Erstes Tor erzielt

Zehner statt Achter: Neuzugang de Wit will offensiver spielen

Am vergangenen Wochenende wurde Dani de Wit zu einer Art Groundhopper. Freitags gastierte er mit dem VfL Bochum im Dortmunder Westfalenstadion. Der 26-Jährige erzielte sein erstes Pflichtspieltor, traf zur zwischenzeitlichen 2:0-Führung. Der Ausgang des Spiels ist bekannt. Allzu sehr konnte sich de Wit über den Treffer deshalb nicht freuen. Auch zwei Tage später war das Ergebnis aus seiner Sicht enttäuschend. Er sah eine 1:2-Niederlage von AZ Alkmaar gegen den FC Utrecht. Für de Wit war es dennoch ein besonderer Tag. In der Halbzeitpause wurde er offiziell von seinem Ex-Klub verabschiedet und ließ sich von den Fans feiern, die ihren ehemaligen Leistungsträger offensichtlich vermissen. Fünf Jahre hat de Wit das Trikot von AZ Alkmaar getragen, bevor er in diesem Sommer zum VfL Bochum gewechselt ist.

Wunschkandidat seit dem Winter

Monatelang hatte sich Sportdirektor Marc Lettau um die Dienste des Mittelfeldspielers bemüht, schon im Winter gab es Gespräche für den Fall, dass Kevin Stöger den Verein früher als geplant verlassen hätte. Kurz vor dem Trainingsauftakt Anfang Juli erhielt Lettau die Zusage. „Es ist ein Spieler, um den wir hart kämpfen mussten, weil er auch andere Optionen hatte. Schnelligkeit und Hartnäckigkeit werden dann am Ende belohnt – nicht immer, aber in dem Fall schon“, erklärt Lettau. Dani de Wit kam ablösefrei nach Bochum, unterschrieb einen Vierjahresvertrag. „Für Dani de Wit ist der Wechsel zu uns mit dem Sprung in eine der Top-4-Ligen verbunden“, betont Lettau. Sein Wunschkandidat für die Mittelfeld-Zentrale hätte zum Beispiel auch in die italienische Serie A wechseln können.

Andere Stärken als Stöger

Auch deshalb sind die Erwartungen an de Wit in Bochum alles andere als gering. Schließlich gilt er als Nachfolger von Top-Scorer und Spielgestalter Kevin Stöger, obwohl die beiden gänzlich andere Spielertypen sind. Zu des Stärken des Niederländers zählen – basierend auf Daten und Berichten holländischer Kollegen – der eigene Torabschluss, seine Ausdauer, seine Kopfbälle, seine Spielintelligenz und seine körperbetonte Zweikampfführung. Das Einleiten von Chancen und Schlagen von Standards zählt im Gegensatz zu Stöger nicht zu seinen Kernkompetenzen. All das war bereits im Sommer bekannt, die bisherigen Spieleindrücke bestätigen dies nur. Wobei über allem noch die Positionsfrage schwebt. In Alkmaar war de Wit auf der Zehner-Position gesetzt. Und in Bochum?

Unterschiedliche Rollen

Zweimal, gegen Gladbach und Dortmund, positionierte ihn Trainer Peter Zeidler hinter der Doppelspitze. Gegen Freiburg und Kiel kam de Wit etwas defensiver zum Einsatz, als sogenannter Achter. In diesen beiden Partien blieb de Wit weitgehend unsichtbar, vor allem im Vorwärtsgang. In Regensburg und Leipzig hatte der Neuzugang wegen einer länderübergreifenden Rotsperre zunächst gefehlt. Im Derby gegen den BVB, als er auf seiner Lieblingsposition spielen durfte, deutete de Wit nun aber an, dass Potenzial in ihm schlummert. „Ich kann besser spielen, wenn ich offensiver und näher am gegnerischen Strafraum bin. Dann kann ich mit Toren und Assists gefährlich sein“, sagte de Wit der WAZ und hielt damit bereits vor dem Spiel ein Plädoyer für einen Einsatz auf der Zehn, wo er auch in Alkmaar überzeugt hat.

Neue Liga und Umgebung

Zehn Tore hat er dort in der vergangenen Saison erzielt, insgesamt 46 in 188 Pflichtspielen. „Er ist torgefährlich“, weiß auch Peter Zeidler und versucht, „ihn in diese Bereiche und Situationen zu bringen, um Tore zu erzielen.“ Der Fußballlehrer betont aber auch, dass de Wit defensive Aufgaben zu erfüllen hat. „Wir brauchen ihn auch als Balleroberer. Er ist ein kompletter Mittelfeldspieler.“ Quasi gesetzt bleibt de Wit in jedem Fall, unabhängig von der Position. „Er ist selbstkritisch und lernwillig“, berichtet Zeidler. Aus seiner Sicht seien Anlaufschwierigkeiten bei einem Wechsel aus der Eredivisie in die Bundesliga ohnehin normal. „Eine neue Umgebung, neue Mitspieler und eine andere Spielweise“ – Zeidler möchte seinem Schützling noch etwas Zeit geben. Auch wenn der Erfolgsdruck naturgemäß steigt.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Der Herbst könnte ungemütlich werden

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Sieglos-Serie.

