Transfers und mehr

Interview: Lettau über Gerüchte, Geld und Grenzen

Als Sportdirektor verantwortet Marc Lettau die Kaderplanung und Spielertransfers des VfL Bochum. Im nachfolgenden Interview spricht er über die Herausforderungen in den zurückliegenden Monaten und darüber hinaus. Hinweis vorab: Das Interview wurde bereits vor dem Saisonstart geführt und ist zuerst im Bochumer 3satz-Verlag erschienen. Nun wurde es um weitere Aspekte ergänzt.

Herr Lettau, wie oft haben Sie sich während der zurückliegenden Transferperiode eigentlich in den sozialen Netzwerken und Internetforen umgesehen?

Auch auf Grund der intensiven Tagesplanungen eher selten, obwohl es natürlich immer einen gewissen Eindruck über die Stimmungslage gibt. Sobald Themen aber in die lokalen oder überregionalen Medien gelangen, werden sie natürlich präsenter für uns. Warum fragen Sie?

Weil in der Gerüchteküche fast täglich neue Namen von angeblichen Transferkandidaten aufgetaucht sind. Wie hoch war überhaupt die Trefferquote und inwiefern hat es Ihre Arbeit am neuen Kader beeinflusst?

Wenn man alle Plattformen zusammennimmt, war die nicht allzu hoch. Hin und wieder musste ich schmunzeln, wenn ich gelesen oder gehört, welche Spieler mit uns in Verbindung gebracht werden. Aber wir halten es so, dass wir Personalien in der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht kommentieren. Bei Top-Spieler-Personalien, die wir durch besonderen Einsatz, Kreativität oder Schnelligkeit für uns gewinnen wollen, kann uns das öffentliche Bekanntwerden allerdings auch mal die Arbeit erschweren. Dann schauen möglicherweise auch andere Klubs nochmal genauer hin, was einen Transfererfolg nicht leichter für uns macht.

Wie gehen Sie generell mit der Erwartungshaltung rund um eine Transferperiode um? Die Wünsche der Anhänger passen ja nicht immer unbedingt zu den Möglichkeiten des VfL Bochum.

Grundsätzlich steht eine gewisse Erwartungshaltung ja auch immer für emotionale Verbundenheit und Ambition. Schlussendlich muss unser eigener Anspruch, der immer am obersten Limit liegt, unsere Triebfeder sein. Wir haben in meinen Augen einen guten Weg gefunden, wie wir unsere Möglichkeiten ideal auf dem Transfermarkt zur Geltung bringen können, um eine bestmögliche Mannschaft zusammenzustellen.

Der VfL Bochum geht in sein viertes Bundesliga-Jahr in Folge. Warum musste sich der VfL auf dem Transfermarkt nach wie vor bremsen und geht mit einem ähnlichen Lizenzspieleretat in die neue Saison wie in die vergangene?

Von „bremsen“ würde ich nicht sprechen. Den VfL hat immer schon eine Seriosität und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Unsere Finanzplanung ist sehr vorausschauend. Ich führe mal beispielhaft die Neuvergabe der TV-Rechte zur Saison 2025/26 an. Wir müssen damit rechnen, dass sich unsere Einnahmen reduzieren werden. Das mussten wir bei Spielern, die wir jetzt für mehrere Jahre unter Vertrag genommen haben oder nehmen wollten, natürlich berücksichtigen.

Wie und wann kann der VfL in die Position kommen, für Neuzugänge nennenswerte Ablösesummen zahlen zu können?

Wachstum ist die Grundvoraussetzung dafür. Ein entscheidender Hebel sind Transfererlöse. Hier müssen wir im Wettbewerbsumfeld nachholen, weshalb es unser Ziel sein muss, regelmäßig substanzielle Transfererträge zu generieren. Diese benötigen wir nicht nur, um zukünftig auch selbst größere Ablösesummen investieren zu können, sondern auch um unseren Lizenzspieleretat generell zu erhöhen. Bis dahin gehen wir – noch – einen anderen Weg. Wir setzen auf ablösefreie Spieler oder erhöhen die Kaderqualität bei Bedarf und Marktchancen auch punktuell um qualitativ hochwertige Leihspieler.

Wie lässt sich das Ziel, Transfereinnahmen zu generieren, mit dem sicher vorhandenen Wunsch nach personeller Kontinuität zusammenführen?

Das eine schließt das andere nicht aus. Sprich: Transfererlöse können zur Kaderstabilität beitragen. Wenn wir einen Spieler verkaufen, kommen wir in die Situation, den Kader mit diesen Mitteln sowohl quantitativ als auch qualitativ zu stärken. Auch erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit, andere Spieler länger bei uns zu halten.

Es gab in diesem Sommer nur für den Wechsel von Patrick Osterhage zum SC Freiburg nennenswerte Transfereinnahmen. Warum haben Sie zum Beispiel die Angebote von Union Berlin für Bernardo und Moritz Broschinski abgelehnt?

