2:3-Niederlage in Hoffenheim

Bochumer Standardschwäche: Vom Traum- zum Fehlstart

Als Simon Zoller nach zwölf Spielminuten schon zum zweiten Mal seinen Bizeps zeigte, mit dem er jedes Tor feiert, schien alles nach Plan zu laufen. Mehr noch: Mit einer frühen 2:0-Führung gegen die TSG Hoffenheim hat wohl selbst im Lager des VfL Bochum kaum jemand gerechnet. Mit Auge und technisch auf allerhöchstem Niveau leitete Kevin Stöger beide Treffer ein, Zoller vollendete in klassischer Mittelstürmer-Manier. 

Probleme bei Eckbällen

Doch aus dem Traumstart in dieses Spiel wurde mit Abpfiff ein Fehlstart in die Saison. Nach zwei Spielen steht der VfL Bochum noch ohne Punkte da, als einziger Klub neben Bayer Leverkusen. „Mit der Art und Weise, wie wir gespielt haben, war ich eigentlich einverstanden“, sagte Trainer Thomas Reis nach der Partie, „mehr als gegen Mainz. Aber wenn man das Spiel schon wieder nach einem Standard herschenkt, dann ist das zu einfach.“ Reis ärgerte sich über die falsche Raumaufteilung und die zu großen Abstände. Sowohl der Ausgleich als auch der Siegtreffer der Hoffenheimer fielen nach einem Eckball. Gegen Mainz war es ähnlich. „Wenn sie uns 15-mal auf dem Bierdeckel ausspielen, ziehe ich meinen Hut“, ärgerte sich auch Simon Zoller. „Aber solche Gegentreffer dürfen wir uns einfach nicht fangen.“

Immerhin: Aus dem Spiel heraus ließ der VfL nicht allzu viele Torchancen zu. „Gefühlt hatten wir mit dem neuen System mehr Sicherheit“, lobte Zoller die Umstellung auf eine Dreierkette mit Cristian Gamboa rechts, Ivan Ordets zentral und Neuzugang Dominique Heintz links. Weil sieben Spieler fehlten, stellte Thomas Reis auf das eher ungewohnte 3-5-2-System um. Unter der Woche ließ er das einstudieren.

Sieben Spieler fehlten

Alle drei Linksverteidiger verpassten das erste Auswärtsspiel der Saison, auch im Mittelfeldzentrum und auf den offensiven Außenpositionen gab es Ausfälle. Gerrit Holtmann fehlte wegen Schmerzen im Knie, Christopher Antwi-Adjei mit muskulären Problemen. „Die Systemumstellung war den Ausfällen geschuldet, ist aber auch eine Option für die Zukunft, wenn alle wieder fit sind“, sagte Reis nach dem Spiel. „Mir hat es ganz gut gefallen.“ Als Schienenspieler setzte Reis auf Jordi Osei-Tutu und Saidy Janko, beide spielten solide. Am meisten profitierte aber Simon Zoller von der Umstellung. In einer Doppelspitze mit Philipp Hofmann fühlte er sich deutlich wohler als auf der Außenposition, was er mit seinen ersten beiden Saisontoren untermauerte. 

Doch die von ihm herausgespielte Führung hielt nicht lange. „Das erste Gegentor fiel zu schnell“, ärgerte sich der Angreifer über den Anschlusstreffer nur zwei Minuten nach dem 2:0. Ohne Gegnerdruck kombinierte sich Hoffenheim Richtung Strafraum, auch Manuel Riemann sah unglücklich aus. Kurze Zeit später erzielten die Gastgeber nach einem Eckstoß den Ausgleich. Erst in der 88. Minute drehte die TSG das Spiel komplett. Ausgerechnet der sonst zuverlässige Anthony Losilla war an zwei Gegentreffern beteiligt, ebenso am Elfmeter, den Riemann in der zweiten Hälfte parierte.

Jetzt kommen die Bayern

In der Schlussphase, als der letzte Eckball in den Bochumer Strafraum segelte, konnte der Keeper das Unentschieden aber auch nicht mehr retten. „Es tut weh, weil wir alles investiert und kein schlechtes Spiel gemacht haben“, sagte Kapitän Losilla mit trauriger Miene. „Wir wurden ja nicht auseinandergenommen. Es waren nur Kleinigkeiten.“ Auf die wird es am kommenden Wochenende aber besonders ankommen. Dann gastiert Bayern München im Ruhrstadion. Ein Mutmacher: Gelingt da ein Traumtag wie im Februar, wird vom Fehlstart keine Rede mehr sein.