Die Temperaturen sinken, die ersten Blätter fallen und abends wird es früher dunkel: der Herbst ist da. In Bochum merkt man das besonders an der Castroper Straße. Nach sechs sieglosen Pflichtspielen mit nur einem Punkt in der Bundesliga und dem Aus im DFB-Pokal weht ein rauer Wind rund um das Ruhrstadion. Ja, der Auftritt in Dortmund war zeitweise sehr ordentlich, in Summe gar nicht so schlecht, wenn man bedenkt, dass der BVB der klare Favorit mit völlig anderen Möglichkeiten ist. Aber klar ist auch: Allmählich müssen Punkte her. Zum dritten Mal in Folge hat der VfL einen Fehlstart hingelegt. Zweimal hat er den Klassenerhalt mit Ach und Krach dennoch geschafft. Das wird nicht immer gelingen.

Auch deshalb ist das anstehende Duell gegen den VfL Wolfsburg ein sogenanntes Schicksalsspiel. Es entscheidet darüber, wie ungemütlich der Bochumer Herbst werden dürfte. Auch ein Unentschieden wäre im Grunde zu wenig. Denn das Folgeprogramm mit fünf Partien gegen Europapokal-Teilnehmer in Serie deutet darauf hin, dass zwischen Mitte Oktober und Ende November, also bis zum elften Spieltag, nur wenige Zähler dazukommen werden.

Wir alle kennen die Mechanismen des Fußball-Geschäfts: Bleibt der Erfolg über eine längere Zeit aus, und ist darüber hinaus keine nennenswerte Weiterentwicklung zu erkennen, ist ein Personalwechsel auf der Trainerposition ein beliebtes Mittel, um den Negativtrend stoppen zu wollen. Verliert Peter Zeidler auch gegen Wolfsburg, wird es eng für ihn. Verdammt eng. Weil er es bislang nicht geschafft hat, ein über 90 Minuten funktionierendes Team zu formen. Wobei es unfair wäre, die Probleme auf eine Person zu reduzieren. Allein die Tatsache, dass der Trainer nur drei Monate nach seinem ersten Arbeitstag schon wieder so sehr im Fokus steht, bei vielen Fans und teilweise auch klubintern, ist besorgniserregend. Wieso schafft es der VfL Bochum nicht, einen Übungsleiter zu finden, mit dem Diskussionen dieser Art gar nicht oder erst sehr viel später aufkommen? Zumal Zeidler in diesem Kalenderjahr schon der dritte Trainer ist. Diese Frage richtet sich an das Präsidium, die Geschäftsführung und den Sportdirektor gleichermaßen.


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(Foto: Marc Niemeyer)

2:4-Niederlage beim BVB

90 Minuten sind zu viel: VfL zeigt abermals zwei Gesichter

Die Zuschauer im Dortmunder Westfalenstadion trauten ihren Augen kaum – auf beiden Seiten. Die BVB-Fans waren irritiert, und die rund 8.000 Bochumer im positiven Sinne überrascht, als Dani de Wit den Ball mühelos zur 2:0-Führung einschob. Der VfL versetzte den vermeintlich übermächtigen Reviernachbarn in eine Schockstarre und ließ seine eigenen Fans Mitte der ersten Halbzeit vom Derbysieg träumen. Nach einer gelungenen Ballstafette vor dem 1:0 durch Matus Bero und einer starken Pressingaktion vor dem Tor von de Wit waren im größten Stadion der Liga nur die Gästefans zu hören. Ihr Wunsch nach einem Auswärtssieg wäre möglicherweise auch wahrgeworden, wenn Myron Boadu die riesengroße Chance zum 3:0 genutzt hätte, als er freistehend vor Torhüter Gregor Kobel daneben zielte. Kurze Zeit später und noch vor der Pause kam der BVB mit dem Anschlusstreffer zurück ins Spiel.

Führung hergeschenkt

Was danach passierte, war so erwartbar wie vermeidbar. Der VfL gab das Spiel aus der Hand, verlor nach einem Elfmetertor, einer gelungenen Dortmunder Kombination und einem Drewes-Patzer mit 2:4 und steht erneut ohne Punkte da. „Es war mehr möglich, das kann man nicht anders sehen“, sagte Trainer Peter Zeidler in seiner ersten Analyse nach der Partie. „Wir haben bewiesen, dass wir Fußball spielen wollen und können.“ Der VfL zeigte erneut zwei Gesichter – wie fast immer in dieser Saison. Auf eine in weiten Strecken überzeugende erste Halbzeit folgte eine deutlich schwächere zweite Hälfte. Das ist nicht neu, die Statistik ist eindeutig: In den ersten 45 Minuten hat der VfL bislang fünf Tore erzielt und nur zwei kassiert, in den zweiten 45 Minuten kein einziges geschossen, aber neun Gegentreffer gefangen.

