Torflaute

Torjäger gesucht: Auch in der Offensive muss der VfL zulegen

Sein persönliches Ziel hat Philipp Hofmann in der vergangenen Saison knapp verfehlt. „Zweistellig“ wollte er treffen, verriet der Mittelstürmer im Laufe des Jahres, acht Bundesliga-Tore standen am Ende auf der Habenseite. Damit war Hofmann dennoch der erfolgreichste Torschütze beim VfL. Denn mit insgesamt 40 Treffern stellten die Bochumer die zweitschwächste Offensive der Liga, mit 72 Gegentoren überdies die schwächste Defensive. „Wir haben zu viele Gegentreffer kassiert und zu wenig Tore geschossen“, sagte Cheftrainer Thomas Letsch, dem der Klassenerhalt am Ende trotzdem gelang.

Viele Torschüsse, aber…

Mit einer Tordifferenz von minus 32 wird der VfL dieses Ziel aber vermutlich nicht noch einmal erreichen. Problematisch nur: Nach den ersten sieben Spieltagen der neuen Saison stehen bereits 19 Gegentreffer auf dem Konto der Bochumer. Und mit fünf selbst erzielten Toren zählt der VfL abermals zu den ungefährlichsten Teams der Liga. Nur gegen Augsburg gelangen zwei Tore in einem Spiel, als Takuma Asano seiner Mannschaft einen Doppelpack bescherte. Kevin Stöger traf gegen Dortmund und Frankfurt je einmal, gegen Gladbach trug sich auch Anthony Losilla in die Torschützenliste ein.

An fehlenden Torschüssen lag es jedenfalls nicht, dass die Fans bislang nur selten jubeln konnten. Ligaweit belegt der VfL aktuell Platz fünf in dieser Statistik. Das Manko ist bei genauerer Betrachtung aber offensichtlich. In der vom Fachmagazin kicker geführten Statistik der echten Torchancen belegt der VfL nur den vorletzten Rang, bei der Verwertung ebenfalls. Bedeutet also; der VfL feuert zwar aus allen Lagen aufs gegnerische Tor – was speziell gegen Dortmund, Augsburg und Frankfurt der Fall war – aber nur selten aus aussichtsreichen Positionen. Und wenn doch, dann häufig zu unpräzise.

Hofmanns Torflaute

Über die fehlende Torgefahr beim VfL wird auch deshalb viel gesprochen, weil Philipp Hofmann bislang noch nicht getroffen hat. Der Mittelstürmer wartet seit Anfang April auf sein nächstes Pflichtspieltor. „Er macht sich weniger Gedanken als die Presse“, meint Letsch, der den kantigen Zielspieler jüngst in Leipzig aus der Startelf gestrichen hat. Der Trainer betont: „Es gehört zum Leben eines Stürmers dazu, dass es Phasen gibt, in denen nicht alles gelingt. Wir helfen ihm, da schnell wieder herauszukommen. Aber er muss sich auch selber helfen. Sobald er vor dem Tor nachdenkt, wird es schwierig.“

Das Grundvertrauen in Hofmanns Qualitäten bleibt davon jedoch unberührt. Der VfL hat den Vertrag mit dem 30-Jährigen erst kürzlich bis 2026 verlängert. „Dass Philipp Fähigkeiten mitbringt, die uns weiterhelfen, ist unbestritten. Die Leichtigkeit vor dem Tor kommt mit dem nächsten Erfolgserlebnis zurück“, glaubt Letsch. Dass der VfL Bochum mit Goncalo Paciencia Ende August einen weiteren Mittelstürmer geholt hat, findet Hofmann sogar gut: „Letztes Jahr hatte ich da vorne quasi keine Konkurrenz. Wenn er uns hilft, umso besser.“ Vielleicht kann ja auch Paciencia die Bochumer Torflaute beheben.

In Leipzig überzeugte der Portugiese mit einer starken Ballbehandlung, war in seiner defensiv ausgerichteten Mannschaft aber auch häufig auf sich allein gestellt – was sich gegen andere Mannschaften ändern dürfte. Die grundsätzliche Frage bleibt davon ohnehin unberührt: Wird der VfL am Saisonende einen Spieler stellen, der die Zehn-Tore-Marke knackt? Alternativ müsste er die Last auf weitere Schultern verteilen; vermutlich bräuchte es ein halbes Dutzend Spieler, die mindestens fünf Tore schießen. Doch wer käme dafür infrage? Asano und Stöger haben den Anfang bereits gemacht.

