Bochumer Probleme

VfL-Kommentar: Nur eingeschränkt betriebsbereit

  • Der VfL müht sich in die nächste Pokalrunde
  • Für unsouveränes Auftreten gibt es Gründe
  • Kaderlücken immer noch nicht geschlossen

Die einzigen, die beim VfL Bochum früh in der Saison Bestform erreichen, sind die Fans. Schon vor dem Start knackten sie Rekorde beim Trikot- und Dauerkartenverkauf. Auch die Tickets für das Pokalspiel in Baunatal waren nach wenigen Minuten ausverkauft, die Stimmung war hervorragend. Das ist nur mit bedingungsloser Vereinsliebe erklärbar, nicht mit den Darbietungen der Mannschaft. Denn die ist auch nach drei Pflichtspielen nur eingeschränkt betriebsbereit.

Dabei kam der Fehlstart mit nur einem Punkt in der Liga und einem schmeichelhaften Pokalerfolg durchaus mit Ansage. Das liegt sicher auch an der zu kurz geratenen Vorbereitung. Robin Dutt sieht das anders, aber: Nur fünf Wochen reichten nicht aus, um die Mannschaft spielerisch und taktisch auf Kurs zu bringen und echtes Team zu formen. Weder das Defensivverhalten noch das Aufbauspiel funktionieren bislang. Wer für die Entwicklung stets Zeit einfordert – und das völlig zurecht – muss sie bei der Saisonplanung auch selbst berücksichtigen.

Fehler in der Kaderplanung

Den Trainer deshalb aber in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen, ist weder fair noch richtig. Vieles steht und fällt mit der Kaderplanung – und die ist bislang unvollständig. Mit dem erhofften Umbruch wurden mehr Baustellen geschaffen als geschlossen.

An dieser Stelle kommt die Vorbereitung erneut ins Spiel: Kaderlücken in der Abwehr und im Angriff sind seit Wochen bekannt und mehr als offensichtlich. Auch die Probleme im nominell eigentlich überbesetzten Mittelfeld überraschen keineswegs. Bis auf Neuzugang Danny Blum wurde dieser Mannschaftsteil in keinster Weise verändert. Besonders tragisch: Der VfL beschäftigt gleich vier Spieler, deren Stärken im zentralen offensiven Mittelfeld liegen. Doch niemand von ihnen ist in der Lage, das Spiel zu beschleunigen, es mangelt an Tempo und Dynamik.

Auch wenn Last-Minute-Transfers wahrscheinlich sind, ihre Integration wird ebenfalls Zeit in Anspruch nehmen. Dann ist Herbst und der VfL rennt, so denn kein Wunder geschieht, der Musik schon wieder hinterher…

(Foto: Fabian Budde)

Pokalglück in Baunatal

Ganvoula rettet Bochum – und finanziert Verstärkung

  • VfL zittert sich in die nächste Pokalrunde
  • 3:2-Erfolg beim Oberligisten KSV Baunatal
  • Bochum unsouverän und ohne Spielkultur

Nicht einmal die Blaskapelle, die der KSV Baunatal vor dem Spiel bestellt hatte, konnte die Bochumer Mannschaft rechtzeitig wecken. 45 Minuten lang trabten elf Spieler in dunkelblauen Trikots über den Rasen und ließen Trainer wie Fans ratlos zurück. Mit einem 1:2-Rückstand ging es in die Kabine – und mit einem schmeichelhaften 3:2-Erfolg später auf die Heimreise. Die nächste Pokalblamage hat der Zweitligist gerade noch abwenden können.

Trotz des Weiterkommens war die Leistung der Dutt-Elf über weite Strecken enttäuschend und nach dem verpatzten Ligastart erneut alarmierend. „Heute waren nur zwei Dinge erfreulich: Die Gastfreundschaft der Baunataler und die Unterstützung unserer Fans. Das war es schon“, sagte Robin Dutt nach der Partie. Bochums Trainer war ziemlich frustriert und so gar nicht einverstanden mit der Darbietung seiner Mannschaft. „Vorne haben wir keinen Druck entwickelt und hinten war jeder Angriff eine Gefahr“, analysierte der Coach. 