Mögliches Kräfteproblem

„Die erste Halbzeit muss unser Maßstab sein“, sagte Felix Passlack nach dem Derby und meinte damit gelungene Ballbesitzphasen genauso wie die Kompaktheit in der Defensive und das immer wieder erfolgreiche Pressing. Der Außenverteidiger, der am Freitagabend zu den besten Bochumern gehörte, sah aber auch ein Leistungsgefälle: „Nach der Pause waren unsere Abstände nicht mehr so gut.“ Der VfL bot den schnellen und spielstarken Dortmundern viel zu große Räume und hatte am Ende Glück, nicht noch höher zu verlieren. Während Passlack die Frage nach einem möglichen Konditionsdefizit verneinte, haben Teamkollegen von ihm ein Kräfteproblem bereits offen thematisiert. Die Bochumer Spielweise erfordert ein dauerhaft hohes Tempo, das sich über 90 Minuten nicht aufrechterhalten lässt – auch nicht im allerbesten Fitnesszustand. Etwas pikiert reagierte Peter Zeidler auf eine entsprechende Nachfrage: „Ich kenne die Statistik. Aber daraus abzulesen, dass wir nicht fit sind, wäre oberflächlich. Ich habe gegen Dortmund keine physischen Unterschiede gesehen.“

Keineswegs chancenlos

Klar ist: Fragen wie diese werden eher zunehmen, solange der VfL unter Zeidlers Leitung nicht gewinnt und im Laufe des Spiels derart einbricht. Der Druck steigt weiter. Im Heimspiel gegen Wolfsburg muss auch für die Stimmung zwingend ein Sieg her, zumal das Folgeprogramm eher keine Erfolgsserie vermuten lässt. Immerhin: Wer dem VfL vor der Partie in Dortmund keine Gewinnchance eingeräumt hatte, sah sich am Ende getäuscht. Und: Allzu viele Wechsel und Umstellungen dürfte es diesmal nicht geben. Eigengewächs Tim Oermann sah beim Anschlusstreffer nicht gut aus, zeigte insgesamt aber eine ordentliche Leistung. Ibrahima Sissoko überzeugte in einer etwas veränderten Rolle, auch Dani de Wit steigerte sich auf der offensiveren Zehner-Position enorm. Peter Zeidler hatte erneut auf die von ihm bevorzugte Raute gesetzt, dafür aber die Startformation umgebaut.

Ohne Masovic und Daschner

Erhan Masovic und Lukas Daschner standen gegen Kiel noch in der Anfangself, in Dortmund gehörten sie beide nicht zum Kader. Masovic hatte sich schon Anfang der Woche vom Training abgemeldet, weil seine Frau das erste gemeinsame Kind erwartet; die allergrößte Motivation, sich nach der extrem frühen und beispiellosen Auswechslung gegen Kiel auf dem Trainingsplatz zu zeigen, hatte der Verteidiger wahrscheinlich ohnehin nicht. Bei Daschner, der gegen Kiel sogar zu den Torschützen zählte, bleibt die Nicht-Nominierung hingegen diffus. Zeidler nannte am Freitag keine genauen Gründe. Er habe anderen Spielern den Vorzug geben wollen, erklärte der Coach. In beiden Fällen kam Zeidlers Entscheidung einer Demontage gleich, und die Mannschaft reagierte so, wie die BVB-Fans nach dem 2:0 für den VfL: irritiert und verwundert zugleich.


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(Foto: Marc Niemeyer)

Transfers und mehr

Interview: Lettau über Gerüchte, Geld und Grenzen

Als Sportdirektor verantwortet Marc Lettau die Kaderplanung und Spielertransfers des VfL Bochum. Im nachfolgenden Interview spricht er über die Herausforderungen in den zurückliegenden Monaten und darüber hinaus. Hinweis vorab: Das Interview wurde bereits vor dem Saisonstart geführt und ist zuerst im Bochumer 3satz-Verlag erschienen. Nun wurde es um weitere Aspekte ergänzt.

Herr Lettau, wie oft haben Sie sich während der zurückliegenden Transferperiode eigentlich in den sozialen Netzwerken und Internetforen umgesehen?

Auch auf Grund der intensiven Tagesplanungen eher selten, obwohl es natürlich immer einen gewissen Eindruck über die Stimmungslage gibt. Sobald Themen aber in die lokalen oder überregionalen Medien gelangen, werden sie natürlich präsenter für uns. Warum fragen Sie?

Weil in der Gerüchteküche fast täglich neue Namen von angeblichen Transferkandidaten aufgetaucht sind. Wie hoch war überhaupt die Trefferquote und inwiefern hat es Ihre Arbeit am neuen Kader beeinflusst?

Wenn man alle Plattformen zusammennimmt, war die nicht allzu hoch. Hin und wieder musste ich schmunzeln, wenn ich gelesen oder gehört, welche Spieler mit uns in Verbindung gebracht werden. Aber wir halten es so, dass wir Personalien in der Öffentlichkeit grundsätzlich nicht kommentieren. Bei Top-Spieler-Personalien, die wir durch besonderen Einsatz, Kreativität oder Schnelligkeit für uns gewinnen wollen, kann uns das öffentliche Bekanntwerden allerdings auch mal die Arbeit erschweren. Dann schauen möglicherweise auch andere Klubs nochmal genauer hin, was einen Transfererfolg nicht leichter für uns macht.

