Corona

Nach Stadionbesuch: Dutzende VfL-Fans infiziert

Die Corona-Zahlen erreichen mal wieder ein neues Rekordniveau. Mehr als 250.000 bestätigte Neuinfektionen meldete das Robert-Koch-Institut am 10. März. Darunter befinden sich offenbar auch einige Anhänger des VfL Bochum. Nach der Woche mit drei Heimspielen in Serie häufen sich die Hinweise, dass sich zahlreiche Zuschauer angesteckt haben könnten – direkt im Stadion, in der Straßenbahn oder in der Kneipe.

Fans melden sich

Auf eine nicht-repräsentative Umfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin via Twitter antworteten rund 50 Fans mit einem Kommentar. Rund die Hälfte ist selbst infiziert oder kennt mindestens einen Stadionbesucher, der in den Tagen nach dem Spiel gegen Fürth positiv getestet wurde. „Bei uns hatte jemand im näheren Umfeld in Block O Corona. Jetzt haben es alle von uns“, schreibt zum Beispiel User Paul. „Same here. Zwei von zwei positiv aus Block P“, meldet Sophie. Und ein anderer Fan ergänzt: „Block B, seit Dienstag Symptome und seit Mittwoch Test positiv. Ebenso meine beiden Sitznachbarn. Infektion müsste im Stadion gewesen sein, weil wir unterschiedlich an- und abgereist sind.“ Betroffen sind also Fans aus unterschiedlichen Blöcken.

Das Heimspiel gegen Fürth war das erste in diesem Kalenderjahr, das ohne Einhaltung von Mindestabständen auf den Tribünen ausgetragen werden durfte. Allerdings galt weiter die 2Gplus-Regel. Weil die aktuell vorherrschende Omikron-Variante jedoch sehr ansteckend ist und der Impfschutz teilweise umgegangen wird, ist es naheliegend, dass bei rund 20.000 Stadionbesuchern trotzdem einige Infizierte dabei waren. Das zeigen auch die Nachrichten von Fans auf anderen Plattformen. „Aus unserer Stadiongruppe haben sich sieben von acht angesteckt“, berichtet ein Leser via WhatsApp. Ein Unterstützer dieser Seite meldet sechs weitere Corona-Fälle in Block A, jeweils Sitznachbarn. Rechnet man alle Hinweise und Meldungen dieser Art zusammen, dürfte die Zahl der Infizierten im dreistelligen Bereich liegen. Auf Facebook häufen sich deshalb auch die Kartenangebote für das Auswärtsspiel in Frankfurt. Zahlreiche Fans schreiben, dass sie sich in Isolation befinden und deshalb auf die Reise am Sonntag verzichten müssen.

Zwei Spieler infiziert

Um künftig weitere Infektionen an einem Spieltag zu vermeiden, könnten insbesondere FFP2-Masken helfen. „Was man leider sagen muss: Im Pokal und besonders gegen Fürth wurden auf der Ost fast gar keine Masken getragen“, stellt Twitter-User Lukas fest und beklagt eine „völlige Ignoranz der mehrmaligen Durchsagen.“ Stadionsprecher Ansgar Borgmann hatte in regelmäßigen Abständen an die Maskenpflicht erinnert – allerdings mit geringem Erfolg. Interessant: Einige Fans sind durchaus selbstkritisch. So schreibt ein Nutzer im Forum von VfL4u: „Der Pokalabend war der einzige Stadiontag, an dem ich nicht durchgehend die FFP2-Maske aufhatte. Jetzt ist nicht nur die Warn-App rot, sondern auch das Fieberthermometer. Das zeigt mir noch einmal deutlich, wie wichtig das Tragen der Masken ist.“

Auf dem Rasen lässt sich diese Schutzmaßnahme allerdings nicht umsetzen, weshalb es auch innerhalb der Mannschaft immer wieder zu Infektionen kommt. Aktuell befinden sich Maxim Leitsch, Danilo Soares, Michael Esser und Luis Hartwig in Isolation – sie alle fallen gegen Frankfurt aus. Einige Ligakonkurrenten trifft es noch härter: Bei Mainz 05 sind aktuell 20 Personen infiziert, auch Arminia Bielefeld beklagt zahlreiche Corona-Fälle. In der 2. Liga drohen sogar mehrere Spielverlegungen. 