In allen Belangen enttäuschend

Folgerichtig war deshalb auch der Halbzeitstand. Ein Elfmeter, den Silvere Ganvoula sicher verwandelte, war lange Zeit die einzig nennenswerte Torchance. Ungeordnet und unkonzentriert agierte die Defensive, ohne Tempo, Gier und Spielkultur die Offensive. Wütend lief Robin Dutt an der Seitenlinie auf und ab und wurde auch nicht ruhiger, als die mutigen Gastgeber dem Bochumer Tor immer näher kamen – und schließlich auch trafen. Nach einer Standardsituation fiel der Ausgleich, kurze Zeit später sogar das 1:2. Baunatals Angreifer, im Hauptberuf Grundschullehrer, ließ den VfL zeitweise zittern. „Wir wollen euch kämpfen sehen“, sangen die Anhänger auf den Stehrängen.

Knapp 2.500 Bochumer waren nach Baunatal gereist, euphorisch und gut gelaunt. Mit ihrer lautstarken Unterstützung kam später auch die Wende. Nach dem Kabinengang – und einer deutlichen Ansage von Robin Dutt – waren die Bemühungen endlich erkennbar. Einer stach besonders hervor: Silvere Ganvoula. Der Mittelstürmer traf zum zweiten und dritten Mal und war der einzige, der sich wirklich freuen konnte. Verhalten war der Torjubel bei den Teamkollegen, das Trainerteam mahnte zur Konzentration. Nicht ohne Grund: Denn die Bochumer Abwehrreihe blieb eine Gefahrenquelle, nur mit Geduld und Glück brachte der VfL den knappen Sieg am Ende über die Zeit.

Prämie hilft auf dem Transfermarkt

Und so wird Robin Dutt bei der Suche nach dem Positiven tatsächlich nur neben dem Platz fündig. Erfreulich ist vor allem diese Erkenntnis: Für dem Einzug in die zweite Pokalrunde gibt es eine Prämie von 350.000 Euro. Geld, das der VfL für Verstärkungen dringend benötigt. Ob es für alle Positionen reicht, auf denen Handlungsbedarf besteht, ist unwahrscheinlich. Die Hintermannschaft wackelt bedenklich, acht Gegentreffer in drei Partien sprechen für sich. Schwächen gibt es auch im Mittelfeld. Viele Spieler rufen ihr vermeintliches Potenzial nicht ab, das Tempodefizit ist immer noch nicht behoben. Und im Angriff fehlt ein Ersatz für Silvere Ganvoula – wobei er den mit seinem Dreierpack vielleicht selbst finanziert hat.

(Foto: Sportfoto Gerd Krause)

Vertragsauflösung

Einigung: Hoogland verlässt den VfL Bochum

  • Spieler und Verein lösen Vertrag auf
  • Hoogland spielte keine Rolle mehr
  • Causa Celozzi ist weiter ungelöst

Knapp zweieinhalb Monate hat es gedauert, bis der VfL Bochum und Abwehrspieler Tim Hoogland eine Lösung gefunden haben. Seit Freitagabend steht fest: Der 34-Jährige und sein Arbeitgeber, für den er 125 Pflichtspiele absolviert hat, gehen endgültig getrennte Wege. Beide Seiten verständigten sich auf eine Vertragsauflösung, nach Vereinsangaben sogar „einvernehmlich“.

Es liegt jedoch auf der Hand, dass dieser Vereinbarung eine finanzielle Einigung vorausgegangen ist. Bedeutet: Dafür, dass Hoogland nun fast ein Jahr vor seinem Vertragsende aufhören soll, wird der VfL wohl löhnen müssen, eine Abfindung ist wahrscheinlich. Denn über einen neuen Verein, bei dem Hoogland anheuern könnte, ist bislang nichts bekannt. Genau darauf hatten die Bochumer ursprünglich gehofft, als sie ihren Defensivallrounder am Ende der vergangenen Saison aussortiert haben.

