Vertrag bis 2021

Lukrative Klausel: Riemann bleibt – und spendet

Mit einer Personalmeldung hat sich der VfL Bochum am Freitagnachmittag ins vorerst letzte fußballfreie Wochenende verabschiedet: Stammtorhüter Manuel Riemann bleibt dem Revierklub bis zum Sommer 2021 und damit ein weiteres Jahr erhalten. Nach 25 absolvierten Pflichtspielen in dieser Saison griff eine Vertragsklausel, der Kontrakt verlängerte sich automatisch um zwölf Monate. Die Nachricht kam zum passenden Zeitpunkt: Auf den Tag genau vor fünf Jahren war sein Wechsel vom SV Sandhausen nach Bochum verkündet worden. 144 Pflichtspiele hat der Keeper seither bestritten – nun sollen weitere dazukommen. Bis zum Saisonende und darüber hinaus.

Riemann zählt zu den Führungsspielern

„Sein Vertrag hat sich bereits vor Wochen verlängert. Allerdings hielten wir den Zeitpunkt inmitten der Corona-Krise, als unsicher war, ob überhaupt weitergespielt werden kann, für nicht richtig und haben die Nachricht zunächst zurückgehalten“, verrät VfL-Manager Sebastian Schindzielorz. Die Verantwortlichen haben damit auch aus einem Fehler der Vergangenheit gelernt. In der Vorsaison wurde eine Vertragsverlängerung mit Tim Hoogland noch deutlich offensiver verkauft, bis sich später herausstellte, dass lediglich eine Klausel griff. Das war seinerzeit ein Thema, weil Hoogland nur wenige Monaten später vom Trainer und der Vereinsführung aussortiert wurde. Dieses Szenario droht Riemann jetzt allerdings nicht.

Denn sportlich ist der 31-Jährige zuletzt zum Leistungsträger gereift und erwies sich als sicherer Rückhalt. Zuvor hatte es immer wieder Phasen gegeben, in denen der Schlussmann Schwächen offenbarte. Menschlich war er durch seine impulsive Art ebenfalls umstritten – bis er intern eine Führungsrolle eingenommen hat, sich zum Sprachrohr der Mannschaft entwickelte und gelegentlich als Kritiker auftrat, der sich aber mit dem Verein identifiziert. Auch zu den Fans hat er mittlerweile einen guten Draht gefunden. Riemann wäre wohl so oder so in Bochum geblieben, doch die Vertragsklausel erweist sich für ihn als Glücksfall. Sie sichert ihm in einer Zeit, in der der VfL eigentlich sparsamer sein muss, ein Gehalt zu altbekannten Bedingungen.

Schindzielorz verhandelt weiter

Einen Teil davon spendet der gebürtige Oberbayer jedoch für den guten Zweck. Am Freitag übergab er der Bochumer Kinderklinik sieben Tablet-Computer. Riemann will damit einen Kontakt zwischen den Kindern und ihren Freunden und Verwandten ermöglichen, die wegen der Corona-Beschränkungen nicht persönlich vorbeischauen dürfen. Corona ist in dieser Stelle noch einmal das richtige Stichwort. Denn Riemann wird beim VfL Bochum vorerst der einzige Profi bleiben, der seine Vertragsverlängerung feiern kann. Sebastian Schindzielorz führt zwar zahlreiche Gespräche, Abschlüsse sind aber vorerst nicht zu erwarten. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seien noch zu unsicher, berichtet der Manager.

(Foto: Imago / Nordphoto)

VfL vor erstem Geisterspiel

Reis wie Beckenbauer: „Ins Geschichtsbuch kommen“

Thomas Reis sieht es so wie Franz Beckenbauer. Der Weltmeister-Trainer von 1990 brachte vor wenigen Tagen einen neuen, bislang unbeachteten Aspekt in die Diskussion um Geisterspiele ein. Es werde Spieler geben, die vor leeren Rängen plötzlich befreit auftreten. Thomas Reis kann dem nicht widersprechen. „Manchen fehlt sicher das Drumherum, die Unterstützung unserer Fans. Aber andere werden die Situation vielleicht auch positiv für sich nutzen.“ Am Samstag wird der VfL Bochum den 1. FC Heidenheim empfangen und das erste von neun geplanten Geisterspielen absolvieren.

