Comeback gegen Leverkusen

„Das genieße ich jetzt“ – Zoller und sein neues Ziel

Auf diesen Moment haben alle Bochumer gewartet: Als Trainer Thomas Reis Simon Zoller in der 80. Minute zur Bank rief, gab es kein Halten mehr. Die 25.000 Zuschauer sprangen auf und jubelten dem Angreifer zu. Knapp sieben Monate nach seinem Kreuzbandriss stand Publikumsliebling Zoller endlich vor seinem Comeback – und der Publikumsliebling genoss sichtlich den Moment. Knapp zehn Minuten durfte er noch mitwirken und trug dazu bei, dass der VfL Bochum das 0:0 gegen Bayer Leverkusen sicherte.

Wobei der Aufsteiger am Ende einer möglichen Entscheidung sogar etwas näher gekommen war. Dennoch feierten die Fans das Unentschieden wie einen Sieg. 90 Minuten lang begegnete der VfL dem Champions-League-Anwärter auf Augenhöhe, ließ kaum eine Torchance zu und setzte, wenn auch selten, eigene Nadelstiche in der Offensive. „Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen“, sagte Trainer Reis nach der Partie. „Sie hat sehr gut verteidigt. Diesen Punkt nehmen wir gerne mit. Wir kommen unserem großen Ziel immer näher.“

Zehn Punkte Vorsprung

​Vom Klassenerhalt will Reis immer noch nicht sprechen, „so lange, bis es rechnerisch noch nicht klar ist.“ Wobei auch Bochums Erfolgscoach zugeben muss, dass der Abstand nach unten „groß und komfortabel ist.“ Weil Bielefeld und Hertha am Wochenende jeweils klar verloren haben, hat der VfL nun zehn Punkte Vorsprung auf die Plätze 16 und 17. Ernsthaft Sorgen muss der VfL bei noch fünf ausstehenden Partien nicht mehr machen. Allenfalls Mathematiker und Pessimisten sehen noch Möglichkeiten, dass die Bochumer in Gefahr geraten.

Dass der Revierklub überhaupt so entspannt in den Saison-Endspurt gehen kann, war im vergangenen Sommer nicht anzunehmen, ist aber längst keine Überraschung mehr. Leverkusen war nämlich nicht der erste vermeintlich übermächtige Gegner, dem der VfL ohne Furcht und mit einer taktisch reifen Leistung begegnet ist. Reis lobte nach dem Spiel erneut die „mannschaftliche Geschlossenheit.“ In einer insgesamt chancenarmen Partie hatte das Starensemble von Bayer 04 eigentlich nur eine nennenswerte Torgelegenheit.

Und zwar in der 65. Minute: Nach einem leichten Kontakt von Bochums Eduard Löwen mit Leverkusens Paulinho zeigte Schiedsrichter Felix Zwayer auf den Elfmeterpunkt; eine Berührung, die man nicht unbedingt ahnden muss. Moussa Diaby, den die Bochumer ansonsten aus dem Spiel nahmen, trat aber zum Strafstoß an und verwandelte auch. Doch der Treffer für die Gäste zählte nicht. Diaby war beim Schuss mit seinem Standbein weggerutscht und berührte den Ball doppelt – ein kurioser und seltener Regelverstoß, den Zwayer jedoch ahnden musste. ​

Zoller genießt den Moment

Aus dem Spiel heraus fehlte schließlich beiden Teams die Präzision, um noch einmal gefährlich zu werden. Bochums letzten Torschuss brachte tatsächlich Simon Zoller zustande, der Stürmer zielte aber am Tor vorbei. Doch daran dachte er nach dem Schlusspfiff gar nicht mehr. Zoller genoss die Ehrenrunde durchs Stadion, hatte dabei fast Tränen in den Augen und sagte später: „Nach sieben langen Monaten ist das ein sehr besonderer Tag für mich. Ich habe hart dafür gekämpft, genau das noch in dieser Saison zu erleben. Das genieße ich jetzt.“