(Foto: Firo Sportphoto)

Tempo verloren, Erfahrung gewonnen

„Sehr kurzfristiger“ Transfer: Heintz steht sofort bereit

Gerüchte, dass der VfL Bochum einen Innenverteidiger von Union Berlin verpflichten möchte, gab es zuletzt immer wieder. Doch während sich einige Medien auf den Namen Rick van Drongelen konzentriert haben, der intern nie ein großes Thema war, fädelte Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz mit den Köpenickern einen ganz anderen Transfer ein: Dominique Heintz wechselt für ein Jahr auf Leihbasis zum VfL Bochum. Der 28-Jährige hat vor seinem Engagement in der Hauptstadt für den SC Freiburg, den 1. FC Köln und für den 1. FC Kaiserslautern gespielt.

Heintz folgt auf Leitsch

„Sehr kurzfristig“ habe sich diese Option ergeben, schildert Berlins Manager Oliver Ruhnert. Heintz hatte noch im DFB-Pokal zehn Tage vor dem Transfer in der Berliner Startelf gestanden. Beim Bundesliga-Start blieb ihm aber nur noch ein Platz auf der Tribüne. Der VfL nutzte die Chance, hatte den Spieler aber schon länger im Blick. Denn Heintz passt ins Anforderungsprofil: Er ist zweikampfstark, robust, ein Führungsspieler – und Linksfuß. Damit ist er der Nachfolger von Maxim Leitsch. Nur in Sachen Geschwindigkeit kann Heintz mit dem Neu-Mainzer nicht mithalten.

Doch in dieser Hinsicht war der VfL in den vergangenen Jahren auch ein wenig verwöhnt. Das Duo Armel Bella Kotchap und Maxim Leitsch war außergewöhnlich schnell. Die Suche nach Ersatz war kompliziert und zog sich in die Länge. Es gab Absagen oder Ideen, die finanziell nicht zu stemmen waren. Während Ivan Ordets als Nachfolger von Bella Kotchap nur zweieinhalb Wochen nach dessen Abgang präsentiert wurde, dauerte es auf der linken Innenverteidigerposition deutlich länger. Hierfür einen passenden Mann zu finden, war die vielleicht größte Herausforderung in diesem Sommer.

Doch nun ist auch Trainer Thomas Reis zufrieden, der zuletzt mit der Abwehrleistung haderte. „Dominique weiß, worauf es in der Bundesliga ankommt“, betont der Fußballlehrer. 186 Partien im Fußball-Oberhaus hat der Neuzugang bereits absolviert – niemand im Bochumer Kader kommt auf mehr. Ob Heintz bereits beim Duell in Hoffenheim zum Einsatz kommt, lässt Reis bis zum Spieltag offen. „Er wird auf jeden Fall mitfahren“, sagt der Coach und lobt dessen Verfassung: „Er hat im ersten Training einen guten Eindruck hinterlassen und steht voll im Saft.“

Planungen vorerst abgeschlossen

Noch nicht bekannt ist, ob sich der VfL eine Kaufoption sichern konnte oder nicht. Tendenz: eher nein. Auch Ordets, mit dem Heintz auf Sicht zusammenspielen soll, ist ja nur ausgeliehen, das Innenverteidiger-Problem also vorerst nur für eine Saison gelöst. Dass bis zum Transferschluss am 1. September noch ein weiterer Abwehrspieler verpflichtet wird, ist übrigens fast ausgeschlossen, verrät Reis auf Nachfrage: „Aus meiner Sicht ist das Thema jetzt durch. Wir brauchen vier etatmäßige Innenverteidiger, und die haben wir jetzt.“

(Foto: VfL Bochum 1848)

Bochumer Mittelfeld

Bochums Zentrale: Stöger, Losilla – und ein Neuzugang?

Feine Kurzpässe, lange Bälle in die Tiefe oder gefährliche Standards gehören zum Repertoire von Kevin Stöger. Der Neuzugang und Rückkehrer deutete schon in der Vorbereitung an, für den VfL Bochum eine Verstärkung zu sein. Am ersten Spieltag gegen Mainz bestätigte der 28-Jährige diesen Eindruck, erzielte sogar das zwischenzeitliche 1:1. Stöger ist also schon in dieser frühen Phase der Saison im zentralen Mittelfeld gesetzt, ebenso wie Kapitän Anthony Losilla.

