krachte der Ball nach einem Distanzschuss von Elvis Rexhbecaj an den Pfosten. Doch der einzige Treffer des Tages fiel nur 60 Sekunden später auf der anderen Seite. Nach einer Flanke von Jeremie Frimpong war Leverkusens Amine Adli mit dem Kopf zur Stelle, Bochums Keeper Riemann erwischte den Ball erst hinter der Torlinie.

In der Folge entwickelte sich ein offener, temporeicher Schlagabtausch, allerdings mit den klareren Chancen für die Gastgeber. Doch auch der VfL kam immer wieder gefährlich in Tornähe. Was fehlte: ein gelungener Abschluss. „Wir müssen unsere Umschaltmomente besser nutzen“, bemängelte Trainer Thomas Reis nach der Partie. „Das Thema ist bekannt.“ Mittelstürmer Sebastian Polter, der agile Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjei blieben allesamt glücklos, ihre Teamkollegen ebenfalls. „Im letzten Drittel ist weiter viel Luft nach oben“, sagte auch Kapitän Anthony Losilla. Leverkusen machte es mit Ausnahme des frühen Führungstreffers aber auch nicht besser. Mehrfach verpasste der Europa-League-Teilnehmer die Vorentscheidung, nutzte beste Gelegenheiten nicht.

Kein Elfer, kein Platzverweis

Dass die Gastgeber überhaupt noch so gut im Spiel waren, lag sicher auch daran, dass sie in der ersten Halbzeit großes Glück bei zwei Schiedsrichter-Entscheidungen hatten. Frimpongs Einsteigen mit offener Sohle gegen Elvis Rexhbecaj wurde nur mit Gelb geahndet – Rot wäre aber durchaus angemessen gewesen. Außerdem übersah Daniel Schlager ein Strafraumfoul von Jonathan Tah an Christopher Antwi-Adjei. „Ich treffe seinen Fuß von hinten, das kann man schon pfeifen“, sagte der Übeltäter nach der Partie. Was den VfL auf die Palme brachte: Obwohl der Video-Assistent zumindest diese Szene überprüft hat, blieb es bei der Tatsachenentscheidung. Manager Sebastian Schindzielorz sprach hinterher von einer „sehr eigenwilligen und exklusiven Interpretation.“ Mit einem Elfmeter und in Überzahl „hätte das Spiel vielleicht noch eine andere Richtung nehmen können.“

Etwas weniger diplomatisch fasste Elvis Rexhbecaj das Erlebte zusammen. Bochums Mittelfeldspieler verließ das Stadion ebenso humpelnd wie Manuel Riemann. Riemann verletzte sich in der ersten Halbzeit am Oberschenkel, musste bandagiert werden und nahm Schmerzmittel. Rexhbecaj wurde von Frimpong am Knie getroffen, das im Laufe der Partie anschwoll. Dass es dafür keinen Platzverweis gab, ärgerte den Linksfuß: „Der Schiedsrichter sagte mir, das sei Dunkelgelb gewesen. Dunkelgelb gibt es im Fußball aber nicht.“ Rexhbecaj wurde sogar noch deutlicher: „Ich weiß nicht, was die im Keller machen. Ich weiß nicht, ob es keinen juckt, weil wir nur der VfL Bochum sind.“ Vielleicht lag es ja auch am Gästeblock. Für einen Funkkontakt zum Schiedsrichter war es schließlich viel zu laut…

(Foto: Firo Sportphoto)