Viele Heimspiele hat er von der Tribüne verfolgt und dabei gesehen, dass seine Teamkollegen problemlos in der Bundesliga mithalten können. Zoller dürfte sich über den praktisch sicheren Ligaverbleib besonders freuen, kann er so Verpasstes nachholen. Wobei der 30-Jährige in den letzten fünf Partien der laufenden Saison natürlich auch noch mitwirken möchte. Für den Endspurt hat er sogar ein neues, persönliches Ziel vor Augen: „Ich werde alles dafür geben, noch einmal in der Startelf zu stehen.“ Die Fans werden ihn auch dann wieder feiern…

(Foto: Eibner)

2:1-Sieg in Hoffenheim

Asano & Riemann glänzen: Auch Flick hat zugesehen…

Eigentlich sind Gerrit Holtmann, Christopher Antwi-Adjei und Eduard Löwen die besten Vorlagengeber beim VfL. Doch das Trio, das gegen Hoffenheim nur auf der Bank saß, bekommt Konkurrenz in der Scorerwertung. Gleich doppelt trat Torhüter Manuel Riemann als Wegbereiter in Erscheinung: Gedankenschnell schaltete er um, schickte Takuma Asano mit zwei langen Bällen auf die Reise und der agile Japaner netzte schließlich ein. Erst in der 28., dann in der 59. Minute. Nach dem 2:1-Auswärtssieg bei der TSG Hoffenheim ist der Klassenerhalt nun zum Greifen nah. Sechs Spiele vor Saisonende hat der VfL Bochum neun Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz – ein komfortables Polster.

Beherzter Auswärtsauftritt

Das sehen auch die Fans so. „2. Liga, nie mehr, nie mehr“, sangen die knapp 1.500 mitgereisten VfL-Anhänger bei Schneefall im April. Dass Fußballstadien wieder voll ausgelastet werden dürfen, haben sie im Kraichgau wohl noch nicht mitbekommen. Die Hälfte der Plätze blieb leer, die Bochumer übertönten die Fans die Hoffenheimer schon während des Spiels, und hinterher erst recht. Vielleicht hat der Mannschaft genau das geholfen: Heimatmosphäre in der Fremde. Denn die sonst eher auswärtsschwachen Bochumer zeigten ihr vielleicht bestes Auswärtsspiel der Saison. „Wir sind natürlich überglücklich, die drei Punkte mitgenommen zu haben“, sagte Trainer Thomas Reis nach schwierigen Wochen mit etlichen Corona-Fällen, zwei Niederlagen in Folge und dem folgenschweren Becherwurf gegen Mönchengladbach.

Dass sich die Bochumer auch davon nicht aus der Bahn werfen ließen, spricht eindeutig dafür, dass der Aufsteiger auch in der kommenden Saison Bundesligist sein wird. Der beherzte Auftritt gegen den Champions-League-Kandidaten war jedenfalls der nächste Beweis für die Unerschütterlichkeit dieser Truppe. „Wir sind direkt gut in die Partie gekommen. Unser Plan ging auf, wir wollten im Mittelfeld kompakt stehen und in den Zweikämpfen Paroli bieten“, lobte Reis seine Spieler, die im ersten Durchgang zu 14 Torschüssen kamen. Mit Konstantinos Stafylidis als Sechser und Milos Pantovic auf dem Flügel hatte der Coach eher defensiv aufgestellt. Doch der Plan mit Manndeckung und schnellem Umschaltspiel ging auf; taktisch war die Bochumer Mannschaft hervorragend auf ihren Gegner eingestellt.  

