Bock auf Bochum

Charakter und Sprache: Worauf Letsch und Lettau achten

Mitunter sind die Aussagen von Spielern anlässlich ihrer Verpflichtung ja recht floskelreich, oft austauschbar oder zumindest erwartbar. Selbst Lys Mousset war vor knapp einem Jahr „neugierig darauf“, die „neuen Teamkollegen kennenzulernen“. Der Fortgang der Geschichte ist bekannt. Nicht nur sportlich kam der Franzose nie in Bochum an, auch menschlich nicht. Immerhin: Seine Verpflichtung hat beim VfL womöglich die Sinne geschärft. Die neue sportliche Leitung hat bei sämtlichen Transfers in diesem Jahr verstärkt auch die charakterliche Eignung im Blick.

„Wir wollen, dass die Spieler für die Aufgabe beim VfL Bochum brennen und sich mit dem Klub identifizieren. Dass sie eine intrinsische Motivation mitbringen und nicht jeden Tag angeschoben werden müssen“, sagt Sportdirektor Marc Lettau im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Vor jeder Neuverpflichtung stünden persönliche Gespräche an, die „über Smalltalk hinausgehen“, erklärt Lettau, der insgesamt von einem „komplexen Prozess“ spricht. Wenn es um außersportliche Kriterien geht, informiert sich der Sportdirektor auch bei ehemaligen Trainern oder Mitspielern.

Letsch lobt seine Neuzugänge

Selbst die Profile der Spieler in den sozialen Netzwerken werden von der Scouting-Abteilung des Öfteren unter die Lupe genommen. Sie liefern zwar keine Details, aber einen ersten Eindruck. Denn für das Bild, das die Fußballer dort abgeben, sind sie selbst verantwortlich. „Teamfähigkeit ist uns sehr wichtig. Der VfL Bochum braucht eine funktionierende Gruppe, um sportlich erfolgreich zu sein“, betont Lettau. Es sei auch in diesem Sommer schon vorgekommen, dass ein Spieler die Verantwortlichen zwar sportlich überzeugt habe, die Verhandlungen nach einem Kennlerngespräch aber nicht fortgesetzt wurden – selbst wenn die Personalplanung dadurch zunächst ins Stocken geriet.

Dass Trainer Thomas Letsch die Arbeitseinstellung und Persönlichkeit der Neuzugänge auffallend häufig hervorhebt, ist somit kein Zufall. „Wir brauchen gute Typen, weil ich möchte, dass die Atmosphäre innerhalb der Mannschaft so hervorragend bleibt“, sagt der erfahrene Fußballlehrer und nennt zwei Beispiele: „Nehmen wir Felix Passlack. Der hat sogar schon in der Champions League gespielt, bei uns aber einen Vertrag unterschrieben, als er noch gar nicht wusste, in welcher Liga es weitergeht. Ähnlich war es bei Noah Loosli, der sich schon am ersten Trainingstag in einer Top-Verfassung präsentiert hat. Solche Spieler brauchen wir.“

Spieler sollen Deutsch lernen

In zwei Fällen war ein intensives Kennenlernen gar nicht nötig. Matus Bero und Bernardo kannte der 54-Jährige bereits – Bero aus Arnheim, Bernardo aus Salzburg. „Matus bringt Laufstärke, Siegeswillen und eine große Leidenschaft mit. Er ist auch im Training sehr fleißig“, weiß Letsch. Der slowakische Nationalspieler erhielt von Letsch in Arnheim sogar die Kapitänsbinde. „Er war immer ein wichtiger Ansprechpartner für mich“, betont sein alter und neuer Coach. „Kein Lautsprecher, aber einer, der sich immer in den Dienst Mannschaft gestellt hat.“ Und Bernardo? „Auch er passt sehr gut in unsere Mannschaft und ist leicht zu integrieren“, sagt Letsch über den Neuzugang aus Brasilien.

Ein großer Vorteil: Bernardo spricht nach zwei Jahren in Leipzig und einer ähnlich langen Zeit in Salzburg mittlerweile sehr gut Deutsch. Noah Loosli, Felix Passlack, Niclas Thiede, Lukas Daschner und Moritz-Broni Kwarteng erfüllen dieses Kriterium qua ihrer Herkunft logischerweise sowieso. Der einzige Neuzugang, der sich sprachlich anpassen muss, ist folglich Matus Bero. Ihm bietet der Verein zwei Unterrichtseinheiten pro Woche an. Das Ziel ist klar: „Wir wollen die Deutschsprachigkeit im Kader erhöhen“, erklärt Marc Lettau.


