Kommentar

VfL versus BVB: Zwischen Demut und Dreistigkeit

Ilja Kaenzig prescht vor in diesen Tagen. Es mag absurd klingen und verfrüht erscheinen, doch der Finanzchef des VfL Bochum kann der Corona-Krise im Fußball auch etwas Gutes abgewinnen. „Wir waren auf dem besten Weg, dass Fußball zum Entertainment wird und nicht mehr Sport ist. Die Etats und die Summen, die an Spieler fließen, werden in Zukunft geringer“, sagte der Schweizer der Sportschau. In seiner Heimat legte er nach: „Wir waren wie Junkies: Abhängig von der Droge Fernsehgeld. Und dieses floss direkt in die Spielerlöhne. So hat sich alles hochgeschaukelt. Der Markt kühlt ab, das ist nicht schlimm.“ Den allermeisten Fans spricht Kaenzig vermutlich aus der Seele.

Der BVB jammert…

Es sind deutliche, ja gar drastische Worte, die der 46-Jährige wählt. Und sie stehen im krassen Widerspruch zu dem, was nur wenige Kilometer östlich von Bochum geschieht, offensichtlich in einer anderen Fußball-Welt. Dort bittet BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer darum, auf eine Rückgabe von Tickets für nicht mehr stattfindende Heimspiele zu verzichten. Selbst in Dortmund, wo die Borussia vergöttert wird, wird das als Dreistigkeit empfunden. Der Fan, der in der Krise um seinen Arbeitsplatz bangt, soll sein Geld verschenken, damit Millionäre weiter ihr üppiges Gehalt kassieren. Das ist sicher verkürzt und klingt populistisch, doch es ist die Botschaft, die bei vielen Schwarz-Gelben so ankommt.

Zur Einordnung ist natürlich eines entscheidend: Das Geld für horrende Spielergehälter haben die Fans selbst in den Markt gepumpt. Sie haben höhere Ticketpreise akzeptiert und die Versteigerung von TV-Rechten geduldet. Die Einnahmen der Klubs sind also gestiegen, und das Geld wurde ausgegeben, manchmal sogar verprasst. Spieler, ihre Berater und Vereinsbosse haben das genutzt. Aus kleinen Klubs sind große Konzerne geworden. Doch statt Dankbarkeit zu zeigen, dass der Fußball überhaupt derart wachsen konnte, zeigt sich bei den Verantwortlichen Borussia Dortmund vor allem eines: Ihre Angst davor, plötzlich den Rückwärtsgang einlegen zu müssen.

…und der VfL reagiert

Nicht nur im Fußball gilt: In einer Krise zeigt sich der Charakter. Kaenzig und der VfL bilden in dieser Hinsicht einen wohltuenden Gegenpol. Demut ist für sie kein Fremdwort. Sie haben die schwierige Situation längst akzeptiert. Sie wissen, dass sich nur die Zahlen verändern, nicht aber der Sport an sich. Fraglich ist allerdings, ob der Selbstreinigungsprozess, den Kaenzig der Branche prophezeit, tatsächlich eintreten wird. Denn bleibt die Anziehungskraft des Fußballs unverändert, werden sich die Klubs irgendwann von der Krise erholen. Und es steht zu befürchten, dass das irrsinnige Millionen-Spiel dann von Neuem beginnt.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Corona-Krise

Training in Kleingruppen: VfL will ab Mai spielen

Eines muss man den 36 Erst- und Zweitligisten ja lassen: Sie strotzen vor Optimismus. Ihr Plan für den weiteren Saisonverlauf liegt seit dieser Woche offiziell auf dem Tisch. Bis Ende April wird der Spielbetrieb noch ruhen. Anschließend soll der Ball wieder rollen – jedoch ohne Zuschauer vor Ort. Auch der VfL Bochum hat am Dienstag auf der DFL-Mitgliederversammlung für diese Lösung gestimmt. Ob all das, was sich die Klubs jetzt wünschen, auch wirklich umsetzbar ist, bleibt allerdings abzuwarten.