Doppelpack von Asano

Zum Matchwinner avancierte neben Riemann schließlich Takuma Asano, der doppelt traf – erst aus der Halb-Distanz, dann nervenstark, als er frei vor Keeper Baumann stand. „Wir haben einen guten Gegner geschlagen und ich konnte der Mannschaft mit zwei Toren helfen. Besser geht es nicht. Das waren wichtige Punkte auf dem Weg zum Klassenerhalt, aber er ist keinesfalls geschafft“, erzählte Asano nach der Partie, die durchaus hätte kippen können: Nach der Pause, als Hoffenheim schnell den Ausgleich erzielte. „Danach sind wir etwas geschwommen“, bemerkte auch Reis, der deshalb an die Großchance von Milos Pantovic unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff erinnerte. Pantovic war, ähnlich wie später Asano, völlig frei vor Baumann aufgetaucht, brachte den Ball aber nicht im Tor unter. „Da lief es ähnlich wie vor drei Wochen in Frankfurt. Wir hätten mit 2:0 führen können, kassieren stattdessen den Ausgleich.“

Doch nur fünf Minuten nach dem 1:1 durch David Raum war Asano zum zweiten Mal erfolgreich. Der Nationalspieler Japans war erst Mitte der Woche von einer Länderspielreise zurückgekehrt und zeigte sein bislang bestes Spiel im VfL-Trikot. Zu oft hatte er in der Vergangenheit Chancen liegen gelassen, doch gegen Hoffenheim traf er sogar noch ein drittes Mal. Doch dieses Tor wurde nach einem vermeintlichen Foul in der Entstehung aberkannt. Trotzdem hinterließ Asano einen bleibenden Eindruck. Sicher auch bei Bundestrainer Hansi Flick, der im Stadion war. Japan ist Deutschlands Gruppengegner bei der WM in Katar, und Asano ist mit hoher Wahrscheinlichkeit dabei. Mit einem Bochumer Teamkollegen wird er dann zwar nicht spielen können, mit etwas Fantasie aber gegen einen. Denn sollte Flick noch einen Vorlagengeber suchen, ließe sich die Handynummer von Manuel Riemann bestimmt organisieren…

(Foto: Eibner)

"Mutig, aber nicht naiv"

Kameras statt Trinkverbot: Kaenzig erklärt die Gründe

Noch immer wartet der VfL auf ein Urteil des DFB-Sportgerichts. Sportlich wurde das abgebrochene Spiele gegen Borussia Mönchengladbach zwar gegen die Bochumer gewertet, doch welche Folgen der Becherwurf ansonsten noch haben wird, steht weiter in den Sternen. Eine hohe Geldstrafe ist zu erwarten, ein (Teil-)Ausschluss von Zuschauern eher nicht. Unter Beobachtung steht der Verein in den kommenden Wochen aber ganz sicher.

Bei Becherwurf droht Stadionverbot

Das wissen auch die Verantwortlichen, die nach intensiven Diskussionen nun eine Entscheidung getroffen haben, ob sie unabhängig vom Urteil Konsequenzen ziehen. Um es vorwegzunehmen: Viele Fans können aufatmen. Es wird auch künftig Bier und andere Getränke im Stadion geben, und sie können auch auf den Tribünen konsumiert werden. Der VfL hat sich also gegen ein Becherverbot ausgesprochen, und erst recht gegen Fangnetze oder Plexiglasscheiben. Stattdessen werden im gesamten Stadion hochauflösende Kameras installiert.

„Es ist eine mutige, aber keinesfalls eine naive Entscheidung. Aus Fansicht sind diese Maßnahmen ganz sicher positiv zu bewerten“, erklärt Geschäftsführer Ilja Kaenzig im Gespräch mit Tief im Westen – Das VfL-Magazin. Man habe sich intern gegen eine Kollektivbestrafung ausgesprochen. „Klar ist aber auch: Es ist ein Vertrauensvorschuss. Wenn es keine Besserung gibt, müssen wir auf Konsequenzen zurückkommen, die wir bereits angedacht und erörtert haben. Wir setzen darauf, dass der Spielabbruch gegen Mönchengladbach der Moment war, der alle Stadionbesucher zur Einsicht gebracht hat.“ Kaenzig spricht von einer „Kommunikationsoffensive, um in Erinnerung zu rufen, was das gemeinsame Stadionerlebnis ausmachen sollte“: Lautstarke Unterstützung, aber auch ein respektvoller Umgang mit allen Beteiligten.