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(Foto: Imago / Revierfoto)

Achter Neuzugang

Bekanntes Gesicht für Letsch: Wittek soll Schlüsselfigur werden

Die Transferkasse des VfL Bochum hat sich am vergangenen Wochenende nicht weiter gefüllt. Für den Einzug in die zweite Pokal-Runde hätte der Bundesligist immerhin eine halbe Million Euro erhalten. Davon ließe sich zwar kein kompletter Transfer finanzieren, geholfen hätte diese Summe natürlich trotzdem. Mit dem Aus im Pokal bleiben die Voraussetzungen nun unverändert. Kaderkorrekturen sind trotzdem noch möglich. Das belegt die Verpflichtung von Maximilian Wittek, die am späten Montagabend bekannt wurde.

Letsch und Wittek kennen sich schon

Wittek nimmt die Rolle des linken Schienenspielers ein. Er besetzt damit eine Schlüsselposition im System von Trainer Thomas Letsch. Der Fußballlehrer kennt seinen neuen Schützling bereits. Über seinen Ausbildungsklub 1860 München und einer Station bei Greuther Fürth landete Wittek vor drei Jahren bei Vitesse Arnheim. Beim niederländischen Erstligisten hat er zwischen 2020 und 2022 mit Letsch zusammengearbeitet. Sie schätzen sich gegenseitig, Wittek war unumstrittene Stammkraft in Arnheim, er kennt die Spielidee von Letsch.

Auch deshalb dürfte die Eingewöhnungszeit beim VfL kurz werden. „Maximilian Wittek erfüllt die Vorgaben als Schienenspieler punktgenau: Linksfuß, offensiv wie defensiv einsetzbar, deutschsprachig“, sagt Marc Lettau, der den Transfer bereits vor Monaten vorbereitet hat. Doch eine Einigung mit Arnheim war unrealistisch. „Ein Transfer schien bis vor kurzem finanziell nicht darstellbar zu sein. Umso mehr freuen wir uns, dass er nun vollzogen werden konnte“, betont der Sportdirektor. Wittek, der in wenigen Tagen 28 Jahre alt wird, erhält beim VfL einen Dreijahresvertrag.

Kein Trainingsrückstand und viel Spielpraxis

Über die genaue Höhe der Ablöse ist noch nichts bekannt, sie dürfte aber im oberen sechsstelligen Bereich liegen. Mit dieser Verpflichtung haben die Verantwortlichen ihrem Chefcoach einen weiteren Wunsch erfüllt, wobei Letsch den Namen Wittek intern gar nicht selbst vorgeschlagen haben soll. Anders als bei Matus Bero zum Beispiel, den Letsch ebenso aus Arnheim kennt und nachdrücklich empfohlen hat. Auch bei Wittek hat Letsch natürlich seine Zustimmung gegeben und weitere Auskünfte erteilt. Das Ergebnis: Der Kandidat passt perfekt ins Beuteschema.

Hinzu kommt: Wittek, dem Wegbegleiter einen einwandfreien Charakter bescheinigen, hat keinen Trainingsrückstand, Spielpraxis fehlt ihm auch nicht. Nur an die Bundesliga muss er sich noch gewöhnen. Trotzdem wechselt er mit Stammplatz-Ambitionen an die Castroper Straße. Er soll auf der linken Seite das Pendant zu Felix Passlack sein, der die rechte Seite beackert. Wittek verfügt über eine gesunde Aggressivität im Spiel gegen den Ball, ist schnell und bekannt für seinen kräftigen linken Fuß. Flanken, Standards und Abschlüsse aus der zweiten Reihe zählen zu seinen Stärken.

Komplexe Aufgaben für Wittek

Damit dürfte auch klar sein, dass das Experiment, Christopher Antwi-Adjei als linken Schienenspieler einzusetzen, erst einmal beendet ist. Bleibt nur die Frage: Wo wird der Leistungsträger aus der vergangenen Saison dann zum Einsatz kommen? Eine passende Position ist in der bevorzugten Systematik von Thomas Letsch derzeit nicht in Sicht, weil die Flügel im Grunde nur noch einfach und nicht mehr doppelt besetzt sind. Ausnahme: Letsch setzt wieder auf das altbewährte 4-2-3-1 oder auf ein 3-4-3, das womöglich noch besser zur Mannschaft passt.

