0:1-Niederlage in Leipzig

Fortschritt trotz Niederlage: Bochumer Abschlussdefizit

Es hätte genügt, nach dem Auftaktspiel in  Leipzig mit nur einem einzigen VfL-Profi zu sprechen. Die Analysen ähnelten sich. Alle waren zufrieden mit der dargebotenen Leistung, aber selbstverständlich unzufrieden mit dem Ergebnis. Der Auftritt der Bochumer war deutlich besser als nach dem Pokal-Aus in Regensburg befürchtet, vor allem mutig und ein Punktgewinn gar nicht so fern. Die 0:1-Niederlage zum Start in die neue Bundesliga-Saison war zweifellos vermeidbar. „Wir haben ein gutes, engagiertes Spiel gezeigt, aber einen Fehler zu viel gemacht. Es war mehr drin“, sagte Maximilian Wittek stellvertretend fürs Team, das sich beim klaren Favoriten und Champions-League-Teilnehmer keineswegs versteckte. Das Problem: Bereits im Pokal blieb der VfL ohne Erfolgserlebnis vor dem Tor, in Leipzig nun schon wieder.

Kurze Überzahl hilft nicht

Philipp Hofmann und Moritz Broschinski, der mit dem Ball am Fuß erneut fremdelte, trafen in den entscheidenden Momenten die falschen Entscheidungen. Der eingewechselte Myron Boadu hätte ebenfalls einnetzen können, wurde aber mit einer Notbremse von den Beinen geholt. „Die Rote Karte gegen Willi Orban rettet für Leipzig das Spiel“, stellte Bochums Sportdirektor Marc Lettau richtigerweise fest. Dass die Gastgeber etwas mehr als zehn Minuten in Unterzahl spielen mussten, war nicht mehr entscheidend. Das war lediglich der schwere Fehler von Matus Bero vor dem 0:1, das auch Torhüter Patrick Drewes nicht verhindern konnte. Der Ball schlug zwar körpernah ein, war aber lange verdeckt und somit schwer zu parieren. Drewes war bei seinem Bundesliga-Debüt permanent beschäftigt, Großchancen ließ der VfL aber nur selten zu.

Neuzugänge mit Potenzial

Das lag unter anderem an Jakov Medic. Der Neuzugang in der Bochumer Abwehr rutschte nach nur einer Trainingswoche in die Startelf und überzeugte auf Anhieb mit seiner Präsenz und seiner aufmerksamen Art. Auch andere Spieler, wie etwa die eingewechselten Myron Boadu, Mats Pannewig und Aliou Balde deuteten ihr Potenzial an. Das ist allerdings auch nötig, denn andere (Offensiv-)Alternativen gibt der Bochumer Kader nicht her. Insofern übertraf der Auftritt in Leipzig die nach dem Pokalspiel gesunkenen Erwartungen und lässt darauf hoffen, dass das erste Erfolgserlebnis nicht mehr allzu weit entfernt liegt. Klar ist aber auch: Die mutige Bochumer Spielweise, das hohe Attackieren, führt immer wieder zu gefährlichen Kontern, die in Leipzig dreimal nur mit einem Foul und einer logischen Verwarnung gestoppt werden konnten.

Rückkehr von de Wit

Die von Trainer Peter Zeidler vorgegebene Spielidee ist jedenfalls erkennbar. Positiv zudem: Nachdem Zeidler seiner Mannschaft in Regensburg noch Nachholbedarf in punkto Fitness bescheinigte, waren die Bochumer in Leipzig trotz der Bullenhitze konditionell stets auf der Höhe, sogar in der Schlussphase. In dieser Hinsicht wird sich die Form der Bochumer Mannschaft künftig eher noch verbessern, vor allem dürfte Boadu schon bald auch eine Option für die Startelf sein. Ihm ist zuzutrauen, das Bochumer Abschluss- und Belohnungsdefizit zu beheben. Auch Dani de Wit wird nach seiner Sperre zurückkehren. Im Heimspiel gegen Mönchengladbach dürfte er sein Debüt feiern, womöglich anstelle des erneut blassen Lukas Daschner.

