Abgänge

VfL-Abgänge unter Wert? Große Hoffnung, geringe Erträge

Die Liste mit den Abgängen wird beim VfL Bochum derzeit wöchentlich länger. Zehn Profis ohne Anschlussvertrag für die neue Saison wurden am Morgen nach dem Spiel gegen St. Pauli offiziell verabschiedet. In den Tagen danach folgten Gerrit Holtmann, der eine Vertragsverlängerung überraschend abgelehnt hat, und Dani de Wit, der künftig für den FC Utrecht auflaufen wird. Als nächstes wird der Revierklub wohl den Wechsel von Tim Oermann verkünden. Der talentierte Defensiv-Allrounder wird sich Bayer Leverkusen anschließen, wobei er zunächst für eine Saison an den österreichischen Meister Sturm Graz verliehen wird. Oermann beschert dem VfL eine Ablöse von etwas weniger als zwei Millionen Euro, während de Wit den Klub ablösefrei samt künftiger Transferbeteiligung verlassen durfte.

Keine gute Verhandlungsposition

Diese Zahlen und Vereinbarungen sorgen in Fankreisen für Irritationen, weil die Erwartungen höher lagen. Zurecht – oder waren es utopische Wunschsummen? Klar ist: Jeder Fall muss gesondert betrachtet werden. Erstens, weil Oermann und de Wit in unterschiedlichen Gehaltsklassen unterwegs waren. Oermanns Vertrag wurde im November 2022 abgeschlossen, als er bei den Profis noch eine Nebenrolle gespielt hat. Dementsprechend niedrig war sein Gehalt. Eine vorzeitige Vertragsverlängerung haben mehrere Verantwortliche verpasst, monatelang soll es keine Gespräche gegeben haben. Sehr weit oben auf der Gehaltliste stand hingegen de Wit. Im Sommer 2024 als Hoffnungsträger verpflichtet, konnte er die ihn gesteckten Erwartungen zu keinem Zeitpunkt erfüllen. 

Zweitens, weil sie unterschiedlich lang vertraglich an den VfL gebunden waren. Oermanns Vertrags lief nur noch bis 2026, der von de Wit noch drei Jahre bis 2028. Und drittens, weil sich Oermann und de Wit in der zurückliegenden Saison sportlich verschieden entwickelt haben. Defensivspezialist Oermann erkämpfte sich einen Stammplatz, de Wit wurde unter Trainer Dieter Hecking am Saisonende allenfalls eingewechselt. Mit Oermann hätten die Verantwortlichen auch nach dem Abstieg gerne weitergearbeitet, während de Wit schon länger auf der Streichliste stand. Kein Wunder also, dass es für Oermann in den zurückliegenden Wochen zahlreiche Anfragen gab, zum Beispiel auch von Werder Bremen und Mainz 05, während sich für de Wit zunächst nur Utrecht interessiert hat.

Möglichst früh von der Gehaltsliste

Sportchef Dufner wollte Klarheit und entschied sich in beiden Fällen, einem schnellen Wechsel zuzustimmen. Bei de Wit ist das insofern vorteilhaft, weil für den VfL keine weiteren Kosten anfallen, etwa für eine Abfindung. Eine solche ist nicht unüblich, wenn der neue Verein ein geringeres Gehalt zahlt als der vorherige. Umgekehrt fließt aber auch keine Ablöse. Vertraglich vereinbart war eine Ausstiegsklausel für den Abstiegsfall, die im sehr niedrigen einstelligen Millionenbereich gelegen haben soll. Die Bochumer Verantwortlichen waren der Meinung, dass in diesem Sommer kein Verein bereit gewesen wäre, diesen Preis zu zahlen. Ihnen war es wichtiger, Großverdiener de Wit möglichst schnell von der Gehaltsliste zu bekommen, damit Budget für Neuverpflichtungen frei wird.