Weitere Hoffnungsträger

Dahinter fehlen derzeit noch aussichtsreiche Bewerber. Christopher Antwi-Adjei, der die gegnerischen Abwehrreihen schon oft vor Probleme gestellt hat, ist zum Opfer der Systemumstellung geworden und aktuell eher auf der Ersatzbank zu finden. Generell stehen weniger Offensivspieler auf dem Platz als in der Vergangenheit. Philipp Förster, Bochums Top-Scorer in der letzten Saison, ist momentan ebenfalls nur Joker. Als Hoffnungsträger gelten außerdem Moritz Broschinski sowie die Neuzugänge Lukas Daschner und Moritz Kwarteng. Letztgenannter hat die Zehn-Tore-Marke immerhin schon in der 2. Liga geknackt.


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(Foto: Imago / osnapix)

Außenverteidiger

Zurück im Team: Gamboa und Soares spielen um neuen Vertrag

Das Gefühl, die Pflichtspiele des VfL Bochum nur von der Ersatzbank aus verfolgen zu dürfen, war Danilo Soares bislang fremd. Im Sommer 2017 war der Brasilianer von der TSG Hoffenheim an die Castroper Straße gekommen, und seither eine feste Größe im Team des Revierklubs, ganz gleich in welcher Liga und mit welchem Trainer. War der Linksverteidiger nicht verletzt, dann gehörte er zur Bochumer Startformation. Soares war der Inbegriff des unumstrittenen Stammspielers. Doch das hat sich bereits am Ende der vergangenen Saison geändert. Soares stellte sich mehrfach unglücklich an und patzte folgenschwer, sodass Trainer Thomas Letsch in den letzten drei Pflichtspielen auf die Dienste des 31-Jährigen verzichtete. Mit der Verpflichtung von Maximilian Wittek Mitte August geriet Soares erst recht ins Abseits. Der Neuzugang aus Arnheim rückte nach nur wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten in die Anfangself, während Soares nur die ungewohnte Zuschauerrolle blieb.  

Stammplatz verloren

Ähnlich erging es seinem Teamkollegen und Freund Cristian Gamboa. Der einsatzfreudige Rechtsverteidiger kämpft seit August 2019 im Trikot des VfL Bochum; erst um den Klassenerhalt in der 2. Liga, dann für den Aufstieg, schließlich zweimal um den Verbleib in der Bundesliga. Gamboa gehört zu den Publikumslieblingen und wurde im Sommer von den Kameraden zum Vize-Kapitän gewählt – ist aber keine Stammkraft mehr. Neuzugang Felix Passlack erhielt in den ersten sieben Pflichtspielen den Vorzug, auch dank einer Systemumstellung. Trainer Thomas Letsch setzt seit dieser Saison auf eine Abwehrreihe mit drei Innenverteidigern und zwei sogenannten Schienenspielern, also sehr hochstehenden Außenverteidigern, die vermehrt auch Offensivaufgaben wahrnehmen sollen. Soares und Gamboa sind hingegen klassische, eher defensive Außenverteidiger. Oder? Zuletzt in Leipzig waren sie plötzlich wieder gefragt, weil Trainer Letsch die Defensive stärken wollte.

Verträge laufen aus

Klassische Außenverteidiger mit Stärken in der Abwehrarbeit waren wieder gefragt, das Experiment mit offensiv denkenden Schienenspielern wurde mindestens mal unterbrochen – die Wahl fiel folglich auf Soares und Gamboa. Die beiden Routiniers trugen dazu bei, dass der VfL zum ersten Mal in dieser Saison die Null auf der richtigen Seite hielt. Eine vorzeigbare Leistung reicht natürlich noch nicht, um den Stammplatz zurückzuerobern, das ist klar. Doch ihre Chancen stehen gut, auch beim Gastspiel in Freiburg nach der Länderspielpause wieder von Beginn an auf dem Platz zu stehen – und somit auch im Gedächtnis der Verantwortlichen zu bleiben. Denn Soares und Gamboa kämpfen nicht nur für den Teamerfolg, sondern auch in eigener Sache. Beide sind nur noch bis zum Sommer 2024 vertraglich an den VfL gebunden, ihre sportliche Zukunft ist offen. Gamboa wird in diesem Monat 34 Jahre alt, Soares feiert nur wenige Tage später seinen 32. Geburtstag.

Rückkehr in die Heimat?

