Zentrale Frage

In Hannover und in Zukunft: Bochum sucht Sechser

Rotiert er oder rotiert er nicht? VfL-Trainer Thomas Reis steht vor der Frage, wie sehr er seine Erfolgself der vergangenen Wochen verändern darf, ohne die Harmonie auf dem Rasen zu zerstören. In immer gleicher Besetzung haben die Bochumer zuletzt drei von vier Partien gewonnen und fußballerisch stets überzeugen können, auch beim 3:0 gegen Paderborn. Doch die Erholungspause war kurz. Schon an diesem Dienstag spielt der VfL in Hannover, am Freitag geht es weiter gegen Heidenheim. Am Tag vor Heiligabend folgt das Pokalduell in Mainz. Deshalb könnte es personelle Veränderungen geben – muss es aber nicht. „Der Mannschaft ist zuzutrauen, dass sie ihr intensives Spiel so auch in Hannover durchziehen kann“, sagt Thomas Reis.

Verträge laufen aus

Einer hat sich allerdings selbst aus dem Spiel genommen: Kapitän Anthony Losilla darf nur zuschauen. Er sah schon bei seinem elften Saisoneinsatz die fünfte Gelbe Karte. Drei Kandidaten gibt es, die ihn ersetzen könnten: Schaut man auf die teaminterne Hierarchie, wäre die Hereinnahme von Raman Chibsah naheliegend, „der allerdings ein anderer Spielertyp ist“, wie Thomas Reis betont. Sommerneuzugang Erhan Masovic, „der sich gut entwickelt hat“, und Spielgestalter Thomas Eisfeld, „der auch als zweiter Sechser spielen kann“, sind weitere Optionen. Gesetzt ist Robert Tesche als „kontrollierender Sechser“, der also den defensiveren Part im zentralen Mittelfeld übernimmt und dort auch unantastbar ist. Versuche ohne ihn auszukommen scheiterten saisonübergreifend, der VfL verlor an Stabilität.

Das ist ein wichtiger Punkt, denn sowohl bei Tesche als auch bei Losilla stellt sich in Kürze wieder einmal die Zukunftsfrage. Die Verträge der beiden Stammkräfte und Führungsspieler laufen am Saisonende aus. Ob sie erneut verlängert werden, ist unklar. Anthony Losilla will seine Karriere nach eigener Aussage noch nicht beenden. Für ihn sprechen seine Routine, sein Status in der Kabine und seine hohe Einsatzfreude. Der Franzose hat zuletzt aber auch immer wieder Schwächen gezeigt. Fraglich ist außerdem, ob sich der dann 35-Jährige im Falle eines möglichen Aufstiegs dem noch höheren Bundesliga-Niveau anpassen könnte. Gleiches gilt für Robert Tesche, der zuletzt stärker war als Losilla. Auch er bekommt immer dann Probleme, wenn die Belastung größer wird oder mehr Tempo gefragt ist.

Gerüchte über Eisfeld-Abgang

Der irgendwann notwendige Umbruch auf der Sechser-Position gestaltet sich auch deshalb so schwierig, weil sich passende Nachfolger bislang noch nicht gefunden haben. Raman Chibsah wird erst noch beweisen müssen, wie stark er wirklich ist. Seine bisherigen Auftritte waren zwar ordentlich, technisch und taktisch aber auch etwas wild. Dagegen kaum zu bewerten sind die Fähigkeiten von Erhan Masovic, der nur einmal eingewechselt wurde. Und ob Thomas Eisfeld noch eine Zukunft in Bochum haben wird, steht in den Sternen. Der Ex-Dortmunder kokettiert wohl mit einem Abgang. Zuletzt tauchten immer wieder Gerüchte über ein angebliches Interesse anderer Klubs auf. Ein solches Insiderwissen kann eigentlich nur gezielt lanciert worden sein.

(Foto: Firo Sportphoto)

3:0 gegen Paderborn

So macht Fußball Spaß: VfL auf dem richtigen Weg

Sie rennen, sie attackieren, sie kombinieren und treffen am Ende auch noch: Mit drei Toren in nur sieben Minuten haben die Profis des VfL Bochum gegen den SC Paderborn erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass großes Potenzial in ihnen steckt. Wenn sie mit Tempo und Leidenschaft spielen, dann scheint in dieser Saison einiges möglich zu sein. Und selbst wenn nicht: Für den Moment macht dieser Fußball einfach Spaß.