Hochauflösende Kameras installiert

Was auf den ersten Blick verwundert: Kaenzig selbst hatte unmittelbar nach dem Spielabbruch gegen Mönchengladbach erklärt, Appelle allein würden nicht mehr reichen. Doch genau darauf setzt der Verein jetzt wieder. Wie passt das zusammen? „Die Zeit der Appelle ist insofern vorbei, als dass wir nun ganz konkret reagiert haben und die Installation hochauflösender Kameras schon vor dem Leverkusen-Spiel erfolgen wird. Dies ist schneller möglich als ursprünglich gedacht“, erläutert der Geschäftsführer. Der mutmaßliche Verursacher des Spielabbruchs gegen Mönchengladbach konnte dank TV-Aufnahmen, Zeugenaussagen und mit einem DNA-Abgleich identifiziert werden.

Künftig sollen auch vereinseigene Kameras helfen, sagt Kaenzig: „Mit dieser Technik stellen wir sicher, dass wir möglichst jeden Zuschauer bei einem eindeutigen Fehlverhalten überführen können. Jeder, der einen Becher oder einen anderen Gegenstand wirft, muss künftig mit einem Stadionverbot rechnen. Das war auch in der Vergangenheit schon so, nur mit dem Problem, dass es unsererseits schwierig war, den Nachweis zu erbringen.“ Der Ansatz ist also, im Falle eines erneuten Becherwurfs den Verursacher problemlos ermitteln zu können. Aber reicht das? Sind wirklich alle Fans aus Schaden klug geworden? Zuletzt flogen auch in anderen Stadien wieder Trinkbecher, etwa auf Schalke, in Bremen oder bei Union Berlin, obwohl der Spielabbruch in Bochum nur wenige Stunden oder Tage zurücklag. In Hoffenheim ist sogar ein VfL-Fan negativ aufgefallen, weil er ein Kind mit einem Becher am Kopf getroffen hat. Die Polizei bestätigt den Vorfall mittlerweile, ein Tatverdächtiger konnte bereits ermittelt werden.

Sonntag gegen Bayer Leverkusen

Ein Becherverbot auf den Tribünen wäre insofern ein anderer Ansatz, als dass der VfL schon den Wurfversuch verhindern würde. Intern gab es jedoch nicht nur Zweifel an der Verhältnismäßigkeit, sondern auch an der Umsetzbarkeit. Mögliche Folgen: Stau beim Einlass, weil Fans später ins Stadion kommen. Stau in der Halbzeitpause und an den Aufgängen, weil während des Spiels und auf den Tribünen nicht mehr getrunken werden darf. Oder andere Gegenstände, die stattdessen als Wurfgeschoss dienen. Finanziell hätten der VfL und seine Partner die Folgen einer solchen Entscheidung natürlich auch zu spüren bekommen. Ob die Verantwortlichen nun den richtigen Weg eingeschlagen haben, wird sich schon in Kürze zeigen: Etwa beim Heimspiel gegen Leverkusen am Sonntag.

(Foto: Imago / Team 2)

1:2-Niederlage in Frankfurt

Reis sucht Flügel-Knipser – Blums Abschied naht

Die Bundesliga steht vor einem neuen Eigentor-Rekord. So viele wie momentan – 25 nach 26 Spieltagen – gab es noch nie. Und der VfL Bochum hilft kräftig dabei mit: Schon viermal traf der Aufsteiger ins eigene Netz – allein dreimal in den vergangenen Wochen. Gegen Stuttgart und Fürth war Armel Bella Kotchap der Unglücksrabe, gegen Frankfurt nun Erhan Masovic. Wobei auch Bella Kotchap kurz vor der Halbzeitpause seinen ‚Hattrick‘ auf dem Fuß hatte. Nur Greuther Fürth traf noch häufiger ins eigene Tor. Seinerseits hat der VfL übrigens noch nicht von einem Eigentor profitiert. 

