Debatte

VfL-Kolumne zum Spiel in Berlin: Primitivität im Plural

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Der Feuerzeug-Wurf in Berlin.

Wer am Samstag bei Union Berlin sein erstes Fußballspiel sah, kann sich eigentlich nur angewidert von dieser Sportart abwenden, in der das Werfen von Gegenständen auf einen gegnerischen Spieler und ein primitives Verhalten auf den Rängen offensichtlich dazugehören und von zahlreichen Zuschauern goutiert wird. Die Attacke zu verharmlosen, nur weil kein Blut floss, ist absurd. Insofern passt es auch nicht, dass Berlins Manager Horst Heldt lediglich von einem Einzeltäter sprach und verschwieg, dass VfL-Keeper Patrick Drewes nach dem Feuerzeug-Wurf sogar noch beschimpft wurde, im Stadion wie später im Netz. Generell zeigten die Köpenicker wenig Demut und Reue.

Dass Drewes und der VfL an verschiedenen Stellen nun der Schauspielerei bezichtigt werden, liegt wiederum in den Eigentümlichkeiten des Fußballs begründet. Dass Spieler allzu oft länger am Boden liegen blieben als es eigentlich nötig wäre oder teilweise komplett simulieren, führt automatisch zu einer gewissen Skepsis. Das Verhalten einzelner Bochumer hat am Samstag leider nicht dazu beigetragen, diese Zweifel aufzulösen. Seltsam war zum Beispiel, dass Felix Passlack mit seinem Torwart mehrfach hinter vorgehaltener Hand gesprochen hat.

Diese Gedanken dürfen jedoch nicht zu einer Täter-Opfer-Umkehr führen. Wie sich der Aufprall eines Feuerzeugs am Kopf anfühlt und ob ein Besuch im Krankenhaus notwendig war, kann nur einer beurteilen: Patrick Drewes. Generell gilt: Mit Gegenständen auf Menschen zu werfen, ist schändlich und passiert auch im Ruhrstadion immer wieder. Erst vor einer Woche verpassten Bochumer Fans nur knapp die Spieler von Werder Bremen. Ein Lerneffekt ist nicht zu erkennen.

Wobei die Sportgerichtsbarkeit zumindest dafür sorgen könnte, dass es nicht noch schlimmer wird. Insofern wäre es verwunderlich, wenn die Partie nicht nachträglich für den VfL gewertet werden würde. Anderenfalls könnten Attacken auf gegnerische Spieler demnächst als taktisches Mittel genutzt werden. Ohnehin wäre der DFB gut beraten, eine klare Regelung zu schaffen. Wenn Angriffe auf Schiedsrichter üblicherweise einen Spielabbruch zur Folge haben, muss das umgekehrt auch für Spieler gelten.


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(Foto: Imago / Jan Huebner)

Transferbilanz

Kein Leistungsträger dabei: Bochumer Zugänge enttäuschen

Für Dieter Hecking sind die Profis des VfL Bochum im Grunde alle neu. Seit gut einem Monat trainiert der 60-Jährige den Revierklub. Ob ein Spieler schon länger oder erst seit wenigen Monat das blau-weiße Trikot trägt, ist für ihn nicht relevant. Für viele Fans allerdings schon. Um nach dem ersten Drittel der Saison eine vorläufige Transferbilanz zu ziehen, lohnt vor allem ein Blick auf die Einsatzzeiten. Und da fällt auf: Obwohl mit Kevin Stöger, Takuma Asano, Keven Schlotterbeck und Patrick Osterhage im Sommer mindestens vier Stammkräfte den Verein verlassen haben, spielen die zehn Neuerwerbungen bislang nur eine untergeordnete Rolle. Bei der 0:1-Niederlage in Augsburg gehörten mit Patrick Drewes und Jakov Medic lediglich zwei Neuzugänge zur Bochumer Startelf – so wenige wie noch nie in dieser Saison.