Wie gehen Sie generell mit der Erwartungshaltung rund um eine Transferperiode um? Die Wünsche der Anhänger passen ja nicht immer unbedingt zu den Möglichkeiten des VfL Bochum.

Grundsätzlich steht eine gewisse Erwartungshaltung ja auch immer für emotionale Verbundenheit und Ambition. Schlussendlich muss unser eigener Anspruch, der immer am obersten Limit liegt, unsere Triebfeder sein. Wir haben in meinen Augen einen guten Weg gefunden, wie wir unsere Möglichkeiten ideal auf dem Transfermarkt zur Geltung bringen können, um eine bestmögliche Mannschaft zusammenzustellen.

Der VfL Bochum geht in sein viertes Bundesliga-Jahr in Folge. Warum musste sich der VfL auf dem Transfermarkt nach wie vor bremsen und geht mit einem ähnlichen Lizenzspieleretat in die neue Saison wie in die vergangene?

Von „bremsen“ würde ich nicht sprechen. Den VfL hat immer schon eine Seriosität und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Unsere Finanzplanung ist sehr vorausschauend. Ich führe mal beispielhaft die Neuvergabe der TV-Rechte zur Saison 2025/26 an. Wir müssen damit rechnen, dass sich unsere Einnahmen reduzieren werden. Das mussten wir bei Spielern, die wir jetzt für mehrere Jahre unter Vertrag genommen haben oder nehmen wollten, natürlich berücksichtigen.

Wie und wann kann der VfL in die Position kommen, für Neuzugänge nennenswerte Ablösesummen zahlen zu können?

Wachstum ist die Grundvoraussetzung dafür. Ein entscheidender Hebel sind Transfererlöse. Hier müssen wir im Wettbewerbsumfeld nachholen, weshalb es unser Ziel sein muss, regelmäßig substanzielle Transfererträge zu generieren. Diese benötigen wir nicht nur, um zukünftig auch selbst größere Ablösesummen investieren zu können, sondern auch um unseren Lizenzspieleretat generell zu erhöhen. Bis dahin gehen wir – noch – einen anderen Weg. Wir setzen auf ablösefreie Spieler oder erhöhen die Kaderqualität bei Bedarf und Marktchancen auch punktuell um qualitativ hochwertige Leihspieler.

Wie lässt sich das Ziel, Transfereinnahmen zu generieren, mit dem sicher vorhandenen Wunsch nach personeller Kontinuität zusammenführen?

Das eine schließt das andere nicht aus. Sprich: Transfererlöse können zur Kaderstabilität beitragen. Wenn wir einen Spieler verkaufen, kommen wir in die Situation, den Kader mit diesen Mitteln sowohl quantitativ als auch qualitativ zu stärken. Auch erhöht sich dadurch die Wahrscheinlichkeit, andere Spieler länger bei uns zu halten.

Es gab in diesem Sommer nur für den Wechsel von Patrick Osterhage zum SC Freiburg nennenswerte Transfereinnahmen. Warum haben Sie zum Beispiel die Angebote von Union Berlin für Bernardo und Moritz Broschinski abgelehnt?

Ich sagte ja, dass wir Personalien grundsätzlich nicht kommentieren. Das schließt dann auch Spekulationen um Spieler, die bei uns unter Vertrag stehen, mit ein. Grundsätzlich ist es aber so, dass Konstellationen insgesamt passen müssen. Sollten wir eine Nachfrage geweckt haben, indem wir Spieler im Kader haben, die für andere Klubs interessant sind, müssten diese mit einem entsprechenden Angebot auf uns zu kommen. Da treffen in der Regel unterschiedliche Zielvorstellungen aufeinander. Liegen sie zu weit auseinander, kommt der Transfer nicht zustande. Ein weiterer Faktor ist die zeitliche Dimension. Manche Anfragen werden sozusagen auf den letzten Drücker gestellt, was einschränkend auf die Handlungsoptionen wirken kann. Auch dann gibt es in der Regel keinen Transfer.

Trotz der eingeschränkten Möglichkeiten beim VfL ist es Ihnen gelungen, mit Dani de Wit und Ibrahima Sissoko zwei Spieler zu verpflichten, die auch lukrativere Angebote von anderen Klubs vorliegen hatten. Warum sind sie dennoch nach Bochum gewechselt, was waren Ihre Argumente?

Neben der Tradition und Emotionalität des VfL in erster Linie die sportliche Perspektive in der Bundesliga, kombiniert mit einer klaren Spielidee sowie die persönlichen und mannschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten. Für Dani de Wit ist der Wechsel zu uns mit dem Sprung in eine der Top-4-Ligen verbunden. Wir haben uns mit beiden Spielern monatelang beschäftigt und immer wieder mit ihnen gesprochen und auch ich persönlich habe mich sehr intensiv um sie bemüht. Es sind Spieler, um die wir hart kämpfen mussten, weil sie auch andere Optionen hatten. Schnelligkeit und Hartnäckigkeit werden dann am Ende belohnt – nicht immer, aber in diesen Fällen schon.