Damit gehören sie zu den ältesten Profis im Bochumer Kader, der Schritt für Schritt verjüngt und natürlich auch verbessert werden soll – das ist jedenfalls der Plan der Verantwortlichen. Gibt es künftig also überhaupt noch einen Platz für Soares und Gamboa? Wahrscheinlich nur dann, wenn sie in dieser Saison über eine längere Zeit überzeugen können. Klar ist: Beide würden grundsätzlich gerne in Bochum bleiben, sollten die finanziellen und sportlichen Rahmenbedingungen stimmen. Über Gamboas Alternativen ist bislang nichts bekannt, Soares dagegen kann sich eine Rückkehr nach Brasilien vorstellen. Bereits in diesem Sommer gab es Angebote aus seiner Heimat, was er der WAZ in dieser Woche bestätigte. Wechseln wollte er da aber noch nicht. Soares möchte möglichst lange auf höchstem europäischen Niveau spielen, zumal er sich in Bochum auch privat sehr wohl fühlt. Soares bemüht sich bereits seit längerer Zeit um den deutschen Pass, den Einbürgerungstest hat er bereits bestanden.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Erneute Niederlage

Schwacher Testspiel-Auftritt: Letsch kritisiert Einstellung

Hubschrauber-Einsätze haben die Fans des VfL Bochum eigentlich in positiver Erinnerung. Sie denken dabei an Vahid Hashemian, der dank seiner Kopfballstärke früher oft mit einem Fluggerät verglichen wurde und damit für die notwendige Torgefahr sorgte. Beim Testspiel des VfL Bochum gegen Hannover 96 hatte der Hubschrauber-Einsatz allerdings einen anderen Hintergrund. Die Partie musste unterbrochen werden, weil der Nebenplatz am Ruhrstadion als Landemöglichkeit für die nahegelegenen Kliniken dient und ein Patient eingeflogen werden musste. Die Unterbrechung war auch nur von kurzer Dauer. Nach knapp zehn Minuten konnte das Spiel fortgesetzt werden.

Letsch unzufrieden

Es war aus Sicht der knapp 500 Anhänger auch das einzig nennenswerte Highlight an diesem Donnerstagnachmittag. Sportlich bot der VfL in den insgesamt 120 Testspielminuten nichts, was Fanherzen höher schlagen ließ, im Gegenteil: Der VfL verlor das Duell mit 1:3. Dementsprechend sauer war VfL-Trainer Thomas Letsch nach der Partie. „Ich habe nicht gesehen, dass wir dieses Spiel gewinnen wollten“, sagte der 55-Jährige und holte zur Grundsatzkritik aus: „Wenn jeder zweite Ball beim Gegner landet, fehlt es an der Bereitschaft. Ich weiß nicht, woran es liegt, dass wir uns speziell gegen unterklassige Gegner so präsentieren. Die Art und Weise genügt nicht unseren Ansprüchen.“  

Schlechte Bilanz

Die Testspielbilanz unter der Leitung von Letsch ist tatsächlich stark ausbaufähig. Obwohl der VfL in der Regel gegen vermeintlich schwächere Gegner getestet hat, gab es in 17 Anläufen nur zwei Siege. „Es war nicht zum ersten Mal der Fall, dass wir uns in einem Testspiel so präsentiert haben. Wir müssen nun darüber nachdenken, ob wir die Abläufe etwas verändern“, sagte der Fußballlehrer. In dieser Woche hatte Letsch das Trainingspensum reduziert und nur zwei lockere Einheiten angesetzt, ehe er die Spieler nach dem Test gegen Hannover in ein langes freies Wochenende schickte. Für das kommende Pflichtspiel beim SC Freiburg konnte sich jedenfalls keiner aufdrängen.

Kwarteng ist fit

Letsch hatte allen gesunden Feldspielern eine Einsatzchance gewährt, wobei Stammkräfte wie Anthony Losilla, Ivan Ordets oder Kevin Stöger lediglich die letzten 30 Minuten mitkicken durften. Alle anderen kamen über 90 oder zumindest 60 Minuten zum Einsatz – zum Beispiel auch Moritz Kwarteng. Der Offensivallrounder feierte jüngst in Leipzig sein Bundesliga-Debüt im VfL-Trikot und wird nach seiner Schambeinverletzung weiter behutsam an das Team herangeführt. Nennenswerte Akzente setzte der ehemalige Magdeburger aber keine, ebenso wenig wie seine Teamkollegen. Von Werbung in eigener Sache waren die allermeisten Spieler weit entfernt.