Den Höchstwert erreichte der VfL noch unter Peter Zeidler beim Auswärtsspiel in Freiburg, als neben Drewes und Medic auch Koji Miyoshi, Dani de Wit und Ibrahima Sissoko von Beginn an spielten. Geholfen hat es allerdings nicht: Der VfL ging wie in den meisten Spielen als Verlierer vom Platz – was sicher auch an den enttäuschenden Darbietungen der Sommer-Einkäufe liegt. Zu einem Leistungsträger hat sich bislang keiner von ihnen entwickelt. Nur Patrick Drewes und Ibrahima Sissoko haben überhaupt alle zwölf Bundesliga-Spiele auf dem Rasen miterlebt, wobei Drewes der einzige ist, der stets zur Startelf gehörte, während Sissoko, der von den neuen Feldspielern noch am meisten überzeugte, zuletzt nur eingewechselt wurde. Das ist insofern bemerkenswert, weil Drewes eigentlich nur als Ersatztorhüter geholt wurde.

Viele Fehleinschätzungen

Weil aber mehrere Transferideen scheiterten, darunter Münchens Daniel Peretz und Kölns Marvin Schwäbe, rückte Drewes zur Nummer eins auf, und der VfL verpflichtete Anfang August Timo Horn als Herausforderer. Dass Schwäbe Ende August doch noch hätte verpflichtet werden können, passt ins Bild. In zu vielen Fällen hat sich der ehemalige Sportdirektor Marc Lettau geirrt. Vor allem seine vermeintlichen Königstransfers, die den Verlust wichtiger Stammkräfte auffangen sollten, sind mit Ausnahme von Sissoko bislang noch nicht die erhofften Verstärkungen. Speziell Dani de Wit ist weit davon entfernt, die Rolle von Kreativkopf Kevin Stöger einzunehmen. Dass de Wit kein klassischer Spielgestalter und Passgeber ist, war von Beginn an klar. Doch der Niederländer konnte auch in anderer Rolle noch nicht glänzen.

Erst zwei direkte Torbeteiligungen stehen in der Bilanz des hochgelobten Top-Verdieners, der unter Hecking sogar seinen Stammplatz verloren hat. Seit dessen Amtsantritt darf de Wit nur noch auf der Bank Platz nehmen, in Augsburg wurde er nicht einmal eingewechselt. Aus der Mannschaft ist zu hören, dass de Wit den Wechsel nach Bochum angeblich schon bereut, sogar ein vorzeitiger Abgang ist nicht auszuschließen. Dabei ist sein Vertrag noch bis 2028 datiert, genauso wie bei Koji Miyoshi. Die Einsatzzeiten des Japaners stehen bislang ebenfalls noch nicht im Verhältnis zum vergleichsweise großen Invest am letzten Transfertag. Der agile Mittelfeld-Allrounder, der gegen Leverkusen das bislang einzige Tor unter der Leitung des neuen Trainers erzielt hat, wurde in Augsburg nur eingewechselt.

Zwei Verletzte

Vor Torhüter Drewes durfte sich am vergangenen Wochenende einzig Jakov Medic zeigen, der mit seiner resoluten Verteidigungsweise zu gefallen weiß, sich aber immer wieder Flüchtigkeitsfehler im Spielaufbau erlaubt. Auf ihn muss der VfL jedoch vorerst verzichten. Medic hat in Augsburg eine kleine Fraktur der Augenhöhle erlitten und musste im Krankenhaus behandelt werden. Auch Myron Boadu fällt für das kommende Heimspiel gegen Werder Bremen aus. Nach seiner Schambein-Entzündung befindet sich der schnelle und technisch versierte Angreifer noch im Aufbautraining, wenngleich er noch vor Weihnachten wieder spielen soll. Mit zwei Treffern ist der Leihspieler vom AS Monaco trotz seiner Pause seit Mitte Oktober der gefährlichste VfL-Stürmer und immerhin ein Hoffnungsträger für die Rückrunde.