Bald Vollauslastung

Die Politik reagiert dennoch mit weiteren Lockerungen. Am 20. März werden zahlreiche Corona-Schutzmaßnahmen auslaufen, nur ein Basisschutz soll noch gewährleistet werden. Einen Gesetzesentwurf hat die Ampel-Koalition im Bund bereits vorgelegt. Die konkrete Ausgestaltung der Corona-Maßnahmen erfolgt durch die Länder. Für den Stadionbesuch in Bochum bedeutet das: Beim kommenden Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach gelten noch die gleichen Regeln wie gegen Fürth. Anfang April beim Duell gegen Bayer Leverkusen könnte das Stadion dann erstmals seit Beginn der Pandemie vor mehr als zwei Jahren voll ausgelastet werden. Auch die Maskenpflicht im Stadion könnte dann fallen, ebenso wie die 2Gplus-Regel. Dann dürfen wohl auch Ungeimpfte wieder ins Stadion.

Dass es jedoch einen Unterscheid macht, ob sich Geimpfte oder Nicht-Geimpfte infizieren, zeigen die aktuellen Daten des Robert-Koch-Instituts. Besonders deutlich wird der Unterscheid bei den hospitalisierten Corona-Fällen. Wer nicht geimpft ist und sich ansteckt, hat ein fast viermal so hohes Risiko für einen Krankenhausenthalt wie ein Geimpfter.

(Foto: Firo Sportphoto)

Zurück zum Sport

Corona und Becherwurf: Pause tat Bochum gut

Mehr als 20 Millionen Corona-Infektionen hat das Robert Koch-Institut mittlerweile registriert. Knapp jeder vierte Deutsche war also in den vergangenen zwei Jahren mindestens einmal mit SARS-CoV-2 infiziert. Beim VfL Bochum ist die Quote sogar noch höher. Allein in den vergangenen drei Wochen hat es ein Dutzend Spieler getroffen. Doch im Gegensatz zur ‚normalen‘ Bevölkerung werden die Bundesliga-Profis weiter regelmäßig und anlasslos getestet. Nicht alle der infizierten Spieler entwickelten Symptome, und niemanden hat es schwerer getroffen – sicher auch, weil fast alle beim VfL Bochum dreimal geimpft sind.

Chefcoach Thomas Reis war zuletzt ebenfalls erkrankt, verpasste das Spiel gegen Mönchengladbach, war beim Test gegen Heracles Almelo (2:0) am vergangenen Freitag aber wieder dabei. Wegen Verletzungen, Länderspielreisen und Corona musste er auf insgesamt 18 Profis verzichten. Das spielfreie Wochenende kam also zum richtigen Zeitpunkt. Bislang stimmte das Timing ohnehin, Einfluss auf die Pflichtspiele hat das Infektionsgeschehen bislang kaum genommen. „So gesehen bin ich ‚froh‘ über die Durchseuchung, weil wir im Idealfall mit dem fast kompletten Kader die letzten sieben Spiele bestreiten können“, hofft Reis.

Viele Spieler kehren zurück

Die Ausfallliste wird sich bis zum Auswärtsspiel in Hoffenheim am kommenden Samstag auch noch deutlich verkleinern. Nicht nur, weil insgesamt fünf Spieler von ihren Nationalmannschaften zurückerwartet werden, sondern auch, weil bis dahin alle Infizierten die Chance haben, sich freizutesten. In einigen Fällen hat das schon geklappt. Milos Pantovic und Cristian Gamboa zum Beispiel schauten gegen Almelo bereits zu. Selbst Patrick Osterhage, dessen Infektion am Montag vor einer Woche bekannt wurde, war am Freitag schon wieder dabei – eigentlich unmöglich. Selbst Thomas Reis schien überrascht. Aber: Er bremst seine Spieler notfalls auch, wenn es um den Wiedereinstieg ins Training oder in den Wettkampf geht. Eine ärztliche Untersuchung vorher ist ohnehin Pflicht.

