1:3 in Dortmund

Schießen? Querlegen? Zu spät! Bochums Defizite vor dem Tor

Szenen, die ein Fußballspiel maßgeblich prägen, gibt es in 90 Minuten meist einige. Über eine wurde nach dem Derby zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Bochum aber besonders oft diskutiert. Die Großchance von Matus Bero nach gut einer Stunde hatte spielentscheidenden Charakter. Nach einer Balleroberung am gegnerischen Strafraum lief Bero auf das Dortmunder Tor zu, dachte aber zu lange nach: Soll ich schießen? Oder querlegen? Zu spät! Dortmunds Ian Maatsen grätschte fair dazwischen. Hätte Bero nicht so lange gezögert, wäre der VfL womöglich in Führung gegangen. „Dann kann das Spiel eine andere Wendung nehmen“, dachte sich Bochums Maximilian Wittek, womit er sicher nicht allein war. Denn in diesem Derby war aus Bochumer Sicht mehr möglich. „Da hätten wir das Momentum auf unsere Seite ziehen können. Wenn du diese Phase aber nicht nutzt, fährst du mit einer guten Leistung, aber ohne Punkte nach Hause“, ergänzte Trainer Thomas Letsch.

Riemann zu ungestüm

Der VfL versteckte sich beim BVB keineswegs, lieferte eine mutige, couragierte Leistung ab und ließ die Gastgeber kaum zur Entfaltung kommen. Das Mittel der Wahl: Ein hohes Anlaufen mit starker Mannorientierung – ein kräftezehrender, aber erfolgsversprechender Ansatz, wenn alle mitziehen. Was beim VfL an diesem Sonntagabend der Fall war. Thomas Letsch hatte sich unter anderem für die beiden Jung-Profis Tim Oermann und Moritz Broschinski entschieden, zudem feierte Ivan Ordets nach einer längeren Pause sein Startelf-Comeback. Unglücklich und unabsichtlich leitete Ordets allerdings die frühe Dortmunder Führung ein, als es nur noch Manuel Riemann gelang, regelwidrig dazwischenzugehen und den ersten von zwei Elfmetern an diesem Abend zu verursachen. Zwar beschwerte sich Riemann in gewohnter Manier, doch sein ungestümes Einsteigen musste geahndet werden. Grenzwertig war lediglich das Hand- und Foulspiel von Niclas Füllkrug kurz vor dem Strafstoß zum 3:1-Endstand.

Zu wenig Torgefahr

Für große Unzufriedenheit hat das Ergebnis beim VfL aber keineswegs gesorgt. Ja, die Bochumer haderten mit dem Spielausgang und der sechsten Auswärtsniederlage, nicht aber mit ihrer Leistung, allerhöchstens mit den schon bekannten Defiziten im letzten Drittel. „Wir hatten nach dem 1:1 Chancen in Führung zu gehen“, stellte Kevin Stöger im Nachgang fest und analysierte, warum der VfL – abgesehen vom Eigentor durch Nico Schlotterbeck – nicht zum Torerfolg kam. „Wir müssen mit dem Ball ruhiger sein. Beim letzten Pass, bei der letzten Entscheidung, da fehlt uns noch ein bisschen“, bemängelte Stöger als Spielgestalter die Mischung aus Zögerlichkeit und überhasteten Ballaktionen. Was nicht unbedingt überraschte, weil beim VfL lange Zeit niemand mit nachgewiesenen Torjäger-Qualitäten auf dem Platz stand. Aus der vorderen Reihe haben Christopher Antwi-Adjei und Matus Bero in dieser Saison erst einmal getroffen, Moritz Broschinski noch gar nicht. Ob sich das so schnell ändern wird?