Der Revierklub verdient sich seine Tore also mit harter, ehrlicher Arbeit, und beinahe hätte die am Sonntag in Frankfurt auch zum nächsten Punktgewinn geführt. Die Bochumer zeigten sich unbeeindruckt von den Hiobsbotschaften der vergangenen Tage: Vier Corona-Fälle gab es innerhalb der Mannschaft, darunter die beiden Stammspieler Maxim Leitsch und Danilo Soares. Weil Cristian Gamboa in Frankfurt zudem gelbgesperrt war, musste Trainer Thomas Reis fast die gesamte Viererkette umbauen. Trotzdem kam die Eintracht anfangs nur zu wenigen Chancen. 

Doppelschlag in nur sechs Minuten

Das änderte sich jedoch in der zweiten Halbzeit. Sechs Minuten ohne Zugriff und Ordnung reichten aus, um das Auswärtsspiel in Frankfurt zu verlieren. Erst traf Erhan Masovic ins eigene Tor, dann war Daichi Kamada erfolgreich. Beide Treffer fielen unmittelbar nach Wiederanpfiff. Schläfrig und unaufmerksam war der VfL aus der Kabine gekommen. Damit war der Führungstreffer durch Sebastian Polter aus der ersten Halbzeit Makulatur. Womöglich hätte das Spiel einen anderen Verlauf genommen, wenn Takuma Asano kurze Zeit später das halbleere Tor getroffen hätte.

„Den muss er natürlich machen“, betonte Thomas Reis später und ärgerte sich nicht nur über das verpasste 2:0, sondern auch über die fehlende Robustheit seiner Flügelstürmer in einigen Aktionen: „Wir waren im letzten Drittel körperlich unterlegen, ließen uns wegdrücken und kamen nicht zum Torschuss.“ Nicht nur deshalb hatte Bochums Chefcoach Danny Blum für die Startelf nominiert, doch der Linksfuß verletzte sich erneut, dieses Mal beim Aufwärmen an der Wade. Thomas Reis musste also umdisponieren und schickte stattdessen Gerrit Holtmann ins Rennen.

Blum verletzt sich beim Aufwärmen

Blum hatte sich den Platz im Team mit guten Trainingsleistungen erarbeitet, wobei schon im Vorfeld klar war, dass er nicht bis zum Ende durchhalten würde. „Aber ich habe schon mehrfach gesagt, dass Danny besondere Qualitäten, vor allem seine Effektivität“, betonte Thomas Reis nach der Partie. Genau diese Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor fehlt den anderen Flügelstürmern bisweilen. Christopher Antwi-Adjei hat erst ein Tor erzielt, ebenso wie Takuma Asano. Gerrit Holtmann war immerhin schon viermal erfolgreich – doch auch bei ihm gibt es Luft nach oben.

Was auffällt: Immer wieder ärgert sich Thomas Reis, sichtbar an der Seitenlinie, über vergebene Großchancen seiner Flügelstürmer. Danny Blum ist vor dem Tor der wohl stärkste aus diesem Quartett, doch seriös planen kann Reis derzeit nicht mit ihm. In dieser Saison hat der 31-Jährige kein einziges Spiel über 90 Minuten absolviert, gehörte nur einmal zur Startelf, im Hinspiel gegen Frankfurt. Seine Ausfallzeiten werden auch bei den Gesprächen über seine Zukunft eine große Rolle spielen. Die Zeichen stehen eher auf Abschied, einzig ein stark leistungsbezogener Vertrag ist vorstellbar.