Wobei immer mehr Mediziner auch danach vor einer schnellen Rückkehr und vollen Belastung warnen, wie sie in der Bundesliga meist üblich ist. Selbst der DFB gehört zu den eher Ungeduldigen. So ist Armel Bella Kotchap nach seiner Freitestung sofort zur U21-Nationalmannschaft nachgereist. Ob er für den VfL auch in Hoffenheim auflaufen wird, ist aus einem anderen Grund noch unklar. Der VfL geht davon aus, dass die fünfte Gelbe Karte aus dem Spiel gegen Gladbach trotz des Abbruchs gewertet wird. Der Verband führt ihn dagegen auf der eigenen Website nicht unter den gesperrten Spielern. Unklar ist außerdem, wer von den Verletzten zurückkehren wird. Konstantinos Stafylidis hat Probleme mit dem Knie, Maxim Leitsch mit der Leiste, Jürgen Locadia mit der Hüfte. Definitiv fehlen werden Danny Blum und Simon Zoller, der erst nach Ostern ein Kandidat für den Kader sein wird.

Reaktion auf den Spielabbruch

Doch ganz gleich, mit welchem Personal Thomas Reis gen Süden reisen wird, spätestens dann darf auch der Becherwurf mit all seinen Folgen in den Köpfen der Mannschaft keine Rolle mehr spielen. Der Chefcoach, der sich am Abend des Geschehens in Isolation befand, hatte anschließend vier freie Tage verordnet: „Das war sicher hilfreich. Für mich persönlich war es natürlich blöd, dass ich beim Spiel nicht dabei sein konnte und auch direkt danach nicht mit der Mannschaft sprechen konnte.“ Nur kurz habe er dies mit einer Woche Abstand nachgeholt. „Es muss jetzt vorbei sein. Aber natürlich macht das etwas mit der Mannschaft. Uns wurde die Chance genommen, das Spiel auf sportlichem Wege zu entscheiden“, sagt Reis und betont: „Das, was passiert ist, möchten wir alle nie wieder erleben.“

Der Trainer setzt grundsätzlich auf den Lerneffekt und die Vernunft der Fans, wobei er – bezogen auf die ganze Liga – schon jetzt leichte Zweifel äußert: „Bei uns passiert das an einem Freitag und am Samstag fliegen in anderen Stadien trotzdem wieder Becher. Ich finde ohnehin, dass die Stimmung sehr aggressiv geworden ist.“ Den Bochumern traut er aber zu, cleverer zu sein: „Wir haben ein tolles Stadion und ein tolles Publikum, die Stimmung war immer großartig. Wir sollten unseren Weg nun gemeinsam weitergehen. Wenn wir das schaffen, haben wir im Mai was zu feiern.“ Der Klassenerhalt bleibt das große Ziel.

(Foto: Firo Sportphoto)

Becherwurf

Spielabbruch in Bochum: Nur eine Frage der Zeit

Die Social-Media-Abteilung des VfL Bochum hat alles gegeben. Wenige Stunden vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach hat sie über Instagram, Facebook und Co. ein Video veröffentlicht. Der Inhalt in Kurzform: Kapitän Anthony Losilla erklärt den Fans, dass sie ihr Bier lieber trinken statt werfen sollen. Zuletzt gab es immer wieder Ärger, zahlreiche Becher sind aufs Spielfeld geflogen. Gebracht hat der erneute Appell nichts, mehr noch: Am Freitagabend folgte die bittere Pointe. In der 69. Minute traf ein gefüllter Bierbecher den Linienrichter am Hinterkopf. Zunächst wurde das Spiel unterbrochen, nach einer Viertelstunde schließlich abgebrochen. „Alternativlos“ nannte Hauptschiedsrichter Benjamin Cortus diese Entscheidung. Mal wieder schreibt der VfL Bochum in dieser Saison also Geschichte, zum ersten Mal aber nicht im positiven Sinne. Es ist erst der dritte Spielabbruch in der gesamten Bundesliga-Historie, der durch ein Fehlverhalten von der Tribüne verursacht wurde.