Transfers bis Donnerstag

Bis einschließlich Donnerstag sind Wintertransfers möglich. Nach wie vor ist offen, ob der VfL seinen Kader noch verstärken wird. Verschiedene Ideen ließen sich, wie bereits berichtet, bislang nicht realisieren. Entweder weil die Kandidaten zu teuer waren oder keine Freigabe vom abgebenden Verein erhielten, wie etwa Giorgios Masouras von Olympiakos Piräus. Offensichtlich hoffen die Verantwortlichen nun auf die Dynamik der letzten Transfertage, die dafür sorgen kann, dass sich plötzlich neue Möglichkeiten ergeben. Die Bochumer werden aber nur noch eine zusätzliche Offensivkraft verpflichten, „wenn sich eine Option ergibt, mit der wir uns qualitativ oder perspektivisch verstärken“, sagte Sportdirektor Marc Lettau nach dem Spiel in Dortmund. In Aktionismus wolle er nicht verfallen, eine kurzfristige Leihe bis zum Saisonende schloss Lettau praktisch aus. Womöglich wird Torhüter Andreas Luthe also der einzige Neuzugang in diesem Winter sein.


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Wintertransfers

VfL mit Luthe einig – Neue Spur bei Stürmersuche

Genau eine Woche bleibt noch Zeit, den Kader zu verstärken. Nach wie vor sucht der VfL Bochum auf zwei Positionen nach neuem Personal. Kommen soll nicht nur ein dynamischer und flexibel einsetzbarer Angreifer, sondern auch ein neuer Ersatztorhüter. Wobei die Bochumer den im Grunde schon gefunden haben.

Wunschkandidat ist Andreas Luthe vom 1. FC Kaiserslautern. Der 36-Jährige steht damit vor der Rückkehr zu seinem Jugend- und Ausbildungsverein. Bereits zwischen 2001 und 2016 trug der Keeper das VfL-Trikot, debütierte dabei auch in der Bundesliga. Insgesamt absolvierte Luthe 169 Pflichtspiele für die Profis des VfL, den er 2016 nach dem Verlust seines Stammplatzes in Richtung Augsburg verließ. Luthe duellierte sich seinerzeit mit Manuel Riemann, wird nun aber als Ersatzmann und nicht als Herausforderer der aktuell unumstrittenen Nummer eins verpflichtet. Dies wurde Luthe in den Gesprächen auch klar kommuniziert.

Für Luthe folgten nach seiner langen Zeit in Bochum Stationen bei Union Berlin und nun in Kaiserslautern, wo er zu Saisonbeginn seinen Stammplatz verlor. Mit 90 Erst- und 187 Zweitligaeinsätzen erfüllt Luthe das Bochumer Anforderungsprofil, für die Rückrunde einen routinierten Schlussmann zu verpflichten. Luthe soll den noch länger verletzten Michael Esser vertreten. Zudem ist er die naheliegendste Lösung: Sportdirektor Marc Lettau und Luthe kennen sich noch aus Berlin, mit Geschäftsführer Patrick Fabian hat der Keeper sogar noch selbst zusammengespielt. Luthes Kontakt zum VfL ist nach seinem Abgang ohnehin nie abgerissen, unter anderem durch sein vielfältiges gesellschaftliches und soziales Engagement. Der Wechsel wird über die Bühne gehen, wenn Kaiserslautern einen Nachfolger gefunden hat. Luthe und der VfL sind sich bereits einig.

Neuer Angreifer soll kommen

Priorität genießt in diesem Winter aber eigentlich die Verpflichtung eines Offensivspielers. Doch die Gespräche und Verhandlungen führten bislang noch nicht zum Erfolg. Florent Muslija vom SC Paderborn, der vor allem mit Blick auf den Sommer zum Kandidatenkreis gehörte, wechselt zum SC Freiburg. Finanziell konnte der VfL mit den Breisgauern nicht mithalten, zudem sprachen private Gründe für einen Wechsel nach Freiburg. Auch Marco Grüll von Rapid Wien, um den mehrere Bundesligisten werben, ist sehr wahrscheinlich zu teuer. Und Benedict Hollerbach, über den im Dezember öffentlich spekuliert worden war, wird ebenfalls nicht an die Castroper Straße wechseln. Der Angreifer ist nach dem Trainerwechsel fest bei Union Berlin eingeplant.