Broschinski trifft

Dass der VfL nach einfachen Abwehr- und Abspielfehlern insgesamt drei Gegentreffer kassierte, ist in der Nachbetrachtung nur einer von mehreren Kritikpunkten. Dass es der Bochumer Mannschaft erneut sehr schwer gefallen ist, echte Torgefahr zu kreieren, fiel den Zuschauern vor Ort besonders auf – dabei standen mit Philipp Förster, Lukas Daschner oder Philipp Hofmann gleich mehrere Offensivspieler auf dem Platz, die den Anspruch haben, einen Stammplatz in der Bundesliga zu erhalten. Lediglich Moritz Broschinski, der zuletzt nicht mehr zum Spieltagskader gehörte, machte mit seinem Tor und einer engagierten Spielweise auf sich aufmerksam.


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(Foto: Marc Niemeyer)

0:0 in Leipzig

Aktivierte Abwehrkräfte: VfL feiert Punkt und Riemann

Nein, kommentieren wollte Manuel Riemann seine herausragende Leistung beim 0:0 in Leipzig leider nicht. Seit zwei Jahren, zufälligerweise nach einem Spiel an gleicher Stelle, gibt der Torhüter des VfL Bochum nach dem Abpfiff keine Interviews mehr. „Wir verbieten es ihm nicht, heute eine Ausnahme zu machen“, sagte VfL-Sportdirektor Marc Lettau kurz nach dem verdienten Punktgewinn, an dem der Schlussmann einen großen Anteil hatte und den die mitgereisten Anhänger natürlich feierten. Riemann parierte gleich zwei Foulelfmeter – einen höchst zweifelhaften gegen Xavi Simons in der ersten Halbzeit und einen berechtigten gegen Emil Forsberg im zweiten Durchgang. „Manuel hat ein tolles Gespür in diesen Situationen“, lobte Trainer Thomas Letsch. Es sei „kein Zufall“, dass Riemann im Schnitt die meisten Strafstöße aller Bundesliga-Keeper gehalten hat.

Stabile Abwehrleistung

Doch Letsch wollte auch die übrige Mannschaftsleistung würdigen. „Nur über Manuel zu sprechen, würde dem Spiel nicht gerecht werden“, betonte der Coach, der nach den desolaten Leistungen gegen München und Gladbach Maßnahmen ergriff, die Wirkung zeigten. Er veränderte seine Startelf auf gleich fünf Positionen, blieb bei seiner favorisierten Dreier- bzw. Fünferkette, veränderte aber die Taktik: „Wir haben uns für einen defensiveren Ansatz entschieden.“ Bedeutet: Der VfL, der zuvor alle sechs Gastspiele bei RB Leipzig verlor, empfing die Gastgeber deutlich tiefer und verzichtete auf das zuletzt sehr mannorientierte und aggressive Pressing. „Im Vergleich zu den vergangenen beiden Spielen war es ein deutlicher Fortschritt“, sagte Lettau nach dem ersten Spiel ohne Gegentor in dieser Saison. Der VfL verteidigte mit höchster Disziplin und großer Leidenschaft und ließ gegen den eigentlich übermächtigen Gegner kaum eine gefährliche Torchance zu. 

Die Erkenntnis, die Spielweise umzustellen, sei in gemeinsamen Gesprächen zwischen Trainer und Mannschaft gereift, betonten die Spieler nach der Partie. Wobei Letsch und seine Assistenten den Weg natürlich vorgaben. Letsch hatte in der vergangenen Woche angekündigt, „alles hinterfragen“ zu wollen, was er offensichtlich auch getan hat. Nach dem Spiel in Leipzig war er jedoch darum bemüht, dieses Thema kleinzuhalten. „Es wurde extern mehr diskutiert als intern“, behauptete der Fußballlehrer. Die Spieler gaben etwas mehr preis und fühlten sich mit der veränderten Marschroute – zumindest in diesem Duell – offensichtlich wohler. „Gegen die schnellen Angreifer von Leipzig hätten wir nicht so hoch stehen können“, erklärte Keven Schlotterbeck, einer der Neuen in der Bochumer Startelf. 

Die Neuen überzeugen

Dass Trainer Letsch gleich fünf personelle Veränderungen vornahm – so viele wie noch nie in seiner Amtszeit – zeigte ebenfalls Wirkung. Der starke Schlotterbeck stabilisierte die Dreierkette; die erfahrenen Cristian Gamboa und Danilo Soares sowie der agile Patrick Osterhage die übrige Defensive. „Wir reden oft vom gleichwertig besetzten Kader, dann musste die Chance für einige Spieler nun auch kommen“, erklärte Letsch. Ganz vorne feierte außerdem Goncalo Paciencia ein durchaus gelungenes Startelf-Debüt. Allerdings beschränkte sich der VfL in Leipzig fast ausschließlich auf seine Defensivarbeit. Gefährliche Entlastungsangriffe gab es folglich nur wenige, wobei Takuma Asano die Führung gleich zweimal auf dem Fuß hatte.