Ich sagte ja, dass wir Personalien grundsätzlich nicht kommentieren. Das schließt dann auch Spekulationen um Spieler, die bei uns unter Vertrag stehen, mit ein. Grundsätzlich ist es aber so, dass Konstellationen insgesamt passen müssen. Sollten wir eine Nachfrage geweckt haben, indem wir Spieler im Kader haben, die für andere Klubs interessant sind, müssten diese mit einem entsprechenden Angebot auf uns zu kommen. Da treffen in der Regel unterschiedliche Zielvorstellungen aufeinander. Liegen sie zu weit auseinander, kommt der Transfer nicht zustande. Ein weiterer Faktor ist die zeitliche Dimension. Manche Anfragen werden sozusagen auf den letzten Drücker gestellt, was einschränkend auf die Handlungsoptionen wirken kann. Auch dann gibt es in der Regel keinen Transfer.

Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten beim VfL ist es Ihnen gelungen, mit Dani de Wit und Ibrahima Sissoko zwei Spieler zu verpflichten, die auch lukrativere Angebote von anderen Klubs vorliegen hatten. Warum sind sie dennoch nach Bochum gewechselt, was waren Ihre Argumente?

Neben der Tradition und Emotionalität des VfL in erster Linie die sportliche Perspektive in der Bundesliga, kombiniert mit einer klaren Spielidee sowie die persönlichen und mannschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Für Dani de Wit ist der Wechsel zu uns mit dem Sprung in eine der Top-4-Ligen verbunden. Wir haben uns mit beiden Spielern monatelang beschäftigt und immer wieder mit ihnen gesprochen und auch ich persönlich habe mich sehr intensiv um sie bemüht. Es sind Spieler, um die wir hart kämpfen mussten, weil sie auch andere Optionen hatten. Schnelligkeit und Hartnäckigkeit werden dann am Ende belohnt – nicht immer, aber in diesen Fällen schon.

Die Liste der Abgänge ist lang. Auch einige Stammspieler haben den Verein verlassen, unter anderem Kevin Stöger, Takuma Asano und Keven Schlotterbeck. Warum war in diesen Fällen kein Verbleib zu realisieren, obwohl der VfL an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert war?

Wir haben alles dafür getan, damit sie bleiben. Wir hätten aber in allen drei Fällen finanzielle Grenzen zu deutlich verschieben müssen. So schwer es dann uns fällt, absolute Leistungsträger ziehen zu lassen, gehört auch das zum Wettbewerb dazu.

Vor allem bei Schlotterbeck hätten sich viele Fans eine gewisse Investitionsbereitschaft gewünscht. Warum lag ein Transfer fernab der Bochumer Möglichkeiten?

Das Gesamtpaket, bestehend aus Gehalt und Ablöse, hätte einen zu großen Teil unseres Etats in Anspruch genommen. Wir haben uns deshalb entschieden, die vorhandenen Mittel für mehr als einen Spieler einzusetzen. Anderenfalls hätten wir bei der übrigen Kaderplanung deutliche Abstriche machen müssen.

Die Anzahl der Abgänge ist insgesamt zweistellig. Wie wollen Sie den Qualitätsverlust kompensieren?

Die Anzahl der externen Neuzugänge ist auch zweistellig, von der Qualität der Spieler sind wir überzeugt. Wie auch darin, dass sich andere Spieler aus unserem Kader in dieser Saison zu Stammkräften entwickeln können, zum Beispiel Lukas Daschner oder Noah Loosli. Beide haben wir im vergangenen Sommer verpflichtet und wussten, dass sie sich erst an das Niveau in der Bundesliga gewöhnen müssen. Ihnen trauen wir zu, in dieser Saison eine noch bessere Rolle in unserer Mannschaft einzunehmen.

Die Neuzugänge kamen aus ganz unterschiedlichen Ligen und Ländern. Wo genau schaut sich der VfL um – und mit welcher Personalstärke?

Da wir hier grundsätzlich versuchen, kreativer und schneller zu sein als der Wettbewerb, ist dies natürlich ein sensibles Thema, weshalb ich um Nachsicht darum bitte, dass ich nicht im Detail darüber sprechen kann. Bekannt ist: Wir beschäftigen aktuell sechs hauptamtliche Scouts, dazu zwei Videoscouts. Das ist im Branchenvergleich ein eher kleines Team. Wir haben rund ein Dutzend Länder als Kernmärkte definiert, in denen wir uns besonders intensiv umschauen, sowohl live vor Ort als auch über Videos und Daten. Zu den Kernmärkten zählen unter anderem die meisten Nachbarländer. Grundsätzlich gilt, dass wir neben unserem strukturierten, langfristigen Scouting- und Recruiting-Ansatz bei Marktentwicklungen und -möglichkeiten auch immer mit Flexibilität und Handlungsschnelligkeit kurzfristig agieren müssen, um das Optimum für den VfL zu erreichen. Auch das hat die jüngste Transferperiode gezeigt.

Haben Sie so auch Trainer Peter Zeidler als neuen Trainer gefunden?

