Pressekonferenz

Kommentar: Letsch überzeugt – Villis dagegen nicht

Warum Hans-Peter Villis bei der Pressekonferenz zur Vorstellung von Thomas Letsch auf dem Podium saß, verstand am Ende wohl kaum jemand. Der Vorsitzende des Bochumer Präsidiums sprach die einleitenden Worte, Fragen an ihn waren danach aber nicht mehr erwünscht. Jens Fricke, Moderator und Vereinssprecher, hatte jedenfalls einen klaren Plan: Erst sollten Fragen an Thomas Letsch gestellt werden, dann an Patrick Fabian. Mehr nicht. Fricke wollte die Runde schon beenden, als sich gleich mehrere Journalisten meldeten, um auch Hans-Peter Villis zu befragen.

Doch ein solcher Themenblock war nicht vorgesehen. Als etwa ein Autor von Einsachtvieracht ansetzte, sagte Fricke: „Geht hoffentlich in Richtung Patrick Fabian“. Was nicht der Fall war. Der Kollege wollte wissen, warum Villis bei der Pressekonferenz zur Trennung von Thomas Reis mit Abwesenheit glänzte, zur Vorstellung von Thomas Letsch nun aber wieder in Erscheinung trat – eine berechtigte Nachfrage. Villis begründete dies mit beruflichen Verpflichtungen abseits des VfL. Er übe schließlich ein Ehrenamt aus. Okay, das ist nachvollziehbar, wenn es im konkreten Fall wirklich so war.

Auch danach wollte Fricke die Pressekonferenz schon beenden, die Frage von Tief im Westen – Das VfL-Magazin zur Kommunikation von Villis in der Causa Reis sollte nicht mehr zugelassen werden. Zum Glück wurde Hartnäckigkeit am Ende belohnt. Wobei: Villis redete zwar, antwortete aber nicht wirklich. Ganz ehrlich: Wer sich in eine Pressekonferenz setzt, sollte auch bereit sein, Fragen zu beantworten. Wer das nicht möchte und sich vor kritischen Nachfragen fürchtet, sollte solchen Veranstaltungen besser aus dem Weg gehen und das Podium anderen Personen überlassen.

Wie man gut vorbereitet, eloquent und souverän eine Pressekonferenz meistern kann, hat hingegen Thomas Letsch bewiesen. Der neue Cheftrainer des VfL Bochum überzeugte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Bochum, hinterließ einen unaufgeregten Eindruck, antwortete ausführlich und deutete an, auch in punkto Rhetorik ein Upgrade zu seinem Vorgänger sein. Eines ist klar: Der Übungsleiter steht für eine strukturierte Arbeitsweise und eine klare Kommunikation, auf und neben dem Platz. Vielleicht dient er anderen ja als Vorbild.

(Foto: picture alliance)

Niederlage in Stuttgart

„Gutes Spiel“ trotz 1:4-Pleite? Bochum bleibt die Schießbude

Zumindest einmal erlebten die Bochumer Fans an diesem Wochenende einen kurzen Moment der Freude. Nach der Schalker Niederlage gegen Hoffenheim schöpften sie Hoffnung. Ihr Gedanke: Im Falle eines Sieges in Stuttgart könnte der VfL auf Platz 16 vorrücken. Doch dass daraus nichts werden würde, zeichnete sich am Samstagnachmittag schnell ab. Stuttgart hatte in der zweiten Spielminute gerade den ersten Angriffsversuch gestartet, als Schiedsrichter Christian Dingert schon auf den Elfmeterpunkt zeigte. Der umtriebige Silas, den die Bochumer im weiteren Spielverlauf nie in den Griff bekamen, umkurvte die Verteidiger wie Slalomstangen, bis ihn Danilo Soares unsanft von den Beinen holte – und der Gefoulte den Strafstoß souverän verwandelte. Es war schon der siebte Elfmeter gegen den VfL im zehnten Spiel. Schlechter hätte das Kellerduell nicht beginnen können.