Hoogland fällt dem Umbruch zum Opfer

Die Erklärung dafür war bei den Fans, aber auch innerhalb der Mannschaft durchaus umstritten. Um die Teamhierarchie zu verändern und die Defensive zu verjüngen, wurde Hoogland mitgeteilt, dass er sich einen neuen Verein suchen soll. Doch daraus wurde nichts: Der Ex-Schalker erschien zum Trainingsauftakt Ende Juni wieder in Bochum, fuhr mit ins Trainingslager und absolvierte das übliche Programm. Nur in den Test- und Pflichtspielen wurde er nicht mehr eingesetzt. Für das Teamklima war das freilich nicht optimal. Denn Hoogland hatte sich in vier Jahren beim VfL den Status als Führungsspieler erarbeitet, er war intern einer der Wortführer.

Dass der Routinier, der stets Stammspieler war, erst im Januar 2019 einen neuen Vertrag erhalten hat, hatte übrigens einen ganz anderen Grund, als vom Verein kommuniziert wurde. So wurde durch eine bestimmte Anzahl von Einsätzen eine Klausel aktiv, mit der sich das Arbeitsverhältnis automatisch um ein weiteres Jahr verlängert hat. Der VfL hatte die Verlängerung hingegen so dargestellt, als ob sich Hoogland und die Verantwortlichen explizit auf eine weitere Zusammenarbeit geeinigt hätten. Ob Hoogland seine Karriere überhaupt fortsetzen wird, ist nicht bekannt. Eigentlich hatte er stets betont, zumindest in Deutschland für keinen anderen Verein mehr spielen zu wollen.

Ähnlicher Fall ist noch ungelöst

Ob das auch für Stefano Celozzi gilt, bleibt weiter offen. Dem Ex-Kapitän wurde im Mai ebenfalls mitgeteilt, dass er den Verein verlassen soll. Mit ihm wurde bislang noch keine einvernehmliche Lösung gefunden.

(Foto: P. Rentsch)

Pokalspiel in Baunatal

Torwartwechsel? Dutt verspricht die „beste Mannschaft“

  • Bochumer Pflichtaufgabe im DFB-Pokal
  • Samstag zu Gast beim KSV Baunatal
  • Robin Dutt verzichtet auf Experimente

„Wir werden mit der besten Mannschaft antreten“, verspricht VfL-Coach Robin Dutt vor dem Erstrundenmatch im DFB-Pokal beim KSV Baunatal. Wobei der 54-Jährige ergänzt: „Wir sollten dort in jeder Besetzung gewinnen.“

Blamagepotenzial beim Oberligisten

Die Marschroute vor dem Duell am Samstag (Anstoß 18.30 Uhr) ist also klar. Alles andere als ein Sieg wäre eine Blamage, ähnlich wie im Vorjahr, als der VfL mit 0:1 bei Weiche Flensburg verlor und die Segel schon nach der ersten Runde streichen musste. Auch davor sind die Bochumer schon als Favorit ausgeschieden, 2016 beim Regionalligisten Astoria Walldorf.

Das soll in diesem Jahr anders werden. Auch, weil Baunatal noch eine Klasse tiefer spielt als Flensburg oder Walldorf. Zuletzt belegte der Kultur- und Sportverein den siebten Tabellenplatz in der Oberliga, im Hessenpokal ging es bis ins Finale (1:8-Niederlage gegen Zweitligist Wiesbaden) und somit in den DFB-Pokal. Dort war der Klub zuletzt vor 32 Jahren vertreten. Ausgetragen wird das Spiel gegen Bochum im eigenen Parkstadion, eine Anlage mit 7.500 Plätzen. Möglich macht es unter anderem VW. Der Automobilhersteller betreibt in Baunatal ein Werk mit knapp 17.000 Mitarbeitern, ein Wirtschaftsmotor für die ganze Region.