Die Liste der Abgänge ist lang. Auch einige Stammspieler haben den Verein verlassen, unter anderem Kevin Stöger, Takuma Asano und Keven Schlotterbeck. Warum war in diesen Fällen kein Verbleib zu realisieren, obwohl der VfL an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert war?

Wir haben alles dafür getan, damit sie bleiben. Wir hätten aber in allen drei Fällen finanzielle Grenzen zu deutlich verschieben müssen. So schwer es dann uns fällt, absolute Leistungsträger ziehen zu lassen, gehört auch das zum Wettbewerb dazu.

Vor allem bei Schlotterbeck hätten sich viele Fans eine gewisse Investitionsbereitschaft gewünscht. Warum lag ein Transfer fernab der Bochumer Möglichkeiten?

Das Gesamtpaket, bestehend aus Gehalt und Ablöse, hätte einen zu großen Teil unseres Etats in Anspruch genommen. Wir haben uns deshalb entschieden, die vorhandenen Mittel für mehr als einen Spieler einzusetzen. Anderenfalls hätten wir bei der übrigen Kaderplanung deutliche Abstriche machen müssen.

Die Anzahl der Abgänge ist insgesamt zweistellig. Wie wollen Sie den Qualitätsverlust kompensieren?

Die Anzahl der externen Neuzugänge ist auch zweistellig, von der Qualität der Spieler sind wir überzeugt. Wie auch darin, dass sich andere Spieler aus unserem Kader in dieser Saison zu Stammkräften entwickeln können, zum Beispiel Lukas Daschner oder Noah Loosli. Beide haben wir im vergangenen Sommer verpflichtet und wussten, dass sie sich erst an das Niveau in der Bundesliga gewöhnen müssen. Ihnen trauen wir zu, in dieser Saison eine noch bessere Rolle in unserer Mannschaft einzunehmen.

Die Neuzugänge kamen aus ganz unterschiedlichen Ligen und Ländern. Wo genau schaut sich der VfL um – und mit welcher Personalstärke?

Da wir hier grundsätzlich versuchen, kreativer und schneller zu sein als der Wettbewerb, ist dies natürlich ein sensibles Thema, weshalb ich um Nachsicht darum bitte, dass ich nicht im Detail darüber sprechen kann. Bekannt ist: Wir beschäftigen aktuell sechs hauptamtliche Scouts, dazu zwei Videoscouts. Das ist im Branchenvergleich ein eher kleines Team. Wir haben rund ein Dutzend Länder als Kernmärkte definiert, in denen wir uns besonders intensiv umschauen, sowohl live vor Ort als auch über Videos und Daten. Zu den Kernmärkten zählen unter anderem die meisten Nachbarländer. Grundsätzlich gilt, dass wir neben unserem strukturierten, langfristigen Scouting- und Recruiting-Ansatz bei Marktentwicklungen und -möglichkeiten auch immer mit Flexibilität und Handlungsschnelligkeit kurzfristig agieren müssen, um das Optimum für den VfL zu erreichen. Auch das hat die jüngste Transferperiode gezeigt.

Haben Sie so auch Trainer Peter Zeidler als neuen Trainer gefunden?

Auch der Trainersuche ist ein strukturierter Prozess vorangegangen. Wir haben einen Cheftrainer gesucht, der kommunikativ stark ist, der überzeugend auftreten und Begeisterung wecken kann und den jeder hier und im Umfeld möglichst unvoreingenommen kennenlernen kann. Darüber hinaus war uns eine gewisse Erfahrung wichtig. Von seinem fußballerischen Ansatz haben wir einen Trainer gesucht, der über einen ganzheitlichen Plan für die verschiedenen Spielphasen verfügt, der natürlich auch zur Spielidee der VfL-DNA passen musste. Mit Peter Zeidler haben wir diesen Trainer gefunden. Für ihn ist der Schritt in die Bundesliga trotz seiner Erfahrung ein besonderer und er ist sehr motiviert, diese Herausforderung zu meistern.

Auf der Management-Ebene gab es ebenfalls Veränderungen. Patrick Fabian, der Sie im Dezember 2022 verpflichtet hat, ist nicht mehr als Sport-Geschäftsführer an Bord. Was verändert sich dadurch für Sie?

Im operativen Tagesgeschäft gar nicht so viel. Ich war vorher Sportdirektor und bin es immer noch. Vielleicht war die Struktur und Aufgabenverteilung vorher nicht jedem Außenstehenden ganz klar, aber die Verantwortung für den Lizenzspielerbereich liegt schon länger bei mir. Hinzugekommen sind jetzt ein paar strukturelle Themen im gesamtsportlichen Bereich des Vereins. Darüber hinaus ist die Zusammenarbeit mit Ilja Kaenzig natürlich auf Grund seiner Gesamtverantwortung anders strukturiert als zuvor mit Patrick Fabian. Generell haben wir eine sehr gute Struktur und Organisation, die uns schnell handlungsfähig macht.