Goralski trainiert wieder mit

Als Duo mit klarer Rollenverteilung hat sie Trainer Thomas Reis vorerst auf einer Doppel-Sechs platziert: Stöger als Spielgestalter aus der Tiefe, Losilla als Dauerläufer und Zweikämpfer. Ob es dabei bleiben wird, ist jedoch ungewiss. Aus Überzeugung, aber auch mangels Alternativen hat sich Reis gegen Ende der Vorbereitung für diese personell recht offensive Variante entschieden. Losilla und Stöger haben beide einen ausgeprägten Offensivdrang. Doch die beiden Neuzugänge Jacek Goralski und Philipp Förster sind noch keine Option für die Startelf. Goralski musste sich kurz vor dem Trainingslager einer Netzhaut-OP unterziehen, erst seit kurzem kann der polnische Nationalspieler wieder mit der Mannschaft trainieren. Frühestens gegen die Bayern dürfte er ein Kandidat für den Kader sein.

Förster muss sich steigern

Förster ist zwar schon länger dabei, braucht aber weiter Anlaufzeit, um das intensive Bochumer Spiel gegen den Ball zu verinnerlichen. Zu zaghaft geht der aus Stuttgart verpflichtete Mittelfeldspieler in viele Zweikämpfe, wirklich spritzig wirkt er auch noch nicht. Ihm bleibt vorerst nur ein Platz auf der Bank, ebenso wie Patrick Osterhage. Der U21-Nationalspieler wäre für den Moment aber wohl die erste Option, sollte es im zentralen Mittelfeld einen Ausfall geben oder Reis defensiver aufstellen wollen. Intern setzt sich der Trainer ohnehin noch für die Verpflichtung eines weiteren Mittelfeldspielers ein, dessen Stärken eher in der Defensive liegen. Vor allem in punkto Mentalität und Einsatzfreude wurde der Abgang von Elvis Rexhbecaj noch nicht vollständig kompensiert.

Systemumstellung denkbar

Sollte ein Transfer gelingen, oder Goralski bald zurückkehren, wäre es auch vorstellbar, dass der VfL zum System der vergangenen Saison zurückkehrt. Da setzte Thomas Reis noch auf ein 4-1-2-2-1 mit einem Sechser und zwei Achtern. Mit etwas anderen Spielertypen wäre das auch in diesem Jahr möglich. In dem Fall könnte Goralski (oder der neue Mann) die Rolle direkt vor der Abwehr einnehmen und Losilla mit Stöger auf die Achter-Position vorrücken. Das würde auch die noch nicht eingespielte Abwehrreihe stärken. Zugleich müsste Takuma Asano die etwas ungewohnte Zehner-Position wieder verlassen. Der Japaner wäre dann erneut ein Kandidat für den Flügel, wo er mit seiner Geschwindigkeit wahrscheinlich noch wertvoller ist.

(Foto: Firo Sportphoto)

Auftaktniederlage gegen Mainz

Ernüchterung beim VfL: Die Probleme sind real

Es mag eine Randnotiz sein. Doch dass Karim Onisiwo vor knapp zehn Jahren mal ein Probetraining in der zweiten Mannschaft des VfL Bochum absolviert hat, wissen vermutlich nicht viele. Eine Verpflichtung scheiterte an den zu hohen Forderungen seines Beraters. Co-Trainer war damals Thomas Reis – und genau dem verhagelte Onisiwo am Samstag einen erfolgreichen Saisonstart. Zweimal durfte der Mainzer völlig unbedrängt einköpfen, zweimal stimmte die Ordnung nicht. Ein eigentlich ausgeglichenes Spiel endete mit einer 1:2-Auftaktniederlage. Ernüchterung beim VfL. 

Zwei einfache Gegentreffer

Denn die Probleme, über die schon in der Vorbereitung immer wieder gesprochen wurde, sind real. Vor allem die neu formierte, noch nicht vollständig verstärkte Innenverteidigung wackelte bedenklich. Erhan Masovic, der den Vorzug vor Vasilios Lampropoulos erhielt, verlor beim ersten Gegentreffer die Orientierung und machte insgesamt kein gutes Spiel – eine Schwachstelle, aber nicht die einzige. Auch vorne lief es nicht nach Plan. So aktiv und aggressiv der VfL zu Beginn auch war, so wenige Torchancen kamen dabei heraus. Gegen tiefstehende Mainzer fehlten meist die Ideen.

„Wir haben alles investiert, da kann ich meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen“, sagte Thomas Reis nach der Partie. „Aber wir haben auch gesehen, dass wir noch in der Findungsphase sind.“ Ehrliche Worte des Fußballlehrers, der noch längst nicht den Kader zur Verfügung hat, den er sich wünscht. Drei Neuzugänge sollen nach Möglichkeit noch dazukommen: ein schneller Innenverteidiger, ein zentraler Mittelfeldspieler und ein Angreifer. Je früher die noch angeschlagenen Jacek Goralski und Danilo Soares zurückkommen, desto besser.