Bei Oermann wiederum lag die Transfererwartung auch intern zunächst deutlich höher. Im Präsidium war anfangs von fünf bis sechs Millionen Euro die Rede, die der VfL für sein selbst ausgebildetes Talent erwirtschaften sollte. Immer wieder hat Ilja Kaenzig als kaufmännischer Geschäftsführer betont, dass die Transfereinnahmen steigen müssen – in Summe und auch für einzelne Spieler. Oermann hätte als U21-Nationalspieler die besten Voraussetzungen dafür mitgebracht. Letztlich liegt die Ablöse aber nur im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Offiziell äußern möchten sich die Bochumer zum Transferablauf bislang nicht. Aber dass ein Spielerwechsel zum amtierenden Vize-Meister und einem Champions-League-Teilnehmer nicht mehr einbringt, verwundert schon.

Zwei weitere Verkaufskandidaten

Das Dilemma: Die Bochumer waren selbstverschuldet in einer ungünstigen Verhandlungsposition. Oermanns Vertrag lief nur noch ein Jahr, schnell war sich der Spieler mit Leverkusen einig und hat andere Bundesliga-Angebote abgelehnt, ein gegenseitiges Hochtreiben des Preises war also nicht möglich. Hinzu kommt, dass der Werksklub den Spieler gar nicht sofort haben, sondern direkt weiterverleihen möchte. Um wenigstens noch ein bisschen Geld einzunehmen, hat der VfL einem sofortigen Abgang zugestimmt. Diskutabel bleibt, ob ein Verbleib des Spielers aus sportlicher Sicht nicht wertvoller wäre – oder die Verantwortlichen zumindest noch etwas länger hätten pokern können. Die Transferphase hat schließlich erst begonnen; Druck, Oermann jetzt schon freizugeben, war nicht vorhanden.

Allzu üppige Transfereinnahmen, davon ist auszugehen, wird der VfL Bochum in diesem Sommer generell nicht erwirtschaften, auch wenn es noch zwei weitere Abgangskandidaten gibt. Da wäre zum einen Ibrahima Sissoko, einer der wenigen Leistungsträger in der abgelaufenen Saison, sowie Matus Bero, unumstrittener Stammspieler und immerhin zweitbester VfL-Torschütze. Doch dafür braucht es passende Interessenten. Gerüchte, dass Sissoko unter anderem beim VfB Stuttgart auf der Liste stehen soll, sind noch mit Vorsicht zu genießen. Für ihn eine Ablöse zu erzielen, die jenseits der fünf Millionen Euro liegt, ist nach jetzigem Stand eher unwahrscheinlich. Das liegt vor allem daran, dass der Mittelfeldspieler mit 27 Jahren keinen allzu großen Wiederverkaufswert hat.

Angebote im Vorjahr abgelehnt

Deshalb wird es für Bero noch deutlich schwerer, weiterhin in der Bundesliga zu spielen. Womöglich wird es für den slowakischen Nationalspieler nur im Ausland einen passenden Markt geben. Mehr als eine niedrige einstellige Millionenablöse wird für ihn wohl nicht zu erzielen sein. In einem solchen Fall wird der VfL erneut abwägen müssen, ob er lieber das Geld nimmt oder den Spieler behält. Die grundsätzliche Strategie des Klubs in diesem Sommer scheint es aber zu sein, Reisende nicht aufhalten zu wollen, vor allem nach schlechten Erfahrungen und Fankritik in der jüngeren Vergangenheit. Da haben die Verantwortlichen durchaus lukrative Angebote für Spieler wie Bernardo oder Moritz Broschinski abgelehnt in der Hoffnung, dass der Preis noch steigt. Das Gegenteil ist eingetreten.


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(Foto: Imago / Sven Simon)

Debatte

VfL-Kolumne: Bochum braucht die bestmöglichen Scouts

Die VfL-Kolumne ist ein Format auf Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Zwei- bis dreimal im Monat gibt es einen kurzen Kommentar zu einem ausgewählten Thema – zum sportlichen Geschehen an der Castroper Straße oder zum Drumherum. Die Regel: Maximal 1.848 Buchstaben. Das Ziel: Diskussionen anzustoßen. Das Thema heute: Die Scouting-Abteilung.