Matchwinner Zulj und Zoller

Seit dem verkorksten Heimspiel gegen Greuther Fürth hat der VfL Bochum einen Weg eingeschlagen, der bemerkenswert ist. Mit einer runderneuerten Startelf, mit viel Dynamik, Aggressivität und fußballerischer Klasse hat das Team von Trainer Thomas Reis seither jedes Spiel dominiert und neun von zwölf möglichen Punkten geholt. Selbst gegen die vermeintlichen Schwergewichte HSV und Düsseldorf gab es Siege.

Auch das 3:0 gegen engagierte Paderborner unterstreicht, dass der VfL mittlerweile zu Recht einen Spitzenplatz in der Tabelle einnimmt. Nach einer ausgeglichenen und intensiven ersten Halbzeit machten die Bochumer kurzen Prozess: Zwischen der 54. und 61. Minute trafen sie gleich dreifach. Dabei avancierte der zuvor eher unsichtbare Robert Zulj ebenso zum Matchwinner wie der stets fleißige Simon Zoller.

Zulj erzielte nach Vorarbeit von Gerrit Holtmann zunächst das Führungstor. Dann legte der Österreicher nach einem Foul an Zoller vom Elfmeterpunkt nach. Zoller krönte seine starke Leistung schließlich noch mit einem eigenen Treffer zum 3:0. Kleine Wackler in der Endphase blieben folgenlos, das Ergebnis vielleicht etwas zu hoch, der Sieg aber verdient. Jeder Fan wird in diesen Wochen bedauern, nicht ins Stadion zu dürfen.

Dienstag geht es schon weiter

Doch die Freude über die jüngsten Resultate dürfte das nicht schmälern. „Die Mannschaft hat sich gefunden, diese Elf hat sich festgespielt“, lobt Thomas Reis sein Team, „das derzeit vieles gut und richtig macht.“ Auch der Trainer verdient aktuell Anerkennung. Er hat aus einem spielerisch holprigen Saisonstart die richtigen Schlüsse gezogen und seinen Profis zusätzlich vermittelt, dass sie nach zwei guten Ergebnissen nicht nachlassen dürfen.

Die Gier nach einem weiteren Erfolg wird der VfL bereits am Dienstag wieder benötigen. Denn von vorweihnachtlicher Entspannung kann noch längst keine Rede sein. Insgesamt drei Spiele stehen vor den Feiertagen auf dem Programm. Zunächst geht es zu Hannover 96. Verzichten muss der VfL dabei auf Anthony Losilla, der gegen Paderborn schon seine fünfte Gelbe Karte sah.

Vielleicht tut dem Kapitän diese kurze Schaffenspause aber auch gut. Zuletzt zeigte er ein paar Schwächen. Ob Trainer Thomas Reis darüber hinaus Veränderungen vornehmen wird, ist wegen der kurzen Regenerationszeit denkbar. Der 47-Jährige wird die Balance finden müssen: Wie sehr kann er seine Startelf ohne Qualitätseinbußen verändern? Und wie sehr muss er das sogar, um die intensive Spielweise aufrechtzuerhalten? Denn die ist die Basis des Erfolgs.

(Foto: Imago / RHR-Foto)

DFL-Entscheidung

TV-Geld wird neu verteilt: Folgen für den VfL Bochum

So komplex und kleinteilig war die Vergabe der Fernsehgelder im deutschen Profifußball noch nie. Zu Beginn dieser Woche hat die DFL den neuen Verteilungsschlüssel präsentiert. Die ab der kommenden Saison und für vier Jahre geltende Vereinbarung basiere auf „grundlegenden Veränderungen“, sagt DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.

Das Ziel für die nahe Zukunft ist klar definiert: Die Spreizung zwischen den Klubs an der Spitze und den Vereinen weiter unten zu verringern. Ob das wirklich gelingen wird, daran haben einige Klubs schon Zweifel geäußert. Andere wiederum zeigten sich zufrieden mit der neuen Lösung. Die Bedeutung der Fernsehgelder bleibt indes für alle Klubs immens: Sie machen einen erheblichen Teil der Einnahmen aus, teils bis zu 50 Prozent.

6,9 Millionen Euro garantiert

Beim VfL Bochum drücken sich die Verantwortlichen in der Verteilungsdebatte eher diplomatisch aus. Der neue Schlüssel sei eine Evolution, aber keine Revolution, erklärt Geschäftsführer Ilja Kaenzig auf Nachfrage. Der VfL profitiere speziell in der Corona-Krise davon, dass die DFL jedem Klub einen Sockelbetrag zugesichert hat.

