Mitgliederversammlung

Klare Tendenz: Ruhrstadion soll bleiben – Neubau utopisch

Am 28. November findet im RuhrCongress die Mitgliederversammlung des VfL Bochum statt. Im vergangenen Jahr dominierte die Wahl des Präsidiums das Geschehen, in diesem Jahr wird es wohl die Diskussion um die Zukunft des Bochumer Ruhrstadions sein. Seit einigen Wochen wird in der Öffentlichkeit intensiv über einen Umbau oder gar einen Neubau gesprochen. Die Fans warten aber noch auf konkretere Informationen. Die Stadt als Stadioneigentümerin gibt das Tempo vor. Offen ist, was der VfL am kommenden Dienstag bereits preisgeben darf – und wenn, was genau.  

Klar ist nur: Die Stadt hat bereits konkrete Ideen und ein Konzept entwickelt, das in Kürze auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt werden dürfte. In dieser Woche gibt es für verschiedene Kreise erste Informationstermine. Auch die Klubspitze des VfL Bochum trifft sich mit Oberbürgermeister Thomas Eiskirch. Seine Verwaltung hat sich öffentlich bislang nur einziges Mal zur laufenden Stadiondebatte geäußert, als sie die von der WAZ verbreiteten Gerüchte um einen möglichen Neubau auf dem Gelände des Bochumer Tierheims deutlich zurückgewiesen hat.

Für einen Neubau fehlt Platz und Geld

Wie an dieser Stelle bereits berichtet, ist ein Neubau generell eine sehr unwahrscheinliche Option. Dafür gibt es mehrere Gründe: Erstens, weil eine geeignete Fläche fehlt. Die von einigen Fans favorisierte Lösung, ein neues Stadion neben dem bisherigen zu bauen, ist aus Platzgründen ebenfalls keine, die sich in die Tat umsetzen ließe. Das Gelände an der Castroper Straße ist schlichtweg zu klein. Dabei gibt es unter anderem rechtliche Hürden, insbesondere mit Blick auf die eng bebaute Nachbarschaft. Ein neues Stadion würde zwangsläufig sehr nah an die Häuser am Quellenweg rücken.

Zweitens, weil ein Neubau – vor allem auf einer noch nicht erschlossenen Fläche – viel zu teuer wäre. Weder die Stadt hat dafür genügend Geld noch der Klub – auch nicht, wenn sich beide die Kosten teilen würden. Und drittens, weil der politische Wille, den VfL von der Castroper Straße auf die grüne Wiese umziehen zu lassen, gar nicht vorhanden ist. Die SPD, die bekanntlich den Oberbürgermeister stellt, hat sich klar für den bisherigen und seit mehr als einhundert Jahren existierenden Stadionstandort ausgesprochen; die anderen Ratsfraktionen sehen das grundsätzlich sehr ähnlich.

Modernisierung wahrscheinlichste Option

Es läuft also auf eine Modernisierung des Ruhrstadions hinaus. Offen ist nur, was konkret gemacht werden soll und überhaupt gemacht werden kann. Wie von Tief im Westen – Das VfL-Magazin schon vor einigen Wochen berichtet hat, gilt für das 1979 eröffnete Ruhrstadion der Bestandsschutz. Eine mögliche Erweiterung bedarf einer neuen Genehmigung. Anwohnerklagen könnten beispielsweise die Folge sein. Unklar ist außerdem, was mit Blick auf die Statik überhaupt machbar ist. Hinzu kommt, dass allenfalls hinter der Osttribüne Platz für einen zusätzlichen Rang wäre.

Im Süden verläuft bekanntlich die Castroper Straße, im Norden befindet sich das Stadioncenter und im Westen stehen Wohnhäuser. Laut WAZ würde der Ausbau der Osttribüne rund 30 Millionen Euro kosten. Doch zusätzliche Stehplätze braucht der Verein am wenigsten. Zuletzt ist vor allem die Nachfrage nach VIP-Seats und Sitzplätzen gestiegen. Wahrscheinlich ist also, dass das Stadion lediglich auf den aktuellen Stand der Technik gebracht wird und der Sanierungsstau an vielen Stellen aufgelöst wird, damit der Komfort erhöht wird und der VfL weiter alle Auflagen erfüllt.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Stadt und Verein