Zeichen stehen eher auf Abschied

Denn so sehr Thomas Reis die Fähigkeiten den Ex-Frankfurters schätzt, so sehr muss Manager Sebastian Schindzielorz bei der künftigen Kaderplanung abwägen, ob sich der finanzielle Aufwand bei sportlich geringem Ertrag noch rentiert, sprich: Ob eine gemeinsame Zukunft vorstellbar ist. Inwieweit Blum zu Kompromissen bereit wäre, ist offen. Immer wieder gibt es Gerüchte, dass andere Vereine an einer Verpflichtung interessiert sein sollen – möglicherweise gezielt lanciert, um den Marktwert hochzuhalten. Davon wird sich der VfL aber sicher nicht beeinflussen lassen. 

(Foto: picture alliance / Uwe Anspach)

Kaderplanung

Zukunft beim VfL ungewiss: Elf Verträge laufen aus

Die Prioritätenliste beim VfL Bochum ist klar: Erst soll das Saisonziel erreicht werden, dann werden neue Verträge unterzeichnet. Wobei es konkrete Gespräche natürlich schon vorher gibt. In einigen Fällen haben die Verantwortlichen bereits die Möglichkeiten einer weiteren Zusammenarbeit ausgelotet. Bei mehreren Spielern stehen die Zeichen dagegen auf Abschied. Arbeit haben Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz und seine Kollegen jedenfalls genug.

Denn: Elf Verträge laufen in diesem Sommer aus. Darunter befinden sich auch die Leihspieler Elvis Rexhbecaj, Eduard Löwen und Konstantinos Stafylidis (siehe Link). Das Trio gehört zum Stammpersonal, und in allen drei Fällen kann sich der VfL einen Verbleib vorstellen. Allerdings wären zum Teil große finanzielle Hürden zu überwinden. Voraussetzung für eine weitere Leihe oder eine feste Verpflichtung ist ohnehin der Klassenerhalt. Konkrete Entscheidungen sind hier frühestens im Mai zu erwarten.

Der Ligaverbleib würde auch die Wahrscheinlichkeit erhöhen, Milos Pantovic länger an den Verein zu binden. Der Mittelfeldspieler ist an einer Vertragsverlängerung interessiert, möchte in der kommenden Saison aber in der Bundesliga spielen. Gleiches gilt für Winter-Neuzugang Jürgen Locadia, bei dem jedoch unklar ist, ob der VfL sein Gehalt auch in Zukunft stemmen kann. Aktuell zahlt der VfL nur einen Bruchteil dessen, was er in den Jahren zuvor bekommen hat. Zudem ist fraglich, ob Locadia überhaupt in Bochum bleiben möchte.

Zwei Abgänge schon sicher

Klar ist: Der Wille des Spielers spielt eine wichtige Rolle, doch dafür müssen sich beide Parteien überhaupt erst am Verhandlungstisch treffen. Tom Weilandt zum Beispiel wird nach fast zwei Jahren ohne Pflichtspieleinsatz nur noch ein Abschiedsgeschenk, nicht aber ein neues Vertragsangebot erhalten. Auch Saulo Decarli wird den Verein im Sommer verlassen. Beide haben seinerzeit für Zweitliga-Verhältnisse gut dotierte Verträge erhalten. Die Konditionen haben sich mit dem Aufstieg in die Bundesliga sogar noch erhöht. Eine solche Klausel ist branchenüblich.

Eher auf Abschied stehen die Zeichen bei Danny Blum (siehe Link unten) und Robert Tesche. Bei Blum liegt es weniger an seinen sportlichen Qualitäten, sondern an seinen regelmäßigen und längeren Ausfallzeiten. Nur ein stark leistungsbezogener Vertrag ist vorstellbar – sofern Blum dazu bereit wäre. Bei Tesche ist selbst eine solche Konstellation eher unwahrscheinlich. Der gefeierte Aufstiegsheld spielt in der Bundesliga keine große Rolle mehr. Tesche wird im Mai 35 Jahre alt und steht womöglich vor dem Eintritt in einen neuen Lebensabschnitt.