Becherwurf aus Block A

„Wir sind fassungslos, müssen das erstmal verarbeiten“, sagte Hans-Peter Villis, der Vereinsvorsitzende, kurz nach dem Spielabbruch. Linienrichter Christian Gittelmann wurde zu weiteren Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht, dort wurde neben einer Schädelprellung ein Schleudertrauma diagnostiziert. „Ich möchte mich in aller Form und im Namen des gesamten Vereins bei ihm entschuldigen“, kommentierte Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz die Geschehnisse. „Wir haben bundesweit immer wieder gezeigt, dass wir eine Bereicherung für die Bundesliga sind. Und jetzt ist es die Tat eines Einzelnen, die das in den Schatten stellt.“ Doch schon vorher waren Becher aufs Spielfeld geflogen, ehe ein Fan aus dem unteren Bereich von Block A den Linienrichter mit voller Wucht traf. Noch wurde der mutmaßliche Täter nicht eindeutig identifiziert. Videomaterial gibt es jedoch, die Polizei ermittelt und hofft auf weitere Zeugenaussagen.

Gladbach führte mit 2:0

Offenbar war ein solcher Vorfall nur eine Frage der Zeit, denn Ärger mit Wurfgeschossen gab es beim VfL schon häufiger – etwa beim Pokalspiel gegen Freiburg oder kurz vor Weihnachten gegen Union Berlin. Klar ist schon jetzt: Das Spiel gegen Gladbach wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegen den VfL Bochum gewertet. Sportlich lag der Revierklub zum Zeitpunkt des Abbruchs mit 0:2 zurück. Alassane Plea und Breel Embolo trafen nach der Halbzeitpause für die Gäste in einer eigentlich ausgeglichenen Partie. Das DFB-Sportgericht wird nun entscheiden müssen, ob der Becherwurf weitere Konsequenzen hat. Bei einem sehr ähnlichen Vorfall im Jahr 2011 auf St. Pauli wurde der Klub zunächst zu einem Geisterspiel verurteilt, der Einspruch zeigte jedoch Wirkung: Das Heimspiel musste 50 Kilometer von Hamburg entfernt ausgetragen werden, Fans durften teilweise dabei sein. Eine hohe Geldstrafe kam noch dazu. Mit der müssen die Bochumer nun auch rechnen. Ein Urteil wird es frühestens in einer Woche geben.

Zoller und Villis sauer

Wie Bochums Cheftrainer Thomas Reis über den Vorfall denkt, ist noch nicht überliefert – er befindet sich wegen einer Corona-Erkrankung in Isolation und verpasste das Spiel. Assistenzcoach Markus Gellhaus vertrat ihn an der Seitenlinie. Aus der Mannschaft hat sich unterdessen Publikumsliebling Simon Zoller via Twitter geäußert: „Wir, der VfL Bochum, schreiben seit knapp zwei Jahren eine unfassbare Geschichte. Diese Aktion ist einfach nur respektlos gegenüber all denen, die sich jeden Tag den Arsch aufreißen, um diese Reise zu erleben! DU hast im Stadion nichts verloren!“ Deutliche Worte fand auch Hans-Peter Villis im Laufe des Abends im Gespräch mit der Bild-Zeitung: „So blöd es klingt: Vielleicht haben wir sowas gebraucht, damit sich etwas ändert. Ich hoffe, dass unsere Anhänger den Werfer anschwärzen. Wir werden denjenigen sicher finden. Mit solchen Fans wollen wir nichts zu tun haben. Hier gibt es ein paar Fans, die ihre Hände und ihr Gehirn nicht im Griff haben.“ Deutliche Worte mit einem großen Wahrheitsgehalt…

