Debatte

VfL-Kolumne: Ein Fußballspiel dauert länger als 90 Minuten

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Lange Spielunterbrechungen.

Um 17.30 Uhr entspannt im Zug oder der Kneipe sitzen? Oder um 18 Uhr bereits daheim bei den Kindern sein? Wird schwierig. Denn Bundesliga-Spiele, die samstags um 15.30 Uhr angepfiffen werden, enden keinesfalls um 17.15 Uhr. Für die Überlänge gibt es gleich mehrere Gründe.

Grund eins: Eine immer längere Nachspielzeit. Unter anderem deshalb, weil die Schiedsrichter strittige Szenen am Monitor überprüfen. Das wäre grundsätzlich vertretbar, wenn es den Fußball gerechter machen würde. Aber ist das wirklich der Fall? Auch der VfL fühlte sich in dieser Saison trotz vorhandener Hilfsmittel schon ungerecht behandelt, weil glasklare Fehlentscheidungen nicht korrigiert wurden.

Grund zwei: Der Streit um die Zaunfahnen. Gegen Stuttgart dauerte die Halbzeitpause fast eine Stunde. Und auch gegen Augsburg gab es wieder Stress vor der Gästekurve. Trotz verschärfter Ansagen seitens der Stadt und des VfL hing eine Zaunfahne der Augsburger zunächst zu niedrig. Das bemerkten die zuständigen Mitarbeiter dieses Mal aber halbwegs rechtzeitig und fanden im Gespräch mit den Ultras aus Augsburg noch vor dem Anpfiff einen Kompromiss. Allerdings: Weil sie während des Spiels ein weiteres Banner ausrollten, war das Fluchttor wieder verdeckt. Ordner eilten zum Gästeblock, die Fanbeauftragten diskutierten, der Bochumer Sicherheitsbeauftragte informierte bereits den Vierten Offiziellen. Hätten die Augsburger zur Pause keine Einsicht gezeigt, hätte die zweite Halbzeit sicher nicht begonnen. Es ist anzunehmen, dass dies nicht der letzte Streit um ein bemaltes Stück Stoff war.

Grund drei: Die Fanproteste gegen die Investorenpläne der DFL. In Bochum flogen am Wochenende mehrfach Tennisbälle aufs Spielfeld, in den Wochen zuvor Flummis oder Schokomünzen. Auch das führt zu Verzögerungen, bei der Hertha in Berlin waren es sogar fast 30 Minuten. Und ein Ende der Proteste ist nicht in Sicht.

Die Quintessenz lautet also: Ein Fußballspiel dauert länger als 90 Minuten. Das ist übrigens nicht nur ein guter Hinweis für alle Fans – sondern auch für die Bochumer Mannschaft.


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(Foto: Marc Niemeyer)

1:1 gegen Augsburg

„Habs verbockt“: Auch Riemann kann Letsch nicht stoppen

Wenn es so weitergeht, dann kann der VfL Bochum bald eine eigene Abstimmung für das Tor des Monats oder zumindest für den schönsten Treffer des Jahres einführen. Das Team von Trainer Thomas Letsch setzt offensichtlich auf Klasse statt Masse. Sehenswert per Fallrückzieher brachte Moritz Broschinski sein Team im Heimspiel gegen Augsburg in Führung. Schon zuletzt haben die Bochumer mehrfach spektakuläre Tore erzielt. Das Problem: Für einen Sieg hat es (wieder) nicht gereicht. Bereits zum dritten Mal in dieser Saison gaben die Bochumer ein Erfolgserlebnis in der Nachspielzeit aus der Hand. Mit einem späten Handelfmeter erzielten die Gäste den Ausgleich. Schiedsrichter Patrick Ittrich sah zuvor bei Ivan Ordets eine „unnatürliche Vergrößerung der Körperfläche“ innerhalb des Strafraums. Bochums Innenverteidiger bekam einen Schussversuch aus kurzer Distanz an den Arm, zog diesen aber zurück. Warum Ordets‘ Armhaltung nach Ansicht von Ittrich „unnatürlich“ war, erklärte er nicht.