Konkret heißt das: Jeder Zweitligist erhält in der Saison 2021/22 6,9 Millionen Euro garantiert, jeder Erstligist sogar 24,7. Dieser Betrag verändert sich in den folgenden Jahren, weil sich das Gesamtvolumen des TV-Vertrags verändert – und weil die DFL den Verteilungsschlüssel zweigeteilt hat: Von 2021 bis 2023 gelten etwas andere Regeln als von 2023 bis 2025. Bei genauerer Betrachtung gibt es in Zukunft acht Verteilungskriterien.   

Leistung wird weiter belohnt

Für wirklich konkrete Aussagen, bezogen auf den VfL Bochum, sei es eigentlich noch zu früh, betont Ilja Kaenzig. Ob der VfL also über die Jahre betrachtet vom neuen Verteilungsschlüssel profitieren wird oder nicht, ist noch nicht ganz klar. Es hängt erneut von vielen Faktoren ab, nicht zuletzt von der sportlichen Entwicklung.

Auch die bislang bekannte Fünfjahrestabelle spielt dabei weiter eine wichtige Rolle. Darüber werden in der kommenden Saison rund 40 Prozent der gesamten TV-Gelder vergeben. Ein großer Nachteil für den VfL ist, dass die 20-Jahrestabelle wegfallen wird. Davon haben die Bochumer zuletzt massiv profitiert und einen siebenstelligen Betrag eingespielt. Ersetzt wird sie durch eine 10-Jahrestabelle. Viele Bundesligajahre fallen also aus der Wertung.

Neue Verteilungskriterien

Neu honoriert wird in Zukunft auch der Einsatz von Nachwuchsspielern unter 23, die nicht mehr beim VfL, sondern hierzulande bei anderen Erst- und Zweitligisten spielen. Auch das ist wohl eher ein Nachteil für die Bochumer, dessen Nachwuchsabteilung nur einen Spieler hervorgebracht hat, der aktuell für dieses Ranking infrage kommt.

Noch offen ist dagegen, ob der VfL daran partizipieren wird, dass die DFL mehr als 20 Millionen Euro an Klubs ausschüttet, die bundesweit ein besonders großes Interesse hervorrufen und somit zur Gesamtattraktivität des deutschen Fußballs beitragen. Als Grundlage hierfür dient eine Marktanalyse des Allensbach-Instituts. Dort steht der VfL aktuell auf Platz 24 von 36, wird demnach also nicht massiv von der Neuerung profitieren.

Weniger Geld im Umlauf

Was bei all diesen Verteilungsfragen fast ein wenig unterzugehen droht, ist die Tatsache, dass alle Klubs – in absoluten Zahlen betrachtet – ohnehin Einbußen in Kauf nehmen müssen. In der kommenden Saison fließen insgesamt fast 200 Millionen Euro weniger aus dem TV-Topf an die Vereine als in der aktuellen Spielzeit.

Heißt: Etwas mehr als eine Milliarde Euro zahlen die nationalen Medienpartner, etwas weniger als 200 Millionen Euro die internationalen TV-Anstalten. Die Rechtevergabe fiel genau in die Corona-Zeit. Im Vorfeld der Ausschreibung wurde eher eine Steigerung der Einnahmen erwartet – doch das Gegenteil ist das Fall. Da andere Ligen ihre TV-Verträge aber erst noch verlängern müssen, könnte es sogar sein, dass der deutsche Fußball besser davonkommt als andere Länder.

(Foto: Imago / Team 2)

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1:3 trotz guter Leistung

VfL verliert in Kiel: Sieg der Theoretiker

Die Aussicht auf Größeres scheint dem VfL Bochum per se nicht gut zu tun. Das ist jedenfalls eine Theorie, die unter den Anhängern schon seit Jahren die Runde macht. Soll heißen: Gibt es, wie etwa an diesem Freitagabend, die Chance, sogar die Tabellenführung zu übernehmen, den dritten Sieg in Folge einzufahren und die Euphorie weiter befeuern, dann droht wohl wieder eine Enttäuschung. Wer an diesem Wochenende nur auf die Anzeigetafel und die Tabelle schaut, hat mit seiner Theorie tatsächlich Recht behalten: Der VfL verlor bei Holstein Kiel mit 1:3.