Ruhrstadion: Eine Option fällt weg – Entscheidung wird dauern

Etwas mehr als 50 Jahre ist es her, dass der VfL Bochum den ersten Anlauf unternahm, sich in der Fußball-Bundesliga zu etablieren. 1971 stieg der Revierklub auf, damals noch im alten Stadion an der Castroper Straße. Doch Präsident Ottokar Wüst erkannte, dass der Verein mit den Nachbarn Schritt halten muss, damit der VfL konkurrenzfähig bleibt. „Bauen Sie mir ein Stadion, und ich baue Ihnen eine Mannschaft“, hatte Wüst seinerzeit zu Oberbürgermeister Heinz Eikelbeck gesagt, begleitet von dem längst legendären Satz: „Der VfL Bochum kommt von der Castroper Straße, und hier soll er auch bleiben.“ Dieser Wunsch ging in Erfüllung. Die Kommune fand eine Lösung, in mehreren Bauphasen entstand Mitte und Ende der 1970er-Jahre das heutige Ruhrstadion.

Stadt ist bereit zu investieren

Doch der Zahn der Zeit nagt mittlerweile auch am Bochumer Schmuckkästchen. An mehreren Stellen herrscht Renovierungsbedarf. Zudem ist das Stadion zu klein, die Kartennachfrage übersteigt das Angebot bei weitem. Der Klub und die Stadt, der das Stadion seit jeher gehört, sind sich deshalb einig: Damit sich der VfL entwickeln kann und keinen Fan-Nachwuchs verliert, muss in Steine investiert werden, ähnlich wie damals. Offiziell äußern sich beide Seiten zwar noch nicht zu möglichen Baukonzepten, doch laut WAZ soll die Kommune bereit sein, bis zu 90 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen – entweder für einen Umbau an der Castroper Straße oder für einen Neubau an anderer Stelle, der allerdings teurer werden würde und den der VfL mitfinanzieren müsste.

Doch da beginnen die Probleme: Ein Neubau auf der grünen Wiese wäre für den Klub nach heutigem Stand wirtschaftlich nicht zu stemmen und den Fans ohnehin kaum zu vermitteln. Das Ruhrstadion ist bei den Anhängern überaus beliebt, identitätsstiftend mit seiner Architektur und der einzigartigen Lage mitten in der Stadt. Eine austauschbare Arena am Stadtrand will so gut wie keiner. Zudem steht die laut WAZ angeblich ins Auge gefasste Fläche an der Grenze zu Witten gar nicht zur Verfügung. Auf dieser Fläche, die bislang nur vom Tierheim genutzt wird, ist grundsätzlich keine weitere Bebauung vorgesehen. „Insofern ist eine Diskussion über die Fläche als denkbare Baufläche für ein etwaiges Stadion obsolet“, teilte die Stadt am Dienstag mit.

Wenig Platz an Ort und Stelle

Ein Ausbau des Ruhrstadions wiederum wäre womöglich nicht ausreichend, denn die Möglichkeiten an Ort und Stelle sind stark begrenzt. Schlimmstenfalls kann nur die Osttribüne erweitert werden, was unwirtschaftlich sein könnte. Die Nachfrage für Stehplätze geht zurück, die meisten Zuschauer wünschen sich Sitzplätze und der Verein wirtschaftlich lukrative VIP-Logen. Zudem müsste geklärt werden, wo der VfL während der Umbauphase seine Heimspiele austrägt. Fest steht einzig: Beim Status Quo wird es nicht bleiben. Das möchte weder die Vereins- noch die Stadtspitze. Noch in diesem Monat wollen kommunale Vertreter dem Klub ihre Überlegungen genauer vorstellen, denn der Verein kennt die Pläne auch noch nicht im Detail. Eine schnelle Entscheidung ist deshalb nicht zu erwarten.

Die politischen Parteien bringen sich aber schon in Stellung und sind von einem Neubau an unbekannter Stelle nicht überzeugt. Für die SPD, die immerhin den Oberbürgermeister stellt und mit den Grünen eine Mehrheit im Rathaus bildet, hat sich der Fraktionsvorsitzende Burkhart Jentsch bereits eindeutig positioniert: „Das Herz des VfL schlägt an der Castroper Straße. Ein Neubau an anderer Stelle kommt für mich nicht in Frage“, schreibt er auf der Website der SPD. Die Grünen als Koalitionspartner denken ähnlich, die FDP äußert ebenfalls Skepsis. Die CDU würde sich insbesondere über eine neue Mehrzweckhalle auf dem Kirmesplatz freuen, die bei einem möglichen Abriss der Rundsporthalle entstehen könnte, um mehr Raum auf dem Stadiongelände zu schaffen.