(Foto: picture alliance)

Nach Kreuzbandriss

Zoller zurück im Training: „Ich werde noch spielen“

Der Mittwoch dieser Woche dürfte für Simon Zoller zum Feiertag werden. Dann nämlich kehrt der Angreifer nach knapp sechsmonatiger Zwangspause ins Mannschaftstraining zurück. „Er wird einige Übungen mitmachen. Wir werden ihn langsam heranführen“, verrät Cheftrainer Thomas Reis. Zoller hatte sich im September des vergangenen Jahres beim Training das Kreuzband im linken Knie gerissen und wurde anschließend operiert. Den ersten Abschnitt seiner Reha absolvierte der Publikumsliebling in seiner Heimat Köln. Seit Anfang des neuen Jahres ist Zoller wieder regelmäßig in Bochum, arbeitete oft mit Rehatrainer Benedikt Oppenhäuser und Co-Trainer Frank Heinemann – zunächst ohne, später dann mit Ball. Nun sind alle Tests absolviert, auch die Ärzte geben grünes Licht.

Zoller ist optimistisch, in dieser Saison noch einige Bundesliga-Spiele absolvieren zu können, vermutlich ab Mitte April. „Ich werde wie bisher nichts überstürzen. Aber ich werde noch spielen, das weiß der Trainer schon“, bekräftigt der 30-Jährige. Zoller hatte in den ersten vier Partien noch mitgewirkt und war dabei an allen vier Treffern beteiligt – dann verletzte er sich wenige Tage vor dem Hinspiel in München folgenschwer. „Die ersten Wochen danach waren schwierig“, erzählt der Angreifer, der kurz zuvor seinen Vertrag bis 2024 verlängert hatte. Ausgerechnet in der stärksten Phase seiner Karriere, wie er selbst sagt, musste er so lange pausieren wie noch nie zuvor. „Es ging mir irgendwann auf den Sack zuzuschauen“, gibt Zoller offen zu.

Er war regelmäßig im Stadion, hielt den Kontakt zu seinen Teamkollegen, auch zu Thomas Reis oder zu Teammanager Patrick Fabian – ein guter Freund und Leidensgenosse. Fabian kennt sich mit Kreuzbandrissen aus, war selbst viermal betroffen. Von der positiven Entwicklung beim VfL ist Zoller indes nicht überrascht. Und begründet auch, warum der Klassenerhalt schon bald Realität werden könnte: „Wir haben einen guten Mix, ein gutes Trainerteam, haben nach dem 0:7 in München den Turnaround geschafft, Rückschläge verkraftet und sind bisher gut durch die Corona-Pandemie gekommen.“ Über den Verbleib in der Bundesliga würden sich alle Bochumer freuen, Zoller vielleicht noch mehr. Schließlich könnte er in der nächsten Saison das nachholen, was er in dieser verpasst hat…

(Foto: Imago / Team 2)

0:2 für Gladbach

Kein Wiederholungsspiel: VfL-Niederlage vor Gericht

Im Sinne des Klubs verständlich, im Sinne des Sports aber höchst fragwürdig – so ordneten viele VfL-Fans das Vorgehen ihres Lieblingsvereins ein, das am Mittwoch bekannt wurde: Die Bochumer forderten nach dem Spielabbruch gegen Borussia Mönchengladbach vor dem DFB-Sportgericht eine Wiederholung der Partie. Via Bild-Zeitung erklärte VfL-Anwalt Horst Kletke die Gründe dafür: „Der Straftäter hat völlig legal sein Getränk gekauft und der Verein dadurch kein Verschulden an der Straftat. Deshalb muss das Spiel wiederholt werden. Das steht in Paragraph 18, im vierten Punkt der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB.”