Doch in erster Linie ging es ja darum, die zuletzt wacklige Hintermannschaft zu stabilisieren und mehr Kompaktheit herzustellen – das ist gelungen. „Hier einen Zähler mitzunehmen, ist ein großer Erfolg“, sagte nicht nur Thomas Letsch. Nachdem die Bochumer mit den Punkteteilungen gegen Dortmund, Augsburg und Frankfurt noch etwas haderten, war nach dem Unentschieden in Leipzig keiner mehr unglücklich. „Ich bin zufrieden, aber richtige Freude kommt bei mir nur nach einem Sieg auf“, sagte Schlotterbeck, der damit etwas Wasser in den Wein goss. Dass der VfL mit dem Punkt in Leipzig sehr gut leben kann, ist unstrittig. Dennoch lässt der erste Saisonsieg weiter auf sich warten. Am kommenden Wochenende pausiert die Bundesliga, der VfL testet gegen Zweitligist Hannover. Anschließend gastieren die Bochumer in Freiburg. Dann müssen Letsch und seine Spieler die gute Defensivleistung bestätigen – und auch wieder vermehrt Lösungen mit dem Ball finden.


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(Foto: Imago / Christian Schroedtner)

Taktik und Personal

Bochumer Spielweise zu riskant? Letsch will nicht stur sein

Der Start in die vergangene Saison war historisch schlecht. Der VfL Bochum verlor die ersten sechs Spiele und kassierte 18 Gegentreffer. Folglich konnte sich das Team von Trainer Thomas Letsch in diesem Jahr eigentlich nur verbessern. Immerhin: Drei Unentschieden und somit drei Punkte stehen auf der Habenseite. Ein Spiel gewonnen hat der VfL aber noch nicht, nicht einmal im Pokal. Und die Gegentor-Bilanz ist sogar noch schlechter als im vergangenen Sommer. Bochum bleibt die Schießbude der Bundesliga, 19 Einschläge ins eigene Tor musste Keeper Manuel Riemann bereits verkraften. „Wir sind auf dem Weg zu einem neuen Rekord“, weiß auch Letsch. Dabei wollte er vor allem dieses Problem, die Anfälligkeit der Hintermannschaft, in den Griff bekommen. Letsch stellte in der Abwehr auf eine Dreierkette um, damit ein Innenverteidiger mehr auf dem Platz steht. Zudem verordnete er seiner Mannschaft ein sehr frühes und recht mannorientiertes Pressing, um den Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten. Das ist mutig – vielleicht zu mutig?

Vier Total-Ausfälle in dieser Saison

Das ist die Frage, mit der sich der Trainer in dieser Woche befassen muss. Vier von sieben Pflichtspielen in dieser Saison müssen als Total-Ausfall verbucht werden, wobei die Herangehensweise beim 0:5 in Stuttgart noch eine etwas andere war als beim 0:7 in München. Angesichts dieser Ergebnisse verwunderte es, dass Letsch nach der 1:3-Niederlage gegen Mönchengladbach sagte: „So etwas habe ich noch nicht erlebt, wie wir in der ersten Halbzeit vorgeführt wurden.“ Ähnliche Vorstellungen lagen doch noch gar nicht lange zurück. Wie auch immer: Nach der Pleite in München hat Letsch seine Taktik noch verteidigt – und offensichtlich nicht genau genug hinterfragt. Denn gegen Gladbach wiederholten sich die Fehler. Die Borussia befreite sich ohne Probleme aus der angedachten Umklammerung, weil der VfL zu spät in viele Zweikämpfe kam. Die Räume, die sich in der Folge öffneten, waren riesengroß. Die hochstehenden Bochumer Verteidiger hechelten den gegnerischen Angreifern in vielen Situationen nur noch hinterher.