Viele Menschen äußern öffentliche Kritik im Normalfall erst dann, wie sie intern kein Gehör (mehr) finden. Insofern ist es alarmierend, dass VfL-Trainer Dieter Hecking die Pressekonferenz in der vergangenen Woche dazu genutzt hat, um gegen die vereinseigenen Scouts auszuteilen. „Da hätte ich mir mehr Vorarbeit, mehr Input gewünscht. Das ist nicht gut genug gewesen und eine deutliche Kritik von mir“, sagte Hecking. Die Sichtung von potenziellen Neuzugängen würden jetzt seine Co-Trainer übernehmen.

Das Problem ist: Die Scouting-Abteilung wurde zu oft vernachlässigt, auch wenn sie personell unter der Leitung von Sebastian Schindzielorz und Patrick Fabian etwas größer geworden ist. Im Branchenvergleich und für die Bedeutung innerhalb eines Fußballklubs ist sie mit sechs Beschäftigen für den Profibereich (letzte offizielle Angabe von 2024) aber immer noch recht klein – und augenscheinlich auch qualitativ nicht durchgängig gut besetzt. Chefscout Carsten Schüpmann-Haase sollte im Herbst eigentlich schon abgesetzt werden, blieb plötzlich aber doch im Amt.

Nun rächt es sich auch, dass Sportchef Dirk Dufner erst Ende März verpflichtet wurde. Denn die Transfervorbereitung beginnt schon deutlich früher. Selbst sofortige Veränderungen in der Scouting-Abteilung würden sich erst bei der Kaderplanung für die darauffolgende Saison bemerkbar machen. Denn Live-Sichtungen, auf die Dufner großen Wert legt, sind jetzt nicht mehr möglich.

Aber gehen wir noch einmal einen Schritt zurück. Manchmal hilft es, sich in Erinnerung zu rufen, worauf es im Fußball ankommt: auf gute Fußballer. Sie zu finden, ist somit die alles entscheidende Aufgabe. Dafür braucht es die bestmöglichen Scouts, deren Anstellung sich bei passenden Transfers und irgendwann folgenden Transfererlösen locker refinanziert. Zumal: In fast allen Abteilungen ist der VfL in den zurückliegenden Bundesliga-Jahren massiv gewachsen. Nichts gegen diese Mitarbeiter, beim VfL dreht niemand Däumchen. Aber die Frage muss erlaubt sein, ob es nicht zunächst dringlichere Baustellen gegeben hätte. Vor allem im Scouting.


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(Foto: Imago / Sven Simon)

In eigener Sache

Hintergründe im Vordergrund: Das VfL-Magazin in der 2. Liga

Liebe Leserinnen und Leser,

vor gut einer Woche hat sich der VfL Bochum aus der Bundesliga verabschiedet. Auch ich habe damit mein vorerst letztes Erstligaspiel als berichterstattender Begleiter erlebt. Ich blicke mit Dankbarkeit auf vier ereignisreiche Jahre zurück – auf viele spannende Spiele in den großen Stadien und Arenen der Republik, auf furiose Spielverläufe, sensationelle Siege des VfL, aber auch auf Misserfolge, speziell in der zurückliegenden Saison. Von 138 Spielen inklusive Relegation habe ich 123 live im Stadion verfolgt. Zu den Highlights zählen natürlich der Abend in Düsseldorf, die Siege gegen Bayern München und Borussia Dortmund sowie der Klassenerhalt 2023 gegen Bayer Leverkusen.

Immer wieder werde ich dieser Tage danach gefragt, ob ich das Tief im Westen – Das VfL-Magazin auch nach dem Abstieg fortführen werden. Die Antwort lautet: Ja, werde ich. Allerdings mit kleineren Anpassungen. Vor gut einem Jahr habe ich an dieser Stelle bereits erklärt, dass jede Recherche viel Zeit und jede Veröffentlichung Geld kostet. Dank eurer großartigen Unterstützung ist es in nunmehr sechs Jahren immer möglich gewesen, dass ich alle Kosten für diese Website decken konnte. Nur so hat sich Tief im Westen – Das VfL-Magazin zu einer bekannten Anlaufstelle für verlässliche Informationen entwickelt.