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2:2 gegen Kiel

Nicht erstligareif: Beim VfL ist keine Entwicklung erkennbar

Auch die Stadion-Regie hat in dieser Saison Anlaufschwierigkeiten. Schon beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach begann die Bochum-Hymne mit Verzögerung, gegen Holstein Kiel sogar noch wesentlich später. Der Doppelpass, mit dem der VfL jeden Gegner nass macht, konnte folglich nicht besungen werden, denn die Lautsprecher müssen mit Anpfiff ausgestellt werden – auch wenn der Höhepunkt der Hymne noch nicht erreicht ist. Die Stadion-Regie ist mit ihrem Problem aber nicht allein. Schließlich fanden die Bochumer Fußballer ebenfalls mit Verspätung ins so wichtige Heimspiel gegen Holstein Kiel. Die Erwartung im Vorfeld der Partie war klar: Nach vier Pflichtspielniederlagen zum Start musste gegen den Bundesliga-Neuling ein Sieg her. Doch es war der Aufsteiger, der die Anfangsphase dominierte.

Der VfL präsentierte sich unsortiert und fehlerhaft, mutlos und ohne Zugriff. Die Kieler nutzten die reichlich vorhandenen Räume für das frühe 0:1, als der unentschlossene Patrick Drewes nur das Ende einer Fehlerkette bildete. Trainer Peter Zeidler zog erstaunlich schnell personelle Konsequenzen, tauschte den abermals pomadig auftretenden Erhan Masovic wegen Missachtung taktischer Vorgaben bereits nach einer Viertelstunde aus, beorderte Ibrahima Sissoko erstmals in die Abwehr und brachte Kapitän Anthony Losilla in die Partie. Das brachte aber nur bedingt Struktur ins Bochumer Spiel. Kiel gewann in der ersten Halbzeit 78 Prozent aller Zweikämpfe. Und der VfL? Überzeugte immerhin mit maximal möglicher Effizienz, blieb spielerisch aber äußerst schwach.

Weiter sieglos

Zweimal initiiert von Myron Boadu, dem bislang stärksten und auffälligsten Sommerneuzugang, traf erst Matus Bero und dann äußerst sehenswert auch Lukas Daschner, der gemeinsam mit Philipp Hofmann in die Startformation zurückgekehrt war. Eine klare Linie bei der Personalauswahl fehlt bislang, und das zeigt sich auch auf dem Platz. Nur die Führung stimmte die Fans zur Halbzeit zuversichtlich. Denn die Leistung war keineswegs bundesligatauglich, und wurde sie auch im zweiten Durchgang nicht. Bis zur 68. Minute blieb der passive VfL ohne weitere Torchance und ließ auf der anderen Seite immer wieder Strafraumaktionen zu. Kiel drückte und belohnte sich. Weil sich Moritz Kwarteng und Matus Bero nicht einig waren, entwischte Holsteins Steven Skrzybski bei einem indirekten Freistoß, dessen Hereingabe verwertete der völlig freistehende Shuto Machino zum 2:2.

Ein Gegentor, das absehbar und hochverdient war. Auch wenn es den ersten Punkt in der noch jungen Saison gab, das Unentschieden gegen Kiel fühlt sich an wie eine Niederlage. Viele Fans fragen sich: Wenn wir nicht zu Hause gegen einen Aufsteiger gewinnen, gegen wen dann? Die Frage liegt ja auf der Hand, zumal die kommenden Gegner noch wesentlich stärker sind. Sechs der kommenden sieben Mannschaften nehmen an einem europäischen Wettbewerb teil, am kommenden Freitag reist der VfL zum Derby nach Dortmund. Noch viel schlimmer aber ist die Tatsache, dass bislang keine nennenswerte Entwicklung erkennbar ist. Dass sich Trainer Peter Zeidler, der verbliebene Teil der letztjährigen Mannschaft und die zehn Neuzugänge erst finden müssen, war absehbar. Nach fast drei Monaten gemeinsamer Arbeit müsste die Tendenz nun eigentlich nach oben zeigen. Das ist aber nicht der Fall.

Zeidler unzufrieden

Einiges erinnert an die vergangenen beiden Jahre, als der VfL bis Oktober (2022) und sogar bis November (2023) auf den ersten Sieg in der Bundesliga warten musste. „Wir kennen es nicht anders“, sagt Vize-Kapitän Philipp Hofmann; glücklich wirkt er mit der Situation freilich nicht, zumal seine Mannschaft im vergangenen Jahr zum gleichen Zeitpunkt zwei Punkte mehr auf dem Konto hatte. Speziell Trainer Peter Zeidler ist gefordert, Lösungen zu finden. In der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen Kiel wich er bei konkreten Nachfragen mehrfach aus, brachte lediglich seine Unzufriedenheit zum Ausdruck. „Wir haben den Ball nicht schnell genug nach vorne gebracht. Das ist nicht unsere Idee“, bemängelte Zeidler. Die Frage ist: Will er – ähnlich wie Vorgänger Thomas Letsch – zu sehr seine eigene Formation durchdrücken?