„Wir müssen uns fragen: Passt es gerade oder grundsätzlich nicht“, gab Letsch nach dem Spiel am Samstag zu Protokoll. Funktioniert hat der riskante Ansatz ja bereits. Gegen Dortmund, Augsburg und Frankfurt überzeugte der VfL über weite Strecken. Aber schon da fielen drei von vier Gegentreffern nach einfachen Umschaltaktionen. Die Bayern nutzten die Lücken in der Bochumer Defensive schließlich gnadenlos aus; die Gladbacher ebenso, wobei sie noch viele Großchancen liegen ließen. Womöglich ist das Spiel der Bochumer auch in dieser Saison zu berechenbar. Dabei hatte Trainer Letsch im Sommer betont, im Vergleich zum vergangenen Jahr flexibler agieren zu wollen. Aber was bedeutet das? Zum Beispiel, die Taktik bei Bedarf anzupassen, notfalls auch während der Partie. Doch gegen Gladbach reagierte Letsch erst in der Halbzeit, stellte auf eine Viererkette um und tauschte drei Spieler aus. Ist der Fußballlehrer also auch ein wenig stur? Wird er an seiner Spielidee inklusive Dreierkette so lange wie möglich festhalten?

Mit Bero fehlt ein Schlüsselspieler

„Ich werde der Mannschaft kein System überstülpen, sondern das Gespräch mit den Führungsspielern suchen“, erklärt Letsch. Kapitän Anthony Losilla dachte am Samstag bereits laut über mögliche Veränderungen nach: „So kann es jedenfalls nicht weitergehen. Wenn wir die wichtigen Zweikämpfe nicht gewinnen, dann kommen die Gegner viel zu einfach zu Torchancen.“ Der Publikumsliebling warnte allerdings vor blindem Aktionismus: „Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir zu passiv werden, wenn wir zu tief stehen. Und wir haben bewiesen, dass wir stark sein können, wenn wir vorne konsequent angreifen.“ So oder so: Letsch wird Lösungen finden müssen, zumal mit Matus Bero der vielleicht wichtigste Akteur für die Umsetzung seiner Spielidee mit einem Innenbandanriss im Knie länger fehlen wird. Christopher Antwi-Adjei wird ihn jedenfalls nicht ersetzen können. Ihn wechselte Letsch gegen Gladbach für Bero ein, damit machte der Coach seinen verbliebenen Mittelfeldspielern das Leben aber nur unnötig schwer.

In der Folge stand sogar genau das Team auf dem Platz, das schon in Stuttgart unterging. Ohne Bero klafften im Mittelfeld große Löcher, die Anthony Losilla und Kevin Stöger mangels Tempo nicht zulaufen konnten, weder gegen Stuttgart noch gegen Gladbach. Und es gibt weitere Problempositionen: Rechts hinten zum Beispiel enttäuscht Felix Passlack seit Wochen, bislang gehörte er trotzdem immer zur Startelf. Und ganz vorne im Angriff agiert der seit Monaten torlose Philipp Hofmann weiter extrem unglücklich. Aber: Letsch betont praktisch jede Woche, dass er personell viele Möglichkeiten hat und die Konkurrenzsituation so gut sei wie lange nicht mehr – Alternativen gibt es also. Denn nicht nur die Defensive ist aktuell ein Problem beim VfL. Fünf Tore in sechs Ligaspielen sind kein Ruhmesblatt. Doch es ist zu befürchten, dass sich die Bilanz nach dem schweren Auswärtsspiel in Leipzig noch nicht wesentlich verbessern wird – selbst wenn Thomas Letsch nun die richtigen Schlüsse zieht.


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(Foto: Marc Niemeyer)

1:3 gegen Gladbach

Erneut unterirdisch: Bochumer Schießbude schlittert in die Krise

Nur ein Spielabbruch hätte dem VfL an diesem Samstag noch geholfen. Ausgerechnet die gegnerischen Fans hätten diesen sogar fast herbeigeführt, wenn sie nicht doch noch zur Vernunft gekommen wären. Weil die Anhänger von Borussia Mönchengladbach Fluchttore innerhalb des Stadions mit einem Banner versperrten, durfte das Spiel nicht angepfiffen werden. Die Partie begann knapp zehn Minuten später. Erst nach mehreren Durchsagen zeigten die Gladbacher Fans endlich Einsicht. Wobei: Die Zuschauer in den vorderen Reihen – offensichtlich Ultras – reagierten eher trotzig. Sie entfernten daraufhin auch die erlaubten Banner, warfen Rauchtöpfe aufs Spielfeld, zerstörten eine Werbebande, eine Kamera sowie Teile der WC-Anlage und verließen noch während der ersten Halbzeit das Stadion. In einem Fall flog sogar Pyrotechnik in den angrenzenden Bochumer Block. Die Feuerwehr musste anrücken; das Spiel konnte zum Glück fortgesetzt werden.