Generell habe ich das Glück, diese Website betreiben zu können, ohne die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund stellen zu müssen. Dennoch muss ich lohnenswerte Daueraufträge an anderer Stelle bevorzugt behandeln. Schon seit mehreren Jahren berichte ich deshalb für verschiedene Medien über den VfL Bochum, zusätzlich zu meiner nicht-selbstständigen Tätigkeit für ein großes Medienunternehmen. Zur neuen Saison werde ich mein Portfolio erneut erweitern und spätestens ab Oktober regelmäßig für das kicker-Sportmagazin schreiben. Dadurch ergeben sich angenehme Synergieeffekte. Aber: Speziell am Spieltag werden sich meine Prioritäten dadurch etwas verschieben.

Schon im vergangenen Jahr habe ich angekündigt, dass Tief im Westen – Das VfL-Magazin keine Anlaufstelle für tagesaktuelle Berichterstattung ist. Dabei wird es bleiben, auch in der Transferperiode. Alles andere lässt sich allein und nebenbei nicht bewerkstelligen. Dafür gibt es andere Plattformen, unter anderem die, für die ich ebenfalls schreibe. Auf dieser Website sollen Hintergründe im Vordergrund stehen, Einordnungen und Analysen oder Themen, die andere Medien nicht abbilden; reine Zusammenfassungen von Spielen und Terminen eher nicht. Mein Anspruch bleibt es, pro Woche zwei Texte zu veröffentlichen. Das bedeutet demzufolge auch, dass hier nicht jedes Thema Beachtung finden, nicht jeder Aspekt beleuchtet werden kann – die wichtigsten natürlich schon.

Auch deshalb wird es an dieser Stelle zunächst keine Sommerpause geben, um über die bevorstehende Präsidiumswahl und den Kaderumbau zu berichten. Mit dem Trainingsauftakt Ende Juni werde ich mich dann aber in einen zweiwöchigen Sommerurlaub verabschieden. In dieser Zeit wird es hier keine neuen, auch keine vorbereiteten Veröffentlichungen geben. Am ersten August-Wochenende geht es schließlich mit der neuen Zweitliga-Saison weiter. Ich freue mich schon jetzt auf viele schöne Begegnungen, auf und neben dem Platz. Abschließend bedanke ich mich für eure zurückliegende und zukünftige Unterstützung, die den Fortbestand dieser Website ermöglicht.

Glück auf!

Euer Philipp Rentsch


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(Foto: Marc Niemeyer)

Wahl am 14. Juni

Luthe, Ernst und vier Fans: Wer fürs VfL-Präsidium kandidiert  

Die Zeit ist knapp bemessen. Dem VfL Bochum bleiben nur noch wenige Tage, um überhaupt fristgerecht zur außerordentlichen Mitgliederversammlung einzuladen. Diese soll am 14. Juni im Ruhrstadion stattfinden, um eine neue Vereinsführung zu wählen. Darauf hatte sich das jetzige Präsidium vor gut einem halben Jahr verständigt, nachdem innerhalb des Gremiums zwei Lager entstanden sind. Hans-Peter Villis wurde intern als Vorsitzender abgesetzt. Seitdem steht Uwe Tigges an der Spitze des Klubs.

Schon seit Monaten zeichnet sich ab, dass die beiden demnächst in neuen Teams gegeneinander antreten werden. Villis ist nun der erste Aufschlag gelungen: Er wird sich gemeinsam mit dem ehemaligen VfL-Torhüter und Publikumsliebling Andreas Luthe zur Wahl stellen. Qua Satzung braucht es für eine Kandidatur ein fünfköpfiges Team. Neben Villis und Luthe wird auch der Bochumer Rechtsanwalt Christian Stenneken zum Team gehören. Weitere Namen sollen in Kürze publik gemacht werden. Zur Vorstellung ist unter anderem ein Fanabend geplant.