Zusatzeinnahme fürs Weiterkommen

Eine Prämie vom Konzern aus Wolfsburg, zumindest indirekt, könnte auch der VfL einstreichen, so er denn die nächste Runde erreicht. Volkswagen ist schließlich Hauptsponsor des Wettbewerbs, neben den TV-Anstalten der wichtigste Geldgeber. Rund 350.000 Euro winken als Garantiesumme für die zweite Runde – Einnahmen, auf die in Bochum niemand verzichten möchte. Und damit die Buchhaltung auch wirklich einen Zahlungseingang verzeichnet, wagt Trainer Robin Dutt keine Experimente.

Verzichten muss er lediglich auf die Neuzugänge Danny Blum (Stauchung im Knöchel) und Saulo Decarli (Hüftprobleme), auch mit Maxim Leitsch ist derzeit nicht zu rechnen. Dient das Training am Donnerstagnachmittag als Maßstab, nehmen Simon Zoller und Armel Bella Kotchap die freien Plätze in der Startelf ein. Gute Chancen auf einen Wettkampfeinsatz hat auch Dominik Baumgartner. Der Österreicher könnte den zuletzt unsicheren Jordi Osei-Tutu verdrängen.

Möglicher Torwartwechsel

Offen ist noch, ob es eine Torwartrotation geben wird. Im Vorjahr erhielt Ersatzkeeper Felix Dornebusch die einzige Chance sich zu zeigen, nun hofft Patrick Drewes auf seinen ersten Einsatz im VfL-Trikot. Im Training verteidigte der Pokalsieger von 2015 (damals mit Wolfsburg) hinter der Stammdefensive. Eine Nachfrage bei Robin Dutt lässt jedoch vermuten, dass Manuel Riemann das Tor hüten wird. Wie dem auch sei, die Vorgabe zum Weiterkommen gilt so oder so…

(Foto: P. Rentsch)

Startprobleme bei Osei-Tutu

VfL Bochum sucht stabilen Rechtsverteidiger

  • Neuzugang Jordi Osei-Tutu noch instabil
  • Kein erfahrener Back-Up in der Hinterhand
  • Comeback von Stefano Celozzi ausgeschlossen

In der vergangenen Saison sprach Robin Dutt noch von einem „Luxusproblem“ – denn auf der Rechtsverteidiger-Position hatte er die Qual der Wahl: Mit Jan Gyamerah und Stefano Celozzi standen gleich zwei zuverlässige Kandidaten bereit. Der eine, nämlich Gyamerah, war offensiv stärker, der andere, also Celozzi, war als Leader und Kapitän gefragt.

Doch der Luxus ist seit dieser Saison Geschichte, geblieben ist das Problem: Gyamerah ging zum Hamburger SV, Celozzi wurde aussortiert, um die Mannschaft zu verjüngen und eine neue Hierarchie aufzubauen. Dass der VfL zum Saisonstart sechs Gegentore in nur zwei Partien kassierte, war nicht nur, aber in drei Fällen auch der rechten Abwehrseite zuzuschreiben.

Osei-Tutu muss noch einiges lernen

Ein Grund dafür: Arsenal-Leihgabe Jordi Osei-Tutu, im Sommer zu einer Art Wunschlösung auserkoren, zeigt größere Anlaufschwierigkeiten als erhofft. Schon in der Vorbereitung war erkennbar, dass der Engländer offensiv zwar alles mitbringt, um dem VfL zu helfen, doch defensiv offenbart er noch große Schwächen. Regensburg und Bielefeld nutzten sein schlechtes Stellungsspiel und fehlende Robustheit in den Zweikämpfen immer wieder aus, viele Angriffe liefen über die rechte Verteidigungsseite.  

Dass der 20-Jährige noch Zeit benötigt – und fairerweise auch bekommen müsste – ist unbestritten. Ein neues Land und eine neue Sprache erschweren die Eingewöhnung zusätzlich. Nur: Osei-Tutu ist lediglich bis zum kommenden Sommer ausgeliehen, über eine Kaufoption ist nichts bekannt. Nach dem Abgang von Jan Gyamerah und der Ausmusterung von Stefano Celozzi benötigt der VfL aber eigentlich eine Soforthilfe – und keinen Auszubildenden.