VfL ist so nicht bundesligatauglich

Wobei viele VfL-Fans wahrscheinlich froh gewesen wären, wenn Schiedsrichter Felix Brych den aus Bochumer Sicht unterirdischen Auftritt schon frühzeitig beendet hätte. Denn das Team von Trainer Thomas Letsch knüpfte nahtlos an den desaströsen Auftritt zuletzt in München an – ohne konsequentes Zweikampfverhalten, ohne Ordnung in der Restverteidigung, ohne Passschärfe und generell ohne Elan. Der sonst so heimstarke VfL zeigte erneut eine nicht bundesligataugliche Leistung gegen zuvor noch sieglose Gladbacher. Die Elf vom Niederrhein bekam den ersten Saisonerfolg an der Castroper Straße nun fast geschenkt. Sie kombinierte sich immer wieder und oft ungestört durch die Bochumer Defensive. „Was wir geboten haben, war katastrophal“, bestätigte Thomas Letsch nach der Partie. „Wir waren meilenweit entfernt von dem, was wir vorhatten.“ Die eigenen Fans sahen das ähnlich. Zur Halbzeitpause gab es von den Rängen viele Pfiffe.

Letsch kündigte nicht zum ersten Mal in dieser Saison an, alles auf den Prüfstand stellen zu wollen: „Wir werden sehr, sehr kritisch mit uns sein.“ Nachdem die Bochumer Verantwortlichen nach der 0:7-Pleite in München noch erstaunlich ruhig geblieben sind, merken auch sie gerade, dass der VfL in eine kleine Krise hineingeschlittert ist. Nach sieben Pflichtspielen inklusive Pokal fehlt immer noch der erste Saisonsieg, und die Leistungskurve zeigt nach einem kleinen Zwischenhoch wieder nach unten. Besonders bedenklich: Nach sechs Ligaspielen hat der VfL bereits 19 Gegentreffer kassiert. Dabei war es in der Sommerpause das erklärte Ziel, die Zahl der Einschläge deutlich zu reduzieren. Doch warum gelingt das nicht? Gegen Gladbach fiel das 0:1 nach einem haarsträubenden Fehlpass von Erhan Masovic in der eigenen Hälfte, das 0:2 nach einer Standardsituation und das 0:3 nach einer von etlichen Kontersituationen. Alles in der ersten Halbzeit. 

Die Borussia hatte sowohl vor dem Führungstreffer als auch nach der Pause weitere Großchancen, verpasste es aber, das Spiel frühzeitig zu entscheiden. Das Anschlusstor von Anthony Losilla ließ Mitte der zweiten Halbzeit zwar neue Hoffnung im ungewohnt ruhigen Bochumer Ruhrstadion aufkeimen, doch eine Schlussoffensive gab es nicht mehr. Generell war nicht nur die Defensive das Problem an diesem Samstag und auch schon in den Spielen davor. Losillas Tor war erst das fünfte im sechsten Spiel. „Wir haben offensiv mutlos agiert“, bestätigte Sportdirektor Marc Lettau, wobei seine Mannschaft nach einer Systemumstellung und einigen personellen Veränderungen zumindest etwas gefährlicher wurde. Hinten allerdings wurde jeder Angriff der Gäste zur Gefahr. Insbesondere Erhan Masovic erwischt einen rabenschwarzen Tag, war damit aber nicht der einzige. Auch die Außenverteidiger enttäuschten erneut und wurden wieder einmal frühzeitig ausgewechselt.

Bero droht länger auszufallen

Letsch wird sich nach dieser wiederholt unterirdischen Vorstellung ebenfalls hinterfragen müssen, sowohl bei der taktischen als auch personellen Herangehensweise. Das hohe Attackieren und mannorientierte Verteidigen ist extrem riskant, wenn nicht alle Rädchen ineinander greifen. Die Frage, ob das Grundproblem eher der Plan oder die Umsetzung sei, wollte Letsch in der Pressekonferenz nicht beantworten. Auskunft erteilte der Fußballlehrer immerhin zum Gesundheitszustand von Matus Bero. Der Mittelfeldspieler, der zuletzt noch einer der Besseren beim VfL war, droht länger auszufallen. Bereits in der Anfangsphase musste Bero mit einer Knieverletzung ausgewechselt werden. Eine genaue Diagnose steht noch aus, die Vereinsärzte prognostizieren aber einen mehrwöchigen Ausfall. In Leipzig am kommenden Samstag wird Bero in jedem Fall fehlen. Tritt der VfL dort genauso auf wie in München oder gegen Gladbach, droht das nächste Debakel.  