Reinhardt nicht dabei

Parallel formiert sich das Team um Uwe Tigges. Martin Volpers, der bisherige Fanvertreter, wird mit ihm gemeinsam kandidieren, ebenso wie Karl-Heinz Bauer. Der langjährige Mannschaftsarzt war bereits bei der Wahl Ende 2022 mit einem eigenen Team gegen Villis angetreten, unterlag diesem allerdings. Noch ist offen, ob sich Tigges erneut zum Vorsitzenden wählen oder einem anderen Teammitglied den Vortritt ließe. Nicht mehr antreten wird indes Christina Reinhardt, die dem Gremium seit der letzten Wahl angehört.

Sie habe der Findungskommission mitgeteilt, nicht mehr antreten zu wollen, teilte sie am Sonntag auf der Plattform LinkedIn mit und kam damit einer Nicht-Berücksichtigung zuvor. Reinhardt hat Fürsprecher, aber auch Widersacher innerhalb des Klubs und soll deshalb ersetzt werden. Ihren Platz soll Mirja Dorny einnehmen, eine ehemalige Spielerin der Bochumer Frauen-Mannschaft, die mittlerweile als Geschäftsführerin in der Immobilienbranche tätig ist. Der ehemalige Bundesliga-Torwart und VfL-Manager Thomas Ernst wird das Team komplettieren.

Wahl des Fanvertreters

Beide Teams standen in den zurückliegenden Wochen vor der Herausforderung, überhaupt Mitstreiter zu finden, denn wer gewählt wird, übernimmt ein zeitintensives Ehrenamt ohne Aufwandsentschädigung. Zudem sorgt eine Ende 2024 verabschiedete Satzungsänderung dafür, dass nur noch Personen für das Präsidium kandidieren dürfen, die mindestens ein Jahr lang Vereinsmitglied sind. Zum Teil wurden Personen von beiden Teams kontaktiert, speziell Andreas Luthe, der sich nun aber für eine Zusammenarbeit mit Villis entschieden hat.

Ergänzt wird das Präsidium durch den Vorsitzenden des Wirtschaftsrats und den Fanvertreter. Den Wirtschaftsrat vertritt aktuell Volker Goldmann. Denkbar ist, dass perspektivisch Vonovia-Vorstand Arnd Fittkau übernimmt, der dem Gremium seit kurzem angehört. Der neue Fanvertreter wiederum wird von den Fanclubs am 2. Juni gewählt. Zur Wahl stehen Fabian Budde, ein szenebekannter Allesfahrer, Michael Neuhaus, der bereits Mitglied des Fangremiums war, sowie Jörg Preußer und Alexander Lüdiger. Preußer betreibt in Bochum einen KFZ-Meisterbetrieb, Lüdiger ist Jurist und der Jüngste im Bunde.


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Kooperation mit Einsachtvieracht

VfL-Magazin im Podcast: Abstieg, Transfers und die Wahl

Ereignisreiche Wochen liegen hinter und zugleich vor dem VfL Bochum. In einer Podcast-Sonderfolge sprechen Claudio Gentile vom Bochumer Fan-Blog Einsachtvieracht und Philipp Rentsch von Tief im Westen – Das VfL-Magazin über die Gründe für den Abstieg, die Kaderplanung für die 2. Liga sowie über die anstehende Präsidiumswahl. Viel Spaß beim Hören!

Hinweis: Die Folge wurde vor der Bekanntgabe der kompletten Kandidatenliste unter Führung von Hans-Peter Villis und Andreas Luthe aufgezeichnet. Ebenso stand zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht der überraschende Abschied von Gerrit Holtmann fest.