Römling kehrt früher zurück

Offen ist hingegen, wie es mit Vasilios Lampropoulos und Herbert Bockhorn weitergeht. Beide pendeln zwischen Startelf, Ersatzbank und Tribüne. Lampropoulos gilt als zuverlässiger Vertreter der etablierten Innenverteidiger, Bockhorn als Allrounder auf den Außenbahnen. Sollte sich Lampropoulos mit seiner Rolle auch in Zukunft anfreunden können, wäre eine Vertragsverlängerung denkbar. Bockhorn dagegen wünscht sich mehr Spielpraxis und prüft Alternativen. Im Gegenzug könnte Moritz Römling, ein Bochumer Eigengewächs, als Außenverteidiger zurückkehren. Noch ist der 20-Jährige an Türkgücü München ausgeliehen, doch der Drittligist musste Insolvenz anmelden und wird den Spielbetrieb zum 31. März einstellen. Römling wird ab April ein Trainingsprogramm in Bochum absolvieren.

(Foto: Firo Sportphoto)

Kommentar

Bochumer Becherwurf: Nein, es ist kein Einzeltäter

Am liebsten wäre Manuel Riemann höchstpersönlich in den Block gegangen und hätte den Täter ausfindig gemacht – so wütend war Bochums Torhüter nach dem Becherwurf beim Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach. Verständlich. Der Imageschaden für den Klub ist riesengroß, der finanzielle Verlust auch; er wird ganz sicher im sechsstelligen Bereich liegen. Sportlich bleibt nur zu hoffen, dass sich die Mannschaft von diesem Vorfall nicht aus der Bahn werfen lässt. Der Klassenerhalt ist noch nicht sicher. Und: Schlimmstenfalls droht wieder ein Geisterspiel.  

Kein rechtsfreier Raum

Die, so dachten wir alle, hätten wir endlich hinter uns gelassen. Doch ausgerechnet beim ersten Heimspiel mit Vollauslastung sorgt ein Fan aus Block A für einen Spielabbruch, weil er den Linienrichter aus kurzer Distanz mit einem gefüllten Bierbecher bewirft – und trifft. Ein einzelner Fan? Ja, ein einzelner Fan. Ein Einzeltäter ist er dennoch nicht, dieses Narrativ darf gar nicht erst entstehen. Denn schon zuvor sind immer wieder Gegenstände aufs Spielfeld geflogen. Einziger Unterschied: Dieser eine Fan, der hoffentlich ermittelt wird, war der einzige, der getroffen hat.

Auch wäre es falsch zu sagen: Das ist nicht der VfL Bochum. Doch, das ist er leider auch. Das Problem besteht ja schon länger, auch in anderen Stadien. Es wird nicht nur geworfen und gedroht, sondern beleidigt und beschimpft, Regeln werden bewusst missachtet – und wer sich darüber beklagt, erntet oft nur eine Reaktion: So ist das eben im Stadion. Kalkulierter Kontrollverlust einer Minderheit. Ja, wir sind nicht in der Kirche, oder auf dem Hof des Ordnungsamtes. Aber das Stadion ist kein rechtsfreier Raum. Mit Gegenständen zu werfen ist primitiv, nichts weiter.

Konsequenzen diskutieren

Der Verein darf deshalb keinen Kuschelkurs fahren. Jeder Becherwerfer muss ermittelt und bestraft werden, ganz egal, ob er jemanden trifft oder nicht. Technisch, mit besseren Kameras, wäre das möglich. Und weil nicht alle Menschen aus Schaden klug werden, vor allem unter Alkoholeinfluss, muss über weitere Maßnahmen diskutiert werden: Etwa über Fangnetze, hohe Pfandbeträge, ein Trinkverbot auf dem Platz oder – nur halb ernstgemeint – personalisierte Becher. Klar ist: Einen zweiten Fall dieser Art darf es nicht geben. Der Schaden für den Verein ist schon jetzt immens.