Letzte Transferwoche

Sicher ist: Wenn der VfL das erste Mal seit dem verlorenen Relegationshinspiel vor heimischer Kulisse antritt, wird die Kaderplanung endgültig abgeschlossen sein. Bis kommenden Freitag sind Transfers noch möglich, danach nicht mehr. Beim VfL zeichnet sich akut kein Spielerwechsel ab, das aber kann sich fast stündlich ändern. Gerrit Holtmann, der gegen Leipzig gar nicht zum Kader gehörte, darf und soll den Verein verlassen. Darüber hinaus haben die Verantwortlichen die leise Hoffnung, dass für Bernardo doch noch ein halbwegs passendes Angebot eingehen wird. Im Gegenzug beschäftigt sich der VfL noch mit einem neuen Linksverteidiger. Im Falle größerer Einnahmen käme womöglich auch noch ein kreativer Mittelfeldspieler hinzu.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / Jan Huebner)

Debatte

VfL-Kolumne: Jetzt ist Zeit für den Durchbruch

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Der Fehlstart in die neue Saison.

Wieder einmal ist der VfL Bochum in der ersten Pokalrunde gescheitert. Die Chance auf sportlich reizvolle Duelle und Prämien in Millionenhöhe: abermals vergeben. Gleiches gilt, auch wenn dies nur ein Nebenaspekt ist, für die erhoffte Werbewirkung des Deals mit Herbert Grönemeyer. Der Künstler wurde als Ärmelsponsor für die Pokalspiele angeheuert. Vor dem Spiel war das bundesweite Medienecho für Bochumer Verhältnisse gigantisch, kehrt sich jetzt aber ins Gegenteilige um. Die 4630 angebotenen Trikots hat der VfL zwar alle verkauft, ausgeliefert werden die allermeisten aber erst im Herbst, wenn der Pokalwettbewerb längst wieder in Vergessenheit geraten ist; zudem in der falschen Farbe. Gespielt hat der VfL in dunkelblau, verschickt wird jedoch das hellblaue Shirt.

Ein Trostpflaster vielleicht: Als der VfL vor 21 Jahren schon einmal in der ersten Pokalrunde bei Jahn Regensburg ausgeschieden, endete die Bundesliga-Saison im UEFA-Cup. Europa, wir kommen! Galgenhumor hilft bisweilen. Doch zurück zum Ernst der Lage: Die Pokal-Niederlage wirkt sich auch auf die Transferaktivitäten aus. Das Geld reicht nicht, um alle Kaderlücken adäquat zu schließen. Es wird also umso mehr auf die Spieler ankommen, die bereits zur Verfügung stehen. Für einige von ihnen ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt, den endgültigen Durchbruch in der Bundesliga zu schaffen. Das gilt ganz besonders für drei Akteure.

Moritz Broschinski deutet sein Potenzial immer wieder an, ist überaus engagiert, aber trifft in Tornähe noch häufig die falschen Entscheidungen. Lukas Daschner hat in der Saisonvorbereitung überzeugt, in Regensburg überhaupt nicht. In seinem zweiten Jahr beim VfL muss er zeigen, dass er wirklich stark genug für die Bundesliga ist. Fußballerisch hat er das Zeug dazu, sein bisweilen pomadiges Auftreten muss er aber dringend ablegen. Und Moritz Kwarteng? Die einst hohen Erwartungen an ihn sind mittlerweile ein wenig gesunken. Kicken kann er, bei ihm muss neben dem Körper aber vor allem auch der Kopf mitspielen. Nimmt Kwarteng in dieser Saison erneut keine nennenswerte Rolle ein, bleibt er ein für Bochumer Verhältnisse teures Missverständnis.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



Kaderplanung

Transfer-Endspurt: Nicht alle VfL-Wünsche lassen sich erfüllen

Der VfL bleibt international unterwegs. Auch die neueste Verstärkung für den Bochumer Kader kommt aus dem umliegenden Ausland. Fündig geworden ist Sportdirektor Marc Lettau in den Niederlanden. Innenverteidiger Jakov Medic wurde für eine Saison von Ajax Amsterdam ausgeliehen. Der Revierklub sicherte sich zudem eine Kaufoption, die bei rund zwei Millionen Euro liegen dürfte. Der 25-Jährige ist in diesem Sommer der erste Neuzugang für die Abwehr. „Er ist sowohl am Boden als auch in der Luft ein hervorragender Zweikämpfer, spielt saubere und präzise Pässe und erreicht einen Top-Speed“, hebt Lettau die Vorzüge der kroatischen Abwehrkante hervor. An Medic waren die Bochumer schon im vergangenen Sommer interessiert, nun kam der Transfer endlich zustande.