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(Foto: Imago / Sven Simon)

2:0-Sieg gegen St. Pauli

Bochumer Generationswechsel: Zehn Spieler verabschiedet

Lange war davon auszugehen, dass das Duell zwischen dem FC St. Pauli und dem VfL Bochum am letzten Bundesliga-Spieltag mit großer sportlicher Brisanz verbunden sein wird. Monatelang trennten die beiden Klubs nur wenige Punkte, beide kämpften um den Klassenerhalt. Entsprechend waren die 3.000 Gastekarten binnen Minuten vergriffen, tausende VfL-Anhänger gingen leer aus – und reisten zum Teil trotzdem nach Hamburg, um die Saison ausklingen zu lassen und sich nach vier Jahren Erstklassigkeit von der Bundesliga zu verabschieden. Denn im April zogen die Kiezkicker davon und machten vor einer Woche den Klassenerhalt klar, während die Bochumer nach acht sieglosen Spielen in Serie in die 2. Liga abstürzten. Immerhin: Ganz verlernt haben sie das Gewinnen nicht. Gegen St. Pauli klappte es plötzlich wieder.

Talente kommen zum Einsatz

Ein fein herausgespielter Doppelpack von Myron Boadu, dem mit neun Saisontreffern besten Bochumer Torschützen, bescherte dem Revierklub in einem Kick ohne Wert einen verdienten 2:0-Auswärtssieg. Der Abschluss: versöhnlich. Für die VfL-Profis gab es erneut bedingungslosen Zuspruch von den Rängen. Sogar die Fans des FC St. Pauli spendeten Beifall. „Wir wollten uns mit einem guten Gefühl aus der Saison verabschieden. Die Mannschaft hat erneut Charakter gezeigt“, lobte VfL-Trainer Dieter Hecking seine Spieler, ohne wirklich glücklich zu sein. „Die Enttäuschung, nicht in der Bundesliga weiterspielen zu dürfen, ist trotzdem da.“ Als Tabellenletzter mit dem historischen Bochumer Tiefstwert von 25 Punkten könne auch der sechste Saisonsieg nicht über den „verdienten Abstieg“ hinwegtäuschen, sagte Hecking.

Der Fußballlehrer richtete seinen Blick am letzten Tag der alten Saison bereits in die Zukunft und leitete einen Generationswechsel ein. Anstelle des angeschlagenen Tom Krauß begann nicht der 39-jährige Anthony Losilla, sondern der 20-jährige Mats Pannewig, dem die Verantwortlichen und seine Mitspieler großes Potenzial und eine gute Leistung bescheinigten. Losilla wurde erst im Laufe der Partie eingewechselt und erlebte nun sein endgültig letztes Spiel vor dem Karriereende. Cristian Gamboa, der ebenfalls aufhört, war ein Abschied dieser Art nicht vergönnt. „Ich habe ihm gesagt, dass ich Kasper Koscierski eine Chance gebe“, erklärte Hecking, der dem 17-Jährigen in der Schlussphase zum Bundesliga-Debüt verhalf. „Das war ein Fingerzeig, in welche Richtung es geht. Wir wollen jünger werden.“

Dufner kündigt Zugänge an

Pannewig und Koscierski sind die derzeit größten Hoffnungsträger aus dem eigenen Stall. Externe Neuzugänge für die kommende Saison, auch mit Erfahrung, sollen baldmöglichst dazukommen. „Dafür müssen wir die nächsten Wochen nutzen“, weiß Hecking. „Es wird ein Umbruch stattfinden, der notwendig ist.“ Sportchef Dirk Dufner wird etwas konkreter: „Ich gehe davon aus, dass wir in nächster Zeit einiges von dem, was wir vorbereitet haben, auch über die Ziellinie bringen.“ Bevor es für die Spieler in den fünfwöchigen Sommerurlaub ging, wurden am Sonntagmorgen im internen Kreis diejenigen verabschiedet, die den VfL definitiv verlassen. Neben Losilla und Gamboa sind das Ivan Ordets, Bernardo, Paul Grave, Mo Tolba sowie die Leihspieler Boadu, Krauß, Jakov Medic und Georgios Masouras.