Denn niemand weiß, wie sich die Corona-Pandemie in den kommenden Wochen entwickelt und mit welchen Vorgaben die Behörden darauf reagieren werden. Vorerst rechnet der VfL Bochum aber damit, das letzte Saisonviertel bis spätestens Ende Juni doch noch über die Bühne zu bringen. Die Verantwortlichen arbeiten deshalb an einem Plan, wie sich die Spiele mit einem möglichst geringen Personalaufwand realisieren lassen. Vier Partien im Ruhrstadion stünden noch an, dazu fünf in der Fremde.

Rückkehr auf den Trainingsplatz

Um auch sportlich für den möglichen Start im Mai gewappnet zu sein, soll das Training wieder aufgenommen werden. Nach einer dreiwöchigen Pause plant Cheftrainer Thomas Reis, ab dem 6. April wieder in Kleingruppen zu arbeiten. Das Land hat Berufssportlern hierfür die Freigabe erteilt, sofern Abstände und Hygienevorschriften eingehalten werden. Die DFL will ohnehin eine sogenannte „Task Force“ für Sportmedizin ins Leben rufen, die den Vereinen dabei hilft, die Ansteckungsgefahr zu minimieren.

Denn klar ist: Sollte das Coronavirus wieder in eine Mannschaftskabine eindringen, wäre der optimistische Plan der DFL wieder hinfällig. Mehrere Erst- und Zweitligisten waren zu Beginn der Pandemie bereits betroffen, weil sich einzelne Spieler infiziert hatten. Anschließend mussten sich alle Akteure des jeweiligen Klubs für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Ein geordneter Spielbetrieb wäre unter solchen Voraussetzungen gar nicht möglich, vor allem dann nicht, sollten sich innerhalb eines Teams gleich mehrere Personen anstecken.

Für den VfL geht es um Millionen

Warum der Ligaverband überhaupt auf eine Fortsetzung der Saison drängt, hat vorrangig wirtschaftliche Gründe. Für den VfL Bochum geht es um einen mittleren bis hohen einstelligen Millionenbetrag, der bei einem vorzeitigen Saisonabbruch wegbrechen würde. Fehlende Zuschauereinnahmen sollen durch einen Geldverzicht der Spieler, Kurzarbeit in der Verwaltung und weiteren Einsparungen kompensiert werden. Auch haben zahlreiche Fans signalisiert, auf eine Teilerstattung ihrer Dauerkarten zu verzichten.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Stand der Dinge

Millionenverlust? VfL-Boss Kaenzig zur Corona-Krise

Auch die Führungskräfte des VfL Bochum halten Abstand voneinander. Wenn sich die Mitglieder der Vereinsführung derzeit beraten, dann vor allem telefonisch. Täglich tauschen sie sich aus. Die zentralen Fragen lauten: Was ist in der Corona-Krise zu tun? Wie fängt der Revierklub die drohenden Verluste in Millionenhöhe auf? „Wir spielen alle Szenarien und alle möglichen Maßnahmen durch“, sagt Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung, auf Nachfrage. Denn wann und ob die Saison überhaupt fortgesetzt werden kann, ist weiter ungewiss.

Zuschauereinnahmen fehlen

Im Kern geht es um drei Szenarien. Möglichkeit eins: Die Saison wird mit Geisterspielen fortgesetzt und der VfL schafft sportlich den Klassenerhalt. Möglichkeit zwei: Es geht weiter, aber der VfL steigt in die dritte Liga ab. Und Möglichkeit drei: Die Spielzeit wird abgebrochen, der VfL bliebe also zweitklassig. Die Tabelle würde eingefroren oder alle Ergebnisse annulliert. Klar ist schon jetzt: In jedem dieser Szenarien würde es für den VfL Bochum finanzielle Einbußen geben – in dem einen Fall mehr, in dem anderen weniger.

Planbar ist schon jetzt, dass weitere Zuschauereinnahmen ausbleiben werden. Vier Heimspiele hätte der VfL in dieser Saison noch zu absolvieren. Wenn überhaupt, dann werden sie vor leeren Rängen stattfinden. Eingeplant waren Einnahmen von rund 4,5 Millionen Euro aus 17 Partien. Umgerechnet wird der VfL wohl mehr als eine Million Euro verlieren. Gerüchte darüber, dass die Mitarbeiter deshalb in Kurzarbeit geschickt werden, um die Kosten zu senken, dementiert Kaenzig: „Das stimmt so nicht. Richtig ist, dass wir das prüfen müssen. Eine Entscheidung steht noch aus.“