Defensiv erhebliche Probleme

Auch in der Folge ließ sich Bochums langsame Hintermannschaft mehrfach übertölpeln. Ein äußerst naives Abwehrverhalten in Kombination mit Stellungsfehlern – besonders von Manuel Riemann und den Außenverteidigern – begünstigte die 1:4-Niederlage, bei der sich der VfL zumindest in der Defensive nicht bundesligareif präsentierte. „Wir haben es dem Gegner letztlich zu einfach gemacht, Tore zu schießen“, kritisierte Trainer Thomas Letsch, der sein Team im Vergleich zum 3:0-Sieg gegen Eintracht Frankfurt nur auf einer Position veränderte: Spielmacher Kevin Stöger ersetzte Patrick Osterhage. Daran lag es aber eher nicht, dass von der Bochumer Intensität wenig geblieben ist, auch wenn Letsch nach dem Abpfiff gar nicht so unzufrieden war: „Dieses Ergebnis entspricht nicht wirklich dem Spielverlauf. Wir haben insgesamt ein ganz gutes Spiel gemacht, was sich nach einem 1:4 natürlich komisch anhört.“

Vorentscheidung statt Ausgleich

Letsch meinte damit wohl vorrangig die Offensivbemühungen. Nach dem 0:2 gab der VfL nicht auf, kombinierte sich sehenswert zurück ins Spiel und hatte nach dem Anschlusstreffer durch Simon Zoller gegen verunsicherte Stuttgarter einen psychologischen Vorteil. In der Phase vor und nach der Halbzeitpause war der VfL das bessere Team und nah dran am Ausgleich. Doch nachdem Gerrit Holtmann die beste Bochumer Chance zum 2:2 vergab, traf Stuttgart erneut. „Das 1:3 hat uns gefühlt das Genick gebrochen“, stellte Zoller später fest. „Abgesehen von den ersten 20 Minuten haben wir ein gutes Auswärtsspiel gemacht.“ Wobei „gut“ nach einer 1:4-Pleite beim Tabellenvorletzten wahrscheinlich nicht die passende Vokabel ist, auch wenn sie nach der Partie des Öfteren fiel. Anderenfalls hätte der VfL beim Tabellenvorletzten nicht so deutlich verloren.

Undankbare Aufgabe im Pokal

Doch was folgt daraus? Die Forderungen der Spieler sind nicht neu. „Wir müssen konsequenter verteidigen und einfache Fehler vermeiden“, sagte Zoller. Ähnliche Worte hat er schon vor Wochen gewählt, wirklich besser wurde es nicht. Die Zwischenbilanz nach 10 Spielen ist ernüchternd: Der VfL hat Stuttgart und Schalke den bislang einzigen Saisonsieg ermöglicht, steht bei vier mageren Punkten und bleibt mit 27 Gegentoren die Schießbude der Liga. Dass bereits am Dienstag das Pokalspiel in Elversberg folgt, dürfte kaum eine willkommene Abwechslung sein. Denn im Grunde kann der VfL dort wenig gewinnen, aber viel verlieren. Ein Sieg gilt fast als Selbstverständlichkeit, bei einer Niederlage würde die Unzufriedenheit im ohnehin gereizten Umfeld weiter zunehmen. Doch Vorsicht ist geboten: Elversberg ist Tabellenführer der dritten Liga – und vom Tabellenletzten der Bundesliga gar nicht so weit entfernt.

(Foto: Budde)

Neuer Trainer

„Bin kein Kumpeltyp“: Was Letsch beim VfL Bochum vorhat

Viele Videos mit und über Thomas Letsch sind im Netz noch nicht zu finden. Eines aber sorgt für einen kurzen Moment der Erheiterung. Als Jürgen Klopp vor einiger Zeit auf die deutschen Trainer in der niederländischen Eredivisie angesprochen wurde, war ihm nicht bekannt, dass auch der Chefcoach von Vitesse Arnheim aus Deutschland kommt. „Thomas… wer?“, fragte Klopp in die Runde. So oder so ähnlich haben vermutlich auch einige VfL-Fans reagiert, als sie vor einer Woche zum ersten Mal den Namen Thomas Letsch in Verbindung mit ihrem Klub gehört haben. An diesem Montag lernten sie den neuen Bochumer Cheftrainer dann endlich kennen. Letsch stellte sich zunächst in einer Pressekonferenz vor, am Nachmittag ging es dann zur ersten Trainingseinheit mit der Mannschaft auf den Platz.