Beide würden die Defensive verstärken – wenn auch nicht zentral in der Abwehr, wo das Kernproblem liegt. „Die Verteidigung hat mir in den entscheidenden Momenten nicht gefallen. Die Gegentore fielen zu billig“, bemängelte Reis. Zweimal verlor der VfL Onisiwo aus den Augen. Erst war es Masovic bei einer Flanke, dann ein namentlich nicht bekannter Spieler bei einem Eckstoß. „Es gab eine klare Zuteilung im Raum“, erklärte Reis auf Nachfrage. „Das müssen wir ansprechen, das geht so nicht.“ Zumal eine Bochumer Schlussoffensive gänzlich ausblieb.

Inklusive Nachspielzeit waren noch 20 Minuten auf der Uhr, nachdem das 1:2 fiel. Doch vom VfL kam nichts mehr. „Mehr Akzente“ hätte sich Reis auch von den Einwechselspielern erhofft. „Das sind alles Spieler, die in die erste Elf wollen.“ Jordi Osei-Tutu, Silvere Ganvoula und Philipp Förster setzten überhaupt keine Impulse, gingen Zweikämpfen teilweise sogar aus dem Weg. Von den drei Neuzugängen, die beginnen durften, überzeugte Kevin Stöger am meisten, Ivan Ordets und Philipp Hofmann nur mit kleineren oder größeren Abstrichen.

Dass Stöger kurz vor der Pause das 1:1 erzielte, war im Grunde kein Zufall, nur in der Entstehung eine Überraschung. „Eigentlich“, gab der Spielgestalter später zu, „wollte ich flanken.“ Doch sein Ball aus gut 30 Metern segelte ins Tor. Womöglich wäre Stöger auch als Elfmeterschütze in Erscheinung getreten, Schiedsrichter Felix Zwayer zeigte nach einem Handspiel des Ex-Bochumers Maxim Leitsch aber nicht auf den Elfmeterpunkt – nach Sichtung der TV-Bilder und neuester Regelauslegung eine korrekte Entscheidung. Denn zunächst ging der Ball an die Brust, erst dann an den Arm.

Weiter geht es in Hoffenheim

Die Ursachen für die Heimniederlage sind also in den eigenen Reihen zu suchen. Beteuerungen vieler Spieler, es in der kommenden Woche besser zu machen, sind hoffentlich ernst gemeint. Denn die Aufgabe auswärts in Hoffenheim dürfte nicht leichter sein. Anschließend kommen die Bayern nach Bochum. Dass es in der vergangenen Saison zwei Siege aus diesen Duellen gab, ist lediglich eine schöne Erinnerung. Die Gefahr, dass der VfL einen Start mit nur wenigen Punkten erwischt, ist jedenfalls real. Genauso wie das Personalproblem in der Abwehr.

(Foto: Firo Sportphoto)

Leistungsträger und Lautsprecher

Wechsel abgelehnt: Riemann hat weiter Bock auf Bochum

Für die neue DFL-Chefin Donata Hopfen gibt es keine Denkverbote. Um die Bundesliga für ein jüngeres Publikum attraktiver zu gestalten, hat sie in Aussicht gestellt, neue Möglichkeiten zu prüfen. Einige Vereine und TV-Sender gehen schon voran. Bei einem Testspiel des 1. FC Köln trugen die Spieler neulich Bodycams. In Bochum wiederum könnten neue Tonoptionen getestet werden – zumindest gäbe es dafür einen passenden Probanden.

Denn Radio Riemann kommentiert und dirigiert fast in Dauerschleife. Sowohl im Spiel als auch im Training hat Bochums Schlussmann den mit Abstand höchsten Redeanteil. Das war insbesondere bei den Geisterspielen gut zu beobachten, und durchaus unterhaltsam. Als Leistungsträger kann sich Riemann aber auch kritische Worte erlauben. Nicht ohne Grund haben ihn die Fans des VfL im Mai zum wertvollsten Spieler der gerade beendeten Saison gewählt.

Personeller Umbruch

Für den 33-Jährigen ist mit seinem Premierenjahr in der Bundesliga ein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen, garniert mit ganz besonderen Erlebnissen. Der VfL beeindruckte selbst die Spitzenteams, schlug die Bayern und Dortmund furios. Doch lässt sich eine solche Saison mit den Möglichkeiten des Klubs überhaupt noch toppen? Wahrscheinlich kaum. Aber das Niveau der Vorsaison zu halten, das würde ja schon reichen. So kompliziert es auch wird.