Boadu ist neben Medic und Balde einer von drei Neuen, die der VfL zunächst nur für eine Saison an sich gebunden hat, anschließend aber eine Kaufoption besitzt. Wobei diese bei Boadu derart hoch angesetzt ist, dass ein Verbleib auch im Falle des Klassenerhalts praktisch ausgeschlossen ist. Ähnliches gilt für Aliou Balde, bei dem es aber keine finanziellen, sondern sportliche wie disziplinarische Gründe sind. Bereits zweimal hat ihn Hecking wegen eines Fehlverhaltens öffentlich ermahnt und daraufhin aus dem Kader gestrichen. Angesichts dieser Umstände ist ein vorzeitiges Ende der Leihe im Winter denkbar. In diesem Zusammenhang muss sich der VfL jedoch die Frage gefallen lassen, wie er zum wiederholten Mal einen Spieler verpflichten konnte, der zwar als Profi bezeichnet wird, sich aber nicht so verhält.

Ohne Perspektive

Nicht wesentlich anders ist der Fall Samuel Bamba gelagert. Nur ein Kurzeinsatz als Joker steht derzeit in den Büchern; weitere werden vorerst nicht dazukommen. Bamba gehört seit Wochen und unabhängig vom Übungsleiter nicht mehr zum Spieltagskader. Peter Zeidler kritisierte mehrfach seinen Fitnesszustand – ein Problem, das schon in Dortmund existierte und somit vor der Verpflichtung hätte bekannt sein müssen. Bamba sammelte zuletzt gemeinsam mit Neuzugang Niklas Jahn Spielpraxis in der U21, fiel dort aber nicht sonderlich auf. Jahn wiederum zeigte zumindest vollen Einsatz, ist von der Klasse eines Bundesliga-Spielers aber noch weit entfernt. Ihm und auch Bamba würde im Winter sicher eine Leihe helfen. Konkrete Anfragen anderer Klubs liegen dem VfL bislang aber noch nicht vor.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Feuerzeug im Fokus

Remis errungen, Sieg noch möglich: VfL legt Einspruch ein

Vielleicht war es nur Anstand, vielleicht aber auch die Erkenntnis, dass der Platzverweis regeltechnisch korrekt war. Bereits nach 13 Minuten sah Koji Miyoshi nach einem rüden Foulspiel zurecht die Rote Karte. Der VfL Bochum musste bei Union Berlin fortan und damit fast das ganze Spiel in Unterzahl absolvieren. Die Herausforderung, nach drei torlosen Partien wieder zu treffen und den ersten Saisonsieg einzufahren, wurde damit noch größer. Doch anstatt zu verzweifeln, wehrte sich das Team von Dieter Hecking mit Leidenschaft und kluger Taktik – und verdiente sich am Ende einen Punkt. „Die Reaktion auf die Rote Karte war gut“, lobte der Trainer seine Spieler. Ibrahima Sissoko hatte den VfL zehn Minuten nach dem Platzverweis sogar in Führung gebracht, doch weitere zehn Minuten später erzielte Union den Ausgleich zum 1:1-Endstand.

Erster Auswärtspunkt

Die Bochumer verteidigten ihren Strafraum im Stile einer Handballmannschaft, sorgten aber immer wieder für Entlastung und hatten sogar Chancen zu gewinnen. Die Unterzahl machte sich kaum bemerkbar. „Die Führung hat uns wieder an ein erfolgreiches Spiel glauben lassen. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie nie aufgibt. Das zeichnet sie aus“, sagte Hecking, der Glückwünsche für das dritte Unentschieden der Saison und den ersten Punkt in der Fremde entgegennahm. Womöglich kann er nachträglich sogar den ersten Saisonsieg feiern. Denn das sportliche Geschehen rückte in der Nachspielzeit weit in den Hintergrund. VfL-Keeper Patrick Drewes hatte für sein wiederholtes Zeitspiel die Gelbe Karte gesehen, wollte den Ball zurück ins Spiel bringen und wurde plötzlich von einem Feuerzeug am Kopf getroffen.