Bernardo strebt weiter einen Wechsel an

Damit hat der VfL einerseits die Kaderlücke geschlossen, die durch den Abgang von Keven Schlotterbeck entstanden war, andererseits aber auch auf die jüngsten Entwicklungen im Abwehrzentrum reagiert. Ivan Ordets fällt mit einer Schulterverletzung noch einige Wochen aus. Zudem ist unklar, wie es mit Bernardo weitergeht. Der Brasilianer würde den Verein bis zum Transferschluss am 30. August gerne noch verlassen. Aktuell fällt er mit einer Knieblessur aus, eine längere Fehlzeit droht aber nicht. Erhält der VfL noch ein Angebot, das im höheren siebenstelligen Bereich liegt, wird er den Spieler ziehen lassen. Wie wahrscheinlich das ist, lässt sich derzeit allerdings kaum beziffern. In den vergangenen zwei Wochen gab es zwar Gespräche mit Interessenten, jedoch kein neues Angebot.

Bleibt Bernardo in Bochum, würde zum einen das Geld für eine Mittelfeld-Verstärkung fehlen, zum anderen aber auch ein Überangebot in der Innenverteidigung herrschen. Für zwei Startelfplätze hätte Trainer Peter Zeidler dann die Wahl zwischen sechs Spielern: Jakov Medic, Ivan Ordets, Erhan Masovic, Tim Oermann, Noah Loosli und eben Bernardo. Ein solch dichtes Gedränge gibt es auf keiner anderen Position – vor allem nicht in der Mittelfeldraute. Beim Pokalspiel in Regensburg kamen dort Ibrahima Sissoko, Anthony Losilla, Matus Bero und Lukas Daschner zum Einsatz. Agon Elezi wurde später eingewechselt, Mats Pannewig und Niklas Jahn saßen auf der Bank. Die drei Letztgenannten sind aber eher Perspektivspieler und müssen sich an die Bundesliga erst herantasten.  

Die Prioritäten wurden mit der Verpflichtung von Medic zugunsten der Abwehr und zulasten des Mittelfelds gesetzt – eine Entscheidung, die nachvollziehbar, aber zumindest diskussionswürdig ist. Denn selbst wenn der noch gesperrte Dani de Wit am zweiten Bundesliga-Spieltag zurückkehren wird, bleibt das Mittelfeld dünn besetzt, es fehlt vor allem noch ein Linksfuß. Neben Daschner verfügt der VfL über keinen weiteren Kreativspieler, allenfalls Moritz Kwarteng könnte noch in diese Rolle hineinwachsen, sofern er über eine längere Zeit fit bleibt. Weil der VfL ein Weiterkommen im DFB-Pokal verpasst hat und auch weitere Sondereffekte – etwa durch eine Transferbeteiligung bei Armel Bella Kotchap – wahrscheinlich ausbleiben, ist der Lizenzspieleretat praktisch ausgereizt.

Neuer Linksverteidiger könnte noch kommen

Allenfalls auf der linken Außenverteidigerposition könnte sich noch etwas tun. Die Bochumer haben eine preiswerte und sportlich zugleich attraktive Alternative für Maximilian Wittek im Blick. Damit der Kader mit aktuell 30 Profis nicht zu groß wird, könnte es im Gegenzug auch noch einen Abgang geben. Gerrit Holtmann hat sich nach seiner Rückkehr nicht wie erhofft durchsetzen können. In Regensburg blieb Holtmann auch nach dem Rückstand nur auf der Bank. Dafür ist der Publikumsliebling, der zu den Topverdienern im Bochumer Kader gehört, auf lange Sicht aber zu teuer. Ihm würden die Verantwortlichen bei einem passenden Angebot keine Steine in den Weg legen. So ließe sich zumindest ein Teil seines Gehalts einsparen. Weitere Abgangs- oder Leihkandidaten gibt es derzeit nicht.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: VfL Bochum 1848)