Auch der Trainersuche ist ein strukturierter Prozess vorangegangen. Wir haben einen Cheftrainer gesucht, der kommunikativ stark ist, der überzeugend auftreten und Begeisterung wecken kann und den jeder hier und im Umfeld möglichst unvoreingenommen kennenlernen kann. Darüber hinaus war uns eine gewisse Erfahrung wichtig. Von seinem fußballerischen Ansatz haben wir einen Trainer gesucht, der über einen ganzheitlichen Plan für die verschiedenen Spielphasen verfügt, der natürlich auch zur Spielidee der VfL-DNA passen musste. Mit Peter Zeidler haben wir diesen Trainer gefunden. Für ihn ist der Schritt in die Bundesliga trotz seiner Erfahrung ein besonderer und er ist sehr motiviert, diese Herausforderung zu meistern.

Auf der Management-Ebene gab es ebenfalls Veränderungen. Patrick Fabian, der Sie im Dezember 2022 verpflichtet hat, ist nicht mehr als Sport-Geschäftsführer an Bord. Was verändert sich dadurch für Sie?

Im operativen Tagesgeschäft gar nicht so viel. Ich war vorher Sportdirektor und bin es immer noch. Vielleicht war die Struktur und Aufgabenverteilung vorher nicht jedem Außenstehenden ganz klar, aber die Verantwortung für den Lizenzspielerbereich liegt schon länger bei mir. Hinzugekommen sind jetzt ein paar strukturelle Themen im gesamtsportlichen Bereich des Vereins. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit Ilja Kaenzig natürlich auf Grund seiner Gesamtverantwortung anders strukturiert als zuvor mit Patrick Fabian. Generell haben wir eine sehr gute Struktur und Organisation, die uns schnell handlungsfähig macht.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



2:2 gegen Kiel

Nicht erstligareif: Beim VfL ist keine Entwicklung erkennbar

Auch die Stadion-Regie hat in dieser Saison Anlaufschwierigkeiten. Schon beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach begann die Bochum-Hymne mit Verzögerung, gegen Holstein Kiel sogar noch wesentlich später. Der Doppelpass, mit dem der VfL jeden Gegner nass macht, konnte folglich nicht besungen werden, denn die Lautsprecher müssen mit Anpfiff ausgestellt werden – auch wenn der Höhepunkt der Hymne noch nicht erreicht ist. Die Stadion-Regie ist mit ihrem Problem aber nicht allein. Schließlich fanden die Bochumer Fußballer ebenfalls mit Verspätung ins so wichtige Heimspiel gegen Holstein Kiel. Die Erwartung im Vorfeld der Partie war klar: Nach vier Pflichtspielniederlagen zum Start musste gegen den Bundesliga-Neuling ein Sieg her. Doch es war der Aufsteiger, der die Anfangsphase dominierte.

Der VfL präsentierte sich unsortiert und fehlerhaft, mutlos und ohne Zugriff. Die Kieler nutzten die reichlich vorhandenen Räume für das frühe 0:1, als der unentschlossene Patrick Drewes nur das Ende einer Fehlerkette bildete. Trainer Peter Zeidler zog erstaunlich schnell personelle Konsequenzen, tauschte den abermals pomadig auftretenden Erhan Masovic wegen Missachtung taktischer Vorgaben bereits nach einer Viertelstunde aus, beorderte Ibrahima Sissoko erstmals in die Abwehr und brachte Kapitän Anthony Losilla in die Partie. Das brachte aber nur bedingt Struktur ins Bochumer Spiel. Kiel gewann in der ersten Halbzeit 78 Prozent aller Zweikämpfe. Und der VfL? Überzeugte immerhin mit maximal möglicher Effizienz, blieb spielerisch aber äußerst schwach.

Weiter sieglos

Zweimal initiiert von Myron Boadu, dem bislang stärksten und auffälligsten Sommerneuzugang, traf erst Matus Bero und dann äußerst sehenswert auch Lukas Daschner, der gemeinsam mit Philipp Hofmann in die Startformation zurückgekehrt war. Eine klare Linie bei der Personalauswahl fehlt bislang, und das zeigt sich auch auf dem Platz. Nur die Führung stimmte die Fans zur Halbzeit zuversichtlich. Denn die Leistung war keineswegs bundesligatauglich, und wurde sie auch im zweiten Durchgang nicht. Bis zur 68. Minute blieb der passive VfL ohne weitere Torchance und ließ auf der anderen Seite immer wieder Strafraumaktionen zu. Kiel drückte und belohnte sich. Weil sich Moritz Kwarteng und Matus Bero nicht einig waren, entwischte Holsteins Steven Skrzybski bei einem indirekten Freistoß, dessen Hereingabe verwertete der völlig freistehende Shuto Machino zum 2:2.

Ein Gegentor, das absehbar und hochverdient war. Auch wenn es den ersten Punkt in der noch jungen Saison gab, das Unentschieden gegen Kiel fühlt sich an wie eine Niederlage. Viele Fans fragen sich: Wenn wir nicht zu Hause gegen einen Aufsteiger gewinnen, gegen wen dann? Die Frage liegt ja auf der Hand, zumal die kommenden Gegner noch wesentlich stärker sind. Sechs der kommenden sieben Mannschaften nehmen an einem europäischen Wettbewerb teil, am kommenden Freitag reist der VfL zum Derby nach Dortmund. Noch viel schlimmer aber ist die Tatsache, dass bislang keine nennenswerte Entwicklung erkennbar ist. Dass sich Trainer Peter Zeidler, der verbliebene Teil der letztjährigen Mannschaft und die zehn Neuzugänge erst finden müssen, war absehbar. Nach fast drei Monaten gemeinsamer Arbeit müsste die Tendenz nun eigentlich nach oben zeigen. Das ist aber nicht der Fall.