Problematisch sind die Anlaufschwierigkeiten von Osei-Tutu auch deshalb, weil sein Ersatzmann ebenso unerfahren und nicht einmal ein gelernter Außenverteidiger ist. Zwar kann Dominik Baumgartner durchaus auf dieser Position spielen, seine bevorzugte Position ist aber eigentlich die Innenverteidigung. Genau dafür wurde er im Winter von Wacker Innsbruck verpflichtet und in Bochum vorgestellt.

Celozzi wäre eigentlich noch da

Zumindest theoretisch wäre Stefano Celozzi immer noch verfügbar. Denn der Ex-Kapitän steht beim VfL nach wie vor unter Vertrag, wird bezahlt und trainiert auch weiter mit der Mannschaft. Ein solides Zweitliganiveau würde er vermutlich immer noch garantieren – doch ein Einsatz ist praktisch ausgeschlossen, selbst dann nicht, wenn es sportlich naheliegend wäre. Eine Rolle rückwärts plant von den Verantwortlichen keiner, es würde ihre Glaubwürdigkeit auch nachhaltig erschüttern.

Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist bislang nicht in Sicht. Optimal wäre aber diese Lösung: Celozzi findet bis zum 2. September doch noch einen neuen Verein, womöglich unterstützt vom VfL. Das würde zugleich die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass Bochum auf dem Transfermarkt noch einmal nachlegen kann – und aus der Situation hinten rechts wieder ein Luxusproblem wird.

(Foto: Sportfoto Gerd Krause)

Ein Punkt aus zwei Spielen

Analyse: Was uns der Bochumer Saisonstart verrät

Der VfL Bochum zeigte nach der 1:3-Auftaktpleite in Regensburg eine klare Leistungssteigerung. Trotzdem gab es gegen Bielefeld nur ein 3:3-Unentschieden. Auch wenn es nur zwei Partien waren: Sie haben schon so einiges über den Zustand und die Chancen der Bochumer Mannschaft verraten.

Die Analyse:

Ohne Stürmer geht es nicht:

Vor dem Auftaktspiel in Regensburg hatte Trainer Robin Dutt noch Argumente gesucht, wie er eine Doppelspitze ohne echten Stoßstürmer positiv verkaufen konnte. Durch die Sperre von Silvere Ganvoula hatte er auch gar keine andere Wahl. Gegen Bielefeld kehrte der Kongolese zurück – und zeigte auch den Verantwortlichen, dass das Bochumer Spiel ohne echten Angreifer nicht funktioniert. Der 23-Jährige traf selbst einmal und legte einen weiteren Treffer vor. Trotzdem bleibt der Offensivgebilde fragil, alles steht und fällt mit der Form und Verfügbarkeit von Ganvoula. Ein Ersatz für ihn wird also noch unbedingt benötigt.  

Ein 4-2-3-1-System passt besser zum Team:

Ohne Veränderungen keine Weiterentwicklung – doch in wilde Experimente muss es nicht gleich ausarten. Für seine Personalauswahl in Regensburg hatte Robin Dutt viel Kritik einstecken müssen, auch die Mannschaft sagte, dass die Abläufe nicht ganz klar waren. Gegen Bielefeld kehrte der Trainer zum gewohnten 4-2-3-1-System zurück, verzichtete also auf einen zweiten Stürmer und stärkte das Mittelfeld. Außerdem setzte er seine Spieler wieder auf ihren gewohnten Positionen ein, die Mannschaft fühlte sich wohler. Ohnehin ist der Kader gar nicht auf ein 4-1-3-2-System, das Dutt ursprünglich bevorzugt hat, ausgelegt. Denn für eine Doppelsitze fehlt das Personal. Mit der Rückkehr zur „alten“ Formation hatte Robin Dutt sogar wieder eine Auswahl: In der offensiven Dreierreihe entschied er sich für Chung Yong Lee, Sebastian Maier und Danny Blum; drei potenzielle Stammkräfte, nämlich Simon Zoller, Tom Weilandt und Milos Pantovic mussten draußen bleiben.