Feuerzeug trifft Drewes

Drewes sackte benommen zu Boden und wurde ärztlich behandelt, nach Vereinsangaben später sogar mit Übelkeit und Kopfschmerzen in ein Krankenhaus gebracht, wo allerdings keine Gehirnerschütterung festgestellt werden konnte. VfL-Profi Matus Bero schnappte sich das Feuerzeug kurz nach dem Wurf und zeigte es den aufgebrachten Fans aus Berlin, die trotz des offensichtlichen Vergehens der Meinung waren, dass Drewes nur simulieren würde. „Steh‘ auf, Du Sau“, sangen etliche Fans auf der Heimtribüne, während die Bochumer einen Spielabbruch forderten. Schiedsrichter Martin Petersen schickte die Mannschaften zunächst in die Katakomben. „Wir haben uns warm gehalten. Unser Trainer hat mit dem Schiedsrichter geredet und dann war klar, dass wir wieder rausgehen und unter Protest weiterspielen.“ Weil Drewes nicht mehr mitwirken konnte, stellte sich Hofmann ins Bochumer Tor.

Kein Spielabbruch

Doch einen Schuss musste der Mittelstürmer nicht mehr abwehren. Die Mannschaften einigten sich auf einen Nicht-Angriffspakt, weil der VfL schon alle Wechselphasen ausgeschöpft hatte und nur noch zu neunt auf dem Rasen stand. Dir Bochumer plädierten für einen Spielabbruch, doch Schiedsrichter Petersen entschied anders. Dieser hielt vorher Rücksprache mit seinen Verantwortlichen beim DFB. Wird ein Spieler oder ein Unparteiischer von einem Gegenstand verletzt – wie der Linienrichter beim Becherwurf in Bochum anno 2022 – ist ein Abbruch möglich, aber nicht zwingend erforderlich. Petersen war vor einigen Jahren sogar schon selbst betroffen und beendete daraufhin die Partie. An diesem Samstag entschied er anders. „Nur der Schiedsrichter kann ein Spiel abbrechen. Das hätte er aus unserer Sicht tun müssen“, erklärte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig, der ankündigte: „Wir werden gegen die Spielwertung Einspruch einlegen.“

Sportgericht muss entscheiden

Die Entscheidung darüber, wie die Partie gewertet wird, liegt beim DFB-Sportgericht. Im Erfolgsfall wird das Spiel mit 2:0 und drei Punkten für den VfL gewertet. Auch ein Wiederholungsspiel an gleicher Stelle wäre theoretisch denkbar, ist aber sehr unwahrscheinlich. Wie gut die Chancen auf eine Wertung im Sinne des VfL stehen, ist unklar; in der jüngeren Vergangenheit gab es keinen vergleichbaren Fall. „Uns ist ein sportlicher Nachteil entstanden“, begründet Kaenzig die Entscheidung. So steht es auch im Regelwerk des DFB. Die „Schwächung der eigenen Mannschaft durch einen während des Spiels eingetretenen Umstand, der unabwendbar war und nicht mit dem Spiel und einer dabei erlittenen Verletzung im Zusammenhang steht“ rechtfertigt einen Einspruch. Auch wenn nur noch drei Minuten zu spielen waren, wurde der VfL um eine Siegchance gebracht.

Wütende Berliner Fans

Wobei es sogar Bochums Trainer Hecking war, der nach dem um 28 Minuten verzögerten Schlusspfiff beschwichtigte und relativierte. Er wies darauf hin, dass sich die eigenen Fans auch nicht immer korrekt verhalten. Schließlich flogen im Bochumer Ruhrstadion zuletzt ebenfalls einige Gegenstände auf den Rasen, sie trafen nur keinen Spieler. Und: Der mutmaßliche Täter wurde nach Angaben der Unioner schnell ermittelt. Berlins Manager Horst Heldt verurteilte das Fehlverhalten „eines Einzelnen“, wobei er verschwieg, dass zahlreiche Fans den am Boden liegenden Drewes beschimpften und sogar wütend der Schauspielerei bezichtigten. Den Anstand und die Erkenntnis, dass ihr Verhalten unsportlich und damit inakzeptabel ist, unabhängig davon, wie hart Drewes getroffen und verletzt wurde, hatten sie jedenfalls nicht.