Zeidler unzufrieden

Einiges erinnert an die vergangenen beiden Jahre, als der VfL bis Oktober (2022) und sogar bis November (2023) auf den ersten Sieg in der Bundesliga warten musste. „Wir kennen es nicht anders“, sagt Vize-Kapitän Philipp Hofmann; glücklich wirkt er mit der Situation freilich nicht, zumal seine Mannschaft im vergangenen Jahr zum gleichen Zeitpunkt zwei Punkte mehr auf dem Konto hatte. Speziell Trainer Peter Zeidler ist gefordert, Lösungen zu finden. In der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Kiel wich er bei konkreten Nachfragen mehrfach aus, brachte lediglich seine Unzufriedenheit zum Ausdruck. „Wir haben den Ball nicht schnell genug nach vorne gebracht. Das ist nicht unsere Idee“, bemängelte Zeidler. Die Frage ist: Will er – ähnlich wie Vorgänger Thomas Letsch – zu sehr seine eigene Formation durchdrücken?

Letsch setzte auf eine Dreierkette in der Abwehr, Zeidler favorisiert eine Raute im Mittelfeld, in der wenig zusammenpasst. „Vielleicht ist der Unterschied zu dem, wie sie vorher gespielt haben, zu groß“, merkte Zeidler nach dem Spiel gegen Kiel selbstkritisch an, wobei er damit die gesamte Herangehensweise meinte. Vielleicht fehlt stellenweise auch die nötige Qualität. Königstransfer Dani de Wit ist bislang noch keine Verstärkung; womöglich spielt er auf der falschen, auf einer zu defensiven Position. In der Innenverteidigung werden Ivan Ordets und Bernardo schmerzlich vermisst. Zumindest gegen Kiel war auch die Rechtsverteidigerposition wieder eine Schwachstelle. Einige Fans quittierten den Auftritt nach dem Spiel sogar mit Pfiffen, die Geduld lässt im vierten Bundesliga-Jahr merklich nach. Von einem funktionierenden Doppelpass ist der VfL gerade weit entfernt. Nicht nur vor, sondern auch nach dem Anpfiff.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / RHR-Foto)

Portrait

Zeidler überzeugte ihn: Sissoko soll Leistungsträger werden

Dass der VfL Bochum mit Peter Zeidler einen Trainer verpflichtet hat, der früher als Französischlehrer tätig war, ist sicher kein Nachteil. Vor allem Ibrahima Sissoko freut sich darüber. Denn Bochums Neuerwerbung für das defensive Mittelfeld wurde in der Nähe von Paris geboren, ist in Frankreich aufgewachsen und hat dort bislang seine gesamte Karriere als Fußballer verbracht. „Der Trainer hat viel mit mir geredet und mich vom Verein überzeugt“, verriet Sissoko neulich in einem Interview mit der WAZ. Der 26-Jährige mit Wurzeln in Mali hat in diesem Sommer einen Dreijahresvertrag in Bochum unterschrieben. Sissoko ist ablösefrei an die Castroper Straße gewechselt.

Der großgewachsene Defensivspezialist startete seine Profikarriere zunächst bei Stade Brest in der Ligue 2. „Dort habe ich als Trainer vom FC Sochaux gegen ihn gespielt“, berichtet Peter Zeidler, allerdings flog Sissoko im ersten von zwei Duellen früh mit einer Rote Karte vom Platz. Nachhaltige Akzente setzte Bochums Neuzugang ohnehin erst bei Racing Straßburg unmittelbar hinter der deutschen Grenze. Für die Elsässer lief er erstmals in der Saison 2018/19 auf und absolvierte seitdem 179 Spiele in der Ligue 1 sowie vier Partien in der Europa-League-Qualifikation. Sissoko blieb in dieser Zeit stets verletzungsfrei und vereinstreu, er war Stammkraft beim französischen Traditionsklub.

„Diese Zahlen sprechen nicht nur für ihn, sondern auch für unseren Klub und unser Management“, freut sich Trainer Peter Zeidler über die Mittelfeld-Verstärkung. Seit Ende 2023 ist Sissoko auch als A-Nationalspieler aktiv. Nachdem er im Juniorenbereich bis zur U21 in insgesamt 18 Partien für Frankreich auflief – unter anderem mit dem heutigen Weltstar Kylian Mbappé – nutzte er Ende 2023 die Staatsbürgerschaft Malis und lief zum ersten Mal für die Auswahl des westafrikanischen Binnenstaats auf. Weitere Einsätze könnten folgen.