Die Abwehr ist noch nicht stabil:

Sechs Gegentore nach zwei Partien – das sind eindeutig zu viele. Aber: In der Abwehrreihe gab es wirklich einen Umbruch. Die Routiniers Stefano Celozzi und Tim Hoogland spielen keine Rolle mehr, Patrick Fabian ist zum Stand-By-Profi geworden und Jan Gyamerah zum HSV gewechselt. Die Viererkette muss sich deshalb noch finden. Bitter: Saulo Decarli, Bochums neuer Abwehrchef, musste gegen Bielefeld verletzungsbedingt raus. Simon Lorenz und Armel Bella Kotchap wirkten anschließend nicht immer sicher, haben aber großes Potenzial. Ein Problem, das schwerer zu lösen ist, gibt es hinten rechts: Neuzugang Jordi Osei-Tutu ist ziemlich überfordert. Und mit Innenverteidiger Dominik Baumgartner gibt es als Ersatz nur eine Notlösung. Dass Stefano Celozzi deshalb „reaktiviert“ wird, wäre theoretisch möglich, ist praktisch aber ausgeschlossen.

Die Fans sind ein echter Faktor:

In Regensburg ist der VfL nach einem 0:2-Rückstand und dem verwandelten Elfmeter von Danny Blum nicht mehr zurückgekommen. Gegen Bielefeld gab es bis zur 75. Minute den gleichen Spielverlauf – allerdings mit dem Unterschied, dass die Bochumer nach dem Anschlusstreffer wirklich zurück im Spiel waren. Angetrieben von den eigenen Fans, drehten sie die Partie, bevor in der Nachspielzeit der Ausgleich fiel. Neu ist dieses Phänomen nicht: Zu Hause hat der VfL in der Vorsaison 16 Punkte mehr als in der Fremde geholt, sechs davon nach einem Rückstand im eigenen Stadion. Offensichtlich sind die Anhänger ein echter Faktor: Außerhalb von NRW hat der VfL zuletzt im März 2018 gewonnen.

VfL legt einen Fehlstart hin:

So sehr die Comebacker-Qualitäten auch gelobt werden, ist die Punkteausbeute bislang enttäuschend. Mit nur einem Zähler nach zwei Partien hat der VfL einen Fehlstart hingelegt und noch eine Menge Arbeit vor sich – so ehrlich und deutlich muss man sein. Damit steigt der Druck, das nächste Ligaspiel – ausgerechnet beim Hamburger SV – gewinnen zu müssen. Sonst sortiert sich der VfL zunächst im unteren Tabellendrittel ein. Zuvor steht aber im Pokal die Pflichtaufgabe bei Oberligist KSV Baunatal an. Alles andere als ein Weiterkommen wäre eine Blamage. Ein Sieg würde auch Geld für einen möglichen Transfer in die Kasse spülen. Bedarf gibt es schließlich noch.  

(Foto: Sportfoto Gerd Krause)

3:3 gegen Bielefeld

VfL Bochum: Besser, aber noch nicht gut genug

  • Gemischte Gefühle nach dem 3:3 gegen Bielefeld
  • Wilder Fußballabend mit spätem Ausgleichstreffer
  • VfL Bochum taktisch und fußballerisch verbessert

Hat der VfL Bochum nun einen Punkt gewonnen oder zwei verschenkt? Die Stimmungslage nach dem 3:3-Unentschieden gegen Arminia Bielefeld ist nicht ganz klar. In einer verrückten zweiten Halbzeit lag der Revierklub zunächst mit 0:2 in Rückstand, drehte das Spiel komplett und kassierte in der Schlussminute den schmerzhaften Ausgleich.