Pokal-Aus in Regensburg

Fehlstart aus Tradition: Nicht blamabel, aber bedenklich

Alle anderen haben es bis dato geschafft. Einige Bundesligisten gerieten an diesem Pokal-Wochenende zeitweise gehörig ins Straucheln. Doch die zweite Pokalrunde haben sie im Gegensatz zum VfL Bochum trotzdem erreicht. Der Revierklub ist zum vierten Mal in nur neun Jahren direkt zu Beginn des Wettbewerbs ausgeschieden. Ein Fehlstart aus Tradition also, der als Favorit selbstverständlich vermeidbar war. Beim 0:1 in Regensburg hatte der VfL in den ersten 60 Minuten zwar einige gute Torchancen, nutzte sie aber nicht. Auf den Rückstand Mitte der zweiten Halbzeit fand das Team von Trainer Peter Zeidler schließlich keine passende Antwort mehr, agierte zunehmend kopflos und ließ den Zweitligisten in die nächste Runde einziehen. Eine Blamage war es aus Bochumer Sicht nicht, bedenklich waren der Auftritt und die Aussagen im Anschluss allerdings schon.

Zeidler kritisch

„Wir sind nicht an unser derzeitiges Leistungslimit gekommen“, stellte Zeidler nach seinem Premierenspiel für den VfL ernüchtert fest. Zeidler sah zwar „ordentliche Phasen“, widersprach aber in der Erst-Analyse seinen Spielern, die vor allem die mangelhafte Chanvenverwertung als Ursache für die Niederlage ins Feld führten. „Das“, sagte Zeidler, „wäre zu einfach. Wir waren am Anfang nervös, hatten nicht das Tempo, haben zu viele 50:50-Duelle verloren und waren nicht auf den Moment topfit.“ Insbesondere der letzte Punkt verwundert nach einer mehr als sechswöchigen Saisonvorbereitung – und liegt logischerweise auch im Verantwortungsbereich des Trainerteams. Unglücklich: Just in dem Moment, als Zeidler zum ersten Mal doppelt wechseln wollte, fiel das Gegentor. Den Eckstoß hätten allerdings auch die schon müde wirkenden Spieler anständig verteidigen können.

Nur zwei Neue

Taten sie aber nicht. Somit gleicht die Situation der aus dem vergangenen Jahr, als der VfL in Bielefeld verlor und die Segel im DFB-Pokal ebenfalls sehr früh streichen musste. „Da haben wir uns aber leichter abkochen lassen“, stellte Lukas Daschner fest. Der neue Spielgestalter des VfL trug zwar die Rückennummer seines Vorgängers, konnte an dessen Leistungen aber noch nicht ansatzweise anknüpfen und gehörte zu den Schwächsten im Team des VfL. Die Bochumer Startelf bestand nur aus zwei Neuzugängen und neun altbekannten Profis, wobei sieben Stammspieler aus der vergangenen Saison gefehlt haben. Stöger, Asano, Schlotterbeck und Osterhage haben den VfL bekanntlich verlassen, Ordets und Bernardo sind verletzt, Riemann aussortiert. Ein Leistungsabfall ist vor diesem Hintergrund eigentlich wenig überraschend.

Keine Zusatzeinnahmen

Das Problem: Den Kader weiter zu verstärken, wird aufgrund der Pokalniederlage kaum gelingen. Die Finanzen des VfL lassen wahrscheinlich nur noch einen Transfer zu. Die Wahl wird auf Jakov Medic fallen, der im Laufe der Woche als Neuzugang vorgestellt werden dürfte. Der Innenverteidiger soll für ein Jahr inklusive Kaufoption von Ajax Amsterdam ausgeliehen werden. Für einen eigentlich noch dringend erforderlichen Kreativspieler im Mittelfeld ist nach jetzigem Stand eher kein Geld mehr da. Mehr als eine halbe Million Euro sind dem VfL am Sonntag in Regensburg durch die Lappen gegangen – und natürlich die Aussicht auf weitere Pokalrunden mit zusätzlichen Einnahmen. Die Bochumer haben mit der Pokalprämie zwar nicht geplant, aber selbstverständlich darauf gehofft. Als bislang einziger Bundesligist muss der VfL auf dieses Geld verzichten.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



Bernardo, Ordets & Co.