Gerrit Holtmann könnte bleiben, ebenso wie Mats Pannewig, dessen Vertrag ohnehin bis 2026 läuft – demnächst wahrscheinlich noch länger. Dufner und auch der Spieler sendeten am Samstag diesbezüglich positive Signale. Das Bochumer Mittelfeldzentrum, in dem auch Pannewig zu Hause ist, wäre damit bereits zum jetzigen Zeitpunkt personell breit aufgestellt – weil Leihspieler zurückkehren und Ibrahima Sissoko sowie Matus Bero zwar in der Bundesliga bleiben wollen, aber zunächst passende Abnehmer finden müssen. Für Dufner ist klar: „Wir können nicht chronologisch vorgehen. Wenn wir einen guten neuen Spieler gefunden haben, dann werden wir ihn auch verpflichten und nicht warten, bis ein anderer Spieler weg ist. Da müssen wir ein Stück weit ins Risiko gehen, wenn ein Abgang wahrscheinlich ist.“

Saisonstart Anfang August

Denn die Zeit ist knapp bemessen. Am 23. Juni beginnt die Vorbereitung auf die neue Saison mit den üblichen Medizin- und Leistungschecks. Zwei Tage später bittet Hecking seine Mannschaft zur ersten Einheit auf den Platz. Insgesamt fünf bis sechs Testspiele sind geplant; die ersten beiden voraussichtlich im Ruhrgebiet oder zumindest in NRW, je ein weiteres in München oder Umgebung sowie zum Abschluss des Trainingslagers am Wilden Kaiser in Österreich. Ende Juli steigt im Ruhrstadion die Generalprobe vor dem Saisonstart, bevor am ersten August-Wochenende die neue Zweitliga-Spielzeit beginnt. Der VfL Bochum muss seinen Kader somit früher beisammen haben als viele andere Klubs, etwa die Bundesligisten. Das wiederum kann auch bedeuten, dass einige Spieler noch nicht sofort zu haben sind.


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Kommentierende Analyse

VfL Bochum schenkt Erstklassigkeit leichtfertig her

Am vergangenen Samstag im Heimspiel gegen Mainz 05 hat sich Gerrit Holtmann erneut einen Eintrag in der Vereinschronik des VfL Bochum gesichert. Der Publikumsliebling erzielte das vorerst letzte Bundesliga-Tor im Ruhrstadion. Holtmann war es auch, der am 21. August 2021 den Torreigen eröffnet hatte, als der VfL gerade frisch ins Fußball-Oberhaus zurückgekehrt war, passenderweise ebenso gegen Mainz 05. Damit schließt sich der Kreis und sogleich das Bundesliga-Kapitel für den Revierklub. Wann es wieder aufgeschlagen und weitergeschrieben wird, weiß zur Stunde niemand. Denn der VfL hat seine Erstliga-Zugehörigkeit leichtfertig hergeschenkt in einer Saison, in der er mal nicht zu den drei finanziell schwächsten Klubs gehörte. Dieser Abstieg ist unnötig, und er war vermeidbar.

Denn die sportliche und wirtschaftliche Entwicklung war in den vier Bundesliga-Jahren stets gegenläufig. Die sportlich beste Leistung gelang unmittelbar nach dem Aufstieg mit 42 Punkten. In den Folgejahren stieg zwar der Etat, die Punkteausbeute schrumpfte aber von Spielzeit zu Spielzeit. Am Ende der noch laufenden Saison werden es höchstens 25 Zähler sein, aktuell sind es sogar nur 22. Ganz schleichend begann der Absturz so gesehen schon vor Jahren.