Großchancen vergeben

Dass sich die Bochumer über diese Entscheidung kaum echauffierten, lag wohl auch daran, dass der Schock zu tief saß. Erinnerungen wurden wach an die Heimspiele gegen Mainz und Bremen, als der VfL seine Siege ebenfalls kurz vor Schluss hergab. Zählt man die Spiele gegen Dortmund und Köln noch hinzu, dann hat der Revierklub in fünf von zehn Heimspielen trotz einer Führung nicht gewonnen. „Es ist brutal enttäuschend und irgendwann kein Pech mehr“, sagte Mittelfeldspieler Patrick Osterhage nach dem 1:1 gegen den unmittelbaren Konkurrenten. Also ein Qualitätsproblem? Oder das Resultat einer falschen Taktik? Dass der VfL vor dem Ausgleich gleich mehrere Großchancen vergab, insbesondere durch Moritz Kwarteng und Matus Bero, deutet auf Ersteres hin. In keiner Partie 2024 gelang dem VfL mehr als ein Treffer. Immerhin hat gegen Augsburg mal wieder ein Mittelstürmer getroffen. Doch Trainer Letsch nahm die Schuld auf sich. „Ich habe es verbockt“, sagte er in der Pressekonferenz selbstkritisch.

Letsch sehr selbstkritisch

Letsch wechselte in der Schlussphase die meisten Offensivspieler aus und brachte dafür fast ausschließlich Defensivkräfte. Mit fünf gelernten Innenverteidigern und ohne Stürmer schaltete sein Team logischerweise in den Verwaltungsmodus. „Ich nehme das komplett auf meine Kappe. Die Entscheidungen, die ich getroffen habe, waren zu defensiv. Ich ärgere mich extrem über mich“, betonte der Fußballlehrer. Ungewöhnlich: Schon während des Spiels gab es kritische Blicke aus der eigenen Mannschaft. Manuel Riemann schaute in der zweiten Wechselphase fragend in Richtung Trainerbank und brachte mit eindeutigen Handbewegungen sein Unverständnis zum Ausdruck, womit der Torhüter die Meinung seines Trainers aber nicht beeinflussen konnte. „Ich werde aus diesem Spiel viel lernen“, sagte Letsch abschließend. Komplett unverdient war der Augsburger Ausgleich zwar nicht, doch der VfL war lange Zeit die stärkere Mannschaft: Defensiv aufmerksam und offensiv in mehreren Situationen gefährlich.

Asano kehrt zurück

Wenigstens bleibt der Bochumer Heimnimbus bestehen. Zehn Spiele hat der VfL in dieser Saison bereits an der Castroper Straße absolviert und nur eine Partie verloren. Ohne die späten Gegentreffer gegen Mainz, Bremen und Augsburg würde der Revierklub in der Gesamttabelle sogar auf Rang acht stehen. Stattdessen ist es unverändert Platz 14. Nach dem Kölner Sieg am Samstagabend sind es nur noch sechs Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang; die große Chance, sich aus der Abstiegszone abzusetzen, hat der VfL abermals verpasst. Was den einen oder anderen in Bochum vermutlich beunruhigen wird. Denn gegen die kommenden fünf Mannschaften hat der VfL in der Hinrunde nur zwei Punkte geholt. Immerhin: Takuma Asano wird in den kommenden Tagen ins Ruhrgebiet zurückkehren. Bochums bester Torschütze ist am Samstag mit Japan beim Asien-Cup ausgeschieden. Läuft alles nach Plan, wird er am kommenden Wochenende beim Auswärtsspiel in Frankfurt wieder zum Kader gehören.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Neuzugang

Transfer-Überraschung: Wie der VfL mit Agon Elezi plant

Transfergerüchte gibt es derzeit viele. Auch der VfL wird mit unterschiedlichen Spielern in Verbindung gebracht, wobei der Wahrheitsgehalt mitunter gering ist. Am Dienstagmorgen überraschte deshalb eine Meldung der größten Boulevardzeitung Kroatiens die Bochumer Fußballwelt. Demnach stünde der nordmazedonische Nationalspieler Agon Elezi unmittelbar vor einem Wechsel zur Castroper Straße. Der Faktencheck im Laufe des Tages ergab durchaus Erstaunliches: Der Inhalt stimmt. Spät am Abend, um kurz nach Zehn, bestätigte der VfL die Verpflichtung des zentralen Mittelfeldspielers.