Verletzungen und Transferideen: VfL muss hinten umplanen

Erfreuliche Nachrichten sehen anders aus. Zu Wochenbeginn vermeldete der VfL Bochum erst den Ausfall von Ivan Ordets, der mit einer Schulterverletzung wohl mindestens einen Monat fehlen wird. Am Donnerstag erfuhren die Verantwortlichen zudem, dass sie in nächster Zeit auch auf Bernardo verzichten müssen. Der Abwehrspieler hat sich eine Knieverletzung zugezogen, die – und da streiten sich nun die Informanten – entweder nur zu einem kurzfristigen oder doch zu einem mehrwöchigen Ausfall führt. Während Trainer Peter Zeidler davon ausgeht, in den nächsten Spielen nicht mit dem Brasilianer planen zu können, rechnet Bernardos Berater nur mit einer kurzen Zwangspause. Klar ist jedenfalls: In Regensburg und in Leipzig wird Bernardo fehlen. Der VfL muss somit gleich zwei Innenverteidiger ersetzen, sogar seine zwei besten.

Medic oder Schmidt

Immerhin: Mit Erhan Masovic, Noah Loosli und Tim Oermann stehen drei erprobte Alternativen bereit. Dennoch deutet mittlerweile einiges darauf hin, dass die Bochumer bis zum Transferschluss am 30. August noch einen weiteren Innenverteidiger verpflichten werden. Zum einen, um das Qualitätsniveau weiter zu steigern, zum anderen, damit Tim Oermann im Bedarfsfall wieder auf der rechten und Bernardo auf der linken Abwehrseite aushelfen können. Mit Jakov Medic von Ajax Amsterdam, mit dem sich Sportdirektor Marc Lettau bereits seit Längerem beschäftigt, ist ein Wunschkandidat bereits öffentlich bekannt geworden. Einen Kauf wird der VfL allerdings nicht stemmen können. In diesem Fall ist – wie zuletzt auch bei Boadu und Balde – lediglich ein Leihgeschäft denkbar.

Allerdings gibt es mindestens einen weiteren Kandidaten. Wie Sky erfuhr, soll auch Kenneth Schmidt vom SC Freiburg eine Transferoption sein. Der 22-Jährige ist bei den Breisgauern nur zweite Wahl und konnte sich in der Bundesliga bislang noch nicht durchsetzen. Der deutsche U21-Nationalspieler wäre im Gegensatz zu Medic schneller und zudem ein Linksfuß, also das jüngere Pendant zu Bernardo. Medic wiederum ist bereits erfahrener, körperlich robuster und sehr kopfballstark, allerdings weniger beweglich und ein Rechtsfuß, über die VfL in der hintersten Reihe bereits ausreichend verfügt. Schmidts Vertragssituation ist öffentlich nicht bekannt, aber aus wirtschaftlichen Gründen wäre auch in diesem Fall wohl nur eine Leihe denkbar.

Geld für Verstärkung

Noch gibt das Bochumer Budget mindestens einen weiteren Neuzugang eher, im Falle eines Weiterkommens im DFB-Pokal auch definitiv noch einen zweiten. Verändern würde sich die Lage freilich, sollte Bernardo den Klub doch noch verlassen. Auch deshalb dürfte sein Management ein großes Interesse daran haben, die Ausfallzeit möglichst kurz anzusetzen, um mögliche Interessenten nicht abzuschrecken. Union Berlin hat zwar ein Angebot abgegeben, das aber liegt deutlich unter den Erwartungen der Bochumer. Der zweikampfstärkste Spieler der vergangenen Saison hat generell noch nicht die von Vereinsseite erhofften Anfragen eingebracht. Vereine wie die TSG Hoffenheim oder Borussia Mönchengladbach befinden sich zwar ebenfalls auf Verteidiger-Suche, werben aber allenfalls zurückhaltend um die Dienste des 29-Jährigen.