Trotzdem Heimvorteil

„Nicht nur die Taktik ist wichtig, sondern vor allem der Kopf. Wir müssen uns auf die besonderen Umstände einstellen“, fordert Thomas Reis von seinen Profis eine professionelle Vorbereitung und Einstellung. Wo sonst rund 20.000 Zuschauer stehen oder sitzen, werden es nur knapp 200 Unverzichtbare sein, vom TV-Team bis zum Balljungen. Reis spricht trotzdem von einem „Heimvorteil, weil wir unser Stadion kennen und dort oft trainiert haben.“ Die Vorbereitung war allerdings kurz, nur eine Woche hat die Mannschaft ohne Einschränkungen arbeiten dürfen.

Drei Profis fehlen

Die meisten Profis waren mit dabei, sodass der VfL fast in Bestbesetzung antritt. Lediglich Saulo Decarli, Vitaly Janelt und Ulrich Bapoh werden fehlen. Vermutlich vertraut Thomas Reis in etwa dem Team, das vor der Zwangspause dreimal in Folge ohne Niederlage geblieben ist. Für Janelt könnte Winterneuzugang Robert Zulj in die Startelf rücken. „Er hat die Pause gut genutzt“, erklärt Reis, der die Chance sieht, mit einem Sieg Besonderes zu schaffen: „Wir wollen mit einem Sieg in die Geschichtsbücher kommen.“ Beckenbauer hat das schon geschafft, aber nicht mit einem Geisterspiel…

(Foto: Pressefoto Eibner)

Kommentar

Fans leben im Widerspruch – auch beim VfL Bochum

Es ist nur ein neuer Name, doch das gleiche Prinzip: Seit Montagabend verkauft der VfL Bochum ein „Wohnzimmer-Ticket“. Für 18,48 Euro gibt es eine nette Danksagung und einen Fanshop-Gutschein im Wert von 8,48 Euro. Schon zu Beginn der Corona-Krise gab es „Geisterspiel-Tickets“, es folgte ein Sondertrikot, das tausendfach verkauft wurde. Keine Frage: Das ist Marktwirtschaft, die funktioniert. Überhaupt kein Vorwurf an den VfL Bochum, der noch vergleichsweise zurückhaltend agiert und erst jetzt damit beginnt, die Grenzen auszutesten.

Fans im Widerspruch

Allerdings zeigen die Verantwortlichen, dass sie kein Problem damit haben, die Treue ihrer Anhänger zu nutzen und sie vor allem als Geldgeber sehen. Ins Stadion dürfen sie nicht – und vielen von ihnen blutet das Herz – trotzdem werden sie zur Kasse gebeten. Direkt wie indirekt. Denn wer alle neun Spiele sehen will, muss für die Fernseh-Übertragung mindestens 36 Euro einplanen. Dauerkarte, Aktionstickets, Sondertrikot, Pay-TV – das summiert sich. Einige Fans lassen sich verführen, während die Spieler auf läppische 10 bis 15 Prozent ihrer Gehälter verzichten.

Bevor es jetzt wütende Reaktionen gibt: Dieser Kommentar dient nicht dazu, irgendwen zu belehren. Jeder Mensch setzt andere Prioritäten, das ist vollkommen in Ordnung. Nur leben viele Fans in einem Widerspruch, den sie vielleicht gar nicht bemerken. Liebe macht manchmal blind. Einerseits prasselt auf die Bundesliga viel Kritik ein, der Wunsch nach Veränderung ist groß. Aber andererseits tragen viele Anhänger dazu bei, dass dieses System auch in und nach der Krise exakt so erhalten bleibt. Viele Anhänger reflektieren das gar nicht.

Keiner zieht den Stecker

Doch Fakt ist: Das Geld für hohe Gehälter oder Ablösesummen fällt nicht vom Himmel. Fußball-Fans in ganz Deutschland haben es in der eigenen Hand, die Branche zum Wandel zu zwingen, wenn sie es wirklich wollen. Nur sie haben die Macht, aber kaum einer zieht den Stecker. Das ist sogar einfach zu erklären: Die Verbundenheit zum eigenen Klub ist so groß, dass sie alles dafür tun, ihn angeblich zu retten. So denken die Fans überall, nicht nur in Bochum. Damit dreht sich das Rad aber immer weiter, nichts wird sich ändern. Die Vereine freuen sich und zählen fleißig ihr Geld.