Darin ist festgelegt: „Wird ein Bundesspiel ohne Verschulden beider Mannschaften vorzeitig abgebrochen, so ist es an demselben Ort zu wiederholen. Trifft eine Mannschaft oder ihren Verein oder beide Vereine ein Verschulden an dem Spielabbruch, ist das Spiel dem oder den Schuldigen mit 0:2-Toren für verloren zu werten.“ In dem 50-seitigen Dokument, das öffentlich einsehbar ist, steht jedoch auch: „Vereine und Tochtergesellschaften sind für das Verhalten ihrer Spieler, Offiziellen, Mitarbeiter, Erfüllungsgehilfen, Mitglieder, Anhänger, Zuschauer und weiterer Personen […] verantwortlich.“

Verein haftet für seine Fans

So hat nun auch das DFB-Sportgericht den Fall bewertet. Am Donnerstag gab es das Urteil: Die Partie wird nicht wiederholt und mit 0:2 gegen die Bochumer gewertet. Stephan Oberholz, der Vorsitzende des DFB-Sportgerichts, erläutert das Urteil wie folgt: „Gemäß der für alle Vereine geltenden Rechts- und Verfahrensordnung des DFB ist das Spiel für den VfL Bochum mit 0:2 als verloren zu werten, da der Verein für seine Zuschauer verantwortlich ist. […] Ein Wiederholungsspiel oder ein Nachspielen der letzten gut 20 Minuten ist daher nicht möglich.“ Der Verein haftet somit für das Fehlverhalten seiner Anhänger.

Über weitere Sanktionen gegen den Klub, also über eine mögliche Geldstrafe oder einen (Teil-)Ausschluss von Zuschauern, wird das DFB-Sportgericht zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Anfechten will der VfL das Urteil zur Spielwertung übrigens nicht, hieß es am Donnerstagabend in einer wenig gehaltvollen Pressemitteilung. Zur Forderung nach einer Spielwiederholung äußerten sich die Verantwortlichen nur indirekt. Man habe „die Rechte des Klubs im Rahmen des angesetzten sportgerichtlichen Verfahrens zu schützen. Dabei hat der VfL stets betont, angemessene Entscheidungen des DFB zu akzeptieren.“

Unglücklich in der Kommunikation

Dass die Vereinsführung im Kampf um den Klassenerhalt nichts unversucht lässt, ist sicher verständlich, liegt schließlich auch in ihrer Verantwortung. Nur: Öffentlich vorgetragene und wenig realistische Forderungen können dem ohnehin schon angekratzten Image weiteren Schaden zufügen. Der Fall erregt bundesweit nach wie vor eine große Aufmerksamkeit, spielt auch medial über die Grenzen von Bochum hinaus eine Rolle. Gab es in den sozialen Netzwerken in den Tagen nach dem Spielabbruch trotz allem noch warme Worte für den Klub, folgten nun sehr viele negative Reaktionen.

Das lag sicher auch an der ungewöhnlichen Form der Kommunikation. Über die Medien, vor allem über die Bild, hatte sich Anwalt Kletke geäußert, während der Verein geschwiegen hat und Nachfragen zur Vorgehensweise unbeantwortet ließ. Ob das Statement des Anwalts mit der Vereinsführung so abgestimmt war, bleibt offen. Rückblickend hat es dem Klub eher geschadet. Denn ernsthaft darauf setzen, dass das Sportgericht ein Wiederholungsspiel ansetzt, konnte der VfL nicht. Es wäre nämlich das Signal an alle Fußballfans gewesen, bei unliebsamen Ergebnissen einen Spielabbruch zu erzwingen. Im Sinne des VfL wäre das sicher auch nicht gewesen.

(Foto: Firo Sportphoto)

Seit 2012 im Amt

Villis will sich wieder zur Wahl stellen

Hans-Peter Villis, der Vorsitzende des Bochumer Präsidiums, will sich im Herbst 2022 wieder zur Wahl stellen. Das hat er im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin bekräftigt: „Ich habe bereits meine grundsätzliche Bereitschaft signalisiert, mich wieder zur Wahl zu stellen. Alles weitere ist Aufgabe der Findungskommission und natürlich der Mitgliederversammlung.“ Villis ist seit 2012 Vorsitzender des VfL Bochum.