Ein Wechsel ist nach wie vor nicht ausgeschlossen, zumal Bernardos Management weiterhin überdeutlich seine Fühler auf dem Markt ausstreckt, aber keineswegs so wahrscheinlich wie noch vor einigen Wochen. Der VfL würde im Falle eines Verbleibs zwar einen Leistungsträger der Vorsaison behalten, aber nicht die erhofften Transfereinnahmen erzielen. Die Verantwortlichen haben sich intern das Ziel gesetzt, pro Jahr im Schnitt rund 10 Millionen Euro durch Spielerverkäufe einzunehmen, um damit mittelfristig den gesamten Spieleretat erhöhen zu können. In diesem Sommer wurde bislang einzig Patrick Osterhage für rund 5 Millionen Euro verkauft, weitere Transferkandidaten gibt es derzeit nicht.

Vertrag bis 2026

Sollte Bernardo vorerst in Bochum bleiben, bestünde die Gefahr, dass sein Marktwert eher sinkt als steigt. Bernardos generelle Verletzungsanfälligkeit in den vergangenen Jahren, sein 30. Geburtstag im kommenden Jahr und die logischerweise kürzer werdende Vertragslaufzeit sprechen gegen eine weitere Wertsteigerung. Die von vielen Anhängern erhofften 10 Millionen Euro als Ablöse waren zwar ohnehin nie realistisch, weil kein Klub annähernd bereit ist, diesen Preis zu zahlen, aber eine Summe im eher hohen siebenstelligen Bereich war und ist der Wunsch der VfL-Verantwortlichen. Diese müssten bei einem Verbleib sowohl aus sportlichen als auch aus wirtschaftlichen Gründen darauf hoffen, dass Bernardo schon bald wieder das gewohnte Leistungsniveau zeigt. Seine Testspielleistungen waren nämlich eher enttäuschend.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / Beautiful Sports)

Ehemalige Jugendspieler

Bella Kotchap, Goretzka & Co.: VfL an Ablöse beteiligt

Reich wird VfL Bochum auch in diesem Sommer nicht. Mit einer Mischung aus Freude und Enttäuschung haben die Verantwortlichen zu Wochenbeginn die Nachricht vernommen, dass Armel Bella Kotchap zur TSG Hoffenheim und damit zurück in die Bundesliga wechseln wird. Der Innenverteidiger hatte den VfL vor gut zwei Jahren in Richtung England verlassen. Mit dem FC Southampton stieg er jedoch im ersten Jahr aus der Premier League ab. Eine anschließende Leihe zum PSV Eindhoven war ebenfalls nicht vom Erfolg gekrönt; nicht nur, aber auch verletzungsbedingt. Im Kraichgau nimmt Bella Kotchap jetzt einen neuen Anlauf. Die Ablöse wird, je nach Quelle, auf 12 Millionen Euro ohne oder 15 Millionen Euro mit Bonuszahlungen taxiert.

Keine Wertsteigerung

Der Wunsch der Bochumer nach einer klaren Wertsteigerung der Aktie Bella Kotchap geht so oder so nicht in Erfüllung. Für rund 11,5 Millionen Euro hatte der VfL den Abwehrspieler im Sommer 2022 transferiert. Mit Southampton besteht die Vereinbarung, dass 15 Prozent der Differenzsumme zwischen der damaligen und der jetzigen Ablöse nach Bochum fließen. Im besten Fall landet dank dieser Klausel immerhin rund eine halbe Million Euro auf dem Konto des VfL. Sicher ist nach jetzigem Wissenstand nur der FIFA-Solidaritätsbeitrag. Diesen erhalten alle Klubs bei einem ablösepflichtigen Transfer, die zwischen dem 12. und 23. Geburtstag an der Ausbildung eines Spielers beteiligt waren. Dem VfL stehen für Bella Kotchap rund 300.000 Euro zu.

Es ist nicht der erste Transfer in diesem Sommer, der dem Revierklub eine nachträgliche Entschädigung für die Ausbildung eines ehemaligen Jugendspielers einbringt. Schon der Wechsel von Evangelos Pavlidis von AZ Alkmaar zu Benfica Lissabon hat dem VfL eine Zusatzeinnahme beschert. In diesem Fall konnte der VfL ungefähr eine Viertelmillion Euro von der Ablöse geltend machen. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des FIFA-Solidaritätsmechanismus‘ ist im Normalfall allerdings ein Transfer zwischen zwei Nationalverbänden. Das ist auch der Grund dafür, warum der VfL darauf hofft, dass Leon Goretzka – sollte er den FC Bayern verlassen – nicht innerhalb Deutschlands wechselt. Dann nämlich würden die Bochumer leer ausgehen.