Elezis Vertrag läuft bis 2027

Der Wechsel des 22-Jährigen nach Bochum überrascht in vielerlei Hinsicht. Eigentlich haben die Verantwortlichen die Verpflichtung eines neuen Angreifers in Aussicht gestellt. Und eigentlich gehört der kroatische oder nordmazedonische Markt gar nicht zu den Zielmärkten des VfL. Doch dank guter Kontakte in die Balkanregion wanderte Elezi vor einiger Zeit auf die Beobachtungsliste der Bochumer. Kurz vor Transferschluss machten sie nun Nägel mit Köpfen. Die Vertragslänge bis Mitte 2027 unterstreicht, dass die Verantwortlichen von den Fähigkeiten ihres Neuzugangs überzeugt sein müssen.

„Er verfügt über großes Potenzial und wir trauen ihm perspektivisch den Sprung in die Bundesliga zu“, sagt VfL-Sportdirektor Marc Lettau. Elezi ist folglich nicht als Soforthilfe eingeplant, sondern soll die Rückrunde nutzen, um sich an das höhere Spielniveau zu gewöhnen und sich in die Mannschaft zu integrieren. „Wir wissen, dass der Sprung in die Bundesliga groß ist und werden wir ihn Schritt für Schritt an diese Herausforderung heranführen“, ergänzt Geschäftsführer Patrick Fabian. Vor allem Austria Klagenfurt aus der österreichischen Bundesliga hatte sich parallel um eine Verpflichtung bemüht.

Nationalspieler aus Nordmazedonien

In Kroatiens höchster Liga hat Elezi immerhin 60 Spiele absolviert, die ersten davon unter der Leitung von Samir Toplak, der früher selbst das Trikot des VfL trug. Auch neun A-Länderspiele im Trikot der nordmazedonischen Nationalelf stehen in der Vita von Elezi. Er ist ein sogenannter Box-to-Box-Spieler, seine Herangehensweise in etwa mit der von Patrick Osterhage oder Matus Bero zu vergleichen. Zu seinen Stärken zählen laut Global Soccer Network (eine Datenscouting-Plattform) ein gutes Timing im Tackling und ein Gefühl für sich bietende Räume. Er ist sehr beweglich und bringt eine solide Technik mit.

Ein Rohdiamant ist er mit fast 23 Jahren allerdings nicht mehr. In seiner Jugend verbrachte Elezi je ein Jahr in England und in Frankreich, zum erhofften Durchbruch kam es da aber noch nicht. Er ging zunächst zurück in die Heimat nach Nordmazedonien und wechselte über Albanien nach Kroatien, wo ihn zwischenzeitlich ein Kreuzbandriss stoppte. Bis zuletzt war er Stammspieler beim NK Varazdin. Das Risiko ist aus Bochumer Sicht überschaubar, die Gehaltskosten liegen weit unter dem vereinsüblichen Durchschnitt, auch die Ablöse ist äußerst gering. Zudem ist der VfL im Mittelfeld aktuell gut aufgestellt.

Pannewig-Leihe in die Regionalliga

Das aber kann sich schon im Sommer ändern. Auf Patrick Osterhage haben einige Konkurrenten ein Auge geworfen, zudem läuft der Vertrag von Kevin Stöger aus. Kapitän Anthony Losilla geht möglicherweise in seine letzte Saison. Ob Elezi in eine dieser Rolle hineinwachsen kann, muss er nun zeigen. Ansonsten haben die Bochumer noch einen anderen Hoffnungsträger in ihren Reihen. Auch Eigengewächs Mats Pannewig ist im zentralen Mittelfeld zu Hause. Der Jung-Profi wird allerdings bis zum Saisonende zum Regionalligisten SC Wiedenbrück verliehen. Dort soll er Spielpraxis sammeln.