Eine neue Spur führt nun offensichtlich ins Ausland. Laut kicker-Sportmagazin und griechischen Medien zeigt der VfL Interesse an einer Verpflichtung von Georgios Masouras. Der Nationalspieler Griechenlands geht aktuell für Olympiakos Piräus auf Torejagd. Dort ist der 30-Jährige seit Jahren Stammkraft und sogar Vize-Kapitän, sein Vertrag läuft allerdings in diesem Sommer aus. Mit seiner Athletik, seiner Technik, einer guten Übersicht sowie einer engagierten Spielweise würde Masouras genau ins Bochumer Anforderungsprofil passen. Im Angriff ist Masouras flexibel einsetzbar, sowohl als zweite Spitze als auch auf den Außenpositionen. Bislang hat er jedoch nur in Griechenland gespielt, die Bundesliga wäre Neuland für ihn. Fraglich ist ohnehin, ob Masouras für den VfL bezahlbar wäre – und ob er dem grundsätzlichen Plan der Kaderverjüngung nicht im Weg stünde.

Wie auch immer: Platz im Bochumer Kader wäre noch, erst recht nach dem Abgang von Jordi Osei-Tutu. Der Außenbahnspezialist spielt bis zum Sommer auf Leihbasis für den griechischen Erstligisten PAS Giannina. Sein neuer Verein hat sich eine Kaufoption gesichert. Die gibt es bei Gerrit Holtmann, der bis zum Saisonende für Darmstadt 98 aufläuft, übrigens nicht.


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Debatte

VfL-Kolumne: Eine Posse, die sich nicht wiederholen darf

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die lange Spielunterbrechung beim Heimspiel gegen Stuttgart.

Thomas Letsch denkt zu logisch und zu pragmatisch. Nach dem Spiel gegen Stuttgart hatte er eine simple Idee, wie die wohl längste Halbzeitpause der Bundesliga-Geschichte hätte verkürzt werden können. Eine Fahne der Stuttgarter Ultras versperrte ein Fluchttor, das Spiel wurde zunächst nicht fortgesetzt. „Mein Gott, hängt die Fahne doch ab, das bricht niemandem einen Zacken aus der Krone“, sagte Letsch in Richtung der Stuttgarter Fans.

Das war leider keine Option. Für viele Fangruppen ist die Fahne ihr Heiligtum. Etliche Gruppen haben sich sogar schon aufgelöst, wenn ihre Fahne gestohlen oder zerstört wurde. Deshalb war es auch keine Option, sie am Spieltag mit Gewalt zu entfernen. Dann wäre die Situation vermutlich eskaliert. Im Grunde haben alle Beteiligten sehr besonnen reagiert und schließlich doch eine Lösung gefunden. Nur: Eine Unterbrechung von mehr als 40 Minuten ist deutlich zu lang. Eine Posse, die sich nicht wiederholen darf.

Fehler haben fast alle gemacht: Die Stuttgarter, die im Vorfeld über die Regeln in Bochum informiert waren, sie aber einfach ignoriert haben. Die Behörden, die die Fahne während der ersten Halbzeit geduldet und erst in der Pause ihr Veto eingelegt haben – genau das hat die VfB-Fans so verwundert und sicher zur Sturheit beigetragen. Es wäre an dieser Stelle anmaßend zu urteilen, ob man nicht ohne weitere Maßnahmen auch die zweite Halbzeit hätte durchziehen können. Wenn nein, dann war die Fahne allerdings schon während der ersten Halbzeit ein erhebliches Sicherheitsrisiko. Auch der Bochumer Ordnungsdienst war unaufmerksam, weil er das Anbringen der Fahne vor dem Spiel nicht bemerkt und verhindert hat.

Ganz generell muss noch die Frage erlaubt sein, wie es sein kann, dass eine kleine Gruppe rund 26.000 Zuschauer und zwei Mannschaften daran hindert, das Spiel fortzusetzen? Stehen da wirklich Wohl und Erfolg des eigenen Vereins im Mittelpunkt – oder die Interessen einer einzelnen Gruppe? Eigentlich eine rhetorische Frage. Hinzukommt: Dass die Sicherheitscrew Sorge vor einer Eskalation hatte, spricht Bände. Daran sind die Vereine aber nicht ganz unschuldig, die bestimmten Gruppen zu viel Macht eingeräumt haben.


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Personalie

Portugiesische Eleganz: Paciencia ist die Sturmhoffnung

Schöner hätte der erste Treffer von Goncalo Paciencia im Trikot des VfL Bochum kaum sein können. Mit einer eleganten Direktabnahme brachte er seine Mannschaft im Auswärtsspiel beim SC Freiburg in Führung. „Sogar mit links, obwohl ich mit dem rechten Fuß eigentlich noch stärker bin“, kommentierte Paciencia nach der Partie sein erstes persönliches Erfolgserlebnis. „Leider hat es uns wenig gebracht.“ Dass der VfL am Ende mit 1:2 im Breisgau verlor, lag aber ganz gewiss nicht am portugiesischen Mittelstürmer.