Eine Stunde lang besser

Das Ergebnis ist im Fußball natürlich entscheidend, verrät aber nicht alles. Denn dieses Mal ist der Fall etwas anders gelagert. Die Niederlage war nicht das Ergebnis einer schludrigen Spielweise oder taktischer Tüftelei ohne Erfolg, sondern lediglich fehlender Effizienz und einer Mittelfeldreihe, die mit zunehmender Spieldauer den Zugriff und irgendwie auch die Kraft verlor. Anthony Losilla und Robert Tesche machten erstaunlich viele Fehler. Auch Robert Zulj gönnte sich mal wieder eine schöpferische Pause.

Trotzdem: Grundsätzlich knüpfte das Team von Trainer Thomas Reis an die zuletzt überzeugenden Leistungen gegen Hamburg und Düsseldorf an. Der VfL war somit auch an der Kieler Förde die bessere Mannschaft. Aggressiv gegen den Ball, mutig und temporeich im Vorwärtsgang – so wusste die Revierelf erneut zu überzeugen. Zumindest 60 Minuten lang. Dann aber kam ein Bruch ins Spiel. Binnen 120 Sekunden stellte Holstein Kiel die Partie auf den Kopf. Bei beiden Gegentreffern fehlte der Zugriff, kein Bochumer attackierte konsequent.

Umstrittener Elfmeter

Während der VfL zuvor einige gute Gelegenheiten liegen gelassen hatte, zeigten sich die Kieler vor dem Tor also ziemlich konsequent. Das war am Ende auch einer der Hauptgründe für die dritte Bochumer Saisonniederlage. Hinzu kam ein fragwürdiger Elfmeter schon in der ersten Halbzeit. Nach einem verunglückten Kopfballversuch kam der Ball ohne Absicht an den Unterarm von Armel Bella Kotchap. Kein Kieler prostierte, der Videoassistent dagegen schon. Schiedsrichter Robert Schröder prüfte die Szene und entschied auf Elfmeter.

Alexander Mühling traf anschließend souverän vom Punkt. Dass sich Bella Kotchap keinen Vorteil verschafft hatte, und die Armbewegung eher natürlich als unnatürlich war, spielte bei der Regelauslegung offenbar keine Rolle. Immerhin beschäftigte sich der VfL nicht lange mit dieser Szene und lieferte mit dem Ausgleich durch Simon Zoller umgehend die Antwort. Davor wie auch danach war der VfL die aktivere, gefährlichere Mannschaft, ohne die Überlegenheit in eine eigene Führung zu verwandeln. Vor allem der umtriebige und dynamische Gerrit Holtmann belohnte sich nicht.

Rückschlag nach Aufwärtstrend

Und genau das rächte sich nach etwas mehr als einer Stunde, als der VfL zunehmend die Spielkontrolle verlor und sich von dem Doppelschlag der Hausherren auch nicht mehr erholte. „Wenn man sich den kompletten Spielverlauf anschaut, ist das sehr, sehr ärgerlich. Die Partie hätte auch anders ausgehen können“, sagte Reis nach dem Schlusspfiff. Auch er dürfte erkannt haben, dass der neue Weg, eingeschlagen nach der Niederlage gegen Fürth, grundsätzlich der richtige ist – trotz des Rückschlags an diesem Spieltag.   

(Foto: Firo Sportphoto)

5:0 gegen Düsseldorf

Bochumer Euphorie: „Stolz durch die Stadt laufen“

Im leeren Stadion ist alles zu hören, auch die Rufe der Medienabteilung des VfL Bochum. Erst drei Minuten waren gegen Fortuna Düsseldorf gespielt, da forderten sie lautstark den Videobeweis, sogar noch mehr als viele ihrer Spieler. Schiedsrichter Frank Willenborg hatte übersehen, dass der einschussbereite Simon Zoller kurz, aber entscheidend von Gegenspieler Peterson festgehalten wurde. Und die Vereinsmitarbeiter wurden erhört. Willenborg prüfte die Szene und bestrafte die Fortuna gleich doppelt. Peterson sah Rot, und Blum bekam den Elfmeter, den er souverän verwandelte. Der Grundstein für den höchsten Heimsieg seit mehr als zwei Jahren war gelegt.