Kleine Ablöse

Mit Letsch hat sich Sportchef Patrick Fabian für einen eher sachlichen, souveränen und sehr strukturierten Vertreter seiner Zunft entschieden, der viel Erfahrung mitbringt, aber noch nie in der Bundesliga gearbeitet hat. Letsch und sein Co-Trainer Jan Fießer haben beim VfL einen Zweijahresvertrag unterschrieben, der auch für die 2. Liga gültig ist. Nach Arnheim fließt eine Ablöse von wenigen hunderttausend Euro, die im Falle des Klassenerhalts auf rund 500.000 Euro anwachsen könnte. Wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dieses Ziel auch zu erreichen, wird der ausgebildete Sport- und Mathematiklehrer im Vorfeld hoffentlich errechnet haben. Wobei er am Montag klar sagte: „Es gibt leichtere Aufgaben als diese. Aber wenn man oft nur knapp verloren hat, ist der Weg zum Erfolg nicht weit.“

Für Letsch ist der Job in Bochum auch die Chance, im deutschen Fußball endlich Fuß zu fassen. Denn sein kurzes Engagement bei Erzgebirge Aue endete 2017 nach nur wenigen Wochen. Ansonsten war der Schwabe vor allem in Österreich im RB-Kosmos und zuletzt in den Niederlanden aktiv. Er bringt also Ansätze aus der RB-Schule, aber auch Einflüsse des holländischen Fußballs mit. All das überzeugte Fabian, der einen Trainer verplfichten wollte, „der für diese Aufgabe brennt.“ Und keinen, der einfach nur froh darüber ist, wieder einen Job in der Bundesliga zu haben.

Klare Ansprache

Den mutigen, aggressiven ‚Letsch-Fußball‘ werden die Fans aber wohl nicht sofort kennenlernen. „In der ersten Woche geht es vor allem um eine klare Struktur und die Kompaktheit der Mannschaft“, sagte Letsch, der „mangels Vorbereitungszeit“ nicht sofort alles auf den Kopf stellen will. Die Feinjustierung erfolgt womöglich erst in der langen WM-Pause ab Mitte November. Seine Idealvorstellung sei es, „den Gegner hoch zu pressen und zu ärgern. Wenn ich mir das in diesem stimmungsvollen Stadion mit emotionalen Zuschauern vorstelle, ist es die attraktivste Spielweise.“

Interessant: Letsch hat sich im Vorfeld zwar „mehrere Videos“ angeschaut, über „einzelne Spieler aber nur wenige Informationen eingeholt.“ Er möchte jedem Profi eine neue, faire Chance geben. Zum Telefonhörer hat er dennoch gegriffen, im Vorfeld sowohl mit Frank Heinemann als auch mit Peter Greiber und Heiko Butscher telefoniert, ebenso mit Anthony Losilla und Manuel Riemann. „Ich bin mit Sicherheit kein Kumpeltyp, aber Kommunikation und ein Draht zur Mannschaft sind mir wichtig. Ich bin von meiner Herangehensweise überzeugt, will und muss aber die Spieler mitnehmen und erklären, warum wir das so machen.“ Eine klare Ansprache gab es schon im ersten Training. Unter Letsch wird die Mannschaft wohl deutlich mehr Vorgaben erhalten als zuletzt unter Thomas Reis.

Start in Leipzig

Taktische Flexibilität sei ihm trotzdem wichtig, betonte Letsch, etwa in Bezug auf die Grundordnung. Dass er zuletzt in Arnheim fast ausschließlich auf eine Dreierkette in der Abwehr gesetzt hat, würde nicht automatisch bedeuten, dass er auch in Bochum so spielen lassen wolle. „Vielmehr habe ich klare Prinzipien, unabhängig vom System. Ich schließe die Dreierkette auch hier nicht aus, möchte aber, dass die besten Spieler auf ihren besten Positionen spielen.“ Die Qualität, den Klassenerhalt am Ende doch noch zu schaffen, habe das Team, betonte der 54-Jährige. „Auch die Mentalität ist klar zu erkennen.“ Starten will Letsch die Aufholjagd bereits am kommenden Samstag, wenn er ausgerechnet bei RB Leipzig zu Gast ist. Ihm gegenüber steht dann Marco Rose, mit dem er in Salzburg eng zusammengearbeitet hat.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Rätsel um Angreifer