Der Fokus liegt allerdings auf der Arbeit beim VfL. Als klassischer Sechser nimmt Sissoko VfL einerseits den Kaderplatz des nach Freiburg abgewanderten Patrick Osterhage ein, andererseits ist er aber auch der designierte Nachfolger von Landsmann Anthony Losilla. In dieser Saison werden Sissoko und Losilla noch zusammenspielen, wobei Sissoko aufgrund seiner Erfahrung, seines Leistungsvermögens und auch aus Kostengründen fest als Stammkraft eingeplant ist. Der VfL hat sich am Ende gegen Mitbewerber aus Italien, Griechenland und auch aus Deutschland durchgesetzt. Vor allem der FC Augsburg bekundete sein Interesse an einer Verpflichtung von Sissoko, auch Borussia Mönchengladbach schickte Scouts nach Straßburg. „Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, Ibrahima zu verpflichten“, sagte VfL-Sportdirektor Marc Lettau direkt nach der Vertragsunterschrift.

Der verantwortliche Kaderplaner hat bei diesem Transfer in ein höheres Regalfach greifen können. „Zum einen zeigt es, dass unser Scouting in für den VfL neuen Märkten Früchte trägt und zum anderen, dass wir auch von der Konkurrenz umworbene Spieler vom VfL überzeugen können. Obwohl er erst 26 Jahre alt ist, ist Ibrahima schon lange Leistungsträger in einer europäischen Top-5-Liga. Als solcher wird er auch uns verstärken“, betont Lettau. Sissokos Stärken liegen in der defensiven Zweikampfführung, am Boden wie in der Luft. Beides bestätigte er in den ersten Trainingswochen und teilweise auch in den Pflichtspielen. Er gilt zudem als ausdauerstark. Schwächen offenbart der Franzose, wenn er den Ball schnell und sauber verarbeiten muss, ein Filigrantechniker ist er nicht. Generell gibt es im Vorwärtsgang noch Luft nach oben. Das belegt auch die Statistik. In sechs Jahren bei Racing Straßburg hat Sissoko nur fünf Tore erzielt.

Doch vielleicht läuft es in Deutschland ja besser. „Der Wechsel ist aufregend für mich, denn die Bundesliga ist anders als die Ligue 1“, sagte er nach dem Trainingsauftakt in seiner Muttersprache. Zeidler übersetzte die weiteren Aussagen ins Deutsche: „Ich glaube, hier ist mehr Disziplin gefragt. Auch Laufbereitschaft ist sehr wichtig. Außerdem gibt es mit Bayern, Dortmund und den anderen viele gute Mannschaften, die auch international bekannt und erfolgreich sind“, wobei Sissoko einschränkt: „Für ein genaueres Urteil muss ich hier erst länger spielen.“

In welchem System und mit welcher taktischen Marschroute, sei zweitrangig. Bislang kam er beim VfL als alleiniger Sechser zum Einsatz. „Ich kann auf der Sechser-Position allein oder zu zweit spielen. Beides kenne ich“, erzählt Sissoko, der gemeinsam mit seiner Frau nach Bochum gekommen ist und möglichst bald nicht mehr auf einen Dolmetscher angewiesen sein möchte: „Der Trainer, Anthony Losilla und Noah Loosli sprechen Französisch, sie helfen mir gerade sehr. Aber der Verein hat mir einen Deutschlehrer organisiert und schon bald möchte ich wenigstens auf dem Platz alles verstehen.“ Zeidler wird die Rolle des Französischlehrers allerdings nicht einnehmen. Er wird sich bei Sissoko auf das Trainieren der sportlichen Fähigkeiten konzentrieren.

Der Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen und wurde mittlerweile durch aktuelle Informationen ergänzt. Auf mehr als 130 Seiten bietet das Magazin viele Interviews, ausführliche Portraits und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare der aktuellen Ausgabe zum Saisonstart sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend gibt es auch eine Download-Option.

(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Das schönste Stadion auf Zweitliga-Niveau

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Etwa 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Das Ruhrstadion und seine Zukunft.

Reisen bildet bekanntlich. Auf der Fahrt nach Freiburg habe ich einen Zwischenstopp eingelegt und mir das neue Wildparkstadion angesehen. Zugegeben: Individuelle Baumerkmale habe ich vergeblich gesucht. Aber: Das Stadion war mit mehr als 30.000 Besuchern voll und die Atmosphäre erstligareif. 

In der Theorie wäre das Karlsruher Modell vielleicht auch in unserer Stadt vermittelbar. Das Ruhrstadion – an dem ich emotional genauso hänge wie jeder andere Bochumer – würde verschwinden, aber an gleicher Stelle ein zeitgemäßer Neubau entstehen. In der Praxis ist das aus baurechtlichen Gründen aber nicht möglich. Auch ein Ausbau scheitert daran. Also wird das Ruhrstadion ab 2026 lediglich aufgehübscht.

Doch je häufiger ich die modernen Stadien der Republik bereise, desto fragwürdiger wird die Entscheidung für mich. Leider gab es nie eine offene Debatte über die Zukunft der wichtigsten Bochumer Sportstätte. Weder die Klubspitze hatte den Mut, dieses sensible Thema ernsthaft und ergebnisoffen mit Publikumsbeteiligung anzugehen, noch die Politik. Das Ruhrstadion infragezustellen, kann Wählerstimmen kosten.