(Foto: Fabian Budde)

Re-Start am 16. Mai

Zurück im Abstiegskampf: Bochums „neue“ Sorgen

Vieles wird anders sein als gewohnt, und doch kehrt beim VfL Bochum zumindest sportlich ein Hauch von Normalität ein: Schon am 16. Mai wird die Saison trotz der anhaltenden Corona-Pandemie fortgesetzt, der VfL startet mit einem Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim. Die Erlaubnis liegt nun vor, der konkrete Termin ebenfalls. „Die Nachricht stimmt uns sehr froh“, sagt Hans-Peter Villis, der Vorsitzende des VfL, und spricht von einem großen „Vertrauensvorschuss.“ Die Politik hat das medizinische Konzept des Ligaverbandes als Grundlage für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs akzeptiert – trotz Schwächen in Theorie und Praxis. 

Neun Spieltage und die Relegation können somit wie erhofft stattfinden, allerdings ohne Zuschauer vor Ort. In Bochum rücken damit auch die sportlichen Probleme wieder in den Vordergrund. Der VfL steht weiter auf dem 15. Tabellenplatz, aktuell nur drei Punkte vom Relegationsrang entfernt. Die Sorgen verlagern sich also nur, der wirtschaftliche Druck weicht der Abstiegsgefahr. „Natürlich verfolgen wir weiterhin das Ziel, den Klassenerhalt zu schaffen“, sagt Villis, mit einer logischen und angemessenen Einschränkung: „Die oberste Prämisse ist natürlich, gesund zu bleiben und die Gesundheit zu schützen.“

Sehr enger Zeitplan

Damit das funktioniert, ist jetzt endgültig maximale Disziplin gefordert. Zustände wie bei Hertha BSC, die zu Wochenbeginn publik wurden, darf und soll es beim VfL nicht geben, betont auch Villis. In Bochum werde alles daran gesetzt, „um die Spiele unter Einhaltung sämtlicher geltender Hygiene- und Gesundheitsregeln bestmöglich durchzuführen.“ Dazu zählt vor der ersten Begegnung auch ein Trainingslager unter Quarantäne-Bedingungen, begleitet von regelmäßigen Corona-Tests. Der VfL zieht in ein Hotel direkt am Stadion, das zunächst exklusiv für die Mannschaft, Trainer und Betreuer öffnen wird.

Offen lässt die DFL, warum die Maßnahme nur vor der ersten Partie erforderlich ist – kehren die Spieler wieder zu ihren Familien zurück, erhöht sich das Infektionsrisiko möglicherweise wieder. Konsequent und logisch ist das nicht. Denn trotz diverser Schutzmaßnahmen haben sich allein in dieser Woche 12 von rund 1700 getesteten Personen aus der 1. und 2. Bundesliga infiziert. Wobei den Profis wohl ohnehin kaum noch Zeit für private Aktivitäten bleibt. Denn der Spielplan ist so eng getaktet wie nie zuvor. Nur 43 Tage liegen zwischen der ersten Partie gegen Heidenheim und dem Saisonfinale in Hannover am 28. Juni.

Schindzielorz freut sich

Fünfmal muss der VfL dabei auswärts antreten und somit auch reisen, vier Spiele finden im eigenen Stadion statt. Dabei sind zwei englische Wochen nötig, um die Saison bis Ende Juni über die Bühne zu bringen. Der kurzfristige Start in weniger als zehn Tagen ist für den VfL aber offensichtlich kein Problem. Andere Klubs hatten einen späteren Startzeitpunkt gefordert. Schließlich wurde seit Wochen nicht unter normalen Bedingungen trainiert. „Es ist eine besondere Situation und ich glaube nicht, dass uns eine Woche mehr Vorbereitung in eine andere Position oder eine perfekte Ausgangslage gebracht hätte“, sagt Schindzielorz.

Einige Tage zur möglichst optimalen Vorbereitung bleiben ja auch noch. Die Stadt Bochum hat am Freitag ihre Erlaubnis für ein geregeltes Mannschaftstraining erteilt. Trainer Thomas Reis ist am Vormittag direkt in die Vollen gegangen. Die Spieler des VfL hätten auch keine Berührungsängste gezeigt, und wenn, sei über mögliche Gefahren intern gesprochen worden, versichert Schindzielorz. Der Manager freut sich auf den Re-Start, obwohl der VfL in eine neue, jedoch altbekannte Gefahrenlage gerät: „Als Sportler möchte ich, dass der Auf- oder Abstieg auf dem grünen Rasen entschieden wird und nicht am Grünen Tisch.“

(Foto: Imago / Nordphoto)

Corona-Vorsorge

Neue Bedingung: VfL muss ins Quarantäne-Camp

Zum Glück hat der VfL Bochum gleich zwei Hotels in Stadionnähe. Vor dem möglichen Wiederbeginn der Saison könnte sich das als Vorteil erweisen. Denn die DFL hat ihr medizinisches Konzept in Zeiten von Corona noch einmal verschärft. „Als weitere Sicherungsmaßnahme werden mindestens die letzten 7 Tage vor Saisonbeginn als Trainingslager in Quarantäne verbracht“, heißt es darin. Das würde folglich auch für den VfL Bochum gelten. Genauere Details seien aber noch nicht geklärt, hieß es am Montag auf Nachfrage beim Verein. Zunächst sei die Lage unverändert. Erst mit einer Entscheidung der Politik, die für diesen Mittwoch erwartet wird, könnten Pläne konkreter werden.