„Kein Thema, weil er nicht fit ist“: Bochums Probleme mit Mousset

Thomas Letsch hört aufmerksam zu. Der neue Trainer des VfL Bochum versucht, Fragen möglichst konkret zu beantworten. Das war auch nach der Trainingseinheit am Dienstagsnachmittag der Fall. Bei der Frage nach Lys Mousset gab sich Letsch aber eher wortkarg und wurde auch beim zweiten oder dritten Nachsetzen nicht wesentlich konkreter. Auf die Frage, wann denn mit dem Bundesliga-Debüt des im Sommer neu verpflichteten Angreifers zu rechnen sei, sagte der Fußballlehrer lediglich: „Aktuell ist er kein Thema, weil er nicht fit ist.“

Noch kein Einsatz für Bochum

Klar ist aber: Damit meinte Letsch nicht allein die Erkrankung, die den Franzosen am Dienstag zu einer Trainingspause zwang. „Er liegt flach“, erklärte der 54-Jährige. Für das Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt am Samstag kommt Mousset also nicht infrage. Dass er aber eine Woche später in Stuttgart seine Premiere im VfL-Trikot feiern wird, ist ebenfalls eher unwahrscheinlich. „Aktuell fehlt noch einiges“, sagte Letsch zum Fitnesszustand, ohne näher auf die genauen Probleme einzugehen. Wie auch immer: Der Transfer des 26-Jährigen gibt vermehrt Rätsel auf.

Mousset ist bald zwei Monate in Bochum, ohne gespielt zu haben. Gegen Bremen Anfang September gehörte er einmal zum Kader, dann fiel er mit muskulären Problemen zweimal aus. Auf eine Nominierung für das Spiel gegen Leipzig verzichtete Letsch, obwohl Mousset wieder im Training war. Stattdessen fiel er am Wochenende nur mit einem Instagram-Video aus einem Düsseldorfer Friseursalon auf. Bei vielen Fans kam das nicht gut an. Schon unmittelbar nach der Niederlage auf Schalke posierte Mousset vor der Kamera und bewies wenig Gespür für die Situation.

Reis hat sich für Mousset eingesetzt

Doch zurück zum Sportlichen. Neu sind die Probleme mit Mousset nicht, schon Thomas Reis äußerte sich kritisch: „Er war körperlich nicht in der Lage uns zu helfen“, sagte Reis der BILD. Es gab ein eigenes Aufbauprogramm, das aber anscheinend nicht so viel gebracht hat wie erhofft. Schon in England war Mousset für seine eher unprofessionelle Berufsauffassung bekannt, etwa bei der Ernährung. Dabei war es vor allem Reis, der die Verpflichtung befürwortet hat. Der Grund: Mousset bringt ähnliche Stärken mit wie Jürgen Locadia, der im Sommer in den Iran gewechselt ist.

Mousset gilt als schnell, robust und technisch versiert. Dass er kicken kann, hat er im Training bereits gezeigt; doch die Fitnessdaten, die der VfL täglich von allen Spielern erhebt, sprechen offenbar eine andere Sprache. Für die Verpflichtung war seinerzeit Sebastian Schindzielorz zuständig, Nachfolger Patrick Fabian noch nicht im Amt. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin wurde der Transfer von Mousset intern ziemlich kontrovers diskutiert, letzten Ende erhielt der Stürmer aber einen gut dotierten Zweijahresvertrag. Stand jetzt hat sich das nicht gelohnt.

Schon länger außer Form

Zumal Mousset schon länger nicht mehr in der Form ist, die ihm 99 Premier-League-Spiele beschert hat. Sein bislang letztes Pflichtspiel mit mindestens einer Stunde Einsatzzeit hat er vor ziemlich genau einem Jahr absolviert. Über die kompletten 90 Minuten kam er zuletzt im Jahr 2019 (!) zum Einsatz. Zuletzt stand Mousset beim italienischen Erstligisten US Salernitana unter Vertrag und war dann einige Wochen vereinslos, bevor er beim VfL unterschrieb. Dass er sich zwischenzeitlich beim französischen Zweitligisten AC Le Havre fit gehalten hat, ist nicht zu erkennen.