Geschäftsführer sollen bleiben

Der 63-Jährige war auch daran beteiligt, Ilja Kaenzig und Sebastian Schindzielorz beim Revierklub zu installieren. Sie sollen ebenfalls an Bord bleiben. Ziemlich genau vier Jahre nach ihrem Amtsantritt gibt es klare Signale, dass sie auch in Zukunft die Geschäfte des VfL führen sollen. „Wir befinden uns in Gesprächen über eine mögliche Vertragsverlängerung“, bestätigte Villis auf Anfrage. „Unser Ziel ist klar: Wir wollen mit Ilja Kaenzig und Sebastian Schindzielorz längerfristig weiterarbeiten.“ Kaenzig ist Sprecher der Geschäftsführung und verantwortet den kaufmännischen Bereich, Schindzielorz den sportlichen – beide mit herausragenden Ergebnissen, was nicht nur das Präsidium, sondern auch die allermeisten Fans, Partner und Beobachter so sehen.

Verlängerung wahrscheinlich

Aktuell endet der Vertrag von Schindzielorz im Dezember 2022, die Zusammenarbeit mit Kaenzig ist bis Juni 2023 datiert. Ihre Verträge wurden erst im März des vergangenen Jahres um jeweils zwölf Monate verlängert. Das Präsidium begründete die kurze Vertragslaufzeit mit den unklaren Auswirkungen der Corona-Pandemie. Trotz finanzieller Einbußen dürfte es in den nun laufenden Gesprächen wieder um einen längeren Zeitraum gehen. Ilja Kaenzig bekräftigte bereits vor wenigen Wochen gegenüber Tief im Westen – Das VfL-Magazin, seine Arbeit in Bochum fortsetzen zu wollen. Auch Schindzielorz soll an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sein, wollte sich auf Anfrage aber nicht öffentlich zu diesem Thema äußern. Über konkrete Angebote anderer Klubs ist nichts bekannt.

Nachwuchsleiter verlässt den VfL

Wie schnell es in der Branche manchmal gehen kann, zeigte jüngst jedoch der überraschende Abgang von Alexander Richter. Der Nachwuchsleiter heuert in gleicher Funktion beim Bundesliga-Konkurrenten Eintracht Frankfurt an. Richter hat insgesamt 14 Jahre für den VfL gearbeitet und die Nachwuchsarbeit maßgeblich mitgeprägt, sich einen exzellenten Ruf auch abseits des eigenen Vereins erarbeitet. „Er hat uns kurzfristig mitgeteilt, dass er seinen Vertrag kündigt“, sagt Sebastian Schindzielorz. Sein Manager-Kollege in Frankfurt, Markus Krösche, buhlte hartnäckig um Richter, lockte mit einer neuen Aufgabe – darunter die Wiedereinführung einer U23 – und einem bestens dotierten Vertrag. Die Suche nach einem Nachfolger läuft.

Dieser Text wurde am 25. Februar in einer ersten Version veröffentlicht und nun um die Info der erneuten Kandidatur von Hans-Peter Villis ergänzt.

(Foto: VfL Bochum 1848)

Künftig weniger Bier?

Becherwurf wird Folgen für alle VfL-Fans haben

Die wichtigste Nachricht vorneweg: Nach dem Spielabbruch am vergangenen Freitag beim VfL Bochum gibt es mittlerweile einen Tatverdächtigen. Nach Auskunft der Polizei am Montag wurde der mutmaßliche Becherwerfer, ein 38-jähriger Bochumer, bereits vernommen. Dieser habe sich aber noch nicht zur Sache äußern wollen. Er werde anwaltlich beraten, heißt es. Gegen den Stadionbesucher läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung. Es besteht der Verdacht, den Linienrichter mit einem gefüllten Getränkebecher verletzt zu haben. Die Bundesliga-Partie gegen Borussia Mönchengladbach wurde daraufhin abgebrochen.