DFL pocht auf Diskretion

Dann könnte nach wochenlangem Zaudern endlich feststehen, ob die Saison mit Geisterspielen fortgesetzt wird oder abgebrochen werden muss. Bislang waren die Signale der Politik fast durchweg positiv. Doch noch sind die Vereine und der Ligaverband verunsichert und deshalb vorsichtig, was sich in einer Art Nachrichtensperre niederschlägt. So hat der „Kicker“ am Montag eine interne E-Mail von Ansgar Schwenken, früher Vorstandsmitglied beim VfL Bochum und heute DFL-Direktor, öffentlich gemacht. Darin bittet Schwenken die Vereinsvertreter darum, die Ergebnisse der ersten Corona-Tests zunächst nicht zu veröffentlichen.

Am Nachmittag folgte dann eine Erklärung aus der DFL-Zentrale, die mehr oder minder Überraschendes zutage förderte: Von mehr als 1.700 untersuchten Spielern, Trainern und Betreuern aus der 1. und 2. Liga wurden insgesamt zehn Personen positiv auf Covid-19 getestet – zuvor waren nur drei Fälle aus Köln bekannt geworden. Welche anderen Klubs betroffen sind, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor, lediglich Dynamo Dresden kommunizierte anschließend einen Fall in den eigenen Reihen. Beim VfL Bochum gab es jedenfalls keine Auffälligkeiten, sagte VfL-Geschäftsführer Ilja Kaenzig am Telefon. Die Testreihe werde nun fortgesetzt, auch mit dem Ziel, möglichst bald ins Mannschaftstraining zurückkehren zu können.

Spieler müssen aufpassen

Weil die Teams nach jetzigem Stand nur zeitweise und nicht für die gesamte Saison in ein Quarantäne-Camp müssen, kommt es nun auch verstärkt auf die Eigenverantwortung der Spieler an. Das hat die DFL zu Wochenbeginn noch einmal betont – aus guten Gründen. So diskutiert die Branche derzeit über ein Facebook-Video von Salomon Kalou. Der Spieler von Hertha BSC filmte sich bei einem Rundgang durch die Mannschaftskabine und ignorierte dabei sämtliche Hygiene- und Abstandsregeln. Auch seine Teamkollegen und zwei Vereinsmitarbeiter hielten sich nicht an die Vorgaben, die Grundlage für eine Fortführung der Saison sind.

Sorge vor fehlender Achtsamkeit ist auch bei einigen VfL-Profis nicht ganz unbegründet. Schon mehrfach in dieser Saison sind Spieler durch Disziplinlosigkeiten aufgefallen. Auch in Zeiten der Corona-Krise gab es schon Nachlässigkeiten. So posierte Silvere Ganvoula neulich auf Instagram für ein Selfie mit einer fremden Person – auch darauf sollen die Profis eigentlich verzichten. Ein Bochumer Friseur postete außerdem ein Foto von einem Hausbesuch bei Jordi Osei-Tutu. Diese Aufnahme soll aber, so die Auskunft des Friseurs auf Instagram, vor der Corona-Krise entstanden sein. Seit Montag können er und seine Stammkunden vom VfL aber aufatmen: Haare schneiden mit Mundschutz ist ab sofort wieder erlaubt. So sehen die Profis vor leeren Rängen immerhin gut aus.

(Foto: Pressefoto Eibner)

VfL wartet auf Entscheidung

Spiele & Verträge: Enger Zeitplan für Schindzielorz

Geduld ist gefragt, auch bei Sebastian Schindzielorz. Der Manager des VfL Bochum wartet auf frohe Kunde. Seine Hoffnung ist die einer ganzen Branche: Trotz der anhaltenden Corona-Pandemie soll die Bundesliga-Saison fortgesetzt werden. „Darauf arbeiten wir hin“, sagt Schindzielorz. Noch fehlt die Erlaubnis. Die Signale aus der Politik sind zwar positiv, doch sicher ist in diesen Tagen kaum etwas. Erst am 6. Mai könnte es eine Entscheidung geben. Neun Spieltage sollen noch gespielt werden. Der VfL würde nach wie vor um den Klassenerhalt in der 2. Liga kämpfen. Nur drei Punkte Vorsprung sind es auf den Relegationsplatz.