In Stein gemeißelt ist ohnehin noch nichts, es gibt allenfalls Tendenzen. Gegen den Ball bevorzugt Letsch momentan eine 3-5-2-Formation, mit dem Ball ein 4-2-2-2. Insbesondere der linke Schienenspieler, wahrscheinlich also Wittek, übernimmt in diesem System gleich mehrere Aufgaben: Einen Teil der defensiven Absicherung, aber auch Angriffsbewegungen; mehr noch als Passlack (oder Gamboa) auf der rechten Seite. Fußballtaktiker und Mathematiker – Letsch ist ja beides – sprechen dann von einer Asymmetrie. Der linke Schienenspieler wird zur Offensivkraft.

Nachteil für Soares & Antwi-Adjei

Diese Idee weicht von dem ab, was viele Fans vom VfL kennen. Jahrelang galt ein 4-2-3-1-System als Bochumer Standard, vor allem unter Thomas Reis, größtenteils aber schon unter Robin Dutt. Reis setzte ganz besonders auf klassische Außenverteidiger und schnelle Flügelstürmer. Beide Spielertypen haben es unter Letsch deutlich schwerer. Danilo Soares etwa droht ein Platz auf der Bank, Gerrit Holtmann hat bereits die Flucht ergriffen. Auch Christopher Antwi-Adjei muss wie erwähnt um seinen Platz im Team fürchten.


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(Foto: VfL Bochum 1848)

Saisonstart im Pokal

Letsch setzt auf Dreierkette: Startelf mit Neuzugängen

Moritz Kwarteng muss sich noch gedulden. Der Sommer-Neuzugang aus Magdeburg befindet sich nach einer Schambeinproblematik weiterhin im Aufbautraining. Er macht Fortschritte, sagte Trainer Thomas Letsch erst kürzlich, doch gemeinsam mit seinen neuen Teamkollegen konnte der Offensivallrounder bislang noch nicht trainieren. Logischerweise wird Kwarteng am Samstag also nicht mit nach Bielefeld fahren. Auch Ersatztorhüter Niclas Thiede bleibt daheim. Die anderen fünf Neuen sind hingegen dabei, wenn der VfL im DFB-Pokal in die neue Saison startet.

Neue Formation

Einige von ihnen werden auch zur Startformation gehören. Noah Loosli dürfte in der Dreier-Abwehrkette den Vorzug vor Bernardo erhalten. Diese Entscheidung wird vermutlich nicht von Dauer sein, aber Loosli hat im Vergleich zu Bernardo die gesamte Vorbereitung beim VfL absolviert. Der Neuzugang aus Salzburg kam erst in der vergangenen Woche dazu und durfte bei der Generalprobe gegen Luton Town lediglich eine Halbzeit spielen. „Er hat die Vorbereitung in Salzburg komplett mitgemacht, aber keine Testspiele dort bestritten. Ob es schon für 90 Minuten reicht, müssen wir mal sehen“, gibt Letsch einen dezenten Hinweis auf die personelle Besetzung der Hintermannschaft. Schließlich könnte ein Pokalspiel auch über 120 Minuten laufen – und für diesen Fall wäre Bernardo sicher noch nicht bereit.

Loosli, der sich nach anfänglichen Problemen in den Testspielen gesteigert hat, dürfte also neben Ivan Ordets und Erhan Masovic auflaufen. Die beiden Stammkräfte aus der vergangenen Saison sind auch im neuen System fest eingeplant. Thomas Letsch setzt zunächst auf eine 3-4-1-2-Formation, wobei es innerhalb des Spiels fließende Übergänge geben soll. Eine zentrale Bedeutung in diesem System nehmen insbesondere die sogenannten Schienenspieler ein. Und genau da gibt es noch keine klare Rollenverteilung. Auf der rechten Seite kämpfen Cristian Gamboa und Felix Passlack um einen Platz im Team, auf der linken Seite Danilo Soares und Christopher Antwi-Adjei. Vor allem auf der rechten Seite ist das teaminterne Duell noch nicht entschieden. „Das ist ein toller Fight. Cristian ist vielleicht ein bisschen schneller, Felix bringt dafür mehr Erfahrung im Vorwärtsdrang mit“, sagte Thomas Letsch. Dem Neuzugang vom BVB fehlt allerdings die Wettkampfpraxis, was ihm in den Testspielen phasenweise anzumerken war.