Was nun geplant ist, bringt den VfL zwar ein bisschen, aber nicht entscheidend weiter. Die Stadt wird einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag in ein Stadion investieren, mit dem der VfL auch anschließend neidisch auf Klubs wie Mainz, Augsburg oder Karlsruhe blicken wird. Praktisch alle Erst-, zahlreiche Zweit- und sogar einige Drittligastadien bieten vor allem für Geschäftskunden weitaus bessere Möglichkeiten – und in den VIP-Bereichen wird bekanntlich das Geld verdient. Auch „normale“ Zuschauerplätze fehlen.

Beide Wege, ob Neubau oder Modernisierung, haben ihre Vorzüge und Nachteile. Es gibt kein richtig oder falsch. Wir sollten nur offen über die Konsequenzen des gewählten Weges sprechen und schauen, ob die Mehrheit wirklich damit leben möchte. Dazu gehört eine ehrliche Kommunikation: Der VfL wird auch nach der Modernisierung in einem schönen, traditionsreichen, aber aus wirtschaftlicher Sicht zweitklassigen Stadion spielen. Und das wird früher oder später Einfluss auf die sportliche Konkurrenzfähigkeit haben.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

1:2-Niederlage in Freiburg

Kleiner Fortschritt, großer Fehler: Knapp daneben ist auch vorbei

Beinahe hätte sich Koji Miyoshi für das Tor des Monats September beworben. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit sah der Mittelfeldspieler, dass Freiburgs Torhüter Noah Atubolu zu weit vor seinem Gehäuse stand und setzte zu einem Fernschuss von der Mittellinie an. Die Präzision stimmte, das Tempo nicht ganz. Atubolu kratzte den Ball noch von der Linie. Knapp daneben ist eben auch vorbei – was beim VfL derzeit ganz generell gilt. Alle vier Pflichtspiele in dieser noch jungen Saison haben die Bochumer verloren, drei davon knapp mit einem Tor Unterschied, so auch bei der 1:2-Niederlage in Freiburg. „Miyoshi hätte der Held des Tages werden können“, bedauerte Trainer Peter Zeidler die Rettungsaktion. Der VfL ging dank des Premierentreffers von Myron Boadu dennoch mit einer glücklichen Pausenführung in die Kabine – und wurde anschließend für seine naive Abwehrleistung bestraft.

Boadus Debüttor

Erst traf Freiburgs Junior Adamu nach einem klugen Steckpass ins Bochumer Tor, dann nach einer slapstickartigen Fehlerkette unter gütiger Mithilfe von Jakov Medic und dessen Teamkollegen. Vor allem aber der Ausgleichstreffer war einer mangelnden Reife in der Spielanlage geschuldet. Die Abwehr rückte heraus, obwohl kein Mitspieler Druck auf den ballführenden Freiburger ausübte – ein großer, folgenreicher Fehler. Der Sportclub drehte das Spiel nach gut einer Stunde und gewann insgesamt hochverdient. „Bei einer oberflächlichen Betrachtung war ein Punkt sicher drin“, meinte Zeidler, sah aber auch: „Freiburg hatte doppelt so viele Schüsse wie wir.“ Beim VfL waren im Grunde nur kleine Fortschritte erkennbar. Erfreulich: Startelfdebütant Boadu erzielte nicht nur sein erstes Bundesliga-Tor, sondern damit auch den ersten Bochumer Pflichtspieltreffer in dieser Saison.

Anderes System

Der Leihspieler vom AS Monaco hatte eine Hereingabe von Ersatzkapitän Maximilian Wittek im Stile eines Torjägers verwertet. Dass Boadu bislang der einzige Spieler auf der Torschützenliste des VfL ist, legt ein zentrales Problem offen: Das Team von Peter Zeidler entwickelt zu wenig Torgefahr. Der Treffer von Boadu war gleichbedeutend mit dem ersten Bochumer Torschuss – und das nach 45 Minuten. Immerhin: Boadu erfüllte seine Aufgabe, und auch Last-Minute-Zugang Koji Miyoshi zeigte eine ansprechende Leistung. „Er ist sehr aufmerksam und lernwillig“, lobte ihn Zeidler. Der kleine Japaner nahm allerdings nicht die Rolle eines Zehners ein. Trainer Zeidler hatte sich gegen die zuletzt praktizierte Mittelfeldraute entschieden und auf ein fluides 4-3-3-System gesetzt.

Sechs Neuzugänge

Miyoshi spielte folglich links vorne, Moritz Broschinski auf der rechten Seite. Der im Anlaufen erneut sehr engagierte, aber offensiv noch gänzlich wirkungslose Dani de Wit rückte somit etwas weiter nach hinten. Während die Routiniers Anthony Losilla und Philipp Hofmann zunächst nur auf der Bank blieben, standen insgesamt sechs Neuzugänge auf dem Feld. Keiner von ihnen enttäuschte, spielprägend trat allerdings noch keiner auf, allenfalls Torhüter Patrick Drewes, der mehrfach in höchster Not parierte. Am Ende tauschte Zeidler sogar noch die komplette Offensive aus – ohne Erfolg. Die Defensive indes blieb unverändert, allerdings auch mangels Alternativen. Mit Tim Oermann saß nur ein Verteidiger auf der Ersatzbank; Bernardo und Ivan Ordets werden auch gegen Kiel noch fehlen.