„Ich kenne den Spruch, dass das zweite Jahr nach dem Aufstieg angeblich der schwerste sei“, sagt Manuel Riemann, der aber kein Freund von Floskeln, sondern von Klartext ist. „Letztes Jahr mussten wir uns fast alle erst an die Bundesliga gewöhnen. Inzwischen wissen wir, was uns erwartet.“ Das sieht Riemann als Vorteil. Als Hürde sieht er den personellen Umbruch: „Das ist der große Unterschied. Im letzten Jahr hatten wir eine eingespielte Truppe.“

Teamgeist entscheidend

14 Abgänge und acht Neuverpflichtungen stehen bislang auf der Transferliste. Doch Kapitän Anthony Losilla, Simon Zoller und Riemann haben sich längst um die Integration der Zugänge gekümmert. „Wir versuchen, es ihnen so einfach wie möglich zu machen. Der Kern ist ja noch da“, betont der Torhüter. Auch in der neuen Saison werden der Teamgeist und die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen, ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Die Forderungen, die Riemann deshalb an seine Mitspieler stellt, sind eindeutig: „Wir werden als Team wieder unglaublich gut funktionieren müssen. Physisch und psychisch muss sich jeder komplett in den Dienst der Mannschaft stellen. Wir werden nur dann bestehen, wenn wir jedes Spiel genauso intensiv bestreiten wie in der vergangenen Saison.“ Sich auf das gleiche Ziel wie zuletzt einzuschwören, das sei die besondere Herausforderung.

Angebote aus der Bundesliga

Dass der 33-Jährige seinen Weg in Bochum fortsetzt, war schon länger klar. Die Chance, das Abenteuer Bundesliga noch einmal bei einem anderen Klub zu erleben, bestand allerdings. Riemanns Leistungen haben in diesem Sommer das Interesse anderer Klubs geweckt. Sowohl ein Europa-League-Teilnehmer als auch ein Aufsteiger, dessen Stadion nicht weit von der Castroper Straße entfernt liegt, erkundigten sich bei seinem Berater – bekamen aber eine Absage.

Stattdessen verlängerte Riemann seinen im kommenden Sommer auslaufenden Vertrag bis 2025 – ein klares Bekenntnis zu dem Klub, für den der Familienvater seit 2015 spielt, und bei dem er sich sein Karriereende gut vorstellen kann. Allerdings noch nicht in drei Jahren. „Hoffentlich ist das noch nicht mein letzter Vertrag“, betont Riemann. Und wer weiß, was die Technik bis dahin bietet. Vielleicht hängt ihm Frau Hopfen höchstpersönlich ein Mikrofon um.

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(Foto: Imago / Nordphoto)

Vor dem Bundesliga-Start

VfL-Abwehr im Fokus: Partnersuche für Ordets

Wenn zwei sich streiten, dann freut sich der dritte. Beim VfL Bochum könnte das in Zukunft so sein. Drei Linksverteidiger mit Bundesliga-Erfahrung gehören zum neuen Kader: Danilo Soares, Konstantinos Stafylidis und Jannes Horn. Doch zum Saisonstart gegen Mainz 05 vor heimischer Kulisse wird Trainer Thomas Reis froh sein, wenn überhaupt einer aus dem Trio zur Verfügung steht. Konkret ruhen die Hoffnungen auf Konstantinos Stafylidis. Der 28-Jährige hat seine muskulären Probleme überwunden und trainiert seit Mittwoch wieder voll mit.

Die anderen beiden Kandidaten werden dagegen fehlen. Auch Horn hat eine Muskelverletzung, er musste beim Pokalduell in Berlin frühzeitig ausgewechselt werden. Soares ist ebenfalls kein Thema für das Spiel am Samstag. Der Brasilianer hat mit Hüftproblemen zu kämpfen, macht zwar Fortschritte, hat aber noch Schmerzen, wenn er mit dem Ball arbeitet. Eine Prognose ist kaum möglich, eine schnelle Rückkehr jedoch ausgeschlossen. Deshalb hat der VfL mit Jannes Horn einen dritten Linksverteidiger verpflichtet. Dass der Ex-Kölner auch ausfällt, konnte niemand ahnen.

Leitsch-Nachfolger fehlt

Personalsorgen anderer Natur gibt es dagegen im Abwehrzentrum. Für zwei Startelfplätze stehen selbst dann, wenn alle fit sind, nur drei Kandidaten zur Verfügung. Nach wie vor ist der vierte Kaderplatz unbesetzt, der Nachfolger für den im Mai abgewanderten Maxim Leitsch noch nicht gefunden. Das Bochumer Eigengewächs wird am Samstag zwar auf dem Platz stehen, dann aber das Trikot der Rheinhessen tragen. Mehrere Transferideen, die der VfL nach dem Abgang des schnellen Innenverteidigers hatte, haben sich zerschlagen, in erster Linie aus finanziellen Gründen.