Kein Schnellschuss geplant

Die Positionen der Parteien sind am Ende entscheidend. Denn das letzte Wort wird der Rat der Stadt haben. Der VfL wird aber seine Empfehlung abgeben dürfen, womöglich unter Einbeziehung der Mitgliederversammlung – allerdings nicht schon in zwei Wochen. Die WAZ hatte berichtet, dass sich der VfL bereits bis zum diesjährigen Termin am 28. November für eine der Optionen entscheiden soll. Das aber wird in keinem Fall so passieren, zumal bis dahin noch gar nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen werden. Denkbar ist schließlich auch, dass von den skizzierten Varianten am Ende des Planungsprozesses gar nicht mehr alle übrigbleiben – weil es bauliche, finanzielle oder rechtliche Hürden gibt, die nicht zu überwinden sind. Oder weil für einen Neubau schlicht die passende Fläche fehlt.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / Nordphoto)

1:1 gegen Köln

Spürbar genervt: Bochumer hadern mit Remis-Serie

Fußball ist ein Ergebnissport, in dem Haltungsnoten keine Rolle spielen. Das hat Thomas Letsch in den Stunden und Tagen nach dem ersten Saisonsieg in Darmstadt fast mantraartig betont. Bochums Cheftrainer war spürbar genervt davon, dass stellenweise eher die mäßige Spielleistung als das erfreuliche Ergebnis thematisiert wurde. Nach dem 1:1 im Kellerduell gegen Köln nahm er den Ball fast schon dankend wieder auf. „Ich schätze, dass diejenigen, die uns für den Auftritt in Darmstadt kritisiert haben, nun glücklich sind, denn wir haben ja gut gespielt. Ich bin es nicht, weil wir nicht gewonnen haben“, sagte Letsch im Sportstudio-Interview. 

Elf Spiele, neun Punkte

In der Pressekonferenz führte der Fußballlehrer schließlich aus, warum er nicht zufrieden war: „Wir haben von Beginn an ein sehr gutes Spiel gemacht. Aber wir hätten aus diesem Spiel mit drei oder vier Tore rausgehen müssen. Sind wir aber nicht, also haben wir zwei Punkte verloren“, bekräftigte Letsch, der sich genauso wie seine Spieler enttäuscht in die Länderspielpause verabschiedete. Der VfL wartet weiter auf seinen ersten Heimsieg. Mit elf Punkten nach elf Spielen hätten die Bochumer im Abstiegskampf einen Schnitt von einem Zähler pro Partie erreichen können – nun sind es neun Punkte und Tabellenplatz 14.

Letsch hadert wie viele Bochumer vor allem mit der Remis-Serie im eigenen Stadion. Vier von fünf Heimspielen in dieser Saison endeten ohne einen Sieger, obwohl der VfL in diesen Partien fast ausnahmslos die (etwas) bessere Mannschaft war. Das belegen auch die Zahlen: Insgesamt 79 Torschüsse brachten die Bochumer bei den Heim-Unentschieden zustande, nur 42 die Gegner. „Es gab so viele Chancen, ich habe gar nicht mehr alle im Kopf“, sagte Kevin Stöger nach dem Spiel gegen Köln, als der VfL erneut in vielen Statistiken klar vorne lag. Nur beim Endergebnis herrschte Ausgeglichenheit. „Es fühlt sich nicht besser an als vor zwei Wochen gegen Mainz“, ergänzte Stöger.

Viele Chancen vergeben

Gegen Mainz kassierte der VfL in der Schlussminute den Ausgleich und verlor wichtige Punkte im Kampf gegen Abstieg. Diesmal scheiterten die Bochumer an ihrer Chancenverwertung. In beiden Halbzeiten, vor allem aber in der zweiten, erarbeiteten sich die Gastgeber ein klares Chancenplus. Doch Lukas Daschner, der immerhin das 1:0 erzielte, Stöger und vor allem Takuma Asano vergaben die besten Gelegenheiten. Der einzige Spieler, der an diesem Samstagabend noch traf, trug ein Kölner Trikot. Lediglich bei Umschaltaktionen wurden die Gäste hin und wieder gefährlich, ansonsten zeigte der VfL mit seiner Viererkette eine gute Defensivleistung. 