Karazor, Janelt und Ernst

Unwahrscheinlich ist ein Vereinswechsel von Goretzka jedenfalls nicht. Laut verschiedenen Medien steht der gebürtige Bochumer beim Rekordmeister auf der Streichliste. Dem VfL stünden 2,5 Prozent von der Ablösesumme zu. Perspektivisch hoffen die Bochumer auch bei weiteren ehemaligen Jugendspielern auf Einnahmen. Kandidaten hierfür sind Atakan Karazor, Vitaly Janelt, Tjark Ernst, Lukas Klostermann und Ilkay Gündogan. Bei Karazor stünden dem VfL 1,5 Prozent der Ablöse zu, bei Janelt 2 Prozent und bei Ernst sogar 3 Prozent. Bei Klostermann und Gündogan wären es 1,75 Prozent. Neben Bella Kotchap, Pavlidis und Goretzka sind sie momentan die prominentesten Fußballer, die beim VfL ausgebildet wurden.

Update: Laut Medienberichten hat Armel Bella Kotchap den Medizincheck in Hoffenheim nicht bestanden. Der Wechsel kommt möglicherweise nicht zustande.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Marc Niemeyer)

Debatte

VfL-Kolumne: Die Skepsis weicht der Vorfreude

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Einmal pro Woche gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Der nahende Saisonstart.

Die Lust auf den Saisonstart steigt. Die ersten Testspielauftritte waren wenig überzeugend, daraus machte auch Trainer Peter Zeidler keinen Hehl. Der 4:0-Erfolg gegen den italienischen Champions-League-Teilnehmer aus Bologna und der 6:0-Kantersieg gegen den französischen Erstligisten Le Havre haben jedoch für eine neue Zuversicht gesorgt, auch wenn Testspielergebnisse natürlich mit Vorsicht zu genießen sind. Entscheidend ist, wie der VfL am Sonntag in Regensburg und nur sechs Tage später in Leipzig auftreten wird. Einen Fehlstart wie in den vergangenen zwei Jahren kann sich der VfL nicht wieder erlauben.

Die jüngsten Neuverpflichtungen machen aber ebenfalls Mut, dass die Bochumer nicht wieder bis Oktober oder November auf ihren ersten Saisonsieg warten müssen. Dass die Kaderplanungen noch nicht abgeschlossen sind, bestätigt, dass die Kritik zu Beginn der Vorbereitung – auch von Peter Zeidler – alles andere als deplatziert war. Der neue Coach hat sich ohnehin bestens eingefunden. Er hat mit seiner offenen und ehrlichen Art nicht nur zahlreiche Sympathiepunkte bei den Fans gewonnen, sondern auch eine klare Spielidee vermittelt. Zeidler setzt auf ein mutiges, intensives Offensivpressing. Das passt zum VfL und kommt einigen Spielern entgegen. Als Gewinner der Vorbereitung gehen vor allem Moritz Broschinski und Lukas Daschner hervor, die zum Start gesetzt sein dürften. Von den Neuzugängen überzeugte vor allem Ibrahima Sissoko. Die Ansätze bei Myron Boadu waren ebenso vielversprechend. Auch Patrick Drewes hat sich seinen Platz in der Startelf verdient, muss aber erst noch beweisen, dass er auch auf Erstliga-Niveau ein guter Torwart ist.

Bauchschmerzen bereitet dagegen die Abwehr, trotz der geringen Zahl an Gegentreffern in den Testspielen. Die Rechtsverteidiger-Position bleibt vergleichsweise schwach besetzt, und in der Innenverteidigung mangelt es vor allem an Tempo. Das aber ist notwendig, um die Spielidee von Zeidler mit Erfolg umzusetzen. Eine Konteranfälligkeit zeichnete sich in der Vorbereitung bereits ab. So groß die Vorfreude auch ist: Ein bisschen Skepsis bleibt. Alles andere wäre aber auch ungewohnt.


Ihr wollt das VfL-Magazin einmalig oder dauerhaft unterstützen? Nutzt dafür gerne die unkomplizierte Zahlungsoption via PayPal. Danke, dass ihr Berichterstattung dieser Art auch in Zukunft möglich macht.



(Foto: Imago / Eibner)