Rückforderungen der Sponsoren

Ohnehin betont er, dass konkrete Aussagen derzeit kaum möglich seien: „Ich verstehe, dass von uns Antworten erwartet werden. Aber das ist so kurzfristig und in dieser ungewissen Lage gar nicht so leicht.“ Nicht nur der VfL befinde sich in einer „Ausnahmesituation. Und daran gemessen leisten wir intern gute Vorarbeit.“ In einigen Fällen sei erst dann eine Entscheidung möglich, wenn klar ist, wie es sportlich weitergeht. Die Vertreter der 36 Erst- und Zweitligisten treffen sich am 30. März wieder. Der Spielbetrieb pausiert offiziell bis Anfang April, die nächste Auszeit wird folgen.

Zu hören ist dieser Tage von verschiedenen Optionen, die Saison doch noch zu beenden, etwa in einem Turniermodus im Juni. Ein Abbruch soll unbedingt vermieden werden, denn die wirtschaftlichen Auswirkungen wären gewaltig. Kaenzig spricht von „Regressansprüchen der Sponsoren. Wir werden dann zurückzahlen müssen.“ Zur Orientierung: Der VfL hat in diesem Bereich mit Einnahmen von rund 11,4 Millionen Euro kalkuliert. Ein Teil davon, der noch definiert werden muss, würde wegbrechen. Die größten Verluste drohen allerdings in einem ganz anderen Bereich.

TV-Geld droht wegzubrechen

Würden insgesamt neun Spieltage ersatzlos entfallen, kann der Ligaverband die sogenannten Fernsehgelder vermutlich auch nicht mehr überweisen. Etwas mehr als 15 Millionen Euro erhält der VfL aus diesem Topf, es ist der größte und wichtigste Posten in der Bilanz. Etwa ein Viertel davon könnte am Ende fehlen. „Das liegt aber nicht in unserer Hand“, sagt Kaenzig. „Die DFL versucht, den Schaden für die Klubs so gering wie möglich zu halten.“ Das erklärt auch, warum der Ligaverband auf Zeit spielt. Die Hoffnung, die Saison fortsetzen zu können, ist nicht groß, aber sie lebt noch.

Bochums Chefcoach Thomas Reis kann deshalb nur kurzfristig planen. Die Trainingspause wurde nun bis zum 29. März verlängert. Seine Spieler haben individuelle Übungspläne erhalten. Wann ein Mannschaftstraining wieder möglich sein wird, ist nicht absehbar. Bundesweit gibt es immer mehr Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren. Der Ausnahmezustand könnte also noch länger anhalten. Deshalb spricht auch Ilja Kaenzig nicht nur über Zahlen, sondern über das große Ganze: „Wichtig ist, dass wir alle gesund bleiben.“  

(Foto: Imago / Team 2)

Corona-Krise

VfL-Mitarbeiter in Kurzarbeit – Profis verzichten auf Geld

Wenn Einnahmen plötzlich wegbrechen, müssen die Kosten gesenkt werden. Das ist logisch, aber auf die Schnelle gar nicht so leicht. Auch beim VfL Bochum gerät die Finanzplanung wegen die Corona-Krise durcheinander. Die Besserverdienenden haben vorgelegt. Das Trainerteam und die Mannschaft verzichten für die kommenden drei Monate, also bis zum 30. Juni, auf Teile ihrer Gehälter. Auch die Geschäftsführung schließt sich dieser Aktion an. Im Idealfall könnte der Klub einen mittleren sechsstelligen Betrag einsparen.

Erhebliche Einbußen befürchtet

Schindzielorz betont, dass dieser Vorschlag nicht von der Vereinsführung gekommen sei. „Die Spieler und Trainer haben erklärt, dass sie freiwillig ihren Beitrag dazu leisten wollen, um den VfL zu unterstützen“, wird der Ex-Profi in einer Vereinsmitteilung zitiert. In einer „Ausnahmesituation, in der wir uns befinden“, seien „außergewöhnliche Maßnahmen jeder Art herzlich willkommen.“ Der VfL folgt damit dem Beispiel anderer Klubs, bei denen Führungskräfte und Fußballprofis ebenfalls selbstgewählte Einbußen in Kauf nehmen.