Gesucht wird jetzt vor allem international, weil der deutsche Markt – Stand jetzt – kaum Optionen bietet, erst recht keinen Linksfuß. Rick van Drongelen von Union Berlin, den diverse Medien als Kandidaten nennen, wäre längst da, wenn das Bochumer Interesse an einer Verpflichtung wirklich ausgeprägt wäre. Geduldig wartet Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz auf neue Optionen, die sich bis zum Transferschluss am 1. September ergeben, wohlwissend, dass sich Trainer Thomas Reis lieber heute als morgen eine zusätzliche Alternative wünscht.

Ordets auf Wettkampfniveau

Zumindest die Nachfolge von Armel Bella Kotchap scheint geregelt, nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf dem Platz. Der Ukrainer Ivan Ordets, den die Bochumer dank einer Sonderregel der FIFA für ein Jahr vom russischen Spitzenklub Dinamo Moskau verpflichten konnten, hat seinen Trainingsrückstand fast vollständig aufgeholt und ist zum Bundesliga-Start gesetzt. Kriegsbedingt kam Ordets lange nicht zum Einsatz, sein letztes Pflichtspiel absolvierte der 1,95-Meter-Hüne im Dezember 2021. Im Pokal stand er nun zum ersten Mal wieder länger auf dem Rasen.

Der 30-Jährige spielte nicht fehlerfrei, deutete aber an, mit seiner Routine, seiner Zweikampfführung und Kopfballstärke ein Gewinn für das Team zu sein. Ein Zufallstreffer auf dem Transfermarkt war Ordets nach Aussage von Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz übrigens nicht. Schon im Frühjahr begutachtete der Manager den Markt in Russland und der Ukraine, weil er ahnte, dass sich durch die politische Lage neue Optionen ergeben könnten, die sonst wirtschaftlich nicht darstellbar wären. Ordets bezog in Moskau ein weitaus höheres Gehalt als jetzt in Bochum.

Masovic oder Lampropoulos

Mit wem er zum Bundesliga-Start gemeinsam das Zentrum schließen soll, ist derweil noch offen. Bei der Partnersuche wird sich Trainer Thomas Reis zwischen Erhan Masovic und Vasilios Lampropoulos entscheiden. In Topform sind sie beide nicht. Masovic schwächelte in der Vorbereitung, Lampropoulos im Pokal, als er viele Laufduelle verlor. Reis spricht von einem engen Duell, wenngleich er Masovic grundsätzlich mehr zutraut. Ein Sprinterkönig ist der serbische Nationalspieler allerdings auch nicht. Was bedeutet: Die Abwehr wird tiefer stehen als in der Vorsaison.

(Foto: Firo Sportphoto)

Vor dem Saisonstart

Villis im Interview: Über Reis, Schindzielorz und Investitionen

Gesprächsthemen gibt es beim VfL Bochum derzeit reichlich: Die Vertragsverhandlungen mit Trainer Thomas Reis, den Abgang von Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz, die Nachfolger-Suche oder Rekordeinnahmen auf dem Transfermarkt. Als Vorsitzender des Präsidiums ist Hans-Peter Villis in alle Angelegenheiten involviert. Zeit für ein ausführliches Interview…

Herr Villis, fallen wir direkt mit der Tür ins Haus: Wie stehen die Chancen, dass Thomas Reis über die neue Saison hinaus Cheftrainer des VfL Bochum bleibt?

Ich bin optimistisch, dass es klappt, aber Vollzug melden können wir noch nicht. Dass wir ihn langfristig an den Klub binden möchten, ist ein offenes Geheimnis. Die Gespräche mit ihm und seinem Berater laufen, die Verantwortung dafür liegt bei unserer Geschäftsführung. Wir als Präsidium haben dafür einen Rahmen gesetzt.

Ist es das Ziel, bis zum Saisonstart am 6. August Klarheit zu haben?

Im Idealfall schon. Aber wenn es länger dauert, ist das auch kein Problem, denn Thomas Reis hat ja noch einen gültigen Vertrag für die laufende Saison.

Glauben Sie, dass es jetzt eher noch vom Geld oder von anderen Faktoren abhängt, ob er verlängert oder nicht?

Spekulationen und Vermutungen wären unangebracht. Wir wissen, dass sich Thomas Reis bei uns sehr wohl fühlt. Das hat er immer betont.

Er hat aber auch schon öffentlich kundgetan, dass er sportliche Ambitionen hat. Was können Sie ihm perspektivisch bieten?