Ausgeliehen bis zum Sommer

Seit Anfang September verstärkt der 29-Jährige den Angriff des Revierklubs. Am letzten Tag der Transferperiode wechselte Paciencia auf Leihbasis vom spanischen Erstligisten Celta Vigo nach Bochum. Der Vertrag läuft zunächst bis zum Ende der Saison, eine Kaufoption gibt es nicht. „Wir wollten uns im Angriff unbedingt noch einmal verstärken. Mit Goncalo Paciencia haben wir die ideale Lösung gefunden“ sagte VfL-Sportdirektor Marc Lettau anlässlich der Verpflichtung. „Goncalo verfügt bereits über reichlich Erfahrung, sowohl in der Bundesliga als auch in den europäischen Wettbewerben.“

In Bochum kämpft Paciencia bekanntlich gegen den Abstieg. Doch der Mittelstürmer hat auch schon Titel gesammelt. In Portugal gewann er 2018 mit dem FC Porto die Meisterschaft. Für ihn ein besonders Erlebnis, schließlich wurde er in Porto als Sohn des 34-maligen Nationalspielers Domingos Paciencia geboren und spielte seit dem achten Lebensjahr für die Jugendmannschaften des Traditionsklubs. Doch mangels Spielzeit ließ sich Paciencia junior in der Folge mehrfach verleihen, unter anderem nach Griechenland zu Olympiakos Piräus.

Im Sommer 2018 erfolgte schließlich der erste Wechsel nach Deutschland. Eintracht Frankfurt sicherte sich die Dienste des Angreifers. Dort kam Paciencia über die Rolle des Edeljokers aber nur selten hinaus. 2020 unterschrieb er deshalb einen Leihvertrag bei Schalke 04. Doch bei den Königsblauen lief es gar nicht rund. Paciencia war mit Knieproblemen längere Zeit verletzt und stieg am Saisonende in die 2. Liga ab. Die Kaufoption war damit Makulatur, Paciencia kehrte zur Eintracht zurück – und erlebte dort seinen zweiten Höhepunkt der Karriere. Mit den Hessen gewann Paciencia in der Spielzeit 2021/22 die Europa League und erzielte im Laufe des Wettbewerbs zwei wichtige Treffer, bevor er sich zunächst wieder aus Deutschland verabschiedete. Im Sommer 2022 wechselte Paciencia nach Spanien zu Celta Vigo. Doch eine tragende Rolle nahm er dort nicht ein. Somit folgte der Wechsel nach Bochum.

Olympia-Teilnehmer in Rio

„Ich bin sehr glücklich, wieder in der Bundesliga aufzulaufen“, sagt Goncalo Paciencia zur knapp einjährigen Leihe nach Bochum und lobt dabei besonders die Atmosphäre in den Stadien: „Diese Stimmung, die man hier in Deutschland hat, gibt es in anderen Ligen nicht. Die ist richtig gut. Die deutschen Fans können stolz darauf sein. Ich habe diese Stimmung sehr vermisst.“ Der 29-Jährige kann es beurteilen. Der Angreifer hat nicht nur für Klubs aus vier verschiedenen Ländern gespielt, sondern auch im Nationaltrikot internationale Erfahrung gesammelt. 2016 stand Paciencia im portugiesischen Aufgebot bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro. Ein Jahr später debütierte er im A-Nationalteam, allerdings kam 2019 nur noch ein weiteres Spiel dazu.