Englische Wochen wahrscheinlich

Ursprünglich hatten die 36 Erst- und Zweitligisten den Re-Start für Anfang Mai geplant – dieser Termin ist aber kaum noch zu halten. Wahrscheinlicher ist es, dass der Ball erst ab Mitte oder Ende des Monats rollen wird, natürlich ohne Zuschauer. Schon seit drei Wochen trainieren die Profis des VfL Bochum wieder, allerdings ohne Zweikämpfe und Körperkontakt, nur in Kleingruppen und abgeschottet hinter einem riesigen Sichtschutz. Schindzielorz betont, dass für einen Wiederbeginn der Saison weitere Vorlaufzeit benötigt werde: „Wir wissen zur Stunde noch nicht, wann ein normales Mannschaftstraining möglich sein wird.“

Das sei aber notwendig, um wieder Pflichtspiele bestreiten zu können. „Vermutlich stehen uns einige Englische Wochen bevor. Wir wollen optimal vorbereitet sein“, sagt Schindzielorz. Aktuell konzentriere sich das Trainerteam auf Übungen mit dem Ball, auf Kraft- und Konditionstraining. Sollte die Saison tatsächlich erst Ende Mai fortgesetzt werden, gerät auch der Zeitplan durcheinander. Bei neun Partien, die absolviert werden müssen, plus einer möglichen Relegation, droht den Profis ein Saisonendspurt im Drei-Tage-Rhythmus. „Unser Ziel ist es, die Saison am 30. Juni zu beenden“, betont Schindzielorz und gibt sich optimistisch: „Und wir gehen davon aus, dass das möglich sein wird.“

Vertragsgespräche ohne Abschluss

Die Verantwortlichen haben vor allem das Vertragswerk im Blick. Nicht nur die Spielerverträge sind bis zum 30. Juni datiert. Zwar versichert der Ligaverband, auch darauf vorbereitet zu sein, sollte die Saison erst später enden, doch in diesem Fall droht es kompliziert zu werden. Allein beim VfL Bochum laufen 12 Spielerverträge aus. Bislang wurde noch keiner davon verlängert. Von den Stammspielern sind zum Beispiel Manuel Riemann, Robert Tesche und Danilo Soares betroffen, wobei der Brasilianer den Klub im Sommer verlassen möchte. Auch müssten Leihspieler wie Jordi Osei-Tutu, Vasilios Lampropoulos und Manuel Wintzheimer zu ihrem jeweiligen Stammverein zurückkehren.

„Viele Gespräche laufen natürlich schon“, versichert Schindzielorz, dem es jedoch schwerfällt, jetzt schon Abschlüsse zu erzielen. Das gilt auch für potenzielle Neuzugänge. Zu unsicher ist die Gesamtsituation. Schließlich weiß niemand, in welcher Liga der VfL in der kommenden Saison spielen wird. Ist die Mannschaft im Kampf um den Klassenerhalt in der Lage, nicht nur dem psychischen Druck, sondern auch der physischen Belastung standzuhalten? Mehr Optionen im Kader, über die der VfL zumindest auf einigen Positionen verfügt, könnten sich als vorteilhaft erweisen. Zumal die internationalen Regelhüter vorübergehend fünf statt drei Wechsel pro Spiel erlauben wollen.

DFL muss noch einige Details klären

Ungeklärt ist derweil noch, ob der VfL bei einem Wiederbeginn der Saison tatsächlich zuerst auf den 1. FC Heidenheim treffen würde. Das war die erste Partie, die Mitte März abgesagt werden musste. Noch hat die DFL nicht entschieden, ob die Spiele tatsächlich auch in der ursprünglichen Reihenfolge stattfinden würden. Unbeantwortet ist außerdem die Frage, was im Falle eine Infektionskette innerhalb einer Mannschaft passieren würde. Einen Spielraum für Terminverlegungen wird es vermutlich nicht geben.

(Foto: Imago / Team 2)

Widerspruch?