Der ganze VfL ist ambitioniert, sportlich wie auch in anderen Bereichen. Wir haben schon vor der jetzt anstehenden Saison das Budget für den Lizenzspielerkader signifikant erhöht. Und die Wachstumsstrategie soll weitergehen. Wir streben einen Jahresumsatz von mindestens 100 Millionen Euro an. Wir wollen uns von Jahr zu Jahr verbessern. Diese Pläne kennt Thomas Reis natürlich auch.

Einige Fans wundern sich darüber, warum die Gespräche offenbar erst jetzt richtig Fahrt aufgenommen haben. Hat Thomas Reis in der zurückliegenden Saison nicht schon frühzeitig Argumente geliefert, um eine Verlängerung anzustreben?

Erste Gespräche zwischen ihm und der Geschäftsführung gab es bereits in der zurückliegenden Saison. Die Verantwortung hierfür liegt in erster Linie bei Sebastian Schindzielorz, stets in enger Abstimmung mit Ilja Kaenzig. Ich habe mit Thomas Reis nach der Saison länger gesprochen. Negative Signale, dass er uns verlassen möchte, habe ich von ihm bislang keine erhalten.

Thomas Reis hat neulich der Bild-Zeitung gesagt, er würde gerne wissen, mit welchem Geschäftsführer Sport er in Zukunft zusammenarbeiten wird. Können Sie ihm das schon sagen?

Wir haben ihm ganz klar signalisiert, dass niemand kommen wird, der ganz andere Vorstellungen davon hat, wie wir Fußball spielen wollen. Darauf achten wir.

Wie groß war die Überraschung, als Ihnen Sebastian Schindzielorz mitgeteilt hat, dass er den Verein verlässt.

Ganz offen gesagt: Wirklich groß. Ich habe nicht damit gerechnet.

Ist sein Abgang der schmerzhafteste Verlust der vergangenen Jahre?

Er ist ein wesentlicher Mosaikstein, der herausbrechen wird, aber Erfolg ist und bleibt Teamarbeit bei uns. Insofern: Es ist ein herber Verlust, ja. Doch es geht weiter. Wir sind zum Beispiel sehr froh darüber, dass sein Geschäftsführer-Kollege Ilja Kaenzig bei uns bleibt.

Nach wie vor nebulös bleibt, warum Sebastian Schindzielorz den Verein überhaupt verlässt. Er sagte jüngst in der WAZ, es läge weder am Gehalt noch daran, dass ein anderer Bundesligist bei ihm vorstellig geworden sei – sondern „an den Prozessen“ beim VfL. Was meint er damit?

Das müssen Sie ihn am besten selber fragen. Wir haben ihm vor viereinhalb Jahren die Chance gegeben, den wichtigen Job anvertraut und waren an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert.

Gab es zwischenmenschliche Probleme zwischen ihm und dem Präsidium?

Nein, zwischen ihm und mir sowieso nicht. Hier und da gehören Diskussionen dazu, die aber stets an der Sache orientiert geführt wurden. Die Wertschätzung ihm gegenüber war immer da.

Was hat er Ihnen denn gesagt, warum er gehen möchte?

Dass er nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen sei, etwas anderes machen zu wollen. Er hat allerdings betont, dass er noch kein Angebot eines anderen Klubs vorliegen habe. Ich habe ihm gesagt, dass die Tür für ihn weiter offensteht, aber das ist jetzt schon eine Weile her und wir prüfen längst Alternativen, intern wie extern. Ich hoffe, dass wir relativ zeitnah zu einer Entscheidung kommen.

Sebastian Schindzielorz hat ja gekündigt, weil sich sein Vertrag sonst automatisch verlängert hätte. Haben Sie ihm überhaupt ein neues Vertragsangebot vorgelegt? Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin war das nicht der Fall.

Wie schon gesagt: Wir waren an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert. Zu Inhalten interner Vorgänge werden wir uns nicht öffentlich äußern.

Etwas skurril war ja auch, dass die Kollegen der SportBild die Kündigung zuerst öffentlich gemacht haben, nicht der Verein. Woran lag das?

Sebastian Schindzielorz hat mich natürlich erst mündlich und dann schriftlich informiert. Bis dahin konnten wir noch gar nichts kommunizieren.

Ist es nicht problematisch, dass jetzt jemand neue Spieler von einer Zukunft beim VfL Bochum überzeugen soll, der seine eigene Zukunft nicht mehr beim Klub sieht?

Überhaupt nicht. Er ist ein Vollprofi und Teil eines Teams. Alles ist längst besprochen, vom Budget bis zum Bedarf für die einzelnen Positionen. An den Verpflichtungen, die er schon getätigt hat, sieht man doch, dass er einen guten Job macht – und ihn bis zum Vertragsende auch weiter machen wird.