Der Weg vom VfL zurück ins Nationalteam ist weit, doch fürs Erste würde es ja auch genügen, wenn Paciencia mit seinen Toren dazu beiträgt, dass der VfL Bochum sein viertes Bundesliga-Jahr in Folge erlebt. „Dass er ein Torjäger ist, haben wir nicht nur gegen Freiburg gesehen. Goncalo hat einen sehr guten Abschluss, das ist seine Qualität“, weiß auch Trainer Thomas Letsch, der seinen Schützling aber erst am Ende der Hinrunde häufiger eingesetzt hat. „Goncalo kam erst Anfang September zu uns. Er war zu Beginn nicht hundertprozentig fit, hatte keine Vorbereitung und musste sich dann heranarbeiten“, erklärt der Coach. Muskuläre Probleme hätten den kopfballstarken und beweglichen Mittelstürmer zwischenzeitlich wieder ausgebremst. „Jetzt ist er wieder da. Goncalo wird noch viele Spiele und Tore für uns machen. Davon bin ich überzeugt“, betont Letsch.

Einen Vorgeschmack darauf lieferte Paciencia im Dezember. Gegen Union Berlin erzielte er sein erstes Tor im Bochumer Ruhrstadion, und in Hoffenheim mit einem sehenswerten Volleyschuss den Anschlusstreffer, der sogar zum Tor des Monats gewählt wurde. Der Portugiese mag es eben gerne elegant.

Dieser Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen, das ab sofort erhältlich ist. Auf mehr als 100 Seiten bietet das Magazin weitere Interviews, viele Porträts und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend steht das Magazin auch als PDF-Download bereit.

1:0 gegen Stuttgart

Bero trifft, Luthe vor Rückkehr: Heimsieg statt Spielabbruch

Um 17.23 Uhr brachte Matus Bero das Bochumer Ruhrstadion zum Jubeln – eigentlich eine gewöhnliche Zeit für den Schlusspfiff in der Bundesliga. An diesem Samstag lief das Spiel des VfL gegen Stuttgart aber noch. Erst 50 Minuten waren absolviert, als Bero seinen Premierentreffer im blau-weißen Trikot erzielte. Der Grund dafür: Eine mehr als 40-minütige Spielverzögerung. Schiedsrichter Bastian Dankert hatte die zweite Halbzeit zunächst nicht angepfiffen, weil die Sicherheitsbehörden ihr Veto einlegten. Eine Zaunfahne der Stuttgarter Ultras hing unerlaubterweise an einem Fluchttor, was der Ordnungsdienst offensichtlich nicht verhindert hatte. Darauf hatte der VfB seine Anhänger zwar im Vorfeld nachweislich hingewiesen, doch der Hinweis wurde ignoriert. Die auch im Stadion nochmals vorgetragene Bitte, die Fahne abzuhängen, stieß bei den Fans aus Schwaben auf taube Ohren – weil sie ja schon in der ersten Halbzeit dort hing. Neu ist das Problem nicht, schon gegen Mönchengladbach im September gab es deswegen Ärger.

Nah am Spielabbruch

Die Sicherheitscrew wollte während der Partie jedoch keine Unterbrechung erzwingen und auch danach nicht eskalieren, indem sie die Fahne – die quasi das Heiligtum der Ultras ist – einfach abnimmt. Selbst die Stuttgarter Spieler und Verantwortlichen redeten in der wohl längsten Halbzeitpause der Bundesliga-Geschichte auf ihre Fans ein, doch auch das führte nicht zur Einsicht. Erst danach kam es zu einem Kompromiss. Die Ultras lösten die Fahne an einigen Stellen, das Tor ließ sich öffnen. Der VfL platzierte außerdem zusätzliche Ordner davor, die im Notfall hätten eingreifen können. Ein Spielabbruch, sagte VfL-Sportdirektor Marc Lettau später auf Nachfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin, stand unmittelbar bevor. Doch nicht nur die Spieler bevorzugten eine sportliche Entscheidung. „Es war das längste Spiel meiner Karriere“, sagte Kapitän Anthony Losilla. „Wir waren lange in der Kabine, sind aber wieder rausgegangen, um zu zeigen, dass wir weitermachen wollen.“ Was dann auch erfolgreich gelang.