Die für den verdienten Abstieg entscheidenden Fehler wurden aber vor allem in den vergangenen zwölf Monaten gemacht. Nach dem Relegationswunder Ende 2024 hat die VfL-Spitze viel zu oft danebengegriffen oder bei offensichtlichen Problemen viel zu spät gehandelt. Dass Sportdirektor Marc Lettau nach einer wenig überzeugenden Kaderplanung in der Vorsaison im Amt bleiben durfte, war riskant, dass er den neuen Trainer aussuchen durfte und sich für Peter Zeidler entschied, fatal. Denn zusammen haben sie eine Mannschaft geplant, die für kein System und keine Art von Fußball passend ausgestattet war, die darüber hinaus viel zu spät beisammen war und kaum Bundesliga-Erfahrung vorweisen konnte. Dass die wenigen Leistungsträger der Vorjahresmannschaft nicht adäquat ersetzt wurden, ließ sich in Summe nicht mehr kompensieren. Es fehlte ein Spielgestalter, es fehlten Tempomacher, es fehlten Alternativen zu den Schienenspielern, es fehlte eine klare Nummer eins fürs Tor, und es fehlten torgefährliche Offensivkräfte.

Dass dieses Konstrukt scheitern würde, war schnell klar, erste Warnsignale gab es bereits in der Saisonvorbereitung und in den Wochen danach, wurden aber offensichtlich ignoriert. Skurrilerweise war es sogar Lettau, der seine falsche Trainerwahl als erstes erkannte und bereit war zu handeln, was wiederum kein gutes Licht auf diejenigen wirft, die ansonsten das Sagen beim VfL hatten oder immer noch haben. Erst im Oktober, nach dem achten Pflichtspiel, musste nicht nur Zeidler, sondern auch Lettau gehen. Dieter Hecking übernahm das Traineramt, während Lettaus Posten lange unbesetzt blieb. Kaenzig wurde zusätzlich die Verantwortung für den Sport übertragen und mit Aufgaben überfrachtet, einiges blieb logischerweise liegen, auch wenn sich das bis heute niemand eingestehen möchte. Ganze 160 (!) Tage und Kaenzigs Hilfe hat das Präsidium gebraucht, um einen neuen Sportverantwortlichen zu finden. Wertvolle Zeit wurde abermals verschenkt, auch die Wintertransferperiode verlief rückblickend alles andere als optimal.

Immerhin: Hecking brachte Ruhe und Ordnung in die Mannschaft, er stabilisierte sie und sorgte zwischenzeitlich wieder für Hoffnung, den Klassenerhalt doch noch zu schaffen. Der VfL gewann die wichtigen Heimspiele gegen Heidenheim und St. Pauli, siegte sogar gegen Dortmund und auswärts bei den Bayern und sprang auf den Relegationsplatz. Das zeigt: Bei aller notwendigen Kritik an der Qualität des Kaders war die Relegation keineswegs unerreichbar, denn die unmittelbare Konkurrenz war und ist individuell nicht besser besetzt. Doch nach dem Erfolg in München holte der VfL nur noch zwei magere Pünktchen und stürzte auch mit Hecking ab, der zwischen verdienten und unglücklichen Niederlagen, zwischen Slapstick-Gegentreffern und offensiver Harmlosigkeit zunehmend ratlos wirkte. Auch er trägt somit eine Mitverantwortung für den siebten Bochumer Bundesliga-Abstieg, was er selbst übrigens genauso sieht.

Auch abseits des Platzes hat der Klub kein gutes Bild abgegeben. Themen wie der monatelange Konflikt mit Manuel Riemann, die Causa Bernardo und die Spannungen im Präsidium sorgten für zusätzliche Unruhe, haben aber mehr das Umfeld als die Spieler beschäftigt. Gleiches gilt für den Feuerzeugwurf samt Gerichtsprozess, in den der VfL allerdings unverschuldet hineingeraten ist. Umso bemerkenswerter ist es, dass ein wesentlicher Teil der Anhängerschaft nicht mit Wut und Enttäuschung auf diesen Abstieg reagiert, sondern mit Dankbarkeit für vier Jahre Bundesliga-Fußball. Die positive Stimmung ist eine gute Grundlage für den Neuanfang, gleichwohl darf sie nicht dazu führen, dass Selbstzufriedenheit einkehrt und Probleme ignoriert werden. Denn ansonsten wird für längere Zeit kein Bundesliga-Tor mehr im Bochumer Ruhrstadion fallen.


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(Foto: Imago / RHR-Foto)