Mehr Konkurrenz

Auf der linken Seite wiederum sind die Variationsmöglichkeiten ganz andere. Mit Danilo Soares steht eine eher defensivere Lösung bereit, mit Christopher Antwi-Adjei eine deutlich offensivere Variante. Sollte Soares dort den Vorzug erhalten, stellt sich allerdings die Frage, auf welcher Position Antwi-Adjei alternativ zum Einsatz kommen könnte. Weitere Flügelpositionen gibt es im neuen System nicht – es sei denn, Letsch stellt auf ein 3-4-3 um. Dann aber wären die Spieler im Zentrum benachteiligt. Dort hat der Konkurrenzkampf in diesem Sommer dank der Neuverpflichtungen deutlich zugenommen. Matus Bero und Lukas Daschner drängen nach einer guten Vorbereitung beide ins Team, allerdings wird zunächst nur einer zur Startelf gehören – weil Anthony Losilla und Kevin Stöger gesetzt bleiben.

Für Daschner sprechen seine Ballgewandtheit und Torgefahr, für Bero seine Zweikampfpräsenz und Agilität. Weil der VfL gegen Bielefeld in der Favoritenrolle steckt, dürfte Daschner auf der Zehner-Position beginnen. Sobald Philipp Förster wieder topfit ist und auch Moritz Kwarteng zur Verfügung steht, könnte es im zentralen Mittelfeld womöglich sogar ein Überangebot geben. Wobei insbesondere Daschner auch als zweite Spitze zum Einsatz kommen könnte. In Bielefeld bilden sehr wahrscheinlich der kantige Philipp Hofmann und der wendige Takuma Asano einen Doppelsturm.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Vertragsverlängerung

VfL vertraut und bindet Hofmann – Stürmersuche läuft trotzdem

Die Saison ist erst wenige Tage alt und schon haben einige Fans des VfL Bochum einen Sündenbock für den Fehlstart gefunden. Im Fokus der Kritik: Angreifer Philipp Hofmann. Kein anderer VfL-Profi wird in den Kommentarspalten auf Facebook, Instagram und Co. derzeit häufiger namentlich erwähnt. Der Angreifer wartet seit geraumer Zeit auf einen Pflichtspieltreffer, genauer gesagt seit Anfang April. In Stuttgart vergab er zuletzt kläglich die größte Bochumer Torchance, in Bielefeld verschoss er den Elfmeter, und auch in der Saisonvorbereitung trat Hofmann nicht als treffsicherer Stürmer in Erscheinung. Kritik ist also durchaus gerechtfertigt. Was die Kommentatoren mit ihren teils despektierlichen Wortbeiträgen bezwecken wollen, bleibt hingegen ihr Geheimnis.

Es war also fast vorprogrammiert, dass auch die Pressemitteilung vom VfL am Donnerstagabend nicht unkommentiert blieb. Vorneweg: Die Bochumer verkündeten die Vertragsverlängerung mit Philipp Hofmann. Der Angreifer, der im Sommer 2022 einen Zweijahresvertrag an der Castroper Straße unterschrieben hatte, bleibt nun bis 2026. Die Begeisterung bei einigen Anhängern hält sich allerdings in Grenzen. „Oh nein, alles außer das“, schreibt ein User bei Instagram. „Könnt lieber mich verpflichten, mache genauso viel“, postet ein anderer. Und der nächste fragt: „Wo ist jetzt die gute Nachricht?“ Nicht wenige Fans halten allerdings auch dagegen: „Klares Statement, und nun zurück zu alter Stärke“, kommentiert ein Nutzer auf Facebook. „Starkes Zeichen“, schreibt eine Anhängerin.

Hofmann als Zielspieler

Beim VfL sind sie in jedem Fall von den Qualitäten ihres Mittelstürmers überzeugt, trotz der Formkrise derzeit. Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian beschreibt Philipp Hofmann als „absoluten Mentalitätsspieler. Er ist in der vergangenen Saison, seiner ersten in der Bundesliga, etwas verzögert ins Rollen gekommen und war dann ein immenser Faktor in unserem Spiel. Wir sind uns sicher, dass das auch in dieser Saison wieder der Fall sein wird.“ Und Sportdirektor Marc Lettau ergänzt: „Philipp Hofmann ist schwer zu verteidigen, die Gegner haben sich mehr und mehr auf ihn fokussiert und haben großen Respekt vor ihm und seiner Körperlichkeit.“ Aber: „Seine Tore, oftmals war es das 1:0, und Torbeteiligungen haben dazu beigetragen, dass wir die Klasse halten konnten.“