Mehrere Ausfälle

Der VfL ging nach einer Balleroberung von Christopher Antwi-Adjei und einem präzisen Abschluss von Bero in Führung – und verteidigte anschließend den Heimsieg. Ein spätes Gegentor wie zuletzt gegen Bremen konnten die Bochumer dank großer Leidenschaft verhindern. Dass die drei Punkte angesichts der Stuttgarter Überlegung bei den Torchancen etwas glücklich waren, interessierte beim VfL logischerweise niemanden. Zumal die Bochumer mit großen Personalproblemen in die Partie gegangen waren. Neben Takuma Asano (Asien-Cup) und Cristian Gamboa (Gelbsperre) fehlten kurzfristig auch die Leistungsträger Kevin Stöger (Magen-Darm-Probleme) und Keven Schlotterbeck (muskuläre Probleme). Stöger dürfte fürs Derby gegen Dortmund kommenden Sonntag rechtzeitig zurückkehren, Schlotterbeck eher nicht. Fehlen wird dann auch der seit Wochen starke Bernardo, der gegen Stuttgart seine fünfte Gelbe Karte sah. Dafür wird Ivan Ordets wohl wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein, Gamboa kehrt zurück.

Neuer Ersatztorwart

Allerdings gaben gegen Stuttgart auch Tim Oermann und Noah Loosli ihre Bewerbung für einen Derbyeinsatz ab. Rechtsverteidiger Oermann zeigte nach anfänglichen Problemen gegen den starken Chris Führich eine sehr ansprechende Leistung, innen verteidigte auch Loosli solide. Die Probleme beim VfL liegen nach wie vor eher in der Offensive, die erneut nur selten gefährlich wurde, vor allem in einer komplett ereignislosen ersten Halbzeit. Hat aber gereicht, um sich zum Rückrundenbeginn einen Neun-Punkte-Vorsprung auf einen direkten Abstiegsrang zu erarbeiten. Das wird sicher auch Andreas Luthe freuen. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin steht der 36-Jährige vor einer Rückkehr an die Castroper Straße. Beim VfL soll das Bochumer Eigengewächs als Ersatztorwart den noch länger verletzten Michael Esser vertreten. Jordi Osei-Tutu soll hingegen nach Griechenland verliehen werden. Und: Der Leihvertrag von Gerrit Holtmann mit Darmstadt 98 ist schon unterschrieben.


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(Foto: Imago / Beautiful Sports)

Personalien

Zwei Neue auf der Wunschliste – Holtmann bricht Türkei-Leihe ab

Noch knapp zwei Wochen, bis einschließlich 1. Februar, ist das Transferfenster für die Bundesliga geöffnet. Bislang ist es beim VfL Bochum ziemlich ruhig geblieben. Nur der Vertrag mit Lys Mousset wurde aufgelöst. Ansonsten ist der Kader im Vergleich zur Hinrunde unverändert. Doch das wird sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch ändern. Im Fall von Jordi Osei-Tutu bahnt sich ein Leihgeschäft ins Ausland an. Auch Moritz Römling und Mats Pannewig dürfen den Klub verlassen. Ein Wechsel von Tim Oermann ist derweil vom Tisch, er wird in Bochum bleiben.

Zwei neue Spieler gesucht

Klar ist zudem, dass Geschäftsführer Patrick Fabian und Sportdirektor Marc Lettau in diesem Winter gerne noch zwei neue Spieler verpflichten würden. Wie bereits berichtet, sucht der VfL nicht nur einen flexiblen und dynamischen Angreifer vom Typ Takuma Asano, sondern auch einen Ersatztorhüter mit Bundesliga-Erfahrung. In beiden Fällen ist das Anforderungsprofil klar: Für vorne hätten die Bochumer gerne einen Spieler, der auch über das Saisonende hinaus an der Castroper Straße spielen soll, für hinten eine Übergangslösung, weil Michael Esser noch länger ausfallen wird. Im Sommer wird der aktuell nach Wuppertal verliehene Paul Grave zurückkehren. Ein Abbruch der Leihe ist kein Thema.

Karweina noch kein Thema

Namen von Kandidaten kursieren noch keine, zumindest nicht für die Torhüter-Position. Naheliegend wäre es aber, wenn der VfL beispielsweise bei Spielern anklopfen würde, die in ihren Klubs nur noch die Nummer drei sind, oder natürlich bei vereinslosen Profis. Für den Angriff indes wird seit Wochenbeginn vor allem über Sinan Karweina gesprochen. Der Top-Scorer der österreichischen Bundesliga passt mit seiner Spielweise und seinem Alter zwar grundsätzlich ins Bochumer Beuteschema, jetzt im Winter ist ein Transfer aber definitiv noch keine Option. Der VfL befindet sich in fortgeschrittenen Gesprächen mit einem anderen Kandidaten, wobei das nichts heißen muss. Ein angedachter Transfer ist bereits geplatzt, nachdem sich der abgebende Verein umentschieden hat.