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(Foto: Imago / RHR-Foto)

Neuer Trainer

VfL einigt sich mit Arnheim: Letsch beginnt am Montag

Der VfL Bochum hat einen neuen Cheftrainer und damit einen Nachfolger für Thomas Reis gefunden. Thomas Letsch wird am Montagnachmittag um 15 Uhr seine erste Einheit leiten. Das gab der Verein am frühen Donnerstagabend bekannt. Der 54-Jährige wechselt vom niederländischen Erstligisten Vitesse Arnheim an die Castroper Straße und bringt auch seinen Co-Trainer Jan Fießer mit. Beide haben einen Vertrag unterschrieben, der bis zum Sommer 2024 Gültigkeit besitzt – dem Vernehmen nach auch in der 2. Liga.

Für den neuen Geschäftsführer Sport Patrick Fabian ist es die erste große Personalentscheidung. ​“Thomas Letsch ist unsere Wunschlösung auf der Position des Cheftrainers“, sagt Fabian. „Er verfügt über die nötige Erfahrung im Profifußball und ist in der Lage, eine Mannschaft mit einer klaren Struktur und Spielidee zu formen. Bei seinen vorherigen Stationen hat er darüber hinaus auch stets die Weiterentwicklung talentierter Spieler vorangetrieben. Wir sind zuversichtlich, dass es ihm als sehr kommunikativem Trainer gelingt, der Mannschaft neue Impulse zu geben.“

Von Uwe Neuhaus bis Dimitrios Grammozis wurde zuletzt über fast jeden verfügbaren Trainer diskutiert. Doch Fabian hat alle überrascht. Mit Letsch einigte er sich bereits am vergangenen Wochenende, es folgten Verhandlungen mit Vitesse Arnheim. Am Donnerstag kam es zur Einigung. Die Ablöse dürfte im mittleren sechsstelligen Bereich inklusive möglicher Prämien liegen.

Erster Job in der Bundesliga

Hierzulande ist der Fußballlehrer noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, in der Bundesliga hat er noch nicht gearbeitet. 2017 betreute der Schwabe den Zweitligisten Erzgebirge Aue, wurde nach drei Niederlagen in drei Spielen aber schon wieder beurlaubt. Danach trainierte Letsch Austria Wien und seit 2020 recht erfolgreich Vitesse Arnheim. Dort belegte er zunächst Rang vier, zuletzt Platz sechs. 2021 erreichte er das Achtelfinale der Europa Conference League sowie das niederländische Pokalfinale, das Arnheim allerdings verlor.

Zuletzt lief es für Letsch und seine Mannschaft nicht mehr so gut. Aus den ersten sieben Partien der neuen Saison gab es nur fünf Punkte, Arnheim ist in der Tabelle nur noch Vierzehnter. Letsch beklagte späte Transfers und viele Abgänge, darunter die besten Innenverteidiger. Probleme, die man in Bochum kennt. Im Gegensatz zum VfL setzt Vitesse aber vorrangig auf sehr junge Spieler. Von 2012 bis 2017 war Letsch außerdem in verschiedenen Positionen bei RB Salzburg und dem Farmteam FC Liefering tätig. Dort lernte er auch Marco Rose kennen, auf den er in seinem Pflichtspiel mit dem VfL treffen würde. Der VfL gastiert am 1. Oktober in Leipzig.

Letsch steht für mutigen Fußball

Spannend: Auch Schalke und Augsburg waren in diesem Jahr schon an einer Verpflichtung von Letsch interessiert. Selbst Gladbach hat sich mit ihm beschäftigt. Der ausgebildete Mathematik- und Sportlehrer steht für ein intensives, hohes Pressing nach dem Vorbild der RB-Schule, für ein schnelles Umschaltspiel und insgesamt für einen aktiven Fußball. Letsch hat in Arnheim und Aue meistens auf ein 3-5-2-System gesetzt, in Wien hingegen variiert.

Letsch gilt als sehr ehrgeiziger, kommunikativer und eher sachlicher Vertreter seiner Zunft, der weniger Nähe zulässt als Vorgänger Reis. In Bochum soll er die Mannschaft nun stabilisieren, ihr Potenzial ausschöpfen und es schaffen, die vielen erfahrenen Spieler genauso einzubinden wie junge Talente. Das übergeordnete Ziel ist natürlich klar: Letsch soll den Klassenerhalt schaffen.