Acht Treffer erzielte der 30-Jährige in der vergangenen Saison, sechs davon in der Hinrunde, zwei in der Rückserie. Auch da mussten sich die Fans bis zum ersten Erfolgserlebnis des kopfballstarken Zielspielers gedulden. Am sechsten Spieltag platzte der Knoten bei Hofmann. So lange möchte er in diesem Spätsommer natürlich nicht warten. Wobei sich das Bochumer Angriffsspiel generell verändert und noch weiter verändern soll, es für Hofmann also nicht unbedingt einfacher wird. Ein klassischer Wandstürmer hat auch in der neuen Spielidee und Systematik von Trainer Thomas Letsch seine Vorzüge, ist aber nicht mehr zwingend nötig oder muss sich umstellen. Alternativ könnten auch zwei agilere Angreifer nebeneinander auflaufen. Doch ist der VfL dafür schon gut genug aufgestellt?

Letzter Sommertransfer

Viele Fans fordern dieser Tage noch eine Verstärkung, oft in einem Atemzug mit der Kritik an Hofmann. Auch die Verantwortlichen haben den Bedarf erkannt und schauen sich um, im Grunde schon seit Monaten. Der Deal mit Sven Michel ist bereits im Juni geplatzt, der einsatzfreudige Angreifer wechselte nach Augsburg. Michel wäre allerdings eher ein Nebenmann und kein Herausforderer von Hofmann geworden. Eine Kopie des Blondschopfes sucht der VfL ohnehin nicht. Der neue Mann soll beweglicher sein und im Idealfall auch mit Hofmann gemeinsam stürmen können. Wer aber kommt dafür infrage? Die Marktlage sei schwierig, heißt es aus Vereinskreisen, das Budget ist ohnehin begrenzt. Heißt: Keine Garantie, dass bis zum Transferschluss am 1. September noch jemand kommt.

Namen kursieren in den Foren und sozialen Netzwerken trotzdem einige. Häufiger wird etwa über Benedict Hollerbach diskutiert. Der Angreifer ist erst in diesem Sommer von Wehen Wiesbaden zu Union Berlin gewechselt, saß dort zum Saisonstart aber nur auf der Tribüne und könnte verliehen werden. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin soll er beim VfL aber nicht (mehr) auf dem Zettel stehen. Dafür vielleicht ein anderer Berliner. Auch Mikkel Kaufmann, zuletzt beim Karlsruher SC am Ball, gilt als Leihkandidat. Der Däne ist groß und beweglich zugleich, dazu schnell, einsatzfreudig und im Angriff flexibel einsetzbar. Mit diesen Qualitäten könnte er perfekt ins Bochumer Beuteschema passen. Vielleicht ist der VfL aber auch für eine Überraschung gut…


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(Foto: Marc Niemeyer)

Sponsoring

VfL holt Fiege auf den Ärmel und lehnt Wettanbieter ab

Es ist ein langgehegter Wunsch vieler VfL-Fans, der nun endlich in Erfüllung geht: Das Logo der heimischen Fiege-Brauerei kommt aufs Trikot. Zumindest in den DFB-Pokal-Spielen in dieser Saison. Das Bochumer Unternehmen wirbt mindestens beim Auswärtsspiel in Bielefeld auf dem linken Ärmel. Im Idealfall werden es noch bis zu fünf Spiele mehr. „Die beiden Traditionsstandorte zusammen auf ein Trikot zu bringen, ist schon lange der Wunsch vieler VfL-Fans“, weiß auch Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL Bochum. „Für Sammler sind diese Trikotversionen besonders attraktiv, da es die einzige Auflage bleiben wird.“ Rund 3.700 Trikots, entweder in blau oder in weiß, gehen in der kommenden Woche in den Verkauf.

Ärmelpartner für die Bundesliga?

Vor allem für Fiege ist es ein guter Deal, denn die familiengeführte Brauerei hätte sich ein normales Ärmelsponsoring für die Bundesliga nicht leisten können. Auch in diesem Bereich sucht der VfL bekanntlich noch einen Partner. Die Trikotbrust ist bereits vergeben. Hauptsponsor Vonovia hat den Vertrag schon im Mai um ein weiteres Jahr bis 2024 verlängert. Die Konditionen mit dem Immobilienkonzern wurden trotz hoher Verluste des Unternehmens sogar leicht erhöht. Der linke Ärmel dagegen ist noch blank. Die Bochumer Krankenkasse Viactiv musste nach sechs Jahren aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen aussteigen. Immerhin: Die Verantwortlichen befinden sich nach eigener Aussage in Verhandlungen.

„Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir bis zum Bundesliga-Start das geeignete Commitment für uns gefunden haben“, sagte Tim Jost, der neue Leiter für die Bereiche Marketing und Vertrieb, jüngst in einer Medienrunde. Jost ist Anfang 2023 von Holstein Kiel ins Ruhrgebiet gewechselt. Er ist der Nachfolger von Christoph Wortmann, der nun Geschäftsführer von Arminia Bielefeld ist. Jost setzt gemeinsam mit Ilja Kaenzig auf weiter steigende Einnahmen, auch beim Ärmelsponsor. Dabei gehen sie aber mit Bedacht vor. Nach Recherchen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin hat die Klubführung das Angebot eines asiatischen Wettanbieters abgelehnt, weil das Unternehmen nicht zu den Werten des VfL gepasst hätte.

Warteliste für den VIP-Bereich

Das ist auch deshalb möglich, weil die Bochumer im dritten Bundesliga-Jahr in Folge grundsätzlich keine großen Schwierigkeiten haben, neue Sponsoren zu finden. Der VIP-Bereich wird erneut voll ausgelastet sein, die Kündigungsquote ist gering, mittlerweile gibt es sogar eine Warteliste. Das Problem: Der VfL muss somit bares Geld liegen lassen, weil es derzeit keine Möglichkeit gibt, zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Das frühere Morrizz, der kleine VIP-Raum in der Nordtribüne, ist weiterhin geschlossen, weil der Bereich nicht mehr allen Sicherheitsanforderungen entspricht. Die Stadt Bochum, die hierfür zuständig ist, kann den Umbau aber ebenso wenig stemmen wie der VfL. Not macht deshalb erfinderisch.

Weil das Mobiliar in der großen VIP-Lounge ohnehin ausgetauscht werden sollte, wurden nun etwas kleinere Tische bestellt, damit mehr Plätze zur Verfügung stehen. Rund 350 Unternehmen zählen aktuell zum Partnerpool des VfL. 650 Mikrosponsoren für die Nachwuchsabteilung kommen noch hinzu. „Das ist sehr beachtlich, da viele Vereine Probleme haben, Sponsoren zu akquirieren“, erklärt Jost. In Bochum gibt es nun sogar Tribünenpartner. Die Namensrechte für die Westtribüne wurden an die Stadtwerke Bochum vergeben. Vonovia hat sich bereits vor Jahren die Südtribüne gesichert. Die Zahl der zahlungskräftigen Premium-Partner ist hingegen leicht gesunken. So ist unter anderem der Wittener Baustoffhersteller Ardex ausgestiegen.


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(Foto: VfL Bochum 1848)

Niederlage im Elfmeterschießen

Endstation Bielefeld: Bochum offenbart im Pokal viele Defizite

Beim VfL Bochum herrschte größtenteils Sprachlosigkeit nach dem Pokal-Aus am Samstagabend in Bielefeld. Nach einem frühen 0:2-Rückstand rettete sich der Bundesligist in die Verlängerung – blieb dort und im Elfmeterschießen aber ohne Fortune. Die zwei Klassen tiefere Arminia feierte im eigenen Stadion, während die 4.500 VfL-Fans enttäuscht nach Hause fuhren. Auf Bochumer Seite wollte oder durfte kein einziger Spieler den ersten herben Rückschlag der neuen Saison kommentieren. Nur Geschäftsführer Patrick Fabian und Trainer Thomas Letsch stellten sich. 

Ganz schwache erste Halbzeit

Es gab viel zu besprechen nach einem teilweise desillusionierenden Auftritt auf der Alm. Zum ersten Mal seit 2018 flog der VfL schon in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal, zum ersten Mal seit 2003 unterlagen die Bochumer in einem Elfmeterschießen. Vor allem in der ersten halben Stunde fehlte dem Favoriten in der Abwehr die Ordnung, im Mittelfeld der Zugriff und im Angriff die Ideen. Die Folge: Der engagierte und effektive Außenseiter führte früh mit 2:0, wobei der zweite Treffer aufgrund eines Handspiels des Torschützen nicht hätte zählen dürfen. Doch das bleibt in der ersten Pokalrunde ohne Video-Assistenten allenfalls eine Randnotiz.