(Foto: Firo Sportphoto)

Stadionkapazität

Nur noch 25.000? Warum das Ruhrstadion schrumpft

Früher war bestimmt nicht alles besser, aber größer, das ganz sicher. Zumindest, wenn es um das Bochumer Ruhrstadion geht. Mit folgendem Satz warb die Stadt im Jahr 1979 für den Neubau an der Castroper Straße: „Von keinem der 49.522 Plätze sind Sie mehr als 30 Meter vom Geschehen entfernt – und das Wetter können Sie dank der kompletten Überdachung auch vergessen.“ So viele Zuschauer waren in den 43 Jahren danach jedoch nie im Stadion. Immerhin: Der Rekord liegt bei 46.000, aufgestellt beim Länderspiel zwischen Deutschland und Finnland im Jahr 1981.

Davon ist der VfL Bochum heute, im April 2022, weit entfernt. Nach dem Wegfall vieler Corona-Beschränkungen dürfen im Prinzip wieder alle Zuschauerplätze genutzt werden. Doch gegen Leverkusen am kommenden Wochenende gehen nur 25.000 Tickets in den Verkauf. Wie kann das sein? Ist das Ruhrstadion über die Jahre etwa kleiner geworden?

Freiwillige Verkleinerung

Immer wieder musste der VfL die Kapazität in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten reduzieren. 1988 fiel die erlaubte Zuschauerzahl aufgrund neuer Sicherheitsbestimmungen auf 42.000. 1997 waren es nur noch 31.222 Plätze, vor allem durch den Umbau der Westtribüne von einer Steh- zu einer Sitzplatztribüne. Und 2010, im Zuge der Renovierungsmaßnahmen zur Frauen-WM, ist die Kapazität dann erstmals unter die Marke von 30.000 gefallen. Weitere Bereiche wurden bestuhlt, auch der VIP- und Medien-Bereich auf der Haupttribüne erweitert. Zuletzt lag die maximal mögliche Zuschauerzahl bei 27.599.

Doch warum dürfen nun unter Vollauslastung nur 25.000 Fans ins Stadion? Das wollten zu Wochenbeginn gleich mehrere Leserinnen und Leser wissen und baten um Aufklärung. Auf Anfrage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin erklärt der VfL, man habe die Kapazität freiwillig reduziert: „Dies ist ein Testpilot für die restlichen Heimspiele in dieser Saison. Aufgrund baulicher Veränderungen (z.B. durch neue Kamerapositionen) zur laufenden Saison kam es zu Sichteinschränkungen auf Sitzplätzen. Die Situation in der Ostkurve wurde ebenfalls noch einmal angepasst. Und die neue Kapazität hat nun auch Auswirkungen aufs Gästekontingent, das bei den vorgeschriebenen zehn Prozent, also maximal 2.500 Karten liegt.“ Hinzukommen Sicherheitszonen zwischen Heim- und Gastbereich.

Drittkleinstes Stadion

Der VfL verweist darauf, dass schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie nur noch 26.600 Zuschauer ins Stadion gelassen wurden: Etwa wurde das Platzangebot auf der Ostkurve reduziert, „was zu einem besseren und angenehmeren Spieltagserlebnis beigetragen hat, hinsichtlich der Verteilung auf die Blöcke und auch bezüglich der Situation bei den Auf- und Abgängen.“ Im Bundesliga-Vergleich hat der VfL unter diesen Voraussetzungen nun das drittkleinste Stadion. Nur Union Berlin und Greuther Fürth können noch weniger Besucher begrüßen. Aktuell hat der VfL mehr die Hälfte seiner Plätze fest vergeben. Rund 15.500 Dauerkarten gibt es in dieser Saison.

(Foto: Firo Sportphoto)