„Einerseits habe ich einen dicken Hals, dass wir noch den Ausgleich kassiert haben“, sagte Trainer Robin Dutt nach der Partie im Fernsehinterview. „Andererseits bin ich froh darüber, wie wir nach dem Rückstand zurückgekommen sind. Das war ein wichtiges Lebenszeichen.“ Mit etwas Wut im Bauch fügte er noch hinzu: „Wir haben gezeigt, dass wir nicht so schlecht sind wie es einige glauben.“

Dutt kehrt zum Gewohnten zurück

Tatsächlich: Der VfL zeigte sich im Vergleich zur Auftaktpleite in Regensburg verbessert – was allerdings nicht schwer war. Trainer Robin Dutt hatte auf die Kritik, die auch innerhalb der Mannschaft geäußert wurde, reagiert und seine personellen Experimente beendet. Mit Danilo Soares und Chung Yong Lee rückten zwei Leistungsträger in die Startelf, Silvere Ganvoula gab nach einer Sperre sein Comeback. Dutt setzte wieder auf ein 4-2-3-1-System. „Was die Abläufe angeht, haben wir uns wohler gefühlt“, gab Spielmacher Sebastian Maier offen zu. Ebenso wie Vitaly Janelt spielte er wieder auf seiner gewohnten Position im zentralen Mittelfeld.

Die Verunsicherung als Folge der Startniederlage ließ sich trotzdem nicht ganz abschütteln. Chancen blieben in einer ausgeglichenen ersten Halbzeit Mangelware. Erst nach der Pause hatte der VfL die große Möglichkeit, in Führung zu gehen. Doch binnen weniger Sekunden trafen Lee und Ganvoula nur das Aluminium. Clever und konsequent zeigte sich die Arminia in den Minuten danach. Andreas Voglsammer und Fabian Klos nutzten eklatante Lücken in der Bochumer Abwehr und trafen gleich doppelt. Vor allem über die linke Angriffsseite machten die Gäste immer wieder Druck, sie nutzten die Stellungsfehler und die Zweikampfschwäche von Neuzugang Jordi Osei-Tutu gnadenlos aus. Sechs Gegentore nach zwei Partien sind bislang noch kein Qualitätssiegel für die neu formierte Defensive.

Ziemlich wilde Schlussphase

Dafür trug die Offensive wieder mehr zum Gelingen des Bochumer Spiels bei. Wie schon in Regensburg brachte ein Elfmeter den Anschlusstreffer, Neuzugang Danny Blum verwandelte sicher. Plötzlich waren auch die 21.708 Zuschauer wieder zu hören. Und was dann folgte, brachte das Ruhrstadion zum Beben. Zunächst erzielte Silvere Ganvoula mit einem platzierten Schuss den Ausgleich. Dann gab der Angreifer die Vorlage, als Simon Zoller aus kurzer Distanz das 3:2 besorgte. Die letzten Zweifel daran, ob ein Stoßstürmer überhaupt benötigt wird, dürften damit beseitigt sein. Insgesamt wirkte das Angriffsspiel strukturierter und am Ende auch mutiger.

Der Schlusspunkt war allerdings noch nicht gesetzt. Bochum zeigte sich verbessert, aber nicht gut genug, um den Sieg über die Zeit zu retten. Bielefeld konnte die Abwehrreihe mit einem hohen Ball abermals überwinden, VfL-Kapitän Anthony Losilla erwischte die Hereingabe unglücklich und lenkte den Ball ins eigene Tor. Zuspruch gab es von den Mitspielern. Simon Zoller und Manuel Riemann trösteten ihn, und Sebastian Maier sagte stellvertretend für das Team: „Dass es ausgerechnet dem zuverlässigsten Mann passiert, ist doppelt bitter.“ Denn so sehr die Aufholjagd auch Mut macht, nur ein Punkt nach zwei Partien – das ist keine Bilanz zum Jubeln. Womit wir wieder bei der Ausgangsfrage wären…

(Foto: Imago Images)