Schließlich gab es ja noch ganz andere Probleme auf Bochumer Seite. „Ich hatte den Eindruck, dass einige überrascht von dem waren, was die Arminia zeigen würde“, kritisierte Fabian die Herangehensweise seiner eigenen Mannschaft. „Wir haben die Basics nicht abgerufen: Hatten keine gute Körpersprache, wenig Erfolg bei zweiten Bällen und haben zu große Räume entstehen lassen.“ Erst der Anschlusstreffer durch Takuma Asano kurz vor dem Halbzeitpfiff brachte die bis dahin schwachen Bochumer zurück ins Spiel – eigentlich ein optimaler Zeitpunkt.

Für die Leistungssteigerung und klare Feldüberlegenheit in der zweiten Halbzeit belohnte sich der Bundesligist allerdings erst spät. Der eingewechselte Simon Zoller traf in der Nachspielzeit und bescherte den Zuschauern ein Fußballspiel mit Überlänge. Viel brachte der VfL in der Verlängerung aber nicht mehr zustande. Falsche Entscheidungen im letzten Drittel, fehlende Präzision im Abschluss und ein kaum noch existierendes Flügelspiel verhinderten eine Entscheidung nach 120 Minuten – und führten den VfL ins Elfmeterschießen. Die teils noch jungen Bielefelder trafen viermal souverän, die erfahrenen Philipp Hofmann und Kevin Stöger hingegen scheiterten fast schon kläglich. Nur Erhan Masovic verwandelte sicher.

Letsch wird reagieren müssen

„Sie haben Verantwortung übernommen. Deshalb mache ich ihnen auch keinen Vorwurf. Die Gründe für die Niederlage sind vor allem in der ersten Halbzeit zu suchen“, sagte Trainer Letsch, der aber sicher keinem wehgetan hätte, wenn er Fehler und Defizite nach der Partie klarer benannt hätte. Insbesondere Stögers Fehlschuss in die Tormitte war das Resultat einer aufreizenden Lässigkeit, die der Österreicher am Elfmeterpunkt nicht zum ersten Mal gezeigt hat. Auch ansonsten ließ Letsch in seinem Urteil eher Milde walten, was dem frühen Zeitpunkt der Saison und seiner generellen Zurückhaltung bei öffentlichen Äußerungen geschuldet sein dürfte.

Er wird intern jedoch schnell die richtigen Schlüsse aus diesem durchaus peinlichen Pokalaus ziehen müssen, denn klar ist: Der Start in die Bundesliga mit einem Auswärtsspiel in Stuttgart ist anspruchsvoll – und sollte nicht auf ähnliche Art und Weise verloren gehen. Im Vorfeld wird Letsch auch das Spielsystem noch einmal überdenken müssen. Zwar will der Fußballlehrer die Diskussion über eine Dreier- oder Viererkette in der Abwehr und die Besetzung der vorderen Positionen nach wie vor nicht zu hoch hängen. Die Gegentore oder gar die Niederlage in Bielefeld daran festzumachen, wäre ohnehin übertrieben – zumal der VfL im Laufe der Partie in unterschiedlichen Formationen agiert hat.

„Wir hätten auch mit einer Achterkette spielen können – dann hätten wir in der ersten Halbzeit genauso Probleme bekommen“, versuchte Fabian die Diskussion im Keim zu ersticken. Stellenweise wirkte es aber nicht so, als würde die Mannschaft in jeder Spielsituation wissen, was zu tun ist, und vor allem: als würden alle Spieler auf ihrer stärksten Position zum Einsatz kommen. Insbesondere die sogenannten Schienenspieler wirkten überfordert. Felix Passlack hatte in der Defensive immer wieder Probleme und setzte in der Vorwärtsbewegung gar keine Akzente, Christopher Antwi-Adjei wurde seiner Offensivstärke beraubt, weil er eigentlich auch Abwehraufgaben zu erfüllen hatte.

Bero war ein seltener Lichtblick

Lichtblicke gab es nur wenige: Der umtriebige und auch fußballerisch begabte Matus Bero überzeugte nach seiner Einwechslung, ganz im Gegensatz zu Lukas Daschner, der sinnbildlich für die körperlose und mitunter sogar arrogante Spielweise in der ersten Halbzeit stand. Nach anfänglich großen Schwierigkeiten steigerte sich auch Neuzugang Bernardo. Für ein Weiterkommen im DFB-Pokal war es im Kollektiv aber zu wenig.