VfL prüft Ansprüche auf Schadensersatz

Der Polizei liegen mittlerweile mehrere Zeugenaussagen und Videosequenzen vor, darunter nicht live verwendete TV-Aufnahmen. Diese zeigen einen Becherwurf aus dem unteren Bereich von Block A, sehr wahrscheinlich aus der ersten Reihe. Bei dem Beschuldigten handelt es sich allerdings nicht um den Fan, über den am Wochenende in den sozialen Netzwerken intensiv diskutiert worden war. Dort geriet ein 33-jähriger Bochumer aus dem Stadtteil Harpen ins Visier der aufgebrachten Anhängerschaft. Grundlage hierfür war lediglich eine WhatsApp-Sprachnachricht eines Unbekannten, die anschließend in verschiedenen Gruppen geteilt wurde.

Sollte die Polizei die Ermittlungen erfolgreich abschließen können, droht dem Täter auch vereinsseitig eine Strafe – mindestens ein Stadionverbot. Sollte er Mitglied sein, wird die Beziehung zum Klub ebenfalls enden. Darüber hinaus wird der VfL Ansprüche auf Schadensersatz prüfen. Zu erwarten ist unter anderem eine Geldstrafe vom DFB, die sich jedoch halbieren könnte, sollte der Täter ermittelt werden bzw. der VfL seiner Pflicht zur Aufklärung nachkommen. Der Verein hat bis Mittwoch die Gelegenheit, sich schriftlich zu den Anschuldigungen zu äußern. Ein Urteil wird erst danach gesprochen und natürlich mit Spannung erwartet.

Idee: Becherverbot auf den Tribünen

Parallel dazu prüfen die Verantwortlichen, wie Vorkommnisse dieser Art in Zukunft verhindern werden können. Zuletzt waren immer wieder Gegenstände aufs Spielfeld geflogen. Appelle allein würden nicht mehr reichen, sagte Geschäftsführer Ilja Kaenzig bereits am Wochenende. Man werde in den kommenden Tagen erörtern, welche Maßnahmen zielführend sein könnten. Eine Kollektiv-Bestrafung aller Fans ist wohl unausweichlich. So zieht der VfL unter anderem ein Alkohol- bzw. Getränkeverbot auf den Tribünen in Erwägung. Das gibt es bereits in England. Bereits zum nächsten Heimspiel gegen Bayer Leverkusen am 10. April könnte dieses Verbot greifen.

Allerdings wäre diese Maßnahme mit finanziellen Einbußen verbunden; nicht nur für den Klub, sondern auch für Bier-Partner Fiege. Außerdem würde diese Maßnahme Einfluss auf die Einlasssituation haben. Viele Fans würden wohl erst später ins Stadion kommen. Doch viele Alternativen gibt es nicht. Von Fangnetzen hält Kaenzig wenig, diese würden das Stadionerlebnis für alle Zuschauer noch mehr einschränken, auch die Umsetzbarkeit ist fraglich. Klar ist nur: Der Wurf von Bechern aufs Spielfeld soll verhindert werden. Bereits in der Vergangenheit habe man Täter ins Visier genommen – in einigen Fällen sei eine Aufklärung möglich gewesen, in anderen nicht. Eine abschreckende Wirkung hatte das aber offenkundig nicht.

Der Schaden für den Klub ist immens

Investiert werden soll definitiv auch in bessere Überwachungskameras, um mögliche Täter schneller und zweifelsfrei identifizieren zu können. Die Gesamtkosten – mit Geldstrafe, neuer Technik und den Einbußen beim Getränkeverkauf – dürften also sehr deutlich im sechsstelligen Bereich liegen, vielleicht sogar höher, je nach DFB-Urteil. Nicht zu handeln sei aber auch keine Option, betonte Kaenzig am Wochenende im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Der Verein steht bundesweit unter Beobachtung und kann sich einen zweiten Fall dieser Art nicht erlauben. Schon jetzt hat das Image des Klubs massiv gelitten.

(Foto: Firo Sportphoto)