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(Foto: picture alliance)

Zuletzt ohne Gegentor

Kontinuität oder Umbau? VfL sucht bestes Abwehrduo

Was man nicht kennt, kann man auch nicht vermissen. Insofern hat Thomas Letsch einen kleinen Vorteil. Als der VfL Bochum im Sommer mit Armel Bella Kotchap und Maxim Leitsch seine wertvollsten Innenverteidiger zu Geld gemacht hat, war Letsch noch Trainer in Arnheim. Er hat die beiden also nur aus der Ferne verfolgt. Wahrscheinlich ist das auch besser so. Der Fußballlehrer muss nicht in den Rückspiegel schauen, sondern kann sich voll und ganz auf den Kader konzentrieren, den er nun zur Verfügung hat. 

Dazu gehören bekanntlich auch fünf Innenverteidiger: Erhan Masovic und Vasilios Lampropoulos, die schon seit 2020 das VfL-Trikot tragen, die Neuzugänge Ivan Ordets und Dominique Heintz sowie Eigengewächs Tim Oermann. Die Chance, sich zu beweisen, haben alle aus diesem Quintett bereits erhalten. Auf keiner anderen Position wurde in dieser Saison so oft das Personal gewechselt. Gebracht hat es wenig, im Gegenteil: Mit 23 Gegentreffern stellt der VfL die schwächste Abwehr der Liga.

Gegen Frankfurt erstmals zu Null

In den bislang absolvierten Partien gab es fast immer andere Konstellationen: Thomas Reis begann die (Pokal-)Saison mit dem Duo Ordets/Lampropoulos, machte in der Liga mit Masovic anstelle des Griechen weiter und stellte in Hoffenheim einmalig auf eine Dreierkette um. Neu im Team war Heintz, der gegen die Bayern mit Ordets und in Freiburg mit Masovic verteidigte – ehe die Leihgabe aus Berlin verletzt ausfiel und sich Reis mit dem Duo Masovic/Lampropoulos auf seine Abschiedstour begab.

Die beiden aus meiner Sicht besten Innenverteidiger sind...

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Interimstrainer Heiko Butscher überraschte schließlich mit Debütant Oermann neben Ordets, bevor Letsch die beiden in Leipzig mit Außenverteidiger Jannes Horn in einer Dreierkette spielen ließ. Gegen Frankfurt folgte die Rolle rückwärts zur Viererkette mit Ordets und Masovic im Zentrum – so wie am ersten Spieltag. Der Unterschied: Zum ersten Mal seit April beendete der VfL ein Pflichtspiel ohne Gegentreffer, zum ersten Mal seit Januar gewann Bochum zu Null. Seinerzeit verteidigten noch Bella Kotchap und Leitsch.

Heintz will zurück ins Team

Um endlich für personelle Kontinuität zu sorgen, ist es denkbar, dass Ordets und Masovic auch in Stuttgart gemeinsam anfangen. Sicher ist das aber nicht. Schließlich drängt auch Heintz wieder ins Team. Kein aktueller VfL-Profi hat mehr Bundesliga-Erfahrung, außerdem hat der 29-Jährige als Linksfuß ein gewisses Alleinstellungsmerkmal in der Innenverteidigung. „Ich habe die Aufstellung für Samstag schon im Kopf“, sagt Letsch, ohne sie preisgeben zu wollen. Viele Änderungen soll es aber nicht geben.

Weil Ordets zuletzt etwas stabiler war, erfahrener und robuster ist, dürfte Heintz – wenn überhaupt – Masovic ersetzen. Außen vor sind erst einmal Lampropoulos, dessen größtes Problem die fehlende Geschwindigkeit bleibt, und Oermann, der gegen Köln überzeugte, in der Dreierkette gegen Leipzig aber überfordert wirkte. Chancenlos sind sie damit in naher und ferner Zukunft aber nicht. Die Suche nach der möglichst optimalen Besetzung der Innenverteidigung schreitet zwar voran, ist aber noch nicht abgeschlossen.

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1:1 gegen Köln

Erster Punkt mit Butscher: Neuer Trainer soll jetzt übernehmen

Die Köpfe gingen am Ende wieder nach unten. 80 Minuten lang führte der VfL Bochum im Heimspiel gegen den 1. FC Köln, kämpfte mit großer Leidenschaft und hoffte auf den ersten Saisonsieg. Doch kurz vor Schluss erzielte Linton Maina das längst überfällige 1:1. „Natürlich sind wir enttäuscht, weil der Ausgleich so spät fiel“, konnte sich Interimstrainer Heiko Butscher über den ersten Punkt am siebten Spieltag nur wenig freuen – und fand auch eine Erklärung für den späten Gegentreffer. „Wir mussten viele Spieler angeschlagen auswechseln. Dadurch haben wir etwas die Ordnung und den Zugriff verloren.“ Cristian Gamboa, Ivan Ordets und Tim Oermann humpelten in der Schlussphase vom Feld; mit Saidy Janko, Vasilios Lampropoulos und Erhan Masovic geriet der VfL noch mehr unter Druck.