Druck gegen Kiel

Die Abwehr ist trotz folgenreicher Aussetzer allerdings nicht die Hauptproblemzone, zumindest gemessen an den Zahlen. Auffällig nur: Alle fünf Gegentore fielen in der zweiten Halbzeit, als die Kräfte infolge der laufintensiven Spielweise merklich schwanden, die Flüchtigkeitsfehler zunahmen und die Räume für den Gegner größer wurden. Die Folge: Abermals läuft der VfL der Musik früh in der Saison hinterher, steht punktlos im Tabellenkeller. Das Startprogramm war anspruchsvoll, und die Ansetzungen in der zweiten September-Hälfte erhöhen den Druck. Vor dem Derby in Dortmund empfängt der VfL Aufsteiger Holstein Kiel. „Nächste Woche bietet sich eine gute Gelegenheit. Wir wollen schnell Punkte holen“, sagte Zeidler in Freiburg und vermied damit, ob bewusst oder unbewusst, die passenderen Begriffe: Sollten oder gar müssen.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / steinsiek.ch)

Debatte

VfL-Kolumne: Späte Transfers begünstigten den Fehlstart

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Kaderplanung.

Manchmal kommt bei Peter Zeidler noch der Lehrer durch. Neuzugänge erhalten von ihm stets eine Hausaufgabe: Sie müssen schnellstmöglich die Namen aller Mitspieler lernen. Der Bochumer Coach erinnert derzeit fast täglich daran, dass die Integration auf vielen Ebenen noch nicht abgeschlossen ist. Die Zahlen verdeutlichen das Problem: Acht der zehn Neuen hatten vor der Saison keine Bundesliga-Erfahrung, fünf sprechen kein Deutsch, einigen Spielern fehlt die Wettkampfpraxis. Zudem: Fünf Spieler sind erst im oder nach dem Trainingslager zur Mannschaft gestoßen. Myron Boadu ist hierfür das beste Beispiel. Er ist die personifizierte Angriffshoffnung, doch noch fehlen Ausdauer und Bindung zu den Teamkollegen.

Sicher ist: Die späten Transfers haben den Fehlstart begünstigt. Und die Frage, die daran anknüpft, lautet: Lässt sich das in Zukunft anders lösen? Wartet der VfL zu lange in der Hoffnung, gegen Ende der Transferperiode einen vielleicht noch besseren Spieler zu entdecken? Auch Sportdirektor Marc Lettau hätte die Kaderplanung am liebsten schon früher abgeschlossen. Das Kernproblem in diesem Sommer war: Für den VfL stand erst Ende Mai fest, in welcher Liga er in dieser Saison spielt. Den Bochumern ist deswegen sogar ein Angreifer abgesprungen. Mit Jarne Steuckers war sich Lettau im Grunde einig, doch der Belgier hat sich während der Relegation umentschieden.

Währenddessen konnte der 1. FC Heidenheim mit einem vergleichbaren Etat schon erste Spielertransfers festzurren. Obwohl die Ostalbstädter in diesem Sommer gleich drei Leistungsträger verloren haben, war die Kaderplanung zum Trainingsauftakt Anfang Juli fast abgeschlossen. Der Lohn: Ein Saisonstart mit zwei Siegen aus zwei Spielen, wenngleich gegen nominell schwächere Gegner. Beim VfL kam indes noch ein anderes Problem hinzu: Drei der fünf August-Transfers sind erst durch Abgänge oder die Freigabe zusätzlicher Gelder möglich geworden. Das erklärt auch den späten Miyoshi-Transfer. Denn bei allem Respekt und der angedeuteten Qualität: Einen Spieler dieser Kategorie hätte der VfL sicher auch schon früher bekommen können.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Trainerteam

Anwalt und Analyst: Neue Assistenten an Zeidlers Seite

Ein Beschäftigungsverhältnis wie dieses ist im schnellligen Fußballgeschäft selten geworden. Mit zwölf verschiedenen Cheftrainern hat Peter Greiber beim VfL zusammengearbeitet, insgesamt 19 Jahre war er in Bochum tätig. Nach dem erneuten Klassenerhalt bat der 55-Jährige um eine Vertragsauflösung. Aus privaten Gründen zog es Torwarttrainer des Bundesligisten zurück in seine Wahlheimat nach Köln, wo er nun in gleicher Position für den bekanntesten Klub der Stadt arbeitet.

Für Greiber ist es eine Rückkehr an alte Wirkungsstätte. Seine Trainerlaufbahn begann 1995 beim 1. FC Köln. Nach zehn Jahren am Geißbockheim kam er im Sommer 2005 auf Empfehlung von Marcel Koller als Torwarttrainer zum VfL. Fortan bildete Greiber eine feste Konstante im Trainerteam. Nicht nur bei den Profis, sondern auch im Nachwuchsbereich hatte er maßgeblichen Anteil an der positiven Entwicklung vieler Torhüter. Er förderte Keeper wie Andreas Luthe, Michael Esser, Tjark Ernst und Niclas Thiede. Unter seinen Schützlingen genießt Greiber einen exzellenten Ruf. „Was ich mit dem VfL in den vergangenen knapp 20 Jahren erlebt habe, war sehr besonders. Als ich angefangen habe, hat der VfL in der 2. Bundesliga gespielt. Nun geht der Klub ins vierte Bundesliga-Jahr in Serie. Die emotionale Rettung in den Relegationsspielen in diesem Jahr haben dem Ganzen die Krone aufgesetzt“, sagte Greiber zum Abschied.