Holtmann wohl nach Darmstadt

Ebenfalls kein Kandidat ist Gerrit Holtmann, über dessen Rückkehr zuletzt in Fankreisen spekuliert wurde. Die Bochumer suchen allerdings keinen klassischen Flügelspieler, der die Linie rauf- und runterläuft. Zudem sieht der Spieler beim VfL nicht die gewünschte Perspektive, weil der Trainer nicht auf ihn setzt. Holtmann wird wohl trotzdem in die Bundesliga zurückkehren. Die im Sommer vereinbarte Leihe zum türkischen Erstligisten Antalyaspor verlief nicht gewünscht. Holtmann spielte – auch verletzungsbedingt – nur selten. Zudem arbeitet Trainer Nuri Sahin, der den Linksfuß in die Türkei gelotst hatte, mittlerweile für Borussia Dortmund. Laut Sky wird sich Holtmann in Kürze dem Bundesliga-Konkurrenten Darmstadt 98 anschließen, wo sein Förderer Torsten Lieberknecht als Chefcoach arbeitet. Das passt nicht nur sportlich, sondern auch privat. Holtmann Hauptwohnsitz befindet sich in Mainz.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Kaderplanung war auf Dreierkette ausgerichtet

Die VfL-Kolumne ist ein neues Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße, oder gerne auch zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Kaderplanung im Sommer.

Ist das Glas am Ende der Hinrunde nun halbvoll oder halbleer? Für beide Sichtweisen gibt es gute Argumente, wobei die positiven Aspekte überwiegen. Erfreulich ist: Der VfL war nur in wenigen Spielen klar unterlegen, krasse Ausschläge nach unten gab es zuletzt gar nicht mehr. Die Zahl der Gegentore ist gesunken, die Zahl der Niederlagen ebenso. Ebenfalls positiv: Gegen keinen der direkten Konkurrenten haben die Bochumer verloren – anders als in der vergangenen Saison. Ärgerlich und wenig berauschend ist allerdings die Tatsache, dass der VfL von 17 Spielen nur drei gewonnen hat. So erklärt sich auch der Schnitt von genau einem Punkt pro Partie. Weil die Konkurrenz aktuell so schwach ist, wird der VfL am Saisonende aber keine 40 Punkte für den Klassenerhalt benötigen.

Was er für weitere Erfolge aber braucht, ist mehr Torgefahr – und Dynamik. Und genau da zeigen sich Schwächen in der Kaderplanung. Vorneweg: Die Mannschaft ist in ihrer Gesamtheit absolut bundesligatauglich. Aber die Kaderplanung war im Sommer zu sehr auf das von Thomas Letsch zunächst angedachte 3-5-2-System ausgerichtet. Deshalb wurden Schienenspieler wie Felix Passlack und Maximilian Wittek verpflichtet, die es gegen Bremen gar nicht mehr in den Kader schafften. Ebenso wurden mit Matus Bero, Lukas Daschner und Moritz Kwarteng bevorzugt zentrale Mittelfeldspieler verpflichtet, während kaum noch Wert auf offensive Flügelspieler oder Angreifer mit hohem Tempo gelegt wurde – genau die fehlen jetzt.

Durch den Ausfall von Takuma Asano herrscht im Kader ein Vakuum, das in den kommenden zwei Wochen zum Glück noch geschlossen werden soll. Christopher Antwi-Adjei ist aktuell der einzige Flügelspieler mit ausreichend Tempo und Offensivdrang. Jordi Osei-Tutu, der diese Rolle zumindest in der Theorie einnehmen könnte, spielt seit dem Sommer keine Rolle mehr. Moritz Kwarteng kommt auch Monate nach seiner Gesundung kaum zum Einsatz – irgendetwas scheint ihm zu fehlen. Und Lukas Daschner? Ist mangels Dynamik einzig und allein im Zentrum zu Hause. Auch bei der Transferbilanz ist somit vage, ob das Glas eher halbleer oder halbvoll ist.


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(Foto: Imago)