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(Foto: VfL Bochum 1848)

Torhüter im Fokus

Wenn Riemann nochmal sündigt: Luthe winkt VfL-Comeback

Schon seit längerer Zeit gibt Manuel Riemann nach den Spielen des VfL Bochum keine Interviews mehr. Der Keeper möchte sich damit selber schützen – und seine Mitspieler vermutlich auch. Selbst abseits der Partien meidet der 35-Jährige fast alle Aufnahmegeräte. Umso überraschender, dass er in dieser Woche nach knapp anderthalb Jahren eine Ausnahme gemacht hat. Riemann war am Montag im Podcast kicker meets DAZN zu hören. Darin sprach er über die Elfmeterszenen im Derby gegen Dortmund, den Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspielen sowie über den Stimmungsboykott wegen des bevorstehenden Investoreneinstiegs bei der DFL.

Mit einigen Aussagen könnte Riemann durchaus wieder anecken, allerdings höchstens in der Fanszene. Interna plauderte er keine aus, auch seine Mitspieler verschonte er von Kritik. In dieser Hinsicht präsentierte sich Riemann bei der Aufnahme ähnlich souverän wie auf dem Platz. Dass er nach Fehlern seiner Vorderleute durch den Strafraum hüpft, wild gestikuliert und seine Teamkollegen anschreit, passiert nach wie vor. Dennoch scheint sich der Schlussmann in erster Linie auf sein eigenes Spiel zu konzentrieren. Nach mehreren Fehlgriffen in der vergangenen Saison hat sich Riemann wieder stabilisiert. Mit starken Rettungstaten und schnellen Umschaltaktionen hat Riemann seine Position als Nummer eins jedenfalls gestärkt – einen echten Herausforderer gibt es in dieser Saison aber ohnehin nicht.

Luthe vertritt Esser

Anders als vor gut acht Jahren wird auch Andreas Luthe keiner sein. Seinerzeit duellierten sich die beiden bereits um den Platz im Bochumer Tor; erst setzte sich Luthe durch, später wurde er durch Riemann ersetzt. Luthe verließ den VfL daraufhin – und ist nach Zwischenstationen in Augsburg, Berlin und Kaiserslautern nun an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt. „Die Chance, meinem Heimatklub nochmal helfen zu können, konnte ich nicht ausschlagen. Ich bin überglücklich, wieder zu Hause zu sein“, sagte Luthe nach seiner Vertragsunterschrift am Montag. Mehr Fußball-Romantik geht fast nicht. Sein Arbeitspapier ist bis zum Saisonende datiert, eine Verlängerung unwahrscheinlich. Luthe plant im Sommer sein Karriereende.

Bis dahin soll der 36-Jährige den verletzten Michael Esser vertreten, der noch länger fehlen wird. Nur mit Niclas Thiede als Ersatztorhüter wollten die Bochumer nicht in die kommenden vier Monate gehen. „Wir mussten auf die Verletzung von Michael Esser reagieren und haben daher nach einem erfahrenen Torwart gesucht, der neben Manuel Riemann und Niclas Thiede die Anforderungen an unser Trainings- und Spielniveau verlässlich erfüllt“, sagt Sportdirektor Marc Lettau, der Luthe bereits aus der gemeinsamen Zeit bei Union Berlin kennt. Auch Patrick Fabian hat Luthes Handynummer seit Jahren gespeichert. „Wir kennen uns schon lange, sind gemeinsam beim VfL in der Jugend ausgebildet worden und haben es quasi im Gleichschritt bis zu den Profis geschafft“, erzählt der Sport-Geschäftsführer.

Riemann vor Gelbsperre

Offen ist noch, ob Luthe als Nummer zwei oder drei in die kommenden Spiele gehen wird – wobei seine Erfahrung von 90 Bundesliga-Partien, davon die ersten drei für den VfL, eindeutig für einen Platz auf der Bank spricht. Zumal ein Ersatz für Riemann schon bald gebraucht werden könnte. Manuel Riemann steht aktuell bei vier Gelben Karten, bei der nächsten wäre er für ein Spiel gesperrt. Generell werden die Bochumer in dieser Saison sehr oft verwarnt. Mit 60 Gelben Karten steht der VfL in dieser Statistik aktuell auf Platz eins; Stuttgart als Letzter hat nur 27 kassiert. Neben Riemann sind derzeit auch Matus Bero, Anthony Losilla, Christopher Antwi-Adjei und Erhan Masovic von einer Sperre bedroht.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Klassenerhalt gelingt auch ohne Verstärkung

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Immer zu Wochenbeginn gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die letzten Tage der Transferperiode.