Der Anfang ist also gemacht, um die zu erwartenden Verluste infolge der Corona-Pandemie auszugleichen. Der VfL hat für diese Spielzeit eigentlich mit einem Gesamtetat in Höhe von 34,4 Millionen Euro geplant. Durch mögliche Geisterspiele oder einen Saisonabbruch drohen aber in fast allen Bereichen Einbußen. Im schlimmsten Szenario könnte ein mittlerer siebenstelliger Betrag wegbrechen. Das wäre der Fall, wenn die Saison nicht mehr fortgesetzt werden kann. Mindestens bis Ende April wird der Spielbetrieb pausieren.

Kurzarbeit in der Verwaltung

Dass jedoch ab Mai schon wieder gespielt werden kann, gilt nach Einschätzung vieler Experten aus der Medizin und Politik als unwahrscheinlich. Deshalb muss der VfL an weiteren Stellschrauben drehen, um die Kosten zu senken. Konkret hat die Vereinsführung nun entschieden, einen Großteil seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken. Positive Signale gibt es unterdessen aus der Fanszene. Zahlreiche Dauerkarteninhaber haben dem Verein signalisiert, auf eine Rückerstattung zu verzichten, sollten die vier übrigen Heimspiele nicht mehr stattfinden.

Hinweis: Dieser Text ist zum ersten Mal am 24. März erschienen und wurde nun um weitere Informationen ergänzt.

(Foto: Frank Vincentz)

Corona-Krise

Solidarität: Verzichten auch die VfL-Profis auf Geld?

Frank Goosen war eine Art Vordenker. Auf seiner Facebook-Seite hat der ehemalige VfL-Funktionär schon in der vergangenen Woche darüber sinniert, wie es denn wäre, wenn Fußballprofis auf einen Teil ihres großzügigen Lohns verzichten würden. In der Corona-Krise sei Solidarität gefragt. Jeder sollte, soweit möglich, seinen Teil dazu beitragen. Der Hintergrund ist: Verluste durch fehlende Fernsehgelder oder Partien ohne Zuschauer könnten auch den VfL Bochum hart treffen. Einbußen im siebenstelligen Bereich sind zu erwarten, wie hoch sie genau ausfallen, ist noch nicht absehbar. Die Kosten dagegen bleiben zunächst fast unverändert.

Zwei Teams solidarisch

Also muss über vieles gesprochen werden, auch über die Gehälter der Profis. Sie sind der größte Posten in der Bilanz. Nach DFL-Angaben machen sie etwa ein Drittel des Gesamtetats aus. Beim VfL ist das ähnlich, der Personalaufwand für die Lizenzspielerabteilung wird in der offiziellen Saisonplanung auf 11,9 Millionen Euro taxiert. Zum Vergleich: Der Personalaufwand für die Verwaltung liegt bei 3,6 Millionen Euro, verteilt auf etwa 70 Festangestellte und zahlreiche Aushilfen. Die Spieler verdienen also ein Vielfaches dessen, was ein Mitarbeiter im Hintergrund erhält, beim VfL etwa das Fünf- bis Zehnfache.

Um auch die Jobs rund um ein Fußballteam zu erhalten, sind zwei Mannschaften an diesem Donnerstag bereits vorangegangen. Die Spieler von Borussia Mönchengladbach in der ersten und des Karlsruher SC in der zweiten Liga verzichten freiwillig auf Teile ihrer Gehälter – aus Solidarität. Öffentliche Forderungen danach hatte Kölns Manager Horst Heldt zu Wochenbeginn noch als „populistisch“ zurückgewiesen, nachdem Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, ähnlich wie Goosen, auf diese Option verwiesen hatte. Dabei sind Söder und Goosen ansonsten sicher keine Brüder im Geiste.

Weniger Geld im Umlauf

Vom VfL und seinen Spielern ist in dieser Hinsicht (noch) nichts zu hören. Gegenüber der WAZ bestätigte die Geschäftsführung allerdings, dass das Thema noch auf den Tisch komme, von Vereinsseite also. Doch der Wunsch nach einem freiwilligen Gehaltsverzicht der Spieler als Zeichen des Zusammenhalts ist mittlerweile auch in der Fanszene ein Thema, in den Foren wird darüber diskutiert. Berater oder die Spielergewerkschaft VDV wehren sich natürlich dagegen. Nicht grundsätzlich, aber sie verweisen zum Beispiel auf bereits ausbleibende Prämien. Leistungsgebundene Zahlungen, etwa für Einsätze oder Siege, entfallen ohnehin, weil gar nicht gespielt wird. Ihre Klienten hätten also schon Einbußen.