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(Foto: Imago / Matthias Koch)

Mitgliederversammlung

VfL auf Wachstumskurs: Wintertransfers sind möglich

Aus sportlicher Sicht ist der VfL Bochum derzeit nicht in der Lage, für ein erfreuliches Zahlenwerk zu sorgen. Mit zwei mageren Pünktchen nach 13 Spielen steht der Revierklub auf dem letzten Platz der Bundesliga-Tabelle. Immerhin sorgt die wirtschaftliche Entwicklung für einen Lichtblick in einer eher düsteren Zeit. Denn die Bilanz, die Geschäftsführer Ilja Kaenzig den Mitgliedern am Donnerstagabend auf der turnusmäßigen Jahreshauptversammlung präsentiert hat, bestätigt den Trend der vergangenen Jahre.

Kalkuliertes Minus

​Der VfL Bochum befindet sich in vielen Bereichen weiterhin auf einem Wachstumskurs, auch wenn das abgeschlossene Geschäftsjahr 2023/24 mit einem Fehlbetrag von rund 5,2 Millionen Euro abgeschlossen wurde. „Es handelt sich um ein kalkuliertes Minus“, erklärte Kaenzig. Schließlich habe der VfL in den beiden Jahren zuvor einen Gewinn in mittlerer siebenstelliger Höhe verzeichnet. Die Erträge zwischen Juli 2023 und Juni 2024 lagen in der ausgegliederten Kapitalgesellschaft bei rund 77,3 Millionen Euro, die Aufwendungen bei 82,5 Millionen Euro. Der eingetragene Verein erzielte bei Erträgen von 5,2 Millionen Euro einen Fehlbetrag von rund 230.000 Euro.

Im Gegensatz zum Vorjahr fehlten dem VfL in erster Linie Transfereinnahmen. In allen anderen Bereichen verzeichnete der Klub einen Anstieg der Erträge, etwa beim Sponsoring oder beim Fanartikel-Verkauf. Auch deshalb planen die Verantwortlichen für die laufende Saison mit Erträgen von 86,4 Millionen Euro, den Aufwendungen in Höhe von rund 85,1 Millionen Euro gegenüberstehen sollen. Die deutlich höheren Erträge kommen durch den Verkauf von Patrick Osterhage und deutliche Mehreinnahmen aus dem Topf der Fernsehgelder zustande.

Spieleretat erhöht

Läuft alles nach Plan, dann hat der VfL seine verbliebenen Verbindlichkeiten von rund 6,2 Millionen Euro gegenüber Kreditinstituten bis zum Jahr 2027 getilgt. Schon jetzt ist das Eigenkapital mit rund 3,3 Millionen Euro positiv. Kaenzig ging in diesem Zusammenhang erneut auf den Vorwurf einiger Fans ein, der VfL würde sich angeblich totsparen. Der VfL habe unter anderem Geld in die Weiterentwicklung der Nachwuchs- und Frauenabteilung gesteckt, zudem die Infrastruktur modernisiert. Als weiteres Beispiel nannte der alleinige Geschäftsführer den Lizenzspieleretat. Dieser lag im ersten Jahr nach dem Aufstieg bei rund 24 Millionen Euro. In der vergangenen und der laufenden Saison peilt der VfL Aufwendungen von rund 41 Millionen Euro für seine Bundesliga-Mannschaft an.

Der aktuelle Etat würde trotz des Trainerwechsels im Herbst auch noch Mittel für Wintertransfers hergeben, betonte Kaenzig gegenüber den Mitgliedern: „Natürlich nur für Spieler unserer Preisklasse. Aber wir haben im Sommer nicht den letzten Cent ausgegeben. Zum einen, weil es von der sportlichen Leitung keine weiteren Wünsche mehr gab, zum anderen, weil wir bereits 31 Spieler im Kader hatten.“ ​Bis zu zwei Verstärkungen für die Rückrunde seien realisierbar. Trainer Dieter Hecking dürfe Wünsche äußern, Kaenzig kümmert sich um die Umsetzung. Ein neuer Sportchef soll dann ab Februar übernehmen und mit den zweigleisigen Planungen für die kommende Saison beginnen.