Es gibt einen Satz, den Sebastian Schindzielorz häufiger verwendet hat. „Die reale Transferwelt ist komplexer als das kicker-Managerspiel“, sagte der ehemalige Geschäftsführer des VfL Bochum gerne, wenn er mit Wünschen der Fans konfrontiert wurde. Was ihn am meisten irritierte: Dass viele Außenstehende oft ausblenden, dass bei Vertragsverhandlungen gleich mehrere Parteien mit am Tisch sitzen: Der Spieler, sein Berater, der abgebende Verein. Sie alle haben konkrete Vorstellungen, die nicht immer zu den Wünschen und Möglichkeiten des VfL Bochum passen. Oftmals gibt es auch Nebenbuhler.

Klar ist: Die allermeisten Anhänger gieren nach Neuzugängen. Nie ist ihr Team gut genug. Dass auch der aktuelle Kader des VfL Bochum Schwachstellen hat, ist unbestritten. Es fehlt ein dynamischer Angreifer für die Außenposition, ebenso ein torgefährlicher Mittelstürmer. Der VfL hat offen kommuniziert, zumindest noch einen Ersatz für Takuma Asano verpflichten zu wollen, weil dieser wohl länger beim Asien-Cup weilt – und seine Zukunft beim VfL über den Sommer hinaus ohnehin sehr ungewiss ist. Diese Ankündigung weckt naturgemäß Erwartungen, und setzt die Verantwortlichen unter Zugzwang. Denn sie ist mit der Erkenntnis verbunden, dass der Kader nicht optimal aufgestellt ist.

Bemüht hat sich der VfL in den vergangenen Wochen um verschiedene Kandidaten. Doch irgendwas oder irgendwer kam immer dazwischen. In einem Fall zum Beispiel war sich der VfL bereits mit einem Spieler einig, doch der erhielt keine Freigabe von seinem Klub. Ob tatsächlich noch jemand verpflichtet wird bis zum Transferschluss am Donnerstagabend, bleibt abzuwarten. Die Verantwortlichen suchen ja auch nicht irgendwen, sondern eine echte Verstärkung – und die ist nur in einem höheren Regalfach zu finden. Das aber ist im Winter entweder mit nur wenigen Kandidaten bestückt, oder selbst auf Zehenspitzen nicht zu erreichen, sprich: Die Spieler sind zu teuer. Die Frage ist ohnehin: Hängt der Klassenerhalt wirklich davon ab, ob der VfL noch einen neuen Angreifer holt oder nicht? Vermutlich nicht. Auch ohne Mister X steht der VfL derzeit acht Punkte vor dem Relegationsplatz.


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(Foto: Marc Niemeyer)

1:3 in Dortmund

Schießen? Querlegen? Zu spät! Bochums Defizite vor dem Tor

Szenen, die ein Fußballspiel maßgeblich prägen, gibt es in 90 Minuten meist einige. Über eine wurde nach dem Derby zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Bochum aber besonders oft diskutiert. Die Großchance von Matus Bero nach gut einer Stunde hatte spielentscheidenden Charakter. Nach einer Balleroberung am gegnerischen Strafraum lief Bero auf das Dortmunder Tor zu, dachte aber zu lange nach: Soll ich schießen? Oder querlegen? Zu spät! Dortmunds Ian Maatsen grätschte fair dazwischen. Hätte Bero nicht so lange gezögert, wäre der VfL womöglich in Führung gegangen. „Dann kann das Spiel eine andere Wendung nehmen“, dachte sich Bochums Maximilian Wittek, womit er sicher nicht allein war. Denn in diesem Derby war aus Bochumer Sicht mehr möglich. „Da hätten wir das Momentum auf unsere Seite ziehen können. Wenn du diese Phase aber nicht nutzt, fährst du mit einer guten Leistung, aber ohne Punkte nach Hause“, ergänzte Trainer Thomas Letsch.