Villis will „keine Sonderrolle“ – aber Corona-Tests

Ob der Vizepräsident des Robert-Koch-Instituts Fußballfan ist, wissen wir nicht. Ein Freund von Sonderrechten ist Lars Schaade jedenfalls nicht. Der Infektionsepidemiologe lobt zwar das DFL-Konzept zur Durchführung von Geisterspielen. Doch an einer entscheidenden Stelle übt er Kritik. „Ich sehe nicht, warum bestimmte Bevölkerungsgruppen routinemäßig gescreent werden sollen“, sagte Schaade in einer Pressekonferenz des RKI, als er auf die Pläne der DFL angesprochen wurde. Das Regierungsinstitut zur Krankheitsüberwachung wird mit darüber entscheiden, ob der Ball in der Bundesliga schon bald wieder rollen darf.

Nimmt man den Vizepräsidenten beim Wort, dann könnte es für die Vereine trotz positiver Signale aus der Politik doch noch problematisch werden. Denn das Konzept basiert darauf, dass die rund 1.000 Bundesligaprofis bis zu zweimal pro Woche auf eine mögliche Corona-Infektion getestet werden – ohne Bedingungen. Nicht nur Schaade sieht das kritisch. Laut einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap, einem führenden Meinungsforschungsinstitut, hält die Mehrheit von 61 Prozent den Aufwand für nicht gerechtfertigt. Nur jeder Dritte hat nichts dagegen.

Seifert betreibt beste Lobbyarbeit

Dass überhaupt darüber nachdacht wird, die Bundesliga-Saison fortzusetzen, daran trägt Christian Seifert einen großen Anteil. Der Geschäftsführer des Ligaverbandes hat in den zurückliegenden Wochen nahezu perfekte Lobbyarbeit für den Fußball betrieben. Er kämpft dafür, das Geschäft der 36 Erst- und Zweitligisten aufrechtzuerhalten. „Wenn die Politik unser Konzept ablehnt, dann wäre die Bundesliga ein Kollateralschaden der Corona-Krise“, sagt Seifert. Er findet Zahlen, die belegen sollen, warum es unproblematisch sei, ausgerechnet von Fußballprofis im Drei-Tages-Rhythmus zu testen. „Wir beanspruchen nicht einmal 0,4 Prozent der Laborkapazitäten“, ist eines seiner Argumente.

Was nach wenig klingt, ist bei genauerer Betrachtung jedoch relativ viel. Schließlich handelt es sich um gerade einmal 1.000 Berufsfußballer in einem Land mit fast 83 Millionen Menschen. „Ich kann ihnen versichern, dass wir niemandem einem Test wegnehmen werden, der ihn dringender braucht als ein Fußballprofi“, hält Seifert dagegen. „Und sollte sich die Lage im Land so verändern, dass die Testlabore an Grenzen stoßen, dann wird der Fußball selbstverständlich zurückstehen.“ Fünf Labore, mit denen die DFL eine Kooperation vereinbart hat, hätten zugesichert, derzeit nicht ausgelastet zu sein.

Villis auf einer Linie mit Seifert

Ähnlich wie Seifert argumentiert auch Hans-Peter Villis. Der Vorsitzende des VfL-Präsidiums ließ sich vor dem Wochenende von den Vereinsmedien interviewen. Villis sagte, „dass dem Fußball im gesamtpolitischen Kontext keine Sonderrolle zufallen darf, gerade in medizinischer Hinsicht.“ Ist das ist aber nicht automatisch der Fall, wenn Fußballer regelmäßig und in einem festen Rhythmus getestet werden – und andere Berufsgruppen, etwa Polizisten oder Altenpfleger, nicht? Es sind Berufe, die nicht nur das Land Nordrhein-Westfalen als systemrelevant eingestuft hat. Der Halbsatz von Villis wirft also die Frage auf, wie er mögliche Sonderrechte für den Fußball interpretiert.

Jedenfalls nicht so, dass prophylaktische Corona-Tests bei den Spielern des VfL Bochum dazu gehören würden. Dem Argument, der Otto-Normal-Bürger könne sich nicht so einfach auf eine Infektion testen lassen, weicht Villis aus. Er sagt, es sei legitim, dass bestimmte Berufsgruppen intensiver getestet würden, die durch Kontakte ein erhöhtes Risiko hätten. Ebenso wie Seifert versichert auch Villis, „dass wir nur freie Kapazitäten nutzen.“ Anders gesagt: Die Profiklubs sind in der Lage, jeden einzelnen Abstrich zu bezahlen, andere offenbar nicht. Zur moralischen Frage schweigt der Fußball bislang verdächtig.

(Foto: Pressefoto Eibner)