Butscher stärkt die VfL-Defensive

Die Kölner wirkten insgesamt frischer, die Bochumer mit ihren Kräften überraschend schnell am Ende. „Der Ausgleich war verdient, das ist klar“, sagte Butscher. Der FC aus der Domstadt war schon in der ersten Halbzeit leicht spielbestimmend, nach der Pause noch deutlich mehr. Der VfL trat im ersten Spiel nach Thomas Reis deutlich kompakter auf als zuletzt und präsentierte sich als funktionierende Einheit, fand in der Vorwärtsbewegung aber nur selten statt und brachte in 90 Minuten keinen einzigen Ball direkt auf das gegnerische Tor. Benno Schmitz hatte den VfL nach neun Minuten mit einem Eigentor in Führung gebracht. Anschließend entwickelte sich aus Bochumer Sicht eine Abwehrschlacht, bei der erkennbar war, woran Heiko Butscher unter der Woche gearbeitet hat.

„Wir haben versucht, defensiv gut zu stehen, uns in jeden Ball hineingeworfen. Heiko hat Nuancen verändert, mehr nicht“, erklärte Kevin Stöger. Vier Startelfänderungen gab es, die meisten davon in der Defensive. Holtmann, Osterhage, Ordets und Bundesliga-Debütant Oermann rotierten ins Team. Alle drei machten ein ordentliches, zum Teil auch gutes Spiel. Vor allem die Hereinnahme von Tim Oermann überraschte. Der 19-Jährige erhielt im Sommer einen Profivertrag, nachdem er der A-Jugend, die von Butscher trainiert wird, entwachsen war. „Ich habe schon die ganze Woche damit geliebäugelt. Er hat sehr gut trainiert. Und ich finde, er hat das im Spiel sehr ordentlich gemacht“, lobte Butscher den Innenverteidiger, der in Bochum geboren, aufgewachsen und im Alter von neun Jahren zum VfL gewechselt ist.

Butscher begründete diese Entscheidung auch damit, dass es zuletzt keine eingespielte, stabile Abwehrreihe gab. Ob die Aufstellung des Interimstrainers allerdings Zukunft haben wird, steht in den Sternen. Butscher wird die Mannschaft in der jetzt anstehenden Bundesliga-Pause wieder abgeben. Der neue Übungsleiter wird den Kader dann neu bewerten. Der VfL hat für diese Woche Donnerstag ein Testspiel gegen Fortuna Düsseldorf vereinbart; ob diese Partie schon mit dem neuen Trainer an der Seitenlinie stattfinden wird, ist noch offen. Nach Informationen von Tief im Westen – Das VfL-Magazin gibt es einen aussichtsreichen Kandidaten, der weder Uwe Neuhaus noch Dimitrios Grammozis heißen soll. Beide Namen fielen zuletzt häufiger und hätten aufgrund ihrer Verwurzelung in der Region einen gewissen Charme.

Trennung von Reis kein Thema mehr

Gleichwohl geht es in erster Linie darum, einen Trainer zu finden, der in der Lage ist, die (begrenzten) Möglichkeiten dieser Mannschaft auszuschöpfen, der intern für Ruhe sorgt, der eine Spieldiee entwickelt und es schafft, die vielen erfahrenen Spieler genauso einzubinden wie junge Talente. Die Fans wird er zu Beginn auf jeden Fall auf seiner Seite haben. Nachdem es zu Wochenbeginn vor allem im Netz diverse Protest-Ankündigungen gab, spielte die Trennung von Thomas Reis im Stadion überhaupt keine Rolle mehr. Es gab weder Sprechchöre für oder gegen einzelne Person noch böse Plakate. Stattdessen gab es von der ersten Minute an lautstarke Unterstützung für die Mannschaft. Das ist angesichts der Tabellensituation und der Turbulenzen der vergangenen Wochen nach wie vor bemerkenswert.

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