Rückkehr zur Effizienz

An dieser Stelle schlug der 51-Jährige den Bogen zur aktuellen sportlichen Lage: „Wir sind von unserem Weg abgekommen. Das zusätzliche Geld hat uns nicht geholfen. Effizienz war unsere Paradedisziplin und muss es wieder werden. Der Schlüssel liegt in der Vereinfachung.“ Kaenzig betonte, dass beim VfL Bochum trotz einer „katastrophalen Zwischenbilanz“ niemand aufgeben werde und der erneute Klassenerhalt das große Ziel bleibt. Nur so wird der Klub den Wachstumstrend der vergangenen Jahre fortsetzen können.

Dieser Bericht enthält auch Aussagen aus einem Medien-Termin im Vorfeld der Mitgliederversammlung. Weitere Berichterstattung zur Versammlung (vor allem zur Stadion-Modernisierung, zur Lage im Präsidium und den Neuwahlen im Sommer 2025) erfolgt aus zeitlichen Gründen wahrscheinlich erst zu einem späteren Zeitpunkt – inklusive weiterführender Informationen.


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(Foto: Marc Niemeyer)

0:1-Niederlage in Augsburg

„Ordentliches Spiel“? Bochums seichte Selbstanalyse

Viele Spieler haben beim VfL Bochum in dieser Saison bislang nicht überzeugt. Dass ausgerechnet zwei von den etwas Besseren in Augsburg auf der Bank Platz nehmen mussten, war durchaus überraschend. Ibrahima Sissoko und Gerrit Holtmann mussten für Ivan Ordets und Lukas Daschner weichen. Die Idee von Trainer Dieter Hecking, der in taktischer Hinsicht nur Nuancen veränderte, ging nicht auf. Bei einem nominell wie fußballerisch eher schwächeren Konkurrenten verlor der VfL nach einem Elfmetertor mit 0:1 und ließ abermals seine Bundestauglichkeit vermissen. Geradezu verwunderlich sind deshalb Aussagen wie die von Felix Passlack, Philipp Hofmann und Lukas Daschner, die allesamt „ein ordentliches Spiel“ ihrer Mannschaft sahen. Seichte Spielanalysen dieser Art hat es zuletzt häufiger gegeben.

Sonderbare Startelf

Zumindest ist es Dieter Hecking seit seinem Amtsantritt vor gut einem Monat gelungen, die Defensive zu stabilisieren. Die eigene Offensive bleibt dagegen erschreckend harmlos und ist zusammen mit Union Berlin und dem FC St. Pauli die schwächste der Bundesliga. In Augsburg gelang dem VfL nur ein einziger Schuss direkt auf das gegnerische Tor. Generell mangelte es an gefährlichen Strafraumaktionen, an Ballstafetten und zündenden Ideen. „Wir hätten mehr Durchsetzungsvermögen und Überzeugung im letzten Drittel gebraucht. Wir hatten drei, vier Abschlüsse, die knapp vorbeigehen, aber eben nicht aufs Tor kommen“, bemängelte Hecking, der sich erstmals auch selbst kritisieren lassen muss. Seine Startaufstellung war von außen betrachtet nicht nachvollziehbar und ganz offensichtlich die falsche Wahl.