Auch das neu formierte Mittelfeld wusste zu überzeugen. Letsch hatte mit Lukas Daschner und Moritz-Broni Kwarteng gleich zwei Startelf-Debütanten aufgeboten, zudem nahm Patrick Osterhage die Rolle des erkrankten Anthony Losilla ein. Vor allem Osterhage überzeugte als Vertreter des Kapitäns; die beiden neuen Kreativspieler hinterließen aber ebenfalls einen ordentlichen Eindruck und belebten das Bochumer Angriffsspiel. „Wir hatten einige Spieler auf dem Platz, die ihre Stärken eher im Spiel mit dem Ball haben. Dann sieht es auch gleich anders aus“, sagte Bochums Sportdirektor Marc Lettau zum fußballerisch klar verbésserten Auftritt.

Punkte sind entscheidend

Mit seinen Aussagen nach dem Spiel in Darmstadt hatte Lettau die Diskussion über die mäßige Spielleistung – wahrscheinlich unbewusst – erst ausgelöst und seinen Trainer damit eine Woche lang für alle sichtbar auf die Palme gebracht hat. Ungewohnt dünnhäutig war Letsch mit der öffentlichen Kritik umgegangen. Der Trainer sah sich nach eigener Aussage dazu genötigt, sich für ein Erfolgserlebnis rechtfertigen zu müssen. Das Ergebnis gegen Köln hat jedenfalls nicht zur Beruhigung beigetragen. Letsch wäre eine schlechte Leistung mit drei Punkten am Ende sicher lieber gewesen. Lettau und allen anderen übrigens auch.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / RHR-Foto)

Vorschau

Vor dem Heimspiel gegen Köln: Letsch gereizt, Losilla fraglich

Zahlenspiele vor dem Heimspiel des VfL Bochum an diesem Samstag gegen den 1. FC Köln (18.30 Uhr / Sky) sind problemlos möglich. Sollte das Team von Trainer Thomas Letsch als Sieger aus der Partie hervorgehen, winkt dem VfL am 11.11., also pünktlich zu Beginn der Kölner Karnevalsession, mit elf Punkten der elfte Tabellenplatz – und das am elften Spieltag.

Losilla erkrankt

Das als Topspiel deklarierte Duell ist für beide Teams von großer Bedeutung, allerdings im Kampf gegen den Abstieg. Die Bochumer haben am vergangenen Wochenende in Darmstadt ihren ersten Saisonsieg eingefahren, auf ein Erfolgserlebnis im eigenen Stadion warten sie indes noch. Die Kölner wiederum sind derzeit das Schlusslicht der Liga; sieben von zehn Partien hat der FC verloren.

Der VfL geht also leicht favorisiert in das nächste Kellerduell, muss dabei aber personell möglicherweise umplanen. Kapitän Anthony Losilla, Bochums Dauerbrenner, hat das Abschlusstraining am Freitag krankheitsbedingt verpasst, sein Einsatz ist fraglich. Danilo Soares hat sich außerdem das Knie verdreht. Der Verteidiger wird wahrscheinlich fehlen, ebenso wie die Langzeitverletzten Ivan Ordets (schwere Muskelverletzung) und Matus Bero (Innenbandanriss). Erfreulich hingegen: Christopher Antwi-Adjei, der zuletzt wegen muskulärer Probleme aussetzen musste, ist wieder fit und könnte zur Startformation gehören. „Wir haben leider ein paar Ausfälle“, sagt Thomas Letsch. „Trotzdem haben wir immer noch viele Möglichkeiten.“

Letsch angriffslustig

Bochums Trainer wirkte in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Köln ein wenig gereizt, weil es trotz des Sieges in Darmstadt Kritik an der spielerischen Leistung seiner Mannschaft gab. Letsch betonte: „Mir ist es völlig egal, wie wir gewinnen. Ich habe das Gefühl, dass ich mich für die drei Punkte in Darmstadt rechtfertigen muss.“ Er führte seine Gedanken näher aus: „Ich muss aufpassen, dass ich nicht in den Angriffsmodus gehe – wenn ich es nicht schon bin. Wir haben nach zehn Spieltagen noch nicht die Punktzahl, die wir haben sollten. Aber wir haben ein paar Teams hinter uns. Manchmal frage ich mich: Haben wir eigentlich die letzten sieben Spiele verloren oder sind wir schon in der 2. Liga? Das geht mir – ehrlich gesagt – etwas auf den Zeiger.“


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Personalie

Kwarteng drängt ins Team: „Ich möchte auf die Anzeigetafel“

Beinahe hätte der Joker gestochen. Moritz-Broni Kwarteng war bereits auf dem Weg zum Darmstädter Tor, gerade vorbei am letzten Verteidiger, als Gegenspieler Fabian Holland sein Bein ausstreckte und den Bochumer Angreifer zu Fall brachte. Holland sah die Rote Karte, und Kwarteng war enttäuscht. „Von dem Platzverweis kann ich mir nichts kaufen“, sagte er nach der Partie. „Ich möchte als Torschütze auf die Anzeigetafel.“ Auf seinen ersten Treffer für den VfL Bochum wartet Kwarteng schließlich schon lang genug.