Wie wahrscheinlich ist es, dass der Nachfolger Patrick Fabian heißen wird?

An Hochrechnungen werden wir uns nicht beteiligen. Aber ich habe ja schon erwähnt, dass wir uns auch eine interne Lösung vorstellen können.

Wenn Patrick Fabian ihr Wunschkandidat wäre, hätten Sie die Angelegenheit doch schon längst finalisieren können.

Personalien erfordern in der Regel im Vorfeld sehr viele Gespräche, die geführt werden müssen. Das gilt für externe wie interne Personalentscheidungen. Wir lassen uns die notwendige Zeit, einen Schnellschuss wird es nicht geben.

Wie läuft denn die Suche nach externen Kandidaten? Sind Sie selber unterwegs oder wurde ein Headhunter beauftragt?

Wir haben Netzwerke, die wir nutzen.

Heißt: Sie gehen persönlich auf die Suche und sprechen Kandidaten direkt an?

Dazu werde ich mich öffentlich nicht äußern.  

Denken Sie auch über eine Doppel-Besetzung nach, sprich: Könnte es neben einem Geschäftsführer Sport zusätzlich einen Sportdirektor geben? Auf ein solches Modell setzen ja schon einige andere Klubs.

Darüber müssten wir vor allem mit dem neuen Geschäftsführer Sport sprechen, wie er sich die Struktur genau vorstellt.

Es gab in diesem Sommer weitere Abgangsmeldungen, vor allem auf die Mannschaft bezogen. Wie schwer wiegt der Verlust mehrerer Leistungsträger?

Dass wir in den Innenverteidigung zwei Eigengewächse mit großem Potenzial verloren haben, ist sicher bedauerlich, gehört aber zum Profi-Business. Dafür wurden wir finanziell ja auch angemessen entschädigt. Wir haben immer noch gute Spieler an Bord, oder haben neue dazugeholt.

Für Armel Bella Kotchap hat der VfL Bochum die mit Abstand größte Ablösesumme der Vereinsgeschichte erzielt. Gab es Überlegungen, das Angebot aus Southampton trotzdem nicht anzunehmen?

Es war ein sehr gutes Angebot. Das Gesamtpaket passte einfach. Wir haben vorher mit allen Führungskräften gesprochen, natürlich auch mit dem Trainer. Hinzu kam, dass auch der Spieler und sein beratendes Umfeld das Angebot annehmen wollten.

Was haben Sie mit dem Geld nun vor?

Wir sind durch Darlehensverträge verpflichtet, bei außerordentlichen Einnahmen auch außerordentlich zu tilgen. Dabei geht es um das Stadioncenter oder um die KfW-Kredite, die wir im Zuge der Corona-Pandemie aufgenommen haben. Kurzum: Die Einnahmen stehen nicht eins zu eins für neue Spieler zur Verfügung.

Wahrscheinlich wollen Sie auch Rücklagen bilden.

Wir sind vorsichtige Kaufleute. Heißt: Wir brauchen Reserven. Niemand weiß, wie genau sich die Corona-Pandemie fortentwickeln wird, um nur einen möglichen Fall zu nennen.

Aber wollen Sie gar nichts von den zusätzlichen Einnahmen investieren?

Doch, natürlich. Es gibt zum Beispiel weitere infrastrukturelle Maßnahmen im Nachwuchsbereich, die wir angehen wollen.

Wird auch Geld in Beine und nicht nur in Steine gesteckt?

Mit der Ankündigung, den Etat anzuheben, haben wir darauf bereits die Antwort geliefert. Auch das sind Investitionen, selbst wenn wir keine hohe Ablöse zahlen. Wir gehen mit jedem Transfer finanzielle Verpflichtungen ein. Genau da müssen wir aber auch einen möglichen Abstiegsfall immer berücksichtigen.

Der Lizenzspieleretat wurde von etwa 24 auf rund 30 Millionen Euro erhöht, allerdings schon vor den Transfereinnahmen. Wird es denn eine weitere Steigerung geben?

Stand jetzt: Nein. Aber wir haben noch Spielraum und Flexibilität für weitere Verpflichtungen.

Ist die Mannschaft in ihrer jetzigen Zusammensetzung denn gut auf die neue Saison vorbereitet?

Ja, denn sie hat sich im Laufe der Vorbereitung kontinuierlich entwickelt. Das hat man zum Beispiel im Trainingslager gesehen, ich war selbst vor Ort. Natürlich ist es schade, dass wir unter anderem verletzungsbedingt nicht alle Spieler aufs gleiche Niveau bringen konnten. Dennoch blicke ich optimistisch auf die Saison.

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(Foto: Imago / RHR-Foto)