Der VfL hat sich für all diese Fragen natürlich rechtlichen Beistand organisiert. Manche Klubs denken über Kurzarbeit nach, vier Drittligisten haben es schon umgesetzt. Die Bochumer Vereinsführung diskutiert ebenfalls darüber. Gibt es keine kurzfristige Lösung, dann werden zumindest bei künftigen Verhandlungen andere Summen auf den Tisch kommen als bislang. Der Markt hat teils horrende Profigehälter jahrelang hergegeben, die Einnahmen der Klubs sind gestiegen. Doch wenn weniger Geld im Umlauf ist, werden auch die Profis weniger davon abbekommen. Das gilt nicht nur für den VfL, sondern für die ganze Liga.

(Foto: Pressefoto Eibner)

Corona-Krise

DFL spielt auf Zeit – Gremien des VfL tagen

Eigentlich wissen sie es schon. Die angekündigte und beschlossene Spielpause bis Anfang April wird nicht ausreichen. Daraus macht DFL-Geschäftsführer Christian Seifert auch gar keinen Hehl. Zu glauben, dass in wenigen Wochen wieder Fußball gespielt werden könnte, sei unrealistisch, sagte er in einer Pressekonferenz am Montag sinngemäß.

Diese Selbsterkenntnis ist deshalb so wichtig, weil der Plan vor wenigen Tagen noch ganz anders aussah. Bis zum vergangenen Freitag sollten die Partien der 1. und 2. Bundesliga noch unbedingt stattfinden, zwar ohne Publikum, doch es sollte gespielt werden. Dass das Coronavirus auch den Fußball und seine Spieler erreichen würde, hatte da wohl niemand auf dem Schirm. Stand heute sind es schon sechs von 36 Mannschaften, die betroffen sind.

Keine Zuschauer

Größere Hebel haben die Klubvertreter in ihrer Mitgliederversammlung am Montag noch nicht in Bewegung gesetzt und zunächst auf Zeit gespielt. Denn die UEFA hat erst am Dienstag entschieden, die Europameisterschaft um ein Jahr zu verschieben. Somit könnte der Betrieb in den Ligen bis in den Juni verlagert werden. Das würde aber trotzdem bedeuten, dass spätestens ab Anfang Mai wieder gespielt werden müsste – natürlich vor leeren Rängen.

„Niemand liebt Spiele ohne Zuschauer. Aber sie sind für viele Vereine die einzige Möglichkeit zum Überleben. Deshalb bitte ich um Nachsicht bei den Fans, dass wir darüber nachdenken“, sagt Seifert. Dies setzt allerdings voraus, dass sich die Lage in den nächsten Wochen dahingehend entspannt, dass wieder Fußball gespielt werden darf – und dass sich trotz bundesweit steigender Infektionszahlen keine weiteren Profis anstecken. Wirklich realistisch ist das nicht.

Kein Patentrezept

Das Horrorszenario für viele Klubs, ein Saisonabbruch, ist somit weiter eine Option, die durchgespielt werden muss, wenn sich die Vereinsvertreter in zwei Wochen erneut treffen wollen. Bis dahin werden auch die Gremien des VfL Bochum schon einen Schritt weiter sein. Die Geschäftsführung und das Präsidium tagen zurzeit und arbeiten an Lösungen für unterschiedliche Szenarien.

Dabei gehe es darum, „in welcher Form der Geschäftsbetrieb kurzfristig organisiert wird und welche Auswirkungen die Corona-Krise auf die zukünftigen Planungen hat“, heißt es in einer Pressemitteilung. Konkreter und aussagekräftiger könne man zurzeit nicht werden, sagte ein Klubsprecher zu Wochenbeginn. Die Lage sei dynamisch und sehr komplex – und, das möge man ergänzen – beispiellos. Eine Blaupause, ein Patentrezept gibt es nicht.