Probleme am Schambein haben ihn wochenlang außer Gefecht gesetzt, erst im Oktober beim Auswärtsspiel in Leipzig feierte der Sommer-Neuzugang sein Debüt in der Fußball-Bundesliga. Kwarteng verpasste große Teile der Saisonvorbereitung und musste sich anschließend mühsam herankämpfen. Gegen Darmstadt am vergangenen Freitag wurde Kwarteng nach gut einer Stunde für den schwachen Moritz Broschinski eingewechselt. Für den Joker war es sein bislang längster Pflichtspieleinsatz im Trikot des neuen Arbeitgebers. „Jede Minute ist wertvoll für mich, den Rhythmus zu finden und die Jungs auf dem Platz besser kennenzulernen“, erklärte Kwarteng nach dem ersten Saisonsieg.

Im Mittelfeld flexibel einsetzbar

Doch der 25-Jährige will mehr, er drängt in die Startelf. „Ich bin ab sofort bereit, der Mannschaft einen Impuls zu geben. Mein Ziel ist es, ein neues Element einzubringen, das uns einen Vorteil verschafft.“ Kwarteng ist im offensiven Mittelfeld flexibel einsetzbar, innen wie außen, wobei er kein klassischer Flügelspieler ist. Er ist dribbelstark und trotz seiner relativ geringen Körpergröße ziemlich robust. Das Wichtigste aber: Der gebürtige Stuttgarter, für den sich im Sommer auch andere Bundesligisten interessiert haben, gilt als torgefährlich.

Für seinen vorherigen Klub, den Zweitligisten 1. FC Magdeburg, erzielte Kwarteng in der vergangenen Saison zehn Treffer. Diese Qualität soll er nun auch eine Spielklasse höher einbringen, um die Bochumer Offensive zu beleben. „Momo ist ein Spieler, der in der abgelaufenen Saison eine enorme Entwicklung genommen und vom Profil her ideal zum Castroper Straßenfußball passt“, sagte Marc Lettau im Sommer anlässlich der Verpflichtung von Kwarteng. Obwohl der Sportdirektor und natürlich auch das Trainerteam von Kwartengs Schambeinproblematik wussten, forcierten sie den Transfer. „Er ist ein überragender Spieler, an dem wir noch richtig Spaß haben werden“, sagte Chefcoach Thomas Letsch erst kürzlich, „ich freue mich, dass er wieder richtig da ist.“

Teuerster Transfer seit 15 Jahren

Die Hoffnungen in Bochum sind groß. Die Ablöse für den Offensivallrounder lag bei rund einer Million Euro. Kwarteng hat einen Vierjahresvertrag bis 2027 unterzeichnet, das Gesamtvolumen mit Gehalt und Beraterboni liegt im mittleren siebenstelligen Bereich. Damit ist er der teuerste Neuzugang des VfL seit knapp 15 Jahren – was er nun mit guten Leistungen und möglichst vielen Toren zurückzahlen soll.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Meinung

VfL-Kolumne: Flügelspieler haben einen schweren Stand

Die VfL-Kolumne ist ein neues Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße, oder gerne auch zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Besetzung der Flügelpositionen.

Ein Cartoon von Oli Hilbring hat mich neulich sehr zum Schmunzeln gebracht. Eines seiner Werke zeigt eine Person an einer Spielzeugeisenbahn. Ein Mann dahinter kommentiert: „Unser neuer Schienenspieler“. Auch beim VfL ist dieser Trend im Sommer angekommen. Das bedeutet, dass der klassische Außenverteidiger und der Flügelstürmer wegfallen und durch einen Spieler ersetzt werden, der die gesamte Außenbahn beackert. Mit Felix Passlack und Maximilian Wittek wurden zwei dieser Schienenspieler verpflichtet. Doch die wurden – um im Bild zu bleiben – schon wieder von der Strecke genommen. Wittek hat nur phasenweise überzeugt, Passlack noch fast gar nicht. Beide haben bislang zu wenig geboten, anderenfalls säßen sie jetzt nicht auf der Ersatzbank oder gar auf der Tribüne.