Letsch setzte auf eine Dreierkette in der Abwehr, Zeidler favorisiert eine Raute im Mittelfeld, in der wenig zusammenpasst. „Vielleicht ist der Unterschied zu dem, wie sie vorher gespielt haben, zu groß“, merkte Zeidler nach dem Spiel gegen Kiel selbstkritisch an, wobei er damit die gesamte Herangehensweise meinte. Vielleicht fehlt stellenweise auch die nötige Qualität. Königstransfer Dani de Wit ist bislang noch keine Verstärkung; womöglich spielt er auf der falschen, auf einer zu defensiven Position. In der Innenverteidigung werden Ivan Ordets und Bernardo schmerzlich vermisst. Zumindest gegen Kiel war auch die Rechtsverteidigerposition wieder eine Schwachstelle. Einige Fans quittierten den Auftritt nach dem Spiel sogar mit Pfiffen, die Geduld lässt im vierten Bundesliga-Jahr merklich nach. Von einem funktionierenden Doppelpass ist der VfL gerade weit entfernt. Nicht nur vor, sondern auch nach dem Anpfiff.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Portrait

Zeidler überzeugte ihn: Sissoko soll Leistungsträger werden

Dass der VfL Bochum mit Peter Zeidler einen Trainer verpflichtet hat, der früher als Französischlehrer tätig war, ist sicher kein Nachteil. Vor allem Ibrahima Sissoko freut sich darüber. Denn Bochums Neuerwerbung für das defensive Mittelfeld wurde in der Nähe von Paris geboren, ist in Frankreich aufgewachsen und hat dort bislang seine gesamte Karriere als Fußballer verbracht. „Der Trainer hat viel mit mir geredet und mich vom Verein überzeugt“, verriet Sissoko neulich in einem Interview mit der WAZ. Der 26-Jährige mit Wurzeln in Mali hat in diesem Sommer einen Dreijahresvertrag in Bochum unterschrieben. Sissoko ist ablösefrei an die Castroper Straße gewechselt.

Der großgewachsene Defensivspezialist startete seine Profikarriere zunächst bei Stade Brest in der Ligue 2. „Dort habe ich als Trainer vom FC Sochaux gegen ihn gespielt“, berichtet Peter Zeidler, allerdings flog Sissoko im ersten von zwei Duellen früh mit einer Rote Karte vom Platz. Nachhaltige Akzente setzte Bochums Neuzugang ohnehin erst bei Racing Straßburg unmittelbar hinter der deutschen Grenze. Für die Elsässer lief er erstmals in der Saison 2018/19 auf und absolvierte seitdem 179 Spiele in der Ligue 1 sowie vier Partien in der Europa-League-Qualifikation. Sissoko blieb in dieser Zeit stets verletzungsfrei und vereinstreu, er war Stammkraft beim französischen Traditionsklub.

„Diese Zahlen sprechen nicht nur für ihn, sondern auch für unseren Klub und unser Management“, freut sich Trainer Peter Zeidler über die Mittelfeld-Verstärkung. Seit Ende 2023 ist Sissoko auch als A-Nationalspieler aktiv. Nachdem er im Juniorenbereich bis zur U21 in insgesamt 18 Partien für Frankreich auflief – unter anderem mit dem heutigen Weltstar Kylian Mbappé – nutzte er Ende 2023 die Staatsbürgerschaft Malis und lief zum ersten Mal für die Auswahl des westafrikanischen Binnenstaats auf. Weitere Einsätze könnten folgen.

Der Fokus liegt allerdings auf der Arbeit beim VfL. Als klassischer Sechser nimmt Sissoko VfL einerseits den Kaderplatz des nach Freiburg abgewanderten Patrick Osterhage ein, andererseits ist er aber auch der designierte Nachfolger von Landsmann Anthony Losilla. In dieser Saison werden Sissoko und Losilla noch zusammenspielen, wobei Sissoko aufgrund seiner Erfahrung, seines Leistungsvermögens und auch aus Kostengründen fest als Stammkraft eingeplant ist. Der VfL hat sich am Ende gegen Mitbewerber aus Italien, Griechenland und auch aus Deutschland durchgesetzt. Vor allem der FC Augsburg bekundete sein Interesse an einer Verpflichtung von Sissoko, auch Borussia Mönchengladbach schickte Scouts nach Straßburg. „Ich freue mich sehr, dass es uns gelungen ist, Ibrahima zu verpflichten“, sagte VfL-Sportdirektor Marc Lettau direkt nach der Vertragsunterschrift.

Der verantwortliche Kaderplaner hat bei diesem Transfer in ein höheres Regalfach greifen können. „Zum einen zeigt es, dass unser Scouting in für den VfL neuen Märkten Früchte trägt und zum anderen, dass wir auch von der Konkurrenz umworbene Spieler vom VfL überzeugen können. Obwohl er erst 26 Jahre alt ist, ist Ibrahima schon lange Leistungsträger in einer europäischen Top-5-Liga. Als solcher wird er auch uns verstärken“, betont Lettau. Sissokos Stärken liegen in der defensiven Zweikampfführung, am Boden wie in der Luft. Beides bestätigte er in den ersten Trainingswochen und teilweise auch in den Pflichtspielen. Er gilt zudem als ausdauerstark. Schwächen offenbart der Franzose, wenn er den Ball schnell und sauber verarbeiten muss, ein Filigrantechniker ist er nicht. Generell gibt es im Vorwärtsgang noch Luft nach oben. Das belegt auch die Statistik. In sechs Jahren bei Racing Straßburg hat Sissoko nur fünf Tore erzielt.