Kein Training

Die im Vergleich einfachste Aufgabe hat dieser Tage wohl Chefcoach Thomas Reis. Er hat an seine Spieler persönliche Trainingspläne verteilt. Bis mindestens 22. März ruht der reguläre Trainingsbetrieb. Was danach passiert, ist noch unklar. Der Verein stehe im Austausch mit den zuständigen Behörden, hieß es am Dienstag.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Corona und die Folgen

Lage beim VfL Bochum: Geprägt von Unsicherheit

Seit Tagen waren die Mitarbeiter des VfL Bochum damit beschäftigt, ein Heimspiel ohne Zuschauer zu planen. Dienstleister wurden informiert, Bestellungen storniert, Ticketkäufer über Entschädigungen aufgeklärt und das Pressezentrum so umgebaut, damit sich die wenigen Journalisten, die der Partie hätten beiwohnen dürfen, nicht zu nahekommen. Der Revierklub sollte an diesem Samstag eigentlich den 1. FC Heidenheim empfangen.

Doch auch für die 2. Fußball-Bundesliga folgte am Freitagnachmittag die Absage des kompletten Spieltags. Die DFL, also der Ligaverband, hatte sich tagelang dagegen gewehrt. Doch nachdem es sowohl bei Hannover 96 als auch beim 1. FC Nürnberg und beim SC Paderborn erste bestätigte Corona-Fälle gab, lenkten auch die letzten Hardliner ein. Der Trainingsbetrieb beim VfL wird zunächst bis Dienstag ruhen, ehe feststeht, wann und in welcher Form die Saison fortgesetzt wird. Die Klubverantwortlichen der Erst- und Zweitligisten treffen sich am Montag.

Kein klares Statement

Was die Bochumer von der sehr kurzfristigen Spielabsage durch die DFL halten, war am Freitag allenfalls zu erahnen. Der VfL verschickte zwar extra eine Pressemitteilung, doch Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz verzichtete auf eine klare Bewertung. Er sprach lediglich davon, dass es die „vordringlichste Aufgabe unserer Gesellschaft“ sei, die „Ausbreitung des Coronavirus‘ einzudämmen.“ Mit welchen Mitteln und mit welcher Konsequenz der Fußball dabei eine Rolle spielen soll, ließ er offen.

Warum Bochums Manager und die zuständige Kommunikationsabteilung auf ein prägnantes Statement verzichtet haben, bleibt ihr Geheimnis. Konkrete Nachfragen hat es jedenfalls gegeben, beantwortet wurden sie nicht. Die Tendenz, wie man beim VfL über das Zaudern der DFL denkt, ließ sich am ehesten noch aus einem Werbe-Newsletter entnehmen, der am Freitag ebenfalls verschickt wurde. Darin heißt es: „Jetzt ist es doch so weit, die DFL hat sich als letzte der großen europäischen Ligen entschlossen, den 26. Spieltag […] abzusagen.“

Wirtschaftliche Folgen

Sportlich bleibt die Lage für den abstiegsbedrohten VfL damit weiter unsicher, wirtschaftlich sowieso. Denn die Bochumer zählen zu den Profiklubs, für die die aktuelle Situation schnell zur finanziellen Belastung werden kann. Pro Heimspiel, das nicht stattfindet, ist mit einem Verlust im sechsstelligen Bereich zu rechnen. Unklar ist außerdem, ob alle Sponsorenverträge erfüllt werden können, wenn der Spielbetrieb vorerst ruht oder irgendwann ganz eingestellt werden sollte. Das betrifft auch die Einnahmen aus dem millionenschweren TV-Topf.

Zur Kompensation verkauft der VfL deshalb sogenannte Geisterspieltickets. Fans hatten die Idee entwickelt, Eintrittskarten für einen imaginären Spieltag anzubieten. Fast 3.000 davon wurden bereits verkauft, ein mittlerer fünfstelliger Betrag am Ende der Aktion ist realistisch. Der ehemalige VfL-Funktionär Frank Goosen bringt auf Facebook noch eine weitere Idee ins Spiel. In einer fiktiven Geschichte erzählt er davon, wie auch die Spieler ihren Beitrag leisten und auf einen kleinen Teil ihres oft großzügigen Gehalts verzichten.

(Foto: Imago / Revierfoto)