Alternativlose Angreifer

Mit Bernardo und Sissoko saß ein zweikampfstarkes Duo zunächst nur auf der Bank, Ballgewinne blieben folglich Mangelware. Erneut lag auch das Flügelspiel brach, die passenden Kandidaten hierfür blieben ebenso draußen und sorgten erst spät für etwas Belebung. Koji Miyoshi und Gerrit Holtmann waren nach ihrer Einwechslung agiler als zum Beispiel Lukas Daschner, der zwar im Training überzeugt, in den Pflichtspielen aber meist das genaue Gegenteil zeigt. Dass mit Moritz Broschinski und Philipp Hofmann zum wiederholten Mal die beiden Angreifer starten durften, die zusammen erst ein Saisontor erzielt haben, ist Hecking jedoch kaum anzukreiden. Es fehlen Alternativen. Myron Boadu kämpft sich nach seiner Schambein-Entzündung gerade erst zurück, weitere Stürmer gibt der Kader nicht her.

Katastrophale Kaderplanung

Zahlreiche Fehler wurden bereits bei der Kaderplanung im Sommer gemacht. Dass es auch dem erfahrenen und von vielen Spielern geschätzten Dieter Hecking bislang nicht gelungen ist, sicht- und messbare Fortschritte zu erzielen, spricht für ein generelles Qualitätsproblem. Zusätzlich hat auch die Mentalität im vierten Bundesliga-Jahr nachgelassen. Wirklich wehrhaft wirkt aktuell kaum ein Bochumer. Als Jakov Medic kurz vor Spielende nach einem Schlag ins Gesicht minutenlang am Boden lag und anschließend ohne Ersatz das Spielfeld verlassen musste, beschwerte sich nicht einmal Ersatz-Kapitän Philipp Hofmann, dessen negative Körpersprache ohnehin sinnbildlich ist für die Lage beim VfL Bochum. Der Bundesliga-Abstieg lässt sich wohl nur noch mit einer furiosen Aufholjagd stoppen.

Riesiger Rückstand

Doch der Glaube an die Wende schwindet mit jeder weiteren Niederlage. Auf jetzt schon neun Punkte ist der Rückstand zum rettenden Ufer angewachsen. Nach zwölf Spieltagen stehen die Bochumer mit zwei Pünktchen nach wie vor am Tabellenende. In der Bundesliga-Historie war zu diesem Zeitpunkt bislang nur ein einziges Team noch schlechter. „Wir müssen jetzt anfangen, dreifach zu punkten, am besten schon nächstes Wochenende“, meint Passlack. Ein Satz, der in dieser Saison schon häufiger über die Lippen von Spielern oder Verantwortlichen kam, auf den bislang aber nie Taten folgten. Hoffnung macht einzig das Restprogramm mit zwei Heimspielen bis Weihnachten. Die kommenden Gegner Bremen, Berlin und Heidenheim sind grundsätzlich schlagbar. Allerdings nur, wenn der VfL mal wieder das Tor trifft…


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(Foto: Imago / Oryk Haist)

Debatte

VfL-Kolumne zum Präsidium: Wer erzählt die Wahrheit?

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Lage vor der Mitgliederversammlung.

Der Wesenskern journalistischer Arbeit ist es, Vorgänge kritisch zu hinterfragen, dabei auch Verborgenes sichtbar zu machen und sich stets an Tatsachen zu orientieren. Das als Reporter im Umfeld des VfL umzusetzen, ist derzeit kein leichtes Unterfangen. Denn: Zu einem Sachverhalt gibt es oft mindestens zwei Versionen. Person A behauptet jenes, Person B widerspricht. Gegensätzliche Auskünfte sind mittlerweile fast die Regel und zeigen, dass die sportliche Talfahrt nur das Ergebnis grundlegender Probleme ist.

Speziell die Lage im Präsidium ist diffizil. Ende Oktober bekam ich aus einer sehr zuverlässigen Quelle die Info, dass sich innerhalb des Gremiums eine Mehrheit gegen Hans-Peter Villis gebildet haben soll. Das angebliche Ziel: Eine Abwahl des Vorsitzenden. Mehrere Präsidiumsmitglieder dementierten jedoch, dass es derartige Differenzen geben würde. Einen Tag später zog sich Villis aus „gesundheitlichen Gründen“ zurück. Ein Zufall?