Doch vielleicht läuft es in Deutschland ja besser. „Der Wechsel ist aufregend für mich, denn die Bundesliga ist anders als die Ligue 1“, sagte er nach dem Trainingsauftakt in seiner Muttersprache. Zeidler übersetzte die weiteren Aussagen ins Deutsche: „Ich glaube, hier ist mehr Disziplin gefragt. Auch Laufbereitschaft ist sehr wichtig. Außerdem gibt es mit Bayern, Dortmund und den anderen viele gute Mannschaften, die auch international bekannt und erfolgreich sind“, wobei Sissoko einschränkt: „Für ein genaueres Urteil muss ich hier erst länger spielen.“

In welchem System und mit welcher taktischen Marschroute, sei zweitrangig. Bislang kam er beim VfL als alleiniger Sechser zum Einsatz. „Ich kann auf der Sechser-Position allein oder zu zweit spielen. Beides kenne ich“, erzählt Sissoko, der gemeinsam mit seiner Frau nach Bochum gekommen ist und möglichst bald nicht mehr auf einen Dolmetscher angewiesen sein möchte: „Der Trainer, Anthony Losilla und Noah Loosli sprechen Französisch, sie helfen mir gerade sehr. Aber der Verein hat mir einen Deutschlehrer organisiert und schon bald möchte ich wenigstens auf dem Platz alles verstehen.“ Zeidler wird die Rolle des Französischlehrers allerdings nicht einnehmen. Er wird sich bei Sissoko auf das Trainieren der sportlichen Fähigkeiten konzentrieren.

Der Text ist zuerst im VfL-Heft des Bochumer 3Satz-Verlags erschienen und wurde mittlerweile durch aktuelle Informationen ergänzt. Auf mehr als 130 Seiten bietet das Magazin viele Interviews, ausführliche Portraits und interessante Hintergrundgeschichten. Gedruckte Exemplare der aktuellen Ausgabe zum Saisonstart sind kostenlos an vielen Stellen im Bochumer Stadtgebiet oder direkt beim 3Satz-Verlag (Alte Hattinger Str. 29) zu bekommen. Nachfolgend gibt es auch eine Download-Option.

(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Das schönste Stadion auf Zweitliga-Niveau

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Etwa 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Das Ruhrstadion und seine Zukunft.

Reisen bildet bekanntlich. Auf der Fahrt nach Freiburg habe ich einen Zwischenstopp eingelegt und mir das neue Wildparkstadion angesehen. Zugegeben: Individuelle Baumerkmale habe ich vergeblich gesucht. Aber: Das Stadion war mit mehr als 30.000 Besuchern voll und die Atmosphäre erstligareif. 

In der Theorie wäre das Karlsruher Modell vielleicht auch in unserer Stadt vermittelbar. Das Ruhrstadion – an dem ich emotional genauso hänge wie jeder andere Bochumer – würde verschwinden, aber an gleicher Stelle ein zeitgemäßer Neubau entstehen. In der Praxis ist das aus baurechtlichen Gründen aber nicht möglich. Auch ein Ausbau scheitert daran. Also wird das Ruhrstadion ab 2026 lediglich aufgehübscht.

Doch je häufiger ich die modernen Stadien der Republik bereise, desto fragwürdiger wird die Entscheidung für mich. Leider gab es nie eine offene Debatte über die Zukunft der wichtigsten Bochumer Sportstätte. Weder die Klubspitze hatte den Mut, dieses sensible Thema ernsthaft und ergebnisoffen mit Publikumsbeteiligung anzugehen, noch die Politik. Das Ruhrstadion infragezustellen, kann Wählerstimmen kosten.

Was nun geplant ist, bringt den VfL zwar ein bisschen, aber nicht entscheidend weiter. Die Stadt wird einen hohen zweistelligen Millionen-Betrag in ein Stadion investieren, mit dem der VfL auch anschließend neidisch auf Klubs wie Mainz, Augsburg oder Karlsruhe blicken wird. Praktisch alle Erst-, zahlreiche Zweit- und sogar einige Drittligastadien bieten vor allem für Geschäftskunden weitaus bessere Möglichkeiten – und in den VIP-Bereichen wird bekanntlich das Geld verdient. Auch „normale“ Zuschauerplätze fehlen.

Beide Wege, ob Neubau oder Modernisierung, haben ihre Vorzüge und Nachteile. Es gibt kein richtig oder falsch. Wir sollten nur offen über die Konsequenzen des gewählten Weges sprechen und schauen, ob die Mehrheit wirklich damit leben möchte. Dazu gehört eine ehrliche Kommunikation: Der VfL wird auch nach der Modernisierung in einem schönen, traditionsreichen, aber aus wirtschaftlicher Sicht zweitklassigen Stadion spielen. Und das wird früher oder später Einfluss auf die sportliche Konkurrenzfähigkeit haben.


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(Foto: Marc Niemeyer)