VfL ist jetzt Tabellenzweiter

Mit 5:0 fertigte der VfL die Rheinländer an diesem nasskalten Montagabend ab. Doch das Spiel erwärmte die Bochumer Fußballherzen. Die Gastgeber spielten sich nach dem 2:0 durch Robert Tesche nach knapp einer Stunde in einen Rausch. „Wir hätten schon früher noch mehr aus der Überzahl machen können“, fand Trainer Thomas Reis sogar einen Kritikpunkt, lobte aber zugleich die Spielfreude nach der Vorentscheidung: „Die Jungs wollten einfach nicht aufhören.“ Seine Mannschaft brillierte beim Doppelpack durch Robert Zulj und auch beim fünften Streich durch Milos Pantovic. Vor allem der Spielzug vor dem vierten Treffer schafft es so in jedes Lehrbuch. Die Gäste wehrten sich kaum noch.

Nach dem 3:1 beim HSV in der Vorwoche setzte der VfL nun also schon das zweite dicke Ausrufezeichen binnen kürzester Zeit. Bochum steht nach diesem Spieltag dank des guten Torverhältnisses sogar auf dem zweiten Tabellenplatz. Deswegen gleich abzuheben, sei aber der falsche Weg, mahnt Trainer Reis. „In der heutigen Zeit geht das alles ziemlich schnell. Vor wenigen Wochen waren wir noch ein Abstiegskandidat, plötzlich wird wieder vom Aufstieg gesprochen“, wünscht sich der Trainer weniger Übertreibungen und mehr Realismus. Träume seien jedoch erlaubt, „die möchte ich keinem Fan verbieten. Sie können wieder stolz durch die Stadt laufen.“

Freitag geht es schon weiter

Auch für den Trainer waren die beiden Erfolge gegen Hamburg und Düsseldorf Balsam für die geschundene Seele. Der Fußballlehrer war zu Saisonbeginn in die Kritik geraten, weil der Verdacht aufkam, er würde das Potenzial, das in der Mannschaft unverkennbar schlummert, nicht richtig ausschöpfen. Dass er nun auf eine aggressivere und offensivere Gangart setzt, auf Spieler mit mehr Tempo und besserer Technik, macht sich sofort bezahlt. Nun scheint Reis tatsächlich seine Erfolgsformation gefunden zu haben, die Mannschaft ist kaum wiederzuerkennen. Mit diesem Team und in dieser Form ist der VfL tatsächlich ein Kandidat für das obere Tabellendrittel, vielleicht auch für mehr.

Doch ein echtes Spitzenteam benötigt vor allem Konstanz und Stabilität, die es in den kommenden Wochen zu beweisen gilt. Bis Weihnachten stehen noch fünf Spiele auf dem Programm. Schon am Freitag gastiert der VfL bei Holstein Kiel, anschließend kommt der SC Paderborn ins Ruhrstadion. Beide Teams sind schwer zu bespielen, stehen weit oben in der Tabelle. „Wir müssen mit Demut und Leidenschaft weiterarbeiten“, warnt Reis seine Spieler vor Nachlässigkeiten. Immerhin: Auf Unterstützung von den Rängen müssen sie selbst in Geisterspielen nicht ganz verzichten. Denn auch beim Torjubel ist die Bochumer Medienabteilung laut genug.

(Foto: Imago / Revierfoto)

Neuer Vertrag?

Verwirrung um Zukunft von Reis: Schindzielorz reagiert

So schnell lassen sich Gerüchte in die Welt setzen. Torsten Mattuschka, Ex-Profi von Union Berlin und Energie Cottbus, wurde vom TV-Sender Sky als Zweitliga-Experte verpflichtet. Und in dieser Funktion behauptete der 40-Jährige nun etwas, was in Fußball-Bochum für Verwirrung und Verärgerung sorgt. „Ich habe gehört, dass Manager Sebastian Schindzielorz nicht der größte Fan von Thomas Reis sein soll“, sagte Mattuschka vor der Übertragung der Partie zwischen dem VfL Bochum und Fortuna Düsseldorf. Das könne ein Grund dafür sein, warum der am Saisonende auslaufende Vertrag mit dem Trainer noch nicht verlängert wurde, lautete die Schlussfolgerung von Mattuschka.

Tenhagen zufrieden

Etliche VfL-Anhänger dürften also gehört haben, was Mattuschka gesagt hat. Doch was steckt dahinter? Sebastian Schindzielorz zeigt sich auf Nachfrage in höchstem Maße irritiert. Für die Behauptung gebe es keinerlei Grundlage, sagt der Geschäftsführer Sport des VfL Bochum: „Wir sind sehr zufrieden mit der Arbeit von Thomas Reis. Torsten Mattuschka sollte seine Quellen mal überprüfen.“ Präsidiumsmitglied Jupp Tenhagen pflichtet ihm bei: „Der Trainer leistet gute Arbeit, hat die Mannschaft im Griff. Wir werden die Gespräche mit ihm in den nächsten Wochen auf jeden Fall angehen.“ Der Fußballlehrer gewann bislang 17 von 40 Pflichtspielen mit dem VfL, sein Punkteschnitt liegt bei 1,6.