Riemann zu ungestüm

Der VfL versteckte sich beim BVB keineswegs, lieferte eine mutige, couragierte Leistung ab und ließ die Gastgeber kaum zur Entfaltung kommen. Das Mittel der Wahl: Ein hohes Anlaufen mit starker Mannorientierung – ein kräftezehrender, aber erfolgsversprechender Ansatz, wenn alle mitziehen. Was beim VfL an diesem Sonntagabend der Fall war. Thomas Letsch hatte sich unter anderem für die beiden Jung-Profis Tim Oermann und Moritz Broschinski entschieden, zudem feierte Ivan Ordets nach einer längeren Pause sein Startelf-Comeback. Unglücklich und unabsichtlich leitete Ordets allerdings die frühe Dortmunder Führung ein, als es nur noch Manuel Riemann gelang, regelwidrig dazwischenzugehen und den ersten von zwei Elfmetern an diesem Abend zu verursachen. Zwar beschwerte sich Riemann in gewohnter Manier, doch sein ungestümes Einsteigen musste geahndet werden. Grenzwertig war lediglich das Hand- und Foulspiel von Niclas Füllkrug kurz vor dem Strafstoß zum 3:1-Endstand.

Zu wenig Torgefahr

Für große Unzufriedenheit hat das Ergebnis beim VfL aber keineswegs gesorgt. Ja, die Bochumer haderten mit dem Spielausgang und der sechsten Auswärtsniederlage, nicht aber mit ihrer Leistung, allerhöchstens mit den schon bekannten Defiziten im letzten Drittel. „Wir hatten nach dem 1:1 Chancen in Führung zu gehen“, stellte Kevin Stöger im Nachgang fest und analysierte, warum der VfL – abgesehen vom Eigentor durch Nico Schlotterbeck – nicht zum Torerfolg kam. „Wir müssen mit dem Ball ruhiger sein. Beim letzten Pass, bei der letzten Entscheidung, da fehlt uns noch ein bisschen“, bemängelte Stöger als Spielgestalter die Mischung aus Zögerlichkeit und überhasteten Ballaktionen. Was nicht unbedingt überraschte, weil beim VfL lange Zeit niemand mit nachgewiesenen Torjäger-Qualitäten auf dem Platz stand. Aus der vorderen Reihe haben Christopher Antwi-Adjei und Matus Bero in dieser Saison erst einmal getroffen, Moritz Broschinski noch gar nicht. Ob sich das so schnell ändern wird?

Transfers bis Donnerstag

Bis einschließlich Donnerstag sind Wintertransfers möglich. Nach wie vor ist offen, ob der VfL seinen Kader noch verstärken wird. Verschiedene Ideen ließen sich, wie bereits berichtet, bislang nicht realisieren. Entweder weil die Kandidaten zu teuer waren oder keine Freigabe vom abgebenden Verein erhielten, wie etwa Giorgios Masouras von Olympiakos Piräus. Offensichtlich hoffen die Verantwortlichen nun auf die Dynamik der letzten Transfertage, die dafür sorgen kann, dass sich plötzlich neue Möglichkeiten ergeben. Die Bochumer werden aber nur noch eine zusätzliche Offensivkraft verpflichten, „wenn sich eine Option ergibt, mit der wir uns qualitativ oder perspektivisch verstärken“, sagte Sportdirektor Marc Lettau nach dem Spiel in Dortmund. In Aktionismus wolle er nicht verfallen, eine kurzfristige Leihe bis zum Saisonende schloss Lettau praktisch aus. Womöglich wird Torhüter Andreas Luthe also der einzige Neuzugang in diesem Winter sein.


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Wintertransfers

VfL mit Luthe einig – Neue Spur bei Stürmersuche

Genau eine Woche bleibt noch Zeit, den Kader zu verstärken. Nach wie vor sucht der VfL Bochum auf zwei Positionen nach neuem Personal. Kommen soll nicht nur ein dynamischer und flexibel einsetzbarer Angreifer, sondern auch ein neuer Ersatztorhüter. Wobei die Bochumer den im Grunde schon gefunden haben.