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Konkurrenzkampf

Passlack oder Gamboa? Für Letsch eine „gemeine Frage“

Thomas Letsch ist ein kommunikativer Mensch. Der Fußballlehrer umschifft Fragen, die ihm nicht passen, gerne mit einer Geschichte. Das war zum Beispiel vor dem Saisonstart der Fall. Von Tief im Westen – Das VfL-Magazin auf den Konkurrenzkampf zwischen Felix Passlack und Cristian Gamboa angesprochen, wollte Letsch nicht verraten, welche Vorzüge die beiden Spieler jeweils mitbringen. „Das ist eine gemeine Frage“, entgegnete Letsch und antwortete diplomatisch: „Es spricht sowohl für Felix als auch für Cristian sehr viel. Sie erfüllen beide das Anforderungsprofil für ihre Position.“ Letsch ließ sich im Folgenden lediglich entlocken, dass Gamboa „einen Tick schneller“ sei als Passlack, der Sommer-Neuzugang aus Dortmund dafür „schon häufiger“ eine eher offensive Position eingenommen hat. Als rechter Schienenspieler sei schließlich beides gefragt: defensive Stabilität und offensive Kreativität.

Startelf immer mit Passlack

Die Antwort, welcher Spieler in diesem Duell die Nase vorn hat, gab Letsch schlussendlich mit seiner Aufstellung. In allen sechs Pflichtspielen erhielt Felix Passlack den Vorzug vor Cristian Gamboa. Doch im Gegensatz zu anderen Neuzugängen – etwa Matus Bero oder Bernardo – konnte Passlack bislang nur bedingt überzeugen. Dem 25-Jährigen fehlten bisweilen das passende Timing in den Zweikämpfen, das richtige Stellungsspiel und überzeugende Offensivaktionen. Auffallend häufig ließen die Gegner ihre Angriffe über die Rechte Bochumer Abwehrseite laufen, nicht selten entwickelten sich daraus gefährliche Toraktionen. Zuletzt in München zog Letsch die Reißleine: Passlack musste schon vor dem Halbzeitpfiff den Platz verlassen – wobei diese Entscheidung nicht nur in der Leistung begründet, sondern auch taktischer Natur war. Dennoch: Passlack bleibt ein Wackelkandidat in der Startelf des VfL Bochum.

Gamboa stünde bereit

Da dürfte es ja gerade recht kommen, dass mit Cristian Gamboa ein motivierter Vertreter bereitsteht, oder? In München kam der Costa-Ricaner erstmals in dieser Saison eine komplette Halbzeit zum Einsatz, nachdem er zur Pause eingewechselt wurde. Die nächste 0:7-Pleite gegen den Rekordmeister konnte der Vize-Kapitän allerdings auch nicht mehr verhindern. Offen bleibt, ob sich Gamboa dennoch für seine Startelfnominierung empfehlen konnte. Der 33-Jährige ist bekannt für seine giftige Zweikampfführung, sein hohes Tempo und bedingungslosen Einsatz; seine bekannten Schwächen haben ihm am Ende der vergangenen Saison allerdings auch den Stammplatz gekostet. Letsch zog seinerzeit Saidy Janko vor, auf der linken Seite traf es Danilo Soares, der ebenfalls noch auf seinen ersten längeren Saisoneinsatz wartet, mit Maximilian Wittek aber auch einen stärkeren und stabileren Teamkollegen vor sich hat.

Gesunde Konkurrenzsituation

Folgende These ist somit nicht allzu gewagt: Der Bochumer Kader ist auf der linken Defensivseite stärker besetzt als auf der rechten, was sowohl für die Startelf als die Ersatzbank gilt. In puncto Fairness und Teamgeist macht dem Duo Passlack und Gamboa allerdings niemand etwas vor. In München war eine durchaus bemerkenswerte Szene zu beobachten. Nachdem Passlack mit großen Schwierigkeiten in die Partie gestartet war, sprang Gamboa in einer Behandlungspause auf und lief an den Spielfeldrand, wo er seinem internen Kontrahenten gestenreich taktische Tipps gab. Bereits im Sommer sprach Trainer Letsch von einer „gesunden Konkurrenzsituation“, was Gamboa mit seinem Verhalten am vergangenen Wochenende bestätigte. Wer gegen Mönchengladbach den Vorzug erhalten wird, verrät Letsch natürlich nicht. Erst der Aufstellungsbogen wird eine Antwort auf die wohl immer noch „gemeine Frage“ liefern.


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(Foto: Marc Niemeyer)