Reis soll bleiben

Vor allem aus wirtschaftlichen Gründen müssen Verhandlungen derzeit ruhen – übrigens nicht nur mit Reis. Der VfL wartet unter anderem auf eine Entscheidung der DFL im Hinblick auf die künftige Verteilung der Fernsehgelder. Außerdem ist der Terminkalender bis Weihnachten ziemlich voll, noch fünf Spiele stehen an. Grundsätzlich plant der VfL seine Zukunft mit Thomas Reis – auch über die laufende Saison hinaus. Angesprochen auf seine persönliche Situation, reagiert der 47-Jährige bislang entspannt. „Wir Trainer und Spieler können froh sein, dass wir weiterhin das Privileg haben, unserem Job nachgehen zu können“, sagt Reis und weiß: „Da geht es anderen nicht so gut.“

(Foto: Firo Sportphoto)

Zu- oder Abgänge?

So denkt Schindzielorz über Wintertransfers

Lediglich an den Weihnachtstagen wird der Ball beim VfL Bochum so wirklich ruhen. In diesem Jahr ist bekanntlich alles anders. Am 23. Dezember steht noch das Pokalspiel beim FSV Mainz 05 auf dem Programm, nur zehn Tage später, am 2. Januar geht es in der Liga schon wieder weiter. Der VfL empfängt dann Darmstadt 98 im Bochumer Ruhrstadion. Eine Winterpause mit anschließender Rückrundenvorbereitung gibt es also nicht.

Was heißt das für mögliche Wintertransfers? In den vergangenen Jahren hat der VfL in der Transferperiode im Januar stets personell nachgelegt. Dabei wurden auch wichtige Bestandteile der heutigen Mannschaft verpflichtet, etwa Simon Zoller oder Robert Zulj. Doch nach einem ungeplant chaotischen Jahr, bedingt durch die Corona-Pandemie, könnte es gut sein, dass die Verantwortlichen in dieser Saison auf Wintertransfers verzichten.

Eher kein Neuzugang

„Wir sind mit unserem Kader zufrieden“, sagt VfL-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz, schließt Neuzugänge aber nicht komplett aus: „Wir beobachten natürlich die Entwicklung und den Markt.“ Schindzielorz führt zwei entscheidende Argumente ins Feld, die gegen mögliche Nachverpflichtungen sprechen. Zum einen die Tatsache, dass es in diesem Winter keine Spielpause gibt. „Es fällt also die Integrationszeit weg“, argumentiert der Manager.

Und zum anderen: „Wir müssen speziell in der aktuellen Zeit immer die finanziellen Möglichkeiten im Blick behalten. Da müssen wir uns jede Ausgabe zweimal überlegen.“ Der VfL Bochum rechnet allein zwischen März 2020 und Juni 2021 mit Umsatzrückgängen von mehr als 9 Millionen Euro als Folge der Corona-Pandemie – mindestens. Denn wann sich der Spielbetrieb und die Einnahmesituation wieder halbwegs normalisieren werden, ist noch nicht absehbar.

Abgänge möglich

Das könnte sogar eher dazu führen, dass noch Spieler gehen werden, schon in diesem Winter. Das gilt insbesondere für einige Jungprofis, die aktuell so gut wie keine Einsatzchancen haben. Da einige Spieler, etwa Baris Ekincier oder Moritz Römling, noch bis mindestens 2022 an den VfL gebunden sind, wären auch Leihgeschäfte möglich. Endgültig trennen würde sich der VfL hingegen von Sebastian Maier.

Der mit großen Hoffnungen im Sommer 2018 verpflichtete Spielmacher hat die Erwartungen aus unterschiedlichen Gründen nicht erfüllen können. Maier gehörte – auch wegen verschiedener Verletzungen – zuletzt nur noch selten zum Kader. Sein Vertrag läuft am Ende der Saison aus. Ein vorzeitiger Abgang des 27-Jährigen ist denkbar. Der VfL würde dem Spieler jedenfalls keine Steine in den Weg legen.

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