Also habe ich zur weiteren Recherche mit zahlreichen Personen aus verschiedenen Vereinsgremien gesprochen. Das Ergebnis: Sie alle haben eine Lagerbildung im Präsidium bestätigt. In einer Medienrunde und bei der Fanclubvertreterversammlung stellten es die dort anwesenden Präsidiumsmitglieder aber nach wie vor anders da. Sie betonten, Villis sei wirklich krank und habe um eine Auszeit gebeten. Wenn er wieder gesund sein sollte, könne er in seine Ämter zurückkehren. Vielleicht ja schon zeitnah? Villis lief am Samstag in augenscheinlich guter Form durch die Bochumer VIP-Lounge, allerdings mit deutlicher Distanz zu seinen Präsidiumskollegen. Auch beim obligatorischen Zusammentreffen mit den Verantwortlichen von Werder Bremen war er nicht dabei.

So oder so: Die Mitgliederversammlung an diesem Donnerstag dürfte spannend werden. Es gibt Anträge von Mitgliedern, geplante Satzungsänderungen, zudem stellt der Klub leicht modifizierte Pläne zum Stadionumbau vor. Und wer weiß, was angesichts der sportlichen und außersportlichen Lage noch passieren wird. Vor allem: Wie kritische Fragen beantwortet werden – auch zum oben genannten Sachverhalt.


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VfL-Kolumne: So unrealistisch ist der Klassenerhalt gar nicht

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Vielleicht hatte der Bochumer Mannschaftsabend am vergangenen Sonntag ja inspirierenden Charakter. Die Truppe des VfL ist gemeinsam nach Köln gereist, um sich das Derby gegen Düsseldorf in der Eishockey-Bundesliga anzusehen. Die heimischen Haie siegten mit 5:1. Ein solches Ergebnis wäre für die Fußballer des VfL der ersehnte Befreiungsschlag. Wobei ein unverdientes 1:0 nach einem Eigentor des Gegners auch schon reichen würde.

So oder so: Bis Weihnachten müssen möglichst viele Punkte her. Das ist zwingend wie dringend erforderlich. Nach gut einem Drittel der Saison steht die Hecking-Elf bei mageren zwei Zählern. Aussichtslos ist die Lage dennoch nicht, ganz im Gegenteil: So unwahrscheinlich ist der vierte Bochumer Klassenerhalt gar nicht. Warum? Weil sich im Tabellenkeller erneut ein Schneckenrennen abzeichnet. So ist der FC St. Pauli auf dem Relegationsplatz nur sechs Punkte entfernt – und der VfL spielt 2025 noch zweimal gegen die Kiezkicker. Der Rückstand auf Heidenheim und den ersten Nicht-Abstiegsplatz ist zwar schon auf acht Zähler angewachsen, doch auch in diesem Fall warten noch auf zwei direkte Duelle auf die Hecking-Elf. Zudem: Heidenheim muss in den kommenden Wochen gegen Frankfurt, Bayern und Stuttgart antreten. Viele Punkte sind da im Normalfall nicht zu erwarten. Umso passender, dass der Vorzeige-Klub von der Ostalb zum Jahresabschluss nach Bochum reisen muss.

Die Adventszeit hat vorentscheidenden Charakter. Pirscht sich der VfL an die Konkurrenz heran oder kann den Abstand zumindest halten, dann hat er in den 19 Partien nach der kurzen Winterpause weiter alle Chancen auf den Klassenerhalt. Das Gute ist: Die kommenden Gegner sind schlagbar. Sie stehen allesamt in der unteren Tabellenhälfte und ihre Formkurve zeigt eher nach unten als nach oben. Grundvoraussetzung für den ersten Saisonsieg ist selbstverständlich eine stabile Defensive. Dass der VfL zuletzt im Januar gegen einen Bundesligisten ohne Gegentreffer blieb, ist Problem Nummer eins. Und dass er in dieser Saison weniger als ein Tor pro Spiel erzielt hat, ist Problem Nummer zwei. Somit werden auch die Wintertransfers entscheidenden Einfluss auf den Saisonausgang nehmen.


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