Einen Nachfolger haben die Bochumer schnell gefunden. Seit Anfang Juli leitet Sebastian Baumgartner die Torleute an. Der 37-Jährige Österreicher war zuletzt in gleicher Funktion bei RB Salzburg tätig. „Für mich ist das ein super Schritt in meiner Karriere. In einer der Top-Fünf-Ligen Tormanntrainer zu sein, ist eine riesige Ehre und zugleich eine Challenge, auf die ich mich extrem freue“, erklärte Baumgartner zum Abschied aus seiner Heimat. Mit 29 Jahren beendete Baumgartner seine Spielerkarriere zwischen Profi- und Amateurbereich und widmete sich fortan der Torhüterausbildung. In Salzburg begann er im Juniorenbereich und stieg 2022 zu den Profis auf, die seinerzeit in der Champions League spielten.

„Wir freuen uns, dass es gelungen ist, die Position des Torwarttrainers hochkarätig zu besetzen, indem wir Sebastian Baumgartner von RB Salzburg von unserem Weg beim VfL überzeugen konnten. Er hat in Salzburg die Torhüter auf Top-Niveau ausgebildet und weiterentwickelt und uns mit seinen innovativen Ideen und Konzepten inhaltlich vollständig überzeugt“, sagt VfL-Sportdirektor Marc Lettau, der auch zwei neue Co-Trainer anstellen konnte. Seit dem Trainingsauftakt am 1. Juli arbeiten Murat Ural und Maxime Antonilli an der Seite von Peter Zeidler. Bochums Chefcoach kennt beide Assistenten aus seiner Zeit in der Schweiz.

Ural war bis zuletzt für den FC Zürich tätig, wo er in der Spielzeit 2023/24 zunächst als Co-Trainer an der Seite von Bo Henriksen wirkte. Nach dessen Wechsel in die Bundesliga zu Mainz 05 übernahm Ural übergangsweise die Chefrolle. Zuvor war der Fußballlehrer als Nachwuchstrainer beim FC Winterthur tätig. „Wir kennen uns, weil Murat eine Zeit lang in St. Gallen hospitiert hat“, verrät Zeidler, wie der Kontakt zu Ural zustande kam. Während die Anstellung in Bochum für ihn die erste in Deutschland ist, ist der 36-jährige Schweizer mit türkischen Wurzeln in seiner Heimat relativ bekannt. Zu seiner aktiven Zeit als Fußballer kam der ehemalige Juniorennationalspieler auf fast 100 Profi-Einsätze, viele davon als Stürmer des FC St. Gallen. Nebenbei schloss er ein Jura-Studium ab und spezialisierte sich auf internationales Sportrecht.

Auch Maxime Antonilli hat einen akademischen Hintergrund. In der Schweiz erlangte er zwei Studienabschlüsse in den Bereichen Recht, Wirtschaft und Internationale Beziehungen. Antonilli ist Schweizer mit Wurzeln in Italien. Da war es nur logisch, dass seine Trainerkarriere 2017 bei CS Italien GE in der Schweiz begann, bevor er 2023 nach St. Gallen ins Trainerteam von Peter Zeidler wechselte. Dort kümmerte sich der 33-Jährige als Co-Trainer insbesondere um die Spielanalysen. Diese Aufgabe übernimmt der A-Lizenzinhaber auch in Bochum. „Ich finde, unser Trainerteam ist sehr gut aufgestellt“, sagt Peter Zeidler. „Meine Aufgabe ist es, nicht nur das Team auf dem Platz zu einer Einheit zu formen, sondern auch die Kollegen im Trainerbüro.“ Dank der beiden Co-Trainer sollen die Übungseinheiten individueller gestaltet werden. Außerdem werden Zeidlers Assistenten für einzelne Teilbereiche die Verantwortung übernehmen, zum Beispiel von Standardsituationen.

Komplettiert wird das Trainergespann von Markus Feldhoff, der auch schon unter Thomas Letsch beim VfL angestellt war. „Er bleibt ein wichtiger Teil unseres Teams“, betont Zeidler, der auch allen anderen Mitarbeitern – vom Fitnesstrainer bis zum Videoanalysten, vom Rehatrainer bis zum Leistungsdiagnostiker – sein Vertrauen schenkt. VfL-Legende Frank ‚Funny‘ Heinemann bleibt ebenfalls dabei. Der 59-Jährige übernimmt den neu geschaffenen Posten als Top-Talente-Trainer. Diese Position ist in anderen Vereinen längst üblich. Heinemann soll fortan die besten Nachwuchshoffnungen des Vereins von der eigenen U17 bis zu den Profis begleiten, sie individuell fördern und auch abseits des Platzes begleiten. 

Der Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen. Auf mehr als 130 Seiten bietet das Magazin viele Interviews, ausführliche Portraits und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare der aktuellen Ausgabe zum Saisonstart sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend gibt es auch eine Download-Option.