Wunschkandidat ist Andreas Luthe vom 1. FC Kaiserslautern. Der 36-Jährige steht damit vor der Rückkehr zu seinem Jugend- und Ausbildungsverein. Bereits zwischen 2001 und 2016 trug der Keeper das VfL-Trikot, debütierte dabei auch in der Bundesliga. Insgesamt absolvierte Luthe 169 Pflichtspiele für die Profis des VfL, den er 2016 nach dem Verlust seines Stammplatzes in Richtung Augsburg verließ. Luthe duellierte sich seinerzeit mit Manuel Riemann, wird nun aber als Ersatzmann und nicht als Herausforderer der aktuell unumstrittenen Nummer eins verpflichtet. Dies wurde Luthe in den Gesprächen auch klar kommuniziert.

Für Luthe folgten nach seiner langen Zeit in Bochum Stationen bei Union Berlin und nun in Kaiserslautern, wo er zu Saisonbeginn seinen Stammplatz verlor. Mit 90 Erst- und 187 Zweitligaeinsätzen erfüllt Luthe das Bochumer Anforderungsprofil, für die Rückrunde einen routinierten Schlussmann zu verpflichten. Luthe soll den noch länger verletzten Michael Esser vertreten. Zudem ist er die naheliegendste Lösung: Sportdirektor Marc Lettau und Luthe kennen sich noch aus Berlin, mit Geschäftsführer Patrick Fabian hat der Keeper sogar noch selbst zusammengespielt. Luthes Kontakt zum VfL ist nach seinem Abgang ohnehin nie abgerissen, unter anderem durch sein vielfältiges gesellschaftliches und soziales Engagement. Der Wechsel wird über die Bühne gehen, wenn Kaiserslautern einen Nachfolger gefunden hat. Luthe und der VfL sind sich bereits einig.

Neuer Angreifer soll kommen

Priorität genießt in diesem Winter aber eigentlich die Verpflichtung eines Offensivspielers. Doch die Gespräche und Verhandlungen führten bislang noch nicht zum Erfolg. Florent Muslija vom SC Paderborn, der vor allem mit Blick auf den Sommer zum Kandidatenkreis gehörte, wechselt zum SC Freiburg. Finanziell konnte der VfL mit den Breisgauern nicht mithalten, zudem sprachen private Gründe für einen Wechsel nach Freiburg. Auch Marco Grüll von Rapid Wien, um den mehrere Bundesligisten werben, ist sehr wahrscheinlich zu teuer. Und Benedict Hollerbach, über den im Dezember öffentlich spekuliert worden war, wird ebenfalls nicht an die Castroper Straße wechseln. Der Angreifer ist nach dem Trainerwechsel fest bei Union Berlin eingeplant.

Eine neue Spur führt nun offensichtlich ins Ausland. Laut kicker-Sportmagazin und griechischen Medien zeigt der VfL Interesse an einer Verpflichtung von Georgios Masouras. Der Nationalspieler Griechenlands geht aktuell für Olympiakos Piräus auf Torejagd. Dort ist der 30-Jährige seit Jahren Stammkraft und sogar Vize-Kapitän, sein Vertrag läuft allerdings in diesem Sommer aus. Mit seiner Athletik, seiner Technik, einer guten Übersicht sowie einer engagierten Spielweise würde Masouras genau ins Bochumer Anforderungsprofil passen. Im Angriff ist Masouras flexibel einsetzbar, sowohl als zweite Spitze als auch auf den Außenpositionen. Bislang hat er jedoch nur in Griechenland gespielt, die Bundesliga wäre Neuland für ihn. Fraglich ist ohnehin, ob Masouras für den VfL bezahlbar wäre – und ob er dem grundsätzlichen Plan der Kaderverjüngung nicht im Weg stünde.

Wie auch immer: Platz im Bochumer Kader wäre noch, erst recht nach dem Abgang von Jordi Osei-Tutu. Der Außenbahnspezialist spielt bis zum Sommer auf Leihbasis für den griechischen Erstligisten PAS Giannina. Sein neuer Verein hat sich eine Kaufoption gesichert. Die gibt es bei Gerrit Holtmann, der bis zum Saisonende für Darmstadt 98 aufläuft, übrigens nicht.


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