Also müssen es wieder Cristian Gamboa und Danilo Soares richten. Doch die sind für diese anspruchsvolle Position nur bedingt geeignet. Die beiden Routiniers sind defensiv solide, zweifellos. Doch je offensiver sie spielen sollen, desto unsicherer und schwächer werden sie. Die Folge: Angriffe über die Flügel sind selten geworden. Gegen Mainz war vor allem die rechte Seite oft verwaist, links vorne sollte immerhin Takuma Asano wirbeln, wobei er kaum ins übrige Spiel eingebunden war. Dabei hätte der VfL das passende Personal, um die Außenbahnen neu zu beleben. Was ist zum Beispiel mit Christopher Antwi-Adjei? In der vergangenen Saison war er einer der wichtigsten Spieler beim VfL. Nun ist er der größte Verlierer der Systemumstellung.

Am vergangenen Freitag stand Antwi-Adjei immerhin zur Einwechslung bereit, doch Thomas Letsch entschied sich für einen weiteren Zentrumsspieler. Entlastung durch Geschwindigkeit? Fehlanzeige. Dabei es war es das Tempo in der Bochumer Offensive, vor dem sich viele Gegner oft gefürchtet haben. Nun haben die Flügelspieler einen schweren Stand. Gerrit Holtmann ist deshalb im Sommer in die Türkei gegangen, Jordi Osei-Tutu wird nicht mehr berücksichtigt. Hier wird Potenzial verschenkt statt es zu wecken. Trainer Letsch sagt gerne: Das System sei zweitrangig. Klar ist aber: Mit der aktuellen Formation wurden die Außenpositionen eindeutig geschwächt.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Meinung

VfL-Kolumne: Lettau liefert den richtigen Denkanstoß

Die VfL-Kolumne ist ein neues Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße, oder gerne auch zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Bewertung von Leistung und Ergebnis.

Bei Marc Lettau sitzt im Grunde jedes Wort. Wenn der Sportdirektor des VfL Bochum nach den Spielen zum Interview erscheint, dann weiß er genau, was er sagen möchte. Und deshalb war es sicher kein Zufall, dass er nach der Partie in Darmstadt zwar einerseits gelöst und entspannt wirkte, weil seine Mannschaft gerade den ersten Saisonsieg eingefahren hat, er andererseits aber auch kritische Worte fand. Lettaus Botschaft war eindeutig: Wir müssen uns steigern, sonst werden Siege dieser Art die Ausnahme bleiben. 

Thomas Letsch war von dieser Aussage – zumindest so kurz nach dem Spiel – nicht wirklich begeistert. Darauf in der Pressekonferenz angesprochen, reagierte der Trainer genervt. Verständlich, denn im Vordergrund stehen die Punkte. Und es ist anzunehmen, dass der Mannschaft mit etwas weniger Druck auf den Schultern so manches leichter gelingen kann. Aber ganz so einfach ist es eben auch nicht, dass die Schwächen der vergangenen Wochen einzig und allein mit einer Blockade im Kopf zu erklären sind. Der Fußball des VfL Bochum in dieser Saison ist, Stand heute, nicht besser als in der vergangenen Spielzeit. Obwohl Trainer Letsch Einfluss auf die Transfers hatte, und obwohl er die ganze Saisonvorbereitung nach seinen Vorstellungen gestalten konnte, hat sich die Mannschaft allenfalls defensiv leicht verbessert. In der Offensive tritt der VfL dagegen auf der Stelle.

Zehn Spieltage sind absolviert, ein erstes Zwischenfazit ist also erlaubt. Der VfL Bochum steht auf einem Nicht-Abstiegsplatz, hat nur vier von zehn Partien verloren, aber auch nur ein Spiel gewonnen. In Summe ist das in Ordnung. Trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Für welche Art von Fußball will der VfL in dieser Saison stehen? Für Intensität gegen den Ball, das ist klar. Aber was ist die Idee im eigenen Ballbesitz? Klare Abläufe oder eine Idee sind von der Tribüne noch nicht zu erkennen. Vieles wirkt vom Zufall bestimmt. Spielzüge, die den Eindruck vermitteln, dass sie einstudiert wären, sind nur selten zu bewundern. Insofern hat Marc Lettau den richtigen Denkanstoß geliefert: Ergebnis und Leistung sind sauber voneinander zu trennen. Auch im Erfolgsfall.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / Sven Simon)