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Leihe zu Antalyaspor

Warum Fanliebling Holtmann den VfL Bochum verlässt

Gerrit Holtmann nahm seine Aufgabe ernst. Beim Fanabend im Trainingslager kümmerte sich der Publikumsliebling um den Getränkeausschank. Als ein jung aussehender Anhänger ein alkoholisches Kaltgetränk bestellte, fragte Holtmann nach dem Ausweis. Ein anderer Fan unkte später, dass der 28-Jährige hinter der Theke zweifellos schneller war als die oft kritisierten Mitarbeiter an den Cateringständen im Bochumer Ruhrstadion. Seine Idee: So könne man den stets freundlichen und bodenständigen Profi vielleicht doch noch an der Castroper Straße halten.

Doch für einen vereinsinternen Wechsel ließ er sich nicht begeistern. Es war Holtmanns vorerst letzter Auftritt als Spieler des VfL Bochum. Der Flügelstürmer wechselt zum türkischen Erstligisten Antalyaspor, zunächst auf Leihbasis. Der Klub aus der Großstadt am Mittelmeer sicherte sich eine Kaufoption. Der Kontakt kam über den langjährigen BVB-Profi Nuri Sahin zustande, der die Mannschaft von Antalyaspor trainiert. Holtmann trifft also auf einen deutschsprachigen Trainer. Für den Linksfuß mit philippinischen Wurzeln ist es die erste Auslandsstation.

Wechselwunsch schon länger bekannt

In Bochum wollte Holtmann jedenfalls nicht mehr bleiben. Sein Abgang hatte sich abgezeichnet. Bereits kurz nach dem Ende der vergangenen Saison wurden seine Wechselabsichten öffentlich bekannt. Holtmann gehörte nicht mehr zur Startelf, wurde oft nur eingewechselt, wenn überhaupt. Die magere Saisonbilanz: ein Tor, eine Vorlage. Verletzungen und kleinere Wehwehchen erschwerten den Kampf um einen Stammplatz zusätzlich. Zum Trainingsstart Anfang Juli bekräftigte Holtmann seinen Wechselwunsch noch einmal, trotz eines langfristigen Vertrags bis 2025.

Die Verantwortlichen hätten den Flügelspieler eigentlich gern behalten, forcierten ihrerseits keinen Transfer. Doch Holtmann, der sich wohlfühlen muss für Höchstleistungen, wollte nicht bleiben. Aus seinem Umfeld ist zu hören, dass er das Gefühl hatte, dass Trainer Thomas Letsch nicht auf ihn und seine Spielweise setzen würde. Unter Vorgänger Thomas Reis hatte Holtmann vom 4-2-3-1-System mit klassischen Flügelspielern noch sehr profitiert. Letsch hingegen favorisiert vor allem eine 3-5-2-Formation, in der es keine Position gibt, die wirklich gut zu Holtmann passen würde.

Mehrere Traumtore und hohes Tempo

Viele Anhänger bedauern seinen Abgang trotzdem. Denn der pfeilschnelle Außenbahnspieler, der 2020 aus Mainz verpflichtet wurde, war in der Vergangenheit schon überaus wertvoll für den VfL Bochum. In der Aufstiegssaison kam Holtmann auf zehn Scorerpunkte, in der ersten Bundesliga-Saison sogar auf elf. Spätestens mit seinem furiosen Sololauf gegen Mainz, das zum Tor des Jahres 2021 gekürt wurde, und den Traumtoren gegen Bayern und Dortmund spielte sich Holtmann in die Herzen der Fans. Ohne ihn wäre der VfL vermutlich gar nicht dort, wo er gerade steht.

Mit Holtmann verliert der VfL zweifellos einen herausragenden Tempomacher und Sympathieträger, allerdings keinen Stammspieler und Leistungsträger. Zudem entstehen für die Bochumer finanzielle Freiräume. Holtmann zählte nach seiner geforderten und gefeierten Vertragsverlängerung im vergangenen Sommer zu den Top-Verdienern im Kader des VfL. Auf nennenswerte Transfereinnahmen, die reinvestiert werden könnten, müssen die Verantwortlichen allerdings (vorerst) verzichten. Über die Höhe der Kaufoption im kommenden Sommer ist noch nichts bekannt